Ungarn
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Amtssprache | Ungarisch | ||||
Hauptstadt | Budapest | ||||
Staatsform | Parlamentarische Republik | ||||
Staatsoberhaupt | László Sólyom | ||||
Ministerpräsident | Ