Westbalkan
Die politisch-bedingte Wortschöpfung Westbalkan wurde Anfang des dritten Jahrtausends von EU-Politikern als neutralerer und kürzerer geographischer Gesamtbegriff für die Bezeichnung „Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens“ geschaffen. Es ist dies lediglich ein Terminus technicus, der von den Institutionen der EU verwendet wird.
Staaten des "Westbalkans"
Der Westbalkan umfaßt im Allgemeinen die Staaten des ehemaligen Jugoslawiens einschließlich Albanien. Betrachtet man allerdings die geographische und kulturelle Lage in Südosteuropa im Allgemeinen, so ist ersichtlich, dass es sinnlos ist, einzelne Staaten aus dem geographisch-neutralen Begriff Südosteuropa auszunehmen, geschweige denn eine willkürliche Einteilung nach "westbalkanischen" Ländern vorzunehmen, zumal die meisten dieser Staaten während des 20. Jahrhunderts zum ehemaligen Staat Jugoslawien gehörten. In der Politik mag dies allerdings gegebenenfalls sinnvoll erscheinen oder zur Vereinfachung dienen.
Eine nähere Analyse des Westbalkan-Begriffes und der einzelnen Staaten, zeigt die eigentlich willkürliche Einteilung auf. Europäische Politiker einigten sich darauf, diejenigen Staaten, welche sich zum Zeitpunkt der Einteilung im unmittelbaren Beitrittsprozess zur Europäischen Union befanden, aus dem "Westbalkan"-Begriff auszulassen. Somit werden Slowenien, Bulgarien und Rumänien nicht zum "Westbalkan" gezählt. Kroatien, dass in unmittelbarer Folge offizieller EU-Beitrittskandidat wurde, erfuhr nicht dieselbe Behandlung.
Der Großteil Sloweniens wurde ohnehin nie als zum Balkan zugehörig erachtet. Slowenien pflegt jedoch gute wirtschaftliche Kontakte zu den restlichen Ländern Südosteuropas. Da Slowenien bereits 2004 in die Europäische Union aufgenommen wurde, entschied man sich dazu, diesen Staat aus dem Begriff Westbalkan auszulassen. Man fügte andererseits aber Albanien, das sich ebenfalls im Annäherungsprozeß zur EU befand, jedoch keinen Nachfolgestaat Jugoslawiens darstellte, der Westbalkan-Gruppe hinzu. Die beiden EU-Kandidatenländer Bulgarien und Rumänien, welche sich ebenfalls auf der Balkanhalbinsel befinden, werden politisch-gesehen getrennt vom Westbalkan betrachtet. Als allgemeine Bezeichnung empfiehlt sich allerdings vielmehr die Verwendung des unpolitischen und international-anerkannteren Begriffes Südosteuropa.
Der Begriff Westbalkan kann ausschließlich als politische Abkürzung oder Einteilung gewisser Staaten gelten und folgt nicht unbedingt geographischen oder kulturellen Merkmalen dieser Region. Der Westbalkan umfaßt folgende Länder:
- Vorlage:Flagicon Kroatien
- Vorlage:Flagicon Bosnien und Herzegowina
- Vorlage:Flagicon Serbien und Montenegro
- Vorlage:Flagicon Mazedonien
- Vorlage:Flagicon Albanien
Sonderstellung Kroatiens
Kroatien befindet sich in dieser Staatengruppe in einer besonderen und gleichzeitig paradoxen Lage. Als Bestandteil Österreich-Ungarns gehörte Kroatien (genauso wie Slowenien) mit traditionell katholischer Bevölkerungsmehrheit jahrhundertelang zum mitteleuropäischen Kulturkreis. Aufgrund negativer historischer Erfahrungen distanzieren sich die Kroaten jedoch eher vom Balkan und betonen vielmehr die eigene historische Verbundenheit mit Mitteleuropa.
Kroatien ist noch kein Mitglied der Europäischen Union und zählt daher aus politischen Gründen wohl noch zum "Westbalkan". Die Unterschiede zu anderen Staaten Südosteuropas sind allerdings deutlich erkennbar. Weshalb man den EU Mitglieds- oder Kandidatenländern Slowenien, Bulgarien und Rumänien wiederum einen anderen Status als Kroatien gibt, ist nicht unbedingt nachvollziehbar.
Das EU-Kandidatenland Kroatien wird oft auch als „wirtschaftlicher Motor“ Südosteuropas bezeichnet. Dem Staat wird auch viel Südosteuropa-Kompetenz zugesprochen. Vermutlich entschloss man sich daher Kroatien als "Westbalkan"-Staat zu kategorisieren. Viele Politiker sehen in Kroatien großes Potential als erfahrener Vermittler zur krisengeschüttelten Balkan-Region und erhoffen sich dadurch mehr Stabilität für Europa.
Unterschiedliche Regelung bei der Einreisevisumspflicht in EU Staaten
- Die Bürger Kroatiens benötigen für Reisen in Staaten der europäischen Union kein Visum.
- Die Bürger der anderen Staaten können nicht ohne weiteres in die EU einreisen und müssen zunächst bei der Botschaft des jeweiligen EU Landes ein kostenpflichtiges Visum beantragen.
Bedeutung der europäischen Perspektive
Die europäische Perspektive für die Staaten der betroffenen Region gilt auch als wichtigstes Kriterium für die Entwicklung der gesamten Region und somit für die Erhaltung des Friedens in Europa. Daher ist es politisch oft einfacher vom "Westbalkan" zu sprechen, will man diejenigen Staaten bezeichnen, die noch keine EU-Mitgliedsländer sind. Es empfiehlt sich aber in Zukunft eher den neutraleren und korrekteren Begriff Südosteuropa für alle Staaten dieser Region zu verwenden, oder die einzelnen Staaten jeweils gesondert zu benennen.
Im Rahmen einer Annäherung an die Europäische Union wird oft auch die CEFTA (engl. Central European Free Trade Agreement) erwähnt. Dies ist eine Wirtschafts-Organisation, welche die Westbalkan-Staaten und diverse andere Staaten der Region (einschließlich Moldawien) umfassen wird. Sie soll politische Stabilität durch wirtschaftliche Zusammenschlüsse auf dem Balkan gewährleisten.