Prostitution Minderjähriger

Kinderprostitution meint, dass Kinder gegen Geld für sexuelle Aktivitäten angeboten oder in diese einbezogen werden oder sich selbst dafür anbieten. In thematischen Auseinandersetzungen wird der Begriff häufig irreführend ausgedehnt auf die Prostitution Jugendlicher. Eine Zusammenfassung der Prostitution von Jugendlichen und Kindern bezeichnet Prostitution Minderjähriger .
Geschichte
Im antiken Rom war Prostitution ein alltäglicher und überall anzutreffender Tatbestand. Aus historischen Quellen ist bekannt, dass auch Kinder - meist Sklaven - als Prostituierte arbeiten mussten. In einem Epigramm von Martial berichtet dieser davon, dass Kaiser Domitian ein Gesetz zum Verbot der Kinderprostitution erlassen hatte.
Brennpunktregionen
Nach unbelegten Schätzungen von UNICEF praktizieren weltweit ca. 3 bis 4 Millionen Jugendliche und Kinder Kinderprostitution, wobei die Dunkelziffer vermutlich weitaus höher liegt. Auf einen öffentlich bekannten Fall werden mindestens 25-30 unentdeckte geschätzt. Die regionalen Hauptbrennpunkte sind Asien (Philippinen, Thailand, Sri Lanka, Vietnam, Kambodscha), Karibik (Dominikanische Republik, Kuba), Brasilien, Südliches und Westliches Afrika (Kenia, Südafrika).
Personen, die Kinder zur Prostitution zwingen, machen sich in den meisten Ländern strafbar, wobei die Definition der Begriffe "Kinder", "Prostitution" und "Zwang" stark variieren können.
Artikel 34 der UN-Kinderrechtskonvention lautet:
- Die Vertragsstaaten verpflichten sich, das Kind vor allen Formen kommerzieller sexueller Ausbeutung zu schützen. Zu diesen Zweck treffen die Vertragsstaaten insbesondere alle geeigneten zweiseitigen und mehrseitigen Maßnahmen, um zu verhindern, dass Personen unter 18 Jahren
- zur Beteiligung an rechtswidrigen sexuellen Handlungen verleitet oder gezwungen werden,
- für die Prostitution oder andere rechtswidrige sexuelle Praktiken ausgebeutet werden,
- für pornografische Darbietungen und Darstellungen ausgebeutet werden.
Trotz aller Verbote und Bestimmungen ist es schwierig, die Kinderprostitution einzudämmen. Dies liegt zum einen am großen Markt, der insbesondere international nur schwer zu kontrollieren ist, aber auch an Gesetzen zum Schutz der Familie, die die staatliche Einmischung und Überwachung nur in begrenztem Maß zulässt. Jedoch kann beispielsweise ein deutscher Staatsbürger, der sich im Ausland für den sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen strafbar macht, in der BRD nach deutschem Recht für seine Tat im Ausland belangt werden (Exterritorialprinzip)
Ursachen
Nicht zuletzt die Armut in den sogenannten Entwicklungsländern verursacht den Großteil der Prostitution von Kindern. Immerhin sterben laut UNICEF jährlich 6 Millionen Kinder auf dieser Welt an Mangelernährung. Daher wird Kinderprostitution in armen Ländern eher als notwendiges Übel angesehen und kann nicht wirkungsvoll bekämpft werden, da es an Alternativen fehlt. Auch leben viele Kinder in diesen Ländern auf der Straße und werden von Zuhältern entführt. Kinderprostitution geht oft mit Sextourismus in wirtschaftlich ärmere Länder einher, wo Kinder häufig aus wirtschaftlicher Armut von ihren eigenen Eltern dazu genötigt bzw. dafür verkauft oder entführt werden oder als Straßenkinder von Zuhältern zur Prostitution gezwungen werden. Vor allem aber ist die Prostitution von Kindern ein großes Geschäft der organisierten Kriminalität. An erster Stelle der Ursachen für die Prostitution von Kindern steht allerdings die "Nachfrage"! Man schätzt, dass sich jährlich ca. 200.000 Sextouristen an Kindern und Jugendlichen vergreifen. Dabei sind 95% der Täter Männer, die ihre Übergriffe oft dokumentieren und ggf. als Kinderpornografie verkaufen. Die Täter glauben, dass Sex mit Kindern ein geringeres Risiko birgt, sich mit AIDS anzustecken, weshalb das Alter der missbrauchten Kinder stetig sinkt. Allerdings ist die Ansteckungsgefahr hier besonders hoch, da der sexuelle Missbrauch oft Verletzungen in den Körperöffnungen der Opfer verursachen.
Sachlage in Deutschland
Während sich das öffentliche Bewusstsein, politische Auseinandersetzungen und die Arbeit zahlreicher Hilfsorganisationen vorrangig auf die Verhinderung dieserart Verbrechen an Kindern im Ausland richten, findet die Not von Kindern und Jugendlichen, die sich auch hierzulande prostituieren, bis dato kaum Beachtung.
Über die Anzahl minderjähriger Prostituierter in Deutschland finden sich Erhebungen, die zwischen 3 und 11 Prozent gemessen an der gesamten Prostitution schwanken, bzw. Angaben, die von ca. 10.000 bis 20.000 prostituierten Jugendlichen und Kindern ausgehen. Eine genauere Zahlenangabe dieser illegalen Fälle erweist sich naturgegeben als problematisch.
