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Amphibien

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Amphibien
Goldkröte (Bufo periglenes) †
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Superphylum: Neumünder (Deuterostomia)
Vorlage:Phylum: Chordatiere (Chordata)
Vorlage:Subphylum: Wirbeltiere (Vertebrata)
Vorlage:Superclassis: Kiefermäuler (Gnathostomata)
Vorlage:Seria: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Vorlage:Classis: Amphibien oder Lurche
Wissenschaftlicher Name
Amphibia
Linnaeus, 1758
Ordnungen

Die Amphibien oder Lurche (Amphibia) bilden eine Vorlage:Classis süßwasser- und landbewohnender Landwirbeltiere (Tetrapoda). Ihr wissenschaftlicher Name leitet sich aus dem Griechischen ἀμφί [amphi] „auf beiden Seiten“ und βίος [bios] „Leben“ = „doppellebig“ ab. Dies rührt daher, dass die meisten Amphibien zunächst ein Larvenstadium im Wasser durchlaufen und nach einer Metamorphose an Land leben können. Sie sind aber zeitlebens auf die Nähe von Gewässern angewiesen. Viele sind in erster Linie nachts aktiv, um sich vor Fressfeinden zu schützen sowie Wasserverluste durch die Haut gering zu halten.

Anatomische Merkmale

Lurche sind mit vier Gliedmaßen ausgestattet – die in einigen Fällen (Schleichenlurche, Armmolche) aber auch zurückgebildet sein können. An jeder Hand befinden sich in der Regel vier Finger, an den Füßen je fünf Zehen. Die Tiere haben einen flachen Schädel und einen oft reduzierten Knochenbau; so fehlen den meisten beispielsweise Rippen. Anhand der Ausprägung der Rückenwirbel können abstammungsgeschichtliche Klassifizierungen vorgenommen werden (vergleiche beispielsweise: Archaeobatrachia, Mesobatrachia, Neobatrachia). Die Haut ist dünn und nackt, drüsen- und pigmentzellenreich. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Atmung und beim Wasserhaushalt. Als Larven besitzen sie Kiemen, als erwachsene Tiere einfache Lungen, die ebenso wie die Haut- sowie Kehl- oder Mundbodenatmung dem Gasaustausch dienen. Amphibien sind wechselwarm; das bedeutet, dass sie keine konstante Körpertemperatur aufweisen, sondern diese sich der Umgebungswärme anpasst. Ihr Herz besteht aus zwei getrennten Vorkammern und einer einheitlichen Hauptkammer ohne Scheidewand. Der Darmausgang, die Exkretions- und Geschlechtsorgane münden in einer Kloake. Nach ihrer Morphologie unterscheidet man Frosch-, Schwanz- sowie Schleichenlurche (dort Näheres zur jeweiligen Anatomie und Morphologie).

Fortpflanzung und Individualentwicklung

Froschlaich

Zumindest zur Fortpflanzung müssen die meisten Amphibien das Wasser aufsuchen – auch an Trockenheit angepasste Arten. (Manche Froschlurche, wie die artenreichste Gattung der Antillen-Pfeiffrösche, haben sich allerdings unabhängig von offenen Gewässern gemacht.) Fast alle legen Eier, so genannten Laich, in gallertigen Hüllen ab; einige Arten betreiben Brutpflege. Die sich im Wasser entwickelnden Larven atmen zunächst mit Kiemen; erst nach einiger Zeit tritt eine Metamorphose ein, in der sie sich hormongesteuert zum lungenatmenden, skelettgestützten Tier umformen, welches das Gewässer verlassen kann. Einige Arten bleiben längerfristig oder sogar zeitlebens in einem Larvenstadium (so genannte temporäre, partielle oder vollständige Neotenie) und leben dauernd aquatil, zum Beispiel der Axolotl. Nur sehr wenige, wie der im Gebirge beheimatete Alpensalamander, sind lebend gebärend (ovovivipar) und bringen bereits fertig entwickelte Junge zur Welt.

Wichtiger Bestandteil der Metamorphose ist die Rückbildung der Kiemen sowie die Verlagerung der Atmung zur Lunge und zur Hautoberfläche. Die Haut selbst verändert sich auch, um an Land den Wasserverlust zu verringern. Es findet ferner eine Entwicklung von Extremitäten statt – bei Molchlarven wird erst das vordere, dann das hintere Beinpaar sichtbar, bei Kaulquappen ist es umgekehrt. Der Ruderschwanz der Larven bildet sich in der letzten Phase der Metamorphose bei Froschlurchen allmählich ganz zurück. An den Augen entwickeln sich Lider und es entstehen außenliegende Trommelfelle (letzteres nur bei den Froschlurchen).

Nahrung und Fressfeinde

Molchlarve (Triturus spec.) mit äußeren Kiemen

Während sich die Kaulquappen der Froschlurche in erster Linie pflanzlich ernähren, Detritus fressen oder an Aas gehen, sind Molchlarven und alle metamorphosierten Amphibien rein carnivor. Im Allgemeinen wird lebende Beute aufgenommen und im Ganzen verschluckt, vor allem Insekten, Gliedertiere, Mollusken und Spinnen. Größere Amphibien können auch manche kleine Wirbeltiere überwältigen; Kannibalismus ist zudem nicht selten. Allerdings verhalten sich Amphibien aufgrund ihres poikilothermen Stoffwechsels oft weniger als aktive Jäger, sondern sie verfolgen mehr eine Strategie des Lauerns oder der sich spontan bietenden Gelegenheit.

Lurche selbst gehören zum Beuteschema vieler anderer Tiere: Laich und Larven im Wasser werden von „räuberischen“ Insektenlarven, von Fischen und Wasservögeln, aber auch von anderen Amphibien gefressen; die umgewandelten Exemplare sind Nahrungsgrundlage vieler Säugetiere, Vögel und Reptilien, in manchen Regionen auch von größeren Wirbellosen. Aus diesem Grund müssen sie für eine sehr große Nachkommenschaft sorgen – nur aus einem winzigen Bruchteil der produzierten Eier und Larven werden später selbst geschlechtsreife Amphibien.

Evolution

Amphibien sind die direkten Nachfahren der ersten Knochenfische (Osteichthyes), die im Devon vor etwa 360 Millionen Jahren vom Meer aus das Land besiedelten. Der anatomische Bau von Acanthostega lässt darauf schließen, dass sich bereits fossile Fische mit vier Gliedmaßen im Wasser bewegt haben. Bei den Amphibien sind vor allem Verwandtschaftsverhältnisse zu den Quastenflossern und zu den Lungenfischen erkennbar. Beide Gruppen haben eine Reihe von Charakteristika mit den Amphibien gemeinsam – unter anderem beim Skelettbau, bei organischen und embryologischen Merkmalen. Bis in die jüngste Zeit ging man davon aus, dass zumindest die Froschlurche und alle höheren Wirbeltiere von den Quastenflossern abstammen. (Ob auch die Schwanzlurche aus dieser Entwicklungslinie hervorgingen oder parallel aus den Lungenfischen entstanden, war dabei umstritten; der Ursprung der Schleichenlurche wäre danach noch unklarer.) Neue Genom-Analysen haben allerdings gezeigt, dass die Lungenfische eine wesentliche größere genetische Übereinstimmung mit Landwirbeltieren – letztlich auch den Säugetieren und den Menschen – aufweisen als Quastenflosser, was die bisherigen, in jedem Biologiebuch stehenden Annahmen zum Ursprung der Landwirbeltiere zumindest relativiert.

Im Oberkarbon vor rund 300 Millionen Jahren waren Amphibien besonders formenreich und hatten eine „Blütezeit“ als dominierende Landwirbeltierklasse.

Systematik

In der systematischen Klassifikation geht man von einer monophyletischen Abstammung aller heutigen Amphibien aus. Die rezenten rund 6000 Arten werden demzufolge alle zur Vorlage:Subclassis Lissamphibia gezählt, denen zahlreiche, heute ausgestorbene, fossil belegte Amphibien der Unterklassen Labyrinthodontia und Lepospondyli gegenüberstehen. Zu nennen ist beispielsweise der bis zu etwa vier Meter lange Mastodonsaurus aus der Trias-Zeit, der zu den Labyrinthzähnern gehörte.

Die Amphibien der Gegenwart werden in drei Vorlage:Ordoen mit 48 Vorlage:Familian eingeteilt:

  • Ordnung Schwanzlurche (Caudata oder Urodela), also Salamander und Molche (etwa 550 Arten = 9 % der Amphibien)
  • Ordnung Froschlurche (Anura oder Salientia), z. B. Frösche, Kröten und Unken (etwa 5250 Arten = 88 %)
  • Ordnung Schleichenlurche oder Blindwühlen (Gymnophiona oder Apoda) (etwa 170 Arten = 3 %).

Zur Übersicht der Systematik bis auf Unterfamilienebene siehe: Systematik der Amphibien – dort befindet sich auch ein Link zur prioritären Wikipedia-Referenz für die Systematik und wissenschaftliche Nomenklatur.

Verbreitung

Männchen eines Teichmolches

Amphibien kommen auf allen Kontinenten mit Ausnahme von Antarktika von den kalt-gemäßigten bis in die tropischen Zonen vor. Ihre Abhängigkeit von Süßwasser (in einigen Fällen wird auch Brackwasser toleriert) begrenzt ihren Lebensraum. Trockengebiete werden nur von wenigen Spezialisten wie beispielsweise den Amerikanischen Schaufelfußkröten bewohnt, deren Kaulquappen die kürzeste bekannte Entwicklungszeit aller Amphibienlarven haben. Auch kalte Hochgebirge sind kein geeigneter Lebensraum für die meisten Arten. Die Schleichenlurche (Blindwühlen) sind auf die Tropen Afrikas, Asiens und Amerikas beschränkt; Salamander und Molche sind mit einigen Ausnahmen vor allem holarktisch verbreitet, und Froschlurche kommen in fast allen Erdteilen und auf vielen Inseln vor. Die biogeografische Region der Holarktis ist vergleichsweise artenarm – besonders die Paläarktis Eurasiens. Schwerpunkte der Artenvielfalt befinden sich in den subtropischen und tropischen Zonen, der Neotropis, Paläotropis und der australischen Region. Der wichtigste „Hot spot“ der Amphibien-Diversität schlechthin ist das tropische Lateinamerika, unter anderem mit dem Amazonas-Gebiet.

Gefährdung

Europäischer Laubfrosch

Lurche sind wegen ihrer durchlässigen Haut und wegen ihrer Eigenschaft als Bewohner von Biotopkomplexen aus Gewässern und Landlebensräumen anfälliger als viele andere Tiergruppen gegenüber schädigenden Umwelteinflüssen und -veränderungen. Diese 360 Millionen Jahre alte Vorlage:Classis, die unter anderem die Dinosaurier überlebt hat, wird daher als ein zuverlässiger Bioindikator für den Zustand der Ökosysteme der Erde angesehen.

Von den zur Zeit bekannten Amphibienarten gelten über 200 als in ihrem Gesamtbestand zurückgehend; mindestens 32 werden als bereits ausgestorben oder verschollen geführt (darunter die oben abgebildete Goldkröte). Andere Übersichten sehen etwa ein Drittel der Lurcharten weltweit als bedroht an. Als Ursachen dafür werden Chemikalien in der Umwelt (unter anderem Pestizide, Schwermetalle, Stickstoffdünger), die Zerstörung oder Fragmentierung der Habitate, Wildfänge sowie Parasiten und Virus- oder Pilzkrankheiten genannt (siehe auch: Chytridpilz). Diskutiert werden auch Effekte des globalen Klimawandels auf die Lebensräume sowie die Auswirkungen von UV-Strahlung, die aufgrund des Ozonlochs in vielen Regionen zunimmt. Eine neue US-amerikanische Studie zeigt einen signifikanten Zusammenhang zwischen hoher Amphibiensterblichkeit und dem weltweit meistverwendeten Unkrautvernichtungsmittel „RoundUp“ des Agrochemie- und Saatgut-Konzerns „Monsanto“ auf.

In Mitteleuropa gehören der hohe Kraftfahrzeugverkehr auf dem dichten Straßennetz (vergleiche hierzu: Erdkröte) und die Zerstörung oder Vergiftung der Lebensräume – Kleingewässer und umgebende Landhabitate wie Wälder, Wiesen, Auen und Moore – durch Landwirtschaft, Industrie sowie Siedlungs-, Straßen- und Wasserbau zu den größten Gefährdungsfaktoren. Ein zusätzliches, wenig bemerktes Problem ist, dass viele Amphibien in Dörfern und an Stadträndern in Kellerfenster-Lichtschächte, Außen-Kellertreppen, ungesicherte Brunnenschächte oder auch in Straßengullys geraten. In diesen unbeabsichtigten Fallen müssen die Tiere dann meist verhungern oder vertrocknen.

Arten im deutschsprachigen Raum

Deutschland ist mit dem Vorkommen von 21 autochthonen Taxa – 20 Arten und eine Hybride; das entspricht 0,35 % der Taxa weltweit – recht arm an Lurchen. Dabei handelt es sich im Einzelnen um sieben Schwanzlurch- und 14 Froschlurcharten bzw. -formen.

Schwanzlurche

Alpensalamander (Salamandra atra) -- Feuersalamander (Salamandra salamandra) -- Bergmolch (Triturus alpestris) -- Nördlicher Kammmolch (Triturus cristatus) -- Alpen-Kammmolch (Triturus carnifex) -- Fadenmolch (Triturus helveticus) -- Teichmolch (Triturus vulgaris).

Froschlurche

Rotbauchunke (Bombina bombina) -- Gelbbauchunke (Bombina variegata) -- Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) -- Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) -- Erdkröte (Bufo bufo) -- Kreuzkröte (Bufo calamita) -- Wechselkröte (Bufo viridis) -- Laubfrosch (Hyla arborea) -- Grasfrosch (Rana temporaria) -- Moorfrosch (Rana arvalis) -- Springfrosch (Rana dalmatina) -- Kleiner Wasserfrosch (Rana lessonae) -- Seefrosch (Rana ridibunda) -- Teichfrosch (Rana kl. esculenta; Hybride).


Nur drei Arten bzw. Formen gelten hier zur Zeit nicht als gefährdet (Teichmolch, Erdkröte, Teichfrosch), zwei stehen auf der so genannten „Vorwarnliste“ (Feuersalamander, Grasfrosch). Alle anderen werden auf der Roten Liste in den Kategorien 1 („vom Aussterben bedroht“), 2 („stark gefährdet“), 3 („gefährdet“), R („wegen Seltenheit potenziell bedroht“) oder G („Status unklar, aber Gefährdung ist anzunehmen“) geführt – das sind 76 % der Arten!

Als Neozoon konnte sich in jüngster Zeit an manchen Stellen, insbesondere in Südwestdeutschland, der Nordamerikanische Ochsenfrosch mit Populationen etablieren, deren Tiere aus künstlichen Aussetzungen stammen.

Die Amphibienfaunen der Schweiz und Österreichs unterscheiden sich vom Artenspektrum her nur geringfügig von Deutschland. In der Schweiz fehlen die Rotbauchunke, wahrscheinlich der Moorfrosch und die Knoblauchkröte (beide Arten werden in der Roten Liste mit „defizitärer Datenlage“ gekennzeichnet); die Wechselkröte gilt als ausgestorben. Dafür kommen als zusätzliche Arten der Italienische Springfrosch (Rana latastei) und der Italienische Laubfrosch (Hyla intermedia) im Tessin vor. Dort ist außerdem eine weitere Unterart des Teichmolches anzutreffen (Triturus vulgaris meridionalis). In Österreich fehlen gegenüber Deutschland der Fadenmolch und die Geburtshelferkröte; die Kreuzkröte ist vom Aussterben bedroht. Als zusätzliche Art findet sich der Donau-Kammmolch (Triturus dobrogicus) im Osten des Landes; außerdem gibt es dort eine zweite Unterart des Moorfrosches (Balkan-Moorfrosch, Rana arvalis wolterstorffi).

Sonstiges

  • Amphibien dienen dem Menschen als Modellorganismen (Anschauungsobjekte und Versuchstiere) für die entwicklungsbiologische Lehre und Forschung. Besonders hervorzuheben sind dabei die Wasserfrösche und Krallenfrösche, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts außerdem für Schwangerschaftstests eingesetzt wurden.
  • In manchen Ländern werden größere Froscharten in regelrechten Farmen für den menschlichen Verzehr gezüchtet.
  • Eine übersteigerte Angst vor Amphibien bzw. Froschlurchen wird als Batrachophobie bezeichnet.
Wiktionary: Lurch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Amphibie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen