Zum Inhalt springen

Waldschlößchenbrücke

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Mai 2006 um 23:45 Uhr durch Jochen Böttcher (Diskussion | Beiträge) (Planungsprozess: Begründung "Abkürzung Carolabrücke" wieder rausgenommen, siehe Diskussion: "Autobahnabkürzung"). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Vorlage:Koordinate Artikel

Geplanter Standort der Waldschlößchenbrücke
Elbwiesen am Waldschlößchen am 13. November 2005

Waldschlößchenbrücke ist der Projektname einer umstrittenen neuen Elbquerung in Dresden.

Der Verkehrszug Waldschlößchenbrücke besteht aus der Waldschlößchenbrücke, einem Tunnel am nördlichen Brückenkopf, der die Verbindung der Brücke zur Stauffenbergallee herstellt, der nördlichen Fetscherstraße (am Südende der Brücke), sowie der Waldschlößchenstraße (am Nordende der Brücke).

Zweck

Die Waldschlößchenbrücke soll eine zusätzliche Verbindung zwischen dem Ost- und Südteil Dresdens mit dem Nordteil, vor allem den Industrieansiedlungen in der Umgebung des Flughafens (AMD, Infineon) schaffen.

Ort und Geschichte

Die Querung der Elbe soll zwischen den Dresdner Stadtteilen Johannstadt und Radeberger Vorstadt, bei Stromkilometer 52,68 der Elbe, 2,5 Kilometer östlich des Stadtzentrums von Dresden erfolgen. So wird eine Verbindung zwischen Fetscherstraße und Bautzner Straße/Stauffenbergallee hergestellt.

An dieser Stelle, an der das Dresdner Elbtal seine maximale Breite erreicht, verband einst eine Fähre die Flussufer. Während des Gründerzeitboomes nach 1871 gab es erste Überlegungen, alle Fähren der Stadt durch Brücken zu ersetzten. Während einige tatsächlich ersetzt wurden (Carolabrücke, Blaues Wunder) gab es für die Waldschlößchenbrücke bis in die 30er Jahre keine konkreten Pläne. Aufgrund eines historischen Bauverbotes fehlte es an Bebauung der Altstädter Seite und somit am Bedarf. Zudem bestanden schon immer Bedenken gegen die Zerstörung der Elbwiesen. So zeigten die Stadtplaner bereits 1826 Weitsicht und waren sich einig, dass der Ruhm Dresdens als eine „der schönsten Städte“ nur gewahrt werden könne, wenn die „freundliche Seite“ der Stadt „mit der Promenade zum Großen Garten und dem schönen Ausblick auf die Loschwitzberge“ offen gehalten würde (Reskript vom 26. April 1826. Dresden, Sächs. Hauptstaatsarchiv, Reskriptensammlung). Spätere Stadtpläne sahen eine Querung am heutigen Thomas-Müntzer-Platz vor, nicht aber am Waldschlößchen.

Ein Ansinnen der Johannstädter, die sich eine Fußgängerbrücke zum Wandern in der Heide wünschten, wurde 1900 aus „Bedenken ästhetischer Art” von den Stadträten abgelehnt (Dresden, Stadtarchiv, Stadtverordneten-Akten, E 52).

Konkrete Planungen existieren aus den 1930er Jahren unter Stadtbaurat Paul Wolf sowie 1950 - 1989 aus Zeiten der DDR, als man die damals noch zahlreich vorhandenen Arbeitsstätten im Dresdner Norden mit den neuen Plattenbausiedlungen im Osten verbinden wollte.

Heute gibt es immer noch industrielle Arbeitsplätze vor allem im Norden der Stadt. Die Plattenbauten im Süden haben aber enorm an Attraktivität verloren. Dafür wurden zahlreiche Altbauten auf der Neustädter Seite saniert (Pieschen, Dresden-Neustadt). Die Zahl der PKW, die die innerstädtischen Elbrücken benutzen, geht seit Eröffnung der Autobahn A 17 im Süden der Stadt seit 2001 kontinuierlich zurück.

Einige Brückenbefürworter beriefen sich auf den ersten Generalbebauungsplan für Dresden von 1862 und behaupten, schon damals sei die Brücke vorgesehen gewesen. Tatsächlich wird in diesem Plan aber nur die dritte Elbbrücke (Albertbrücke) diskutiert. Am Bereich Waldschlößchen wurde mit einer Linie die ausgewiesene Bebauungsgrenze der Stadt gegenüber der Landschaft markiert, die von den Befürwortern scheinbar als frühzeitiger Brückenplan interpretiert wurde.

Planungsprozess

Die bisherigen Planungen gingen aus einem Wettbewerb hervor, den 1997 das Berliner Büro Eisenloffel + Sattler, Ingenieure - Kolb + Ripke, Architekten gewann.

Die Brücke soll aus einem Bogen mit einer Spannweite von 145 m bestehen, der sich 30m über die Elbe erhebt. Die Gesamtlänge soll 582 m betragen, der höchste Punkt der Fahrbahn soll etwa 14 m über dem Wasserspiegel liegen.

Die projektierten Kosten betrugen 2000 zu Beginn der Planfeststellung 271 Mio. DM (138,9 Mio. Euro) für eine 2-spurige Brücke mit Option für die spätere Nachrüstung von Straßenbahngleisen. Im Jahr 2000 ist das Projekt vom Regierungspräsidium Dresden wegen fehlender Unterlagen und Überschreitungen von Lärmgrenzwerten nicht genehmigt worden.

Im Jahr 2004 ist die Kostenprognose durch immer neue Umplanungen und eine inzwischen 4-spurige Ausbauvariante auf 157 Mio. Euro angestiegen. Die jährlichen Unterhaltungskosten des Verkehrszuges werden laut Angaben der Stadtverwaltung über eine Mio. Euro betragen, eine Zahl, die von keiner anderen Brücke in Dresden erreicht wird und fast so hoch ist, wie die jährlichen Kosten für die 6 anderen Stadtbrücken in Dresden zusammen. Hinzu kommt eine jährliche Zinslast von etwa einer Million Euro, da die Eigenmittel der Stadt über Schulden finanziert werden müssen. Demgegenüber stehen ein bei rechtzeitiger Fertigstellung voraussichtlicher Finanzierungsanteil des Landes von etwa 60% oder 96 von 157 Mio.

Brückenbefürworter gehen von geringeren Verkehrskosten für Bürger und Gäste aus, die sonst Umwege hin zu den anderen Brücken in Kauf nehmen müssten. Ob diese Hoffnungen die hohen Kosten des Bauwerks rechtfertigen, bleibt allerdings zu hinterfragen, fehlten doch der Stadt im Gegenzug Mittel zur Unterstützung des städtischen ÖPNV und zur Straßensanierung.

Zudem sehen Befürworter in der Brücke einen notwendigen Ersatz für das "Blaue Wunder", dass bei starken Hochwasser gesperrt werden muss (wie 2002 und 2006 geschehen) und dessen Komplettsanierung in absehbarer Zeit ansteht. Brückengegner sind dagegen der Meinung, die Waldschlößchenbrücke könne das Blaue Wunder als Verbindung von Loschwitz und Blasewitz nicht ersetzen und sehen dessen Sanierung aufgrund der hohen Kosten der Waldschlößchenbrücke gefährdet.

Das verkehrliche Hauptargument der Brückengegner ist die höhere Gesamtbelastung des städtischen Straßensystems. Die Planungsunterlagen der Stadt weisen neben einer Zunahme der Elbquerungen ein Ansteigen der gefahrenen Kilometer um 8 Prozentpunkte aus. Selbst in der Innenstadt rechnet die städtische Prognose für den Fall, dass die Brücke gebaut wird, mit Verkehrszunahmen. Die Brückengegner stützen sich zudem auf Beispiele von ähnlichen Verkehrsgroßprojekten, die die gleichen Folgen hatten.

Weiterhin kritisieren die Gegner an der städtischen Verkehrsprognose, dass die Auswirkungen von überregionalen Verkehren gar nicht erst berücksichtigt wurden. Sie vermuten noch höhere Belastungen, da die Stadt aufgrund der innerstädtischen Brücke als überörtliche Abkürzung genutzt würde. Kraftfahrer könnten sich den Weg der Umfahrung Dresdens über die A4 und A17 ersparen.

Beide Parteien schickten vielfach Verkehrsexperten in die Diskussion. Die Seite der Brückengegner kam dabei zu der Schlussfolgerung, durch die in den städtischen Prognosen ausgewiesene Verkehrszunahme am Schillerplatz könnte der Stau an der relativ ortsnahen Brücke Blaues Wunder eher zunehmen. Brückenbefürworter halten diese Annahme für falsch und verweisen auf Entlastungen direkt auf der Brücke sowie einen besseren Verkehrsfluss am Schillerplatz.

Einig sind sich viele Beobachter darüber, dass eine Straßenbahntrasse oder wenigstens eine Busspur für so ein Großprojekt wünschenswert sei, doch wurde selbst diese aus den Planungen gestrichen, um den Forderungen des Landes Sachsen (4-Spurigkeit) gerecht zu werden und die versprochenen Fördermittel (etwa 60% von 157 Millionen) nicht zu gefährden.

Am 27. Februar 2005 fand ein Bürgerentscheid statt, ob der "Verkehrszug Waldschlößchenbrücke", dessen wesentlicher Bestandteil die Waldschlößchenbrücke ist, gebaut werden soll oder nicht. Er war durch ein Bürgerbegehren des ADAC, der CDU und der FDP, welches über 15% der wahlberechtigten Bürger unterschrieben haben, erwirkt. Die Gruppen hatten den Bürgerentscheid angestrebt, da der nach den Stadtratswahlen 2004 neubesetzte Dresdner Stadtrat das schon in fortgeschrittenem Planungsstadium befindliche Projekt gestoppt hatte.

Das Endergebnis des Bürgerentscheids fiel mit 67,88 % Ja-Stimmen sehr deutlich aus. Es gab nur in einem der 36 Abstimmungsbezirke eine Mehrheit gegen die Brücke. Nachdem alle anhängigen Eilverfahren abgewiesen worden sind, sollte der Bau der Brücke im März 2006 beginnen. Aufgrund von Problemen mit dem Welterbe-Komitee der UNESCO ist ein Baubeginn jedoch wieder offen.

Konflikt mit UNESCO

Das Dresdner Elbtal wurde im Juli 2004 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben. Der Bau der Waldschlößchenbrücke war darin einbegriffen.

Im Oktober 2005 wurde bekannt, dass die zur Brücke gelieferten Daten teilweise unpräzise und fehlerhaft waren. So wurde der Standort der Brücke in einem ICOMOS-Gutachten etwa mit "5 km flussabwärts vom Stadtzentrum" angegeben, er befindet sich allerdings 2,5 km flussaufwärts. Auch sollen Planungsänderungen, die sich in der Folge des Jahrhunderthochwassers 2002 ergeben haben, nicht vollständig aufgeführt gewesen sein. Schließlich war die Visualisierung der Brücke nach Ansicht mancher Gegner zu suggestiv und unter Ausblendung der betroffenen Sichtbeziehungen erfolgt.

Daraufhin forderte das Sekretariat des Welterbe-Komitee (World Heritage Center Paris) die Stadt Dresden auf, ein unabhängiges Gutachten zur Verträglichkeit der Brücke mit dem Titel Welterbe in Auftrag zu geben. Nach Gesprächen zwischem dem Oberbürgermeister und der UNESCO wurde der für 22. März 2006 angedachte Baustart erneut bis auf Weiteres verschoben.

Das von der UNESCO geforderte Gutachten des Aachener Stadtplaners Kunibert Wachten, der für die UNESCO auch schon ein ähnliches Gutachten für den Kölner Dom erstellt hatte, liegt seit April 2006 vor. Es kommt zu folgendem Schluss:

  • Die Brücke ist ein „Sonderling“, der sich nicht in die Kette der Dresdner Stadtbrücken einreiht.
  • Die Brücke verstellt wichtige Blickbeziehungen auf die Silhouette Dresdens wie auf das Elbtal.
  • Die Brücke zerschneidet den zusammenhängenden Landschaftsraum des Elbbogens an der empfindlichsten Stelle und teilt ihn irreversibel in zwei Hälften.

Angesichts der Kritik der unabhängigen Gutachter wird erwartet, dass die UNESCO auf ihrer Tagung im Juni 2006 den Titel wieder aberkennt, sollte die Brücke gebaut werden ("Rote Liste"). Die Stadtverwaltung und Brückenbefürworter wie Oberbürgermeister, FDP und CDU beharren dagegen auf den Bau und riskieren möglicherweise die Aberkennung des Welterbe-Titels.

Brückengegner wie etwa Nobelpreisträger Günter Blobel, der sich bei der UNESCO persönlich für die erneute Beschäftigung mit dem Dresdner Elbtal einsetzte, sehen dies als Chance, die Alternative eines Tunnels wieder ins Gespräch zu bringen. Eine solche Lösung könnte die ästhetischen Probleme der Brücke umgehen und trotzdem dem Bürgerwillen zur Elbquerung gerecht werden. Die von den Brückengegnern angemahnten verkehrlichen Probleme würden für den Tunnel jedoch genauso gelten.

In der Zwischenzeit werden Rufe nach einem erneuten Bürgerentscheid laut. Die Brückenbefürworter warben beim Entscheid von 2005 ausdrücklich mit dem Siegel "UNESCO-geprüft" um die Zustimmung der Dresdner. Die erwähnten Fehler des ICOMOS-Gutachten waren damals noch nicht bekannt. Konkrete Aktivitäten zu einem Bürgerbegehren dazu gibt derzeit aber noch nicht.

Allgemein

Medienecho

Befürworter

Gegner

Tunnel als Alternative