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Szczytno

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Szczytno
Wappen von Szczytno
Szczytno (Polen)
Szczytno (Polen)
Szczytno
Basisdaten
Staat: Polen

Woiwodschaft: Ermland-Masuren
Powiat: Szczytno
Fläche: 9,96 km²
Geographische Lage: 53° 34′ N, 20° 59′ OKoordinaten: 53° 33′ 46″ N, 20° 59′ 7″ O
Einwohner: 22.813
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 12-100 bis 12-102
Telefonvorwahl: (+48) 89
Kfz-Kennzeichen: NSZ
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DK53 MyszyniecOlsztyn
DK57 BartoszyceMaków Mazowiecki
Eisenbahn: Olsztyn–Pisz
Nächster int. Flughafen: Szczytno-Szymany
Gmina
Gminatyp: Stadtgemeinde
Fläche: 9,96 km²
Einwohner: 22.813
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 2290 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 2817011
Verwaltung (Stand: 2007)
Bürgermeister: Danuta Górska
Adresse: ul. Sienkiewicza 1
12-100 Szczytno
Webpräsenz: www.um.szczytno.pl

Szczytno [ˈʃʧɨtnɔ] (deutsch Ortelsburg) ist eine Stadt im Süden der polnischen Woiwodschaft Ermland-Masuren.

Geographische Lage

Die Stadt liegt im masurischen Seengebiet, am Südostrand der Allensteiner Seenplatte 147 Meter über dem Meeresspiegel im historischen Ostpreußen. In unmittelbarer Nähe liegen der Große und Kleine Haussee (Jezioro Domowe Duże, Jezioro Domowe Małe). Während sich nördlich die bis zu 200 Meter hohen Damerauberge erheben, ist die übrige Landschaft von Wäldern geprägt.

Geschichte

Ortelsburg südsüdöstlich der Stadt Königsberg i. Pr. und südöstlich der Stadt Allenstein auf einer Landkarte von 1908.
Schlossanlage aus der Vogelperspektive
Evangelische Kirche
In der 1914 zerstörten Stadt Ortelsburg blieb das Kriegerdenkmal 1870/71 erhalten.
Häuser in Szczytno 2009
Rathaus bei Nacht
Ruine der Ordensburg
Grundriss der ehemaligen Ordensburg

Die Ortsgründung geht auf die Ordensfeste Hauß Ortelßburg zurück, die zwischen 1350 und 1360 auf der Landverbindung zwischen dem Großen und dem Kleinen Haussee aus Holz und Erde errichtet wurde. Der Deutsche Orden nutzte sie als Grenzfeste gegenüber dem nahen, polnisch beherrschten Masowien und als Stützpunkt zur Besiedlung des als Urwald vorgefundenen ehemaligen Prußengaus Galinden, der südlich der bisher eroberten und besiedelten Gebiete lag und allgemein als „Wildnis“ bezeichnet wurde. Ein Pfleger des Ordens, der der Komturei Elbing unterstand, hatte seinen Sitz auf der Burg. Der Name der Ortelsburg wird zurückgeführt auf den Großgebietiger und Obersten Spittler des Ordens, Ortloff von Trier, der in seiner Eigenschaft als Komtur von Elbing mit einer Urkunde vom 24. September 1360 die Ansiedlung von Einwanderern aus Masowien veranlasste. Ihre Siedlung entstand zunächst auf der Nordseite des Kleinen Haussees, und sie lebten vorwiegend von der Imkerei. Bienenzüchter wurden zu dieser Zeit als Beutner bezeichnet, und so entstand für die neue Siedlung der Name Beutnerdorf.

Im Jahre 1370 fiel die Ortelsburg den Kämpfen zwischen dem Deutschen Orden und den Litauern zum Opfer. Unter ihrem Anführer Kynstut zerstörten die Litauer die Burg. Der Orden wollte seinen Stützpunkt jedoch nicht aufgeben und errichtete sofort eine neue Burg, die diesmal widerstandsfähiger und aus Stein errichtet wurde. Während des Dreizehnjährigen Krieges (1454–1466) war sie hart umkämpft und wurde mehrfach von beiden Kriegsparteien besetzt.

Nach der 1525 erfolgten Säkularisierung des Ordensstaates und Umwandlung in das weltliche Herzogtum Preußen wurde die Ortelsburg zum Sitz des Amtshauptmannes für das dem Oberländischen Kreis unterstehende Hauptamt Ortelsburg. Dem Hauptamt seinerseits unterstanden die Ämter Willenberg und Passenheim. Da das Herzogtum zu dieser Zeit unter der Lehnshoheit Polens stand, verlor die Ortelsburg ihre Bedeutung als Grenzfeste und begann zu verfallen.

Herzog Georg Friedrich, der die Gegend als sein Jagdrevier auserkoren hatte, stoppte die endgültige Zerstörung und baute die Burg ab 1580 zu einem Jagdschloss um. Viele der mit den Bauarbeiten beschäftigten Handwerker ließen sich bei der Burg nieder und gründeten 1581 unabhängig von der bereits bestehenden Ortschaft Beutnerdorf die Gemeinde Ortelsburg. Als der Amtshauptmann Andreas von Eulenburg um 1600 der neuen Gemeinde die Bierbrau- und Ausschankrechte verleihen wollte, kam es zu Auseinandersetzungen mit dem benachbarten Passenheim, das wirtschaftliche Einbußen befürchtete. Auf dem Höhepunkt der Streitigkeiten kam es auf den zwischen den Orten gelegenen Feldern zu einem regelrechten Waffengefecht. Der über Jahre andauernde Streit wurde erst am 23. März 1616 mit dem von Kurfürst Johann Sigismund verliehenen „Fundationsprivileg“ beendet. Mit dieser Urkunde erlangte Ortelsburg seine rechtliche Selbständigkeit einschließlich des Braurechts.

1629 trafen sich der brandenburgische Kurfürst Georg Wilhelm und der polnische König Władysław IV. Wasa zur Vorbereitung des Christburger Waffenstillstands, der de facto den Ersten Polnisch-Schwedischen Krieg beendete. Mehrere Brände und die 1656 ausgebrochene Pest warfen die Gemeinde immer wieder in ihrer Entwicklung zurück. Die im gleichen Jahr in den Süden des Landes eingefallenen Tataren richteten ebenfalls große Schäden an und töteten zahlreiche Einwohner. Erneut wurden viele Tote während der Pestepidemie in den Jahren 1709 bis 1711 beklagt. Obwohl nur etwa 400 Einwohner zählend, wurde Ortelsburg jedoch 1723 durch den preußischen König Friedrich Wilhelm I. das Stadtrecht verliehen. 1744 wurde Ortelsburg preußische Garnisonsstadt und beherbergte ein Feldjägerkorps, das sich später als „Ortelsburger Jäger“ wegen seiner ausgezeichneten Kundschafter und Scharfschützen einen guten Namen machte.

Anlässlich einer preußischen Verwaltungsreform wurde 1752 der Oberländische Kreis aufgelöst, und das Hauptamt Ortelsburg wurde in den neu geschaffenen Kreis Neidenburg eingegliedert. Während des preußisch-napoleonischen Krieges hielt sich das preußische Königspaar, Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise, auf seiner Flucht aus Berlin vom 21. November bis 19. Dezember 1806 in Ortelsburg auf. Hier verfasste der König am 1. Dezember das „Publicandum an die Armee und das deutsche Volk“, mit dem er seine Maßnahmen zur Erneuerung der Armee und der Zentralverwaltung bekanntgab (so genanntes Ortelsburger Publikandum). Am 31. Dezember 1806 besetzte die napoleonische Armee die Stadt und plünderte sie aus. Bis 1812 hatte Ortelsburg die Einquartierungskosten zu tragen.

Am 1. Februar 1818 wurde Ortelsburg im Zuge einer erneuten Verwaltungsreform zur Kreisstadt des neuen gleichnamigen Kreises erhoben. Mitte des 19. Jahrhunderts waren die späteren Reichsstraßen R 128 von Königsberg über Ortelsburg nach Willenberg und die R 134 von Ortelsburg nach Allenstein als Chausseen ausgebaut worden und 1883 erfolgte der Anschluss an die Eisenbahnstrecke Allenstein–Johannisburg. Damit waren die Voraussetzungen für industrielle Ansiedlungen geschaffen worden, und zum Ende des Jahrhunderts verfügte die Stadt über mehrere Ziegeleien, darunter eine moderne Ringofenziegelei, über ein Dampfsägewerk und eine Dampfmahlmühle. Das zuvor in Friedrichshof beheimatete Lehrerseminar wurde 1884 nach Ortelsburg verlegt. 1890 hatte die Stadt ohne das noch selbständige Beutnerdorf 2.885 Einwohner, darunter 700 Polnischsprachige und 159 Juden. Für die polnischsprachige Minderheit wurde 1910 die „Bank Mazurski“ gegründet. Die Eingemeindung von Beutnerdorf wurde 1913 vorgenommen, und die neuformierte Stadt hatte nun über 8.000 Einwohner.

Unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Ortelsburg am 30. August 1914 von russischen Truppen fast vollständig zerstört. Der Wiederaufbau der etwa 500 vernichteten Häuser wurde noch während des Krieges mit Hilfe der Partnerstädte Berlin und Wien begonnen. Als Folge des Versailler Vertrags stimmten die Einwohner im Abstimmungsgebiet Allenstein über die Zugehörigkeit zu Ostpreußen oder Polen ab. Am 11. Juli 1920 entschieden sich in Ortelsburg 5336 gegen 15 Stimmberechtigte für den Verbleib in Ostpreußen.[2] Zwischen den beiden Weltkriegen konnte Ortelsburg einen beachtlichen Anstieg der Einwohnerzahlen verzeichnen. Während 1925 10.357 Menschen in der Stadt lebten, wurden 1939 13.523 Einwohner ermittelt.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Ortelsburg im Januar 1945 von der Roten Armee erobert und besetzt. Bald darauf wurde die Stadt von der Sowjetunion unter polnische Verwaltung gestellt. Ein Teil der deutschen Einwohner war bereits geflohen. In der darauf folgenden Zeit wurden die verbliebenen deutschen Einwohner vertrieben oder mussten die polnische Staatsangehörigkeit annehmen. Die Stadt erhielt den polnischen Namen Szczytno, nach polnischen Quellen in Anlehnung an die lateinische Form von Haussee (sciten).

Einwohnerzahlen

Jahr Ein-
wohner
Anmerkungen
1782 über 1.000 in 131 Haushaltungen, ohne die aus einer Schwadron Husaren bestehende Garnison[3]
1831 1.477 zur Hälfte polnische und zur Hälfte deutsche Bevölkerung[4]
1875 1.980[5]
1880 2.146[5]
1890 2.858 davon 195 Katholiken und 159 Juden (900 Polen)[5]
1905 5.079 mit der Garnison (ein Jägerbataillon Nr. 1 und eine Maschinengewehrabteilung Nr. 1), meist Evangelische[6]
1925 10.357 davon 9.031 Evangelische, 1.019 Katholiken, zwölf sonstige Christen und 145 Juden[5]
1933 12.251 davon 10.790 Evangelische, 1.201 Katholiken, keine sonstigen Christen und 112 Juden[5]
1939 13.523 davon 11.424 Evangelische, 1.398 Katholiken, 254 sonstige Christen und 27 Juden[5]
2012 25.030

Gemeinde

Stadtgemeinde

Die Stadt Szczytno bildet eine eigenständige Stadtgemeinde (gmina miejska). 22.813

Landgemeinde

Die Landgemeinde Szczytno, zu der die Stadt selbst nicht gehört, hat eine Fläche von 346,2 km², auf der 13.232 Menschen leben (Stand: 31. Dezember 2020).

Politik

Wappen

Blasonierung: „In Silber auf grünem Boden ein roter, aus grünem Wald nach links hervorspringender Hirsch.“[7]

Die Gemeinde erhielt erst im Jahre 1616 Stadtrechte. Ein mit 1667 datiertes Gerichtssiegel zeigt zuerst obiges Wappen, das dann auch in DER KONIGL. PR. STATD ORTELSBVRG MAGISTRATSSIEGEL steht.[8]

Städtepartnerschaften

Seit dem 8. Oktober 1991 unterhält die deutsche Stadt Herne eine Städtepatenschaft mit Szczytno[9]. Seit 2008 besteht eine Partnerschaft mit der deutschen Stadt Herten.

Söhne und Töchter der Stadt

geordnet nach Geburtsjahr

Ehrenbürger

Verkehr

Zahlreiche Verkehrswege treffen hier zusammen. Es kreuzen sich die drei Landesstraßen 53 (OlsztynOstrołęka), 57 (BartoszycePultusk) und 58 (OlsztynekGrajewo). Dazu treffen sich die beiden Bahnstrecken Biskupiec–Ostrołęka und Olsztyn–PiszEłk.

Zehn Kilometer südlich der Stadt liegt der internationale Flughafen „Mazury“ Szczytno-Szymany (Groß Schiemanen).

Literatur

  • Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I: Topographie von Ost-Preussen. Königsberg/Leipzig 1785, S. 28.
  • August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde. Königsberg 1835, S. 458, Nr. 71.
  • Max Toeppen: Ueber preussische Lischken, Flecken und Städte. Ein Beitrag zur Geschichte der Gemeindeverfassungen in Preußen. In: Altpreußische Monatsschrift, Band 4. Königsberg 1867, S. 621–646, insbesondere S. 621–633.
  • Max Toeppen: Geschichte Masurens – Ein Beitrag zur preußischen Landes- und Kulturgeschichte. 1870 (540 Seiten); Nachdruck 1979, S. 92–98.
  • Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den Lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandenen Predigern. Königsberg 1777, S. 454–455.
  • H. Gollub: Geschichte der Stadt Ortelsburg. 1926. Nachdruck 1993, ISBN 3-7921-0522-5.
  • Andreas Kossert: Masuren. Ostpreußens vergessener Süden. Pantheon, München 2006, ISBN 3-570-55006-0.
  • Max Meyhöfer: Der Kreis Ortelsburg. Ein ostpreußisches Heimatbuch. Leer 1978.
  • Max Meyhöfer: Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg. Leer 1984.
  • Max Meyhöfer: Die Landgemeinden des Kreises Ortelsburg (Ergänzungsband). Leer 1971.
  • Max Brenk: Der Kreis Ortelsburg im Bild. Leer o.J., ISBN 3-7921-0259-5.
  • Burkhard Wittek: Masuren – Mein Ort. Nirgends. Bericht meiner Reise in eine Provinz vergessenen Erinnerns. 2. Auflage. Wiesenburg-Verlag, Schweinfurt 2011, ISBN 978-3-940756-37-4.
Commons: Szczytno – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. Herbert Marzian, Csaba Kenez: Selbstbestimmung für Ostdeutschland - Eine Dokumentation zum 50 Jahrestag der ost- und westpreussischen Volksabstimmung am 11. Juli 1920. Göttinger Arbeitskreis, 1970, S. 97.
  3. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil I: Topographie von Ost-Preußen. Marienwerder 1785, S. 28.
  4. August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde. Königsberg 1835, S. 458, Nr. 71.
  5. a b c d e f Michael Rademacher: Deutsche Verwaltungsgeschichte Ostpreußem: Landkreis Ortelsburg (2006).
  6. Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, Band 15, Leipzig und Wien 1908, S. 143.
  7. Erich Keyser: Deutsches Städtebuch – Handbuch städtischer Geschichte, Band I: Nordostdeutschland. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1939, S. 90–91.
  8. Otto Hupp: Deutsche Ortswappen. Kaffee-Handels-Aktiengesellschaft, Bremen 1925.
  9. Homepage der Stadt Herne: Patenschaften. Abgerufen am 22. April 2017.