Nach Angaben einer ZDF-Dokumentation vom 09.12.2003 nimmt die Anzahl minderjähriger Prostituierter hierzulande mehr und mehr zu, wobei der Anteil der Jüngeren immer stärker ansteigt. So war jede elfte Prostituierte, die im Jahre 2002 Kontakt mit der Hilfsorganisation "Mitternachtsmission Dortmund" hatte, minderjährig. Trotz dem augenscheinlichen Handlungsbedarf werden öffentliche Fördermittel für Hilfsprojekte derzeit immer knapper.
Meist prostituieren sich die Minderjährigen aus sozialer oder existentieller Not heraus. Auch die minderjährigen Stricher sind hier zu nennen. Oft kommen Rauschmittelsüchte hinzu, wodurch ein Teufelskreis entsteht. Nur ein Teil der minderjährigen Prostituierten tritt offen auf dem Babystrich (Orte an denen sich Minderjährige anbieten) mit Kunden in Kontakt, vielfach finden die Vermittlungen über Dritte statt. Ca. 90 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendliche, die von Hilfsorganisationen betreut werden, erlebten bereits in ihrer Familie oder dem Angehörigenkreis sexuelle Übergriffe, viele auch andere körperliche Misshandlungen und Beides bestimmt auch ihren Alltag auf dem Strich.
In Deutschland werden immer wieder Fälle bekannt, in denen Täter aus dem familiären Umkreis von Kindern Sexuellen Missbrauch von Kindern gegen Bezahlung organisiert haben. In einigen Fällen fanden die Übergriffe zudem zur Erzeugung von Kinderpornografie statt.
Von einer selbstbestimmten Entscheidung, etwa aus einer Berufung oder Lebenshaltung heraus, ist bei Kinderprostituierten und dem Großteil der jugendlichen Prostituierten schon aufgrund des Standes ihrer altermäßigen Entwicklung nicht auszugehen, obgleich es denkbar ist, dass aus taktischen Erwägungen, aufgrund von Repression oder aus Gründen der Verdrängung den "Kunden" gegenüber dahingehende Äußerungen stattfinden. Dieser Umstand setzt die Verantwortung darauf eingehender Täter nicht herab, nach der Rechtslage in Deutschland ist selbst dann, wenn eine Einwilligung oder sogar das Angebot zu sexuellen Handlungen von einer Person unter 14 Jahren vorliegt, die sexuelle Handlung strafbar, vergl. Sexueller Missbrauch von Kindern (Deutschland).
Verwandte Themen
ECPAT, Frauenhandel, Kinderarbeit, Krimineller Menschenhandel, Sextourismus, Sexueller Missbrauch von Kindern, Zwangsprostitution
Literatur
- Hathaichanok Amphan: Die andere Welt Thailand – Es ist nicht alles Gold was glänzt…. München 2005
- Cathrin Schauer: Kinder auf dem Strich. Bericht von der deutsch-tschechischen Grenze. Bad Honnef 2003
- Heidi Gerlinger: Sehnsucht nach Liebe ? - Eine Analyse des Phänomens Kinderprostitution, Jugendwerkstatt e.V., 2001, ISBN 3925699570 (Psychologische und soziologische Hintergründe des weltweiten Phänomens; In Deutschland leben laut Gerlinger nach offiziellen Schätzungen 10.000 bis 20.000 Kinder und Jugendliche, die sich prostituieren.)
- Bader Birgit: Stricher-Leben, Galgenberg Verlag, 1991, ISBN: 3925387781 (Lebenssituation von Strichern, Mißbrauch an Jungen und Kinderprostitution in Deutschland)
- Martin Block (Hg.): Tatort Manila: Entführt, verkauft, mißbraucht - Tourismus und Kinderprostitution. Hamburg 1998
- Adolf Gallwitz, Manfred Paulus: Grünkram - Die Kinder-Sex-Mafia in Deutschland, Verlag Deutsche Polizeiliteratur, 1998, ISBN 3801103765
- Gisela Wuttke: Kinderprostitution Kinderpornographie Tourismus - Eine Bestandsaufnahme, 1998, ISBN 3889775314
- Sabine Partenheimer: Kinder- und Jugendprostitution in Deutschland - Analyse der Voraussetzungen und Handlungsmöglichkeiten der Jugendhilfe, Shaker Verlag, 1997, ISBN 3826526740
Weblinks
- "Es ist furchtbarste Gewalt" taz vom 17.8.2002, S. 16-17, 518 Z. (Interview)
- "Kinderprostitution" bei Planet-Wissen
- "Prager Straßenstrich und Kinderprostitution in Tschechien" (Dossier) von www.tschechien-online.org
- Kinderprostitution nicht nur in Thailand ein Problem, - in Deutschland steigt die Zahl der Fälle
- Beitrag zum Internationalen Symposium "Gewalt gegen Kinder": Kinderprostitution weltweit und in Deutschland
- EFH Hannover: Kinderprostitution in Deutschland nimmt zu - Kinderprostitution an der deutsch-tschechischen Grenze
- ZDF Politik und Zeitgeschehen: „37Grad“ - Thema Kinderprostitution: Fallgeschichte Angélique, Hintergründe und Tendenzen, Handlungsbedarf und Realität, Projekte und Anlaufstellen für Betroffene, Literaturtipps und weitere Informationen.