Schloss Schwetzingen

Das Schwetzinger Schloss war die Sommerresidenz der pfälzischen Kurfürsten Karl Philipp und Karl Theodor und liegt in der gleichnamigen Stadt Schwetzingen südlich der kurpfälzischen Residenzstadt Mannheim.
Geschichte
Feste Schwetzingen
Das Schwetzinger Schloss wurde im Jahr 1350 zum ersten Mal als Feste urkundlich erwähnt.
Jagdschloss Schwetzingen
Es wurde mehrfach umgebaut und gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs sowie 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört. Der Kern des Schlosses - Bestandteile einer mittelalterlichen Wasserburg - blieb stehen. Der Wassergraben, der die Feste umschloss wurde zugeschüttet.
Residenzschloss Schwetzingen
Kurfürst Karl Ludwig ließ das Schwetzinger Schloss für seine Geliebte Luise von Degenfeld wieder aufbauen und verlebte von 1657 an zwanzig Jahre in Schwetzingen. Während eines Besuchs befahl er im August 1656 den Einwohnern von Schwetzingen sämtlichen Schutt und Trümmer wegzuräumen, wobei die aufgelesenen Trümmerteile wie Steine, Hölzer und "altes Eisenwerk" bei den Untertanen zur eigenen Verwendung verbleiben konnten.
Seine heutige Form erhielt das Schloss auf Befehl des Kurfürsten Johann Wilhelm, der in Düsseldorf regierte. Dieser ließ unter Leitung des Grafen Matto Albern - des Erbauers des Schlosses Bensberg - von dem Heidelberger Baumeister Johann Adam Breunig umbauen und durch zwei Flügelbauten wesentlich vergrößern.
Das Bauwerk wurde in mehreren Bauabschnitten ab dem Jahre 1697 errichtet und ausgebaut. 1752 wurde eine Gartenerweiterung vorgenommen. Interessanterweise wurde der Garten noch fertig gestellt, obwohl das Schloss seit der Verlegung der Residenz des Kurfürsten Karl Theodor von Mannheim nach München 1778 kaum mehr benutzt wurde.
Chronologie
- 1350 Erste Erwähnung der „Veste Schwetzingen“
- 1715 Wiederaufbau des Schlosses
- 1752 Eröffnung des Schlosstheaters
- 1938 Eröffnung des renovierten Schlosstheaters
- 1952 Wiederaufnahme der Schwetzinger Festspiele im Schlostheater
Künstler
An der künstlerischen Ausgestaltung von Schloss und Garten waren nahezu alle am Hof in Mannheim beschäftigten Künstler beteiligt. Dazu gehörten Alessandro Galli da Bibiena und Peter Anton von Verschaffelt. Der Lothringer Nicolas de Pigage war Intendant der Gärten und Wasserkünste. Er erweiterte den Garten in allen Stilwandlungen der Zeit. Der Zweibrücker Hofgärtner Johann Ludwig Petri plante das Hauptparterre und den Zirkel des französischen Gartens. Der erste Hofgärtner, van Wynder, wurde aus Kassel nach Schwetzingen berufen. Der zweite Hofgärtner war Johann Wilhelm Sckell, ein Hauptmitarbeiter Pigages. Sein Sohn Friedrich Ludwig Sckell wurde 1804 nach München berufen, wo er den englischen Garten anlegte. Der erste badische Gartenbaudirektor war Johann Michael Zeyher, der den Flieder in Schwetzingen einführte.
Garten
Französischer Garten

Längs der Achse des Gartens blickt man gen Osten genau auf den Königstuhl im Odenwald und gen Westen auf die Kalmit im Pfälzerwald.
Der Barockgarten beziehungsweise französische Garten ist in strenger geometrischer Form angelegt. Die wichtigsten Elemente sind die zentrale Achse und das Kreisrund. Der vordere Gartenteil zeigt sich als Rokokogarten mit Parterres und Bosketten, der große Arionbrunnen von Guibal ist eine Allegorie auf die griechische Mythologie.
Abgeschlossen wird der französische Garten durch die Darstellung einer Hirschjagd von Verschaffelt. In unmittelbarer Nähe sind die vier Elemente als Skulpturen dargestellt.
Englischer Garten
Der hintere Teil des Gartens wurde als englischer Landschaftsgarten gestaltet. Im Gegensatz zum französischen Garten sind hier die Wege leicht geschwungen. Am unregelmäßigen Waldbereich wurde fast nichts verändert.
Türkischer Garten
Im hinteren Bereich, dem so genannten "Türkischen Garten" steht die Moschee von Pigage. Sie ist keine originale türkische Moschee sondern die Interpretation in der europäischen Kunstsprache des 18. Jahrhunderts und somit keine Nachbildung irgend eines islamischen Bauwerkes. Der Moscheehof wurde gelegentlich für Freilichtaufführungen von Opern genutzt. Die Mosche wurde zeitweise tatsächlich von Muslimen genutzt.
Vor der Moschee befindet sich der ehemalige fürstliche Obstgarten, dahinter eine Baumschule und die Schlossgärtnerei.
Arboretum
Ein Arboretum ist eine Sammlung oft exotischer Gehölze. Der Gartenbaumeister Zeyher legte diesen Garten im Jahr 1802 mit exotischen Bildern aus aller Welt an. Besonders eindrucksvoll ist das schmiedeeiserne Tor von Rabliatti. Auf der gleichen Fläche befand sich vorher eine Fasanerie mit Tiergehegen.
See
Schon beim Betreten des Schlossgartens hat man einen Blick auf den großen See, der den Garten abschließt. An der Stelle des Sees befand sich ursprünglich ein ummauertes Bassin, das auf Vorschlag Zeyhers erweitert und in einen See umgewandelt wurde.
Bauten
Schloss
Besucher betreten das Schloss durch einen prunkvollen Ehrenhof, der von lila Flieder gesäumt ist.
Innenräume
In einer langwierigen Restaurierung der Jahre 1975 – 1991 wurden die Innenräume des Schlosses wieder hergestellt und mit authentischen Möbeln des 18. Jahrhunderts eingerichtet. Bemerkenswert sind alte Handdrucktapeten im zweiten Obergeschoss, die auf Leinwand aufgezogen sind.
Zirkelsäle


Die Zirkelbauten (bzw. Zirkelsäle) sind zwei halbrunde Bauten, die seitlich an das Schloss anschließen und das Gartenparterre umfangen. Der nördliche Zirkelsaal wurde in den Jahren 1748/1749 von Bibiena erbaut, der südliche im Jahr 1753 von Rabliatti. Die Zirkelbauten werden heute als Café und Theaterfoyer sowie für Konzerte und Ausstellungen genutzt.
Theater
Das kurfürstliche Theater wurde im Jahr 1752 mit dem musikalischen Intermezzo „Porsognacco" eröffnet. Nachdem Karl Theodor seine Residenz nach München verlegt hatte, fanden nur noch gelegentliche Aufführungen in Schwetzingen statt, wenn der Kurfürst zu Besuch in Schwetzingen war. Auch in der badischen Zeit wurde das Theater nur noch selten benutzt. Es verfiel im Laufe der Jahrzehnte und konnte nicht mehr benutzt werden. Erst 1936/37 wurde das Theater im Stil des Rokokos völlig renoviert.
Die Logenbrüstungen der leicht ansteigenden Ränge haben die Form einer Lyra. Die Pfeiler sind reich verziert und von Korbbögen überbrückt, die die Wirkung des Raumes vertiefen.
Tempel
Merkurtempel
Der Tempel des römischen Gottes wurde von Pigage und Sckell als künstliche Ruine errichtet. Vom Obergeschoss aus hat man einen Schönen Blick über den See auf die Moschee.
Minervatempel
Die römische Göttin Minerva ist mehrfach im Schlossgarten dargestgellt.
Apollotempel
Der Tempel des griechischen Gottes Apollo verbindet verschiedene Stile miteinander. Bemerkenswert ist, dass die Statue des Apollo linkshändig ist, was dem Künstler Verschaffelt Einiges an Hohn eingebracht hat.
Tempel der Botanik
Der Tempel der Botanik wurde von dem flämischen Baumeister Verschaffelt entworfen. Er ist ein zylindrisches Gebäude, das einem Eichenstamm nachempfunden ist und dessen fensterloser Innenraum durch eine verglaste Kuppel erhellt wird.
Sonstiges
Badhaus
Das Badhaus von Pigage ist ein kleines Lusthaus mit einem Marmorbecken in einer elliptischen Nische des Baderaums.
Orangerie

Ab dem 16. Jahrhundert kamen an den europäischen Fürstenhöfen Sammlungen von Orangen- und anderen Zitrusbäumen in Mode. Neben diesen Anpflanzungen gab es dann ein Gebäude, in dem die mit dem Wurzelstock ausgegrabenen Bäumchen überwintern konnten. Die Schwetzinger Orangerie mit ihren Fassadenmalereien wurde von Pigage entworfen. An den Ecken dieses Gartenteils stehen Statuen von drei Jahreszeiten.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts konnte der Bedarf an Räumlichkeiten für höfische Festivitäten in Schwetzingen nicht annähernd gedeckt werden. Eine Orangerie mit großem Festsaal sollte hier Abhilfe schaffen. So hatte es jedenfalls Kurfürst Karl Philipp entschieden, der 1716 die Nachfolge des überwiegend in Düsseldorf residierenden Kürfürsten Johann Wilhelm angetreten hatte.
Observatorium
Das Observatorium befand sich bis 1762 auf dem Gelände der heutigen Orangerie.
Ende der Welt

Das so genannte „Ende der Welt“ ist die Darstellung einer weiten Flusslandschaft, die auf eine gewölbte Wand gemalt ist und die nur aus einer gewissen Entfernung durch einen langen Korridor betrachtet werden kann. Dadurch wirkt sie besonders realistisch.
Römische Wasserleitung
In der hintersten nördlichen Ecke des Parks befindet sich die nachgebaute Ruine einer römischen Wasserleitung mit einem kleinen Wasserfall.
Chinesische Brücke
Die chinesische Brücke im hinteren Bereich des Gartens verbindet den französischen mit dem englischen Garten. Sie hat den Spitznamen "Lügenbrücke", denn es heißt, wer auf deren unregelmäßigen Stufen ins Straucheln kommt, hat schon einmal geschwindelt.
Berühmte Besucher des Schwetzinger Schlosses
Voltaire
Voltaire kam im Jahr 1753 zum ersten Mal nach Schwetzingen und war vierzehn Tage lang Gast des mit ihm befreundeten Kurfürsten. Hier wurden seine Komödien mit Begeisterung gespielt. Im Sommer 1758 kam Voltaire erneut zu kurzem Aufenthalt nach Schwetzingen. Am 30. September 1762 fand hier unter der Regie seines ehemaligen Sekretärs Cosimo Alessandro Collini, der am Schwetzinger Hof eine Anstellung gefunden hatte, die Uraufführung seines Trauerspiels „Olympie" statt. Kurz vor seinem Tod schrieb Voltaire an Collini:
- „Ich will, bevor ich sterbe, noch einer Pflicht genügen und einen Trost genießen: ich will Schwetzingen wiedersehen, dieser Gedanke beherrscht meine ganze Seele."
Mozart
Wolfgang Amadeus Mozart wirkte als siebenjähriger Wunderknabe, zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester, an einem Hofkonzert mit, das am 18. Juli 1763 stattfand. Leopold Mozart berichtet in einem Brief über dieses Konzert:
- „Das Orchester ist ohne Widerspruch das beste in Deutschland. Lauter junge Leute und durchaus von guter Lebensart, weder Säufer noch Spieler, noch liederliche Lumpen, so daß wohl ihre Konduite als ihre Kondition hoch zu schätzen sind. Meine Kinder haben ganz Schwetzingen in Bewegung gesetzt."
Gluck
Der Komponist Christoph Willibald Ritter von Gluck war im Jahr 1774 Gast des Kurfürsten. Der Maler Mannlich berichtet in seinen Lebenserinnerungen, dass Gluck nach dem Mittagsmahl während einer Aufführung der Pastoraloper „Amor vincitore" von Johann Christian Bach im Schlosstheater hinter dem kurfürstlichen Paare einschlief.
Schiller
Friedrich Schiller fand in Schwetzingen Anregungen zu den gegensätzlichen Aranjuez-Stimmungen seines ersten Don-Carlos-Aktes.
Iffland
Der Schauspieler August Wilhelm Iffland schildert in einem Briefe vom 26. November 1779 eine Jagd bei Schwetzingen, die 50.000 Gulden kostete und bei der für 9.000 Menschen Zuschauergerüste aufgebaut waren:
- „Der Platz selbst war eine völlige Ebene, auf welcher man Berge auf Leinwand aufgespannt hatte, in der Tat ein ganz neuer Anblick für mich, Berge, Schlösser, Brücken, Terrassen in der Größe, in welcher man sie natürlich sieht, in freier Luft gemalt zu sehen. Die Gemälde in einem halben Mond gemalt, die Gerüste in dem anderen machten einen geschlossenen Zirkel aus. Die Schweine, Füchse, Dachse und Hasen wurden oben aus einem Pförtgen aus den gemalten Bergen herausgelassen und wenn sie sich in den Wegen, die von Brettern gemacht waren, häuften, fielen oft fünfzig, sechzig herunter, dass die Erde krachte."
Joseph II.
Kaiser Joseph II., der im Jahr 1781 unter dem Namen Graf von Falkenstein in Schwetzingen weilte und von Pigage durch den Schlossgarten geführt wurde, machte zu Pigage politische Anspielungen:
- „Wahrhaftig, mein Herr, ich werde des Bewunderns nicht müde; ich begreife nicht, wie der durchlauchtigste Fürst eines so angenehmen Aufenthaltes entsagen kann, wie überhaupt der Pfalz, die ganz ein Garten; ein irdisches Paradies ist."
Pigage entgegnete ihm:
- „Herr Graf, das kommt daher, weil Bayern gegenwärtig sein größter Kuchen ist und es natürlich erscheint, dass er diesem den Vorzug gibt."
Der Kaiser:
- „Gut, man isst die großen und die kleinen Kuchen, wo es einem gefällt. Was mich anbetrifft, so würde ich an Ihres Fürsten Stelle alle meine Kuchen in der Pfalz essen.“
Das Gespräch, in dem es darum ging, warum der Kurfürst die Herrschaft in Bayern antrat, anstatt einen vom Kaiser angeregten Gebietstausch mit den österreichischen Niederlande, dem heutigen Belgien, anzunehmen, ist durch ein Originalmanuskript Pigages überliefert.
Literatur
Oswald Zenker: Schwetzinger Schlossgarten. Ein Führer durch das Französische Gartenparterre und den Englischen Landschaftsgarten, mit Informationen über Schloss und Rokokotheater sowie Sehenswürdigkeiten der Umgebung. Schwetzingen: K. F. Schimper-Verlag, 2002. ISBN 3877421709
Weblinks
Siehe auch: Liste der Burgen und Schlösser