Ökologische Nische
Eine Ökologische Nische ist die funktionelle Rolle einer Art innerhalb eines Ökosystems und wird durch die Gesamtheit aller Faktoren und ihrer Wechselwirkungen innerhalb des Ökosystem definiert. Im Gegensatz zu den Begriffen Habitat oder Biotop, die einen physischen Ort bezeichnen, ist die ökologische Nische ein funktioneller Begriff. Als Abstraktion des Begriffes „Lebensraum“ beschreibt er, welche biotischen und abiotischen Bedingungen, Umweltfaktoren und evolutive Faktoren, für das Leben bzw. Überleben einer Art im Ökosystem von Bedeutung sind.
Eine Art kann per Definition in einem bestimmten Ökosystem jeweils nur in einer Nische existieren. Umgekehrt kann die selbe Nische zur gleichen Zeit nur jeweils von einer Art „besetzt“ werden. Die verbreitete Auffassung der ökologischen Nische meint nicht einen engen Raum, sondern enge systemare Zusammenhänge.
Aus der Gesamtheit aller Umweltfaktoren, also zum Beispiel Temperatur, Nahrung, Bodenfeuchte, Lebensraum, usw., welche eine Ökologische Nische bedingen, formt sich der sogenannte Nischenraum. Bei Umweltfaktoren ist dies ein n-dimensionales Hypervolumen, welches jedoch aus Gründen der anschaulichen Darstellungsweise in zwei- bis dreidimensionale Nischendiagramme zerlegt wird. Dabei stellt ein Umweltfaktor jeweils eine Dimension dar. Je mehr Dimensionen in der Ökologischen Nische mit einbezogen werden, desto besser ist die Differenzierung zwischen unterschiedlichen Nischen möglich.
Man unterscheidet zwei grundlegende Konzeptionen einer Ökologischen Nische:
- die fundamentale Nische bzw. Fundamentalnische: Der Teil eines Nischenraums, in der eine Art potentiell leben könnte und welcher allein durch deren genetische Variabilität und die damit verbundene Anpassungsfähigkeit der Art bestimmt wird, nicht aber durch die lokalen Standortfaktoren. Dies ist gewissermaßen die ökologische Gesamtbeschreibung der betreffenden Art. Darin enthalten ist die Idealnische, die für die betreffende Art in allen Parametern optimale Bedingungen bereitstellen würde.
- die realisierte Nische bzw. Realnische: Der Teil der Fundamentalnische, der unter Berücksichtigung der konkreten Bedingungen in einem bestimmten Ökosystem tatsächlich von der betreffenden Art belegt wird.
Nach besonderen Eigenschaften und Umweltfaktoren kann man auch weitere Aspekte von Nischen definieren:
- Trophische Nische: Eine Nische in Bezug nur auf die Nahrungssituation.
- Minimalumwelt: Die Minimalbedingungen die einer Art das Überleben im betreffenden Ökosystem ermöglichen.
In geographisch getrennten, jedoch mit ähnlichen abiotischen Bedingungen versehenen Gebieten lebende Arten, besetzen oft ähnliche Nischen (Stellenäquivalenz). Dies führt dann zum Phänomen der Konvergenz/Analogie, da beide Arten unabhängig voneinander in Anpassung an ihre Lebensweise einen ähnlichen Körperbau entwickeln, obwohl sie nicht miteinander verwandt sind. So nehmen die Pinguine der Antarktis als fischfressende und flugunfähige Vögel eine ähnliche Ökologische Nische ein wie vor ihrem Aussterben die Riesenalken Europas. Beutelmulle in Australien und Maulwürfe in Europa besetzen die Ökologische Nische des kleinen Raubtiers, das durch intensives Graben von Gängen mit zu Grabschaufeln umgestalteten Vorderbeinen an unterirdische Kleinsttiere als Nahrung gelangt.
Konkurrenz, zum Beispiel durch eingeführte allochthone Arten mit ähnlicher, überlappender Ökologischer Nische, führt zu einer Verkleinerung des Existenzbereichs der ursprünglich vorhandenen Art. Wird der realisierte Existenzbereich dabei zu klein, so kann dies zum Aussterben einer Art führen, was man als Konkurrenzausschlussprinzip bezeichnet.
Generell führt die Evolution tendenziell dazu, dass zwei verschiedene verwandte Arten unterschiedliche Ökologische Nischen besetzen (Einnischung), da sie sonst einem erhöhten Konkurrenzdruck ausgesetzt wären. Ein Beispiel dafür stellt die Spezialisierung (adaptive Radiation) der Darwinfinken auf den Galápagos-Inseln dar, die Charles Darwin zu seinen ersten Überlegungen zur Artbildung und zur Evolutionstheorie führte.
Die Anzahl möglicher Ökologischer Nischen eines Ökosystems hängt von den klimatischen oder geographischen Bedingungen, sowie von der übrigen Lebensgemeinschaft, der Biozönose, ab. Dementsprechend ist die Artenzahl sehr unterschiedlich. Extreme Lebensräume, wie die Gletscher Grönlands, der Antarktis oder der Hochgebirge bieten weniger Ökologische Nischen als Urwälder in den Tropen oder Korallenriffe.
Siehe auch: Existenzbereich
Literatur
- Collier, B.D.; G.W.Cox; A.W.Johnson; P.C.Miller: "Dynamic Ecology" London 1974 ISBN: 0-13-221309-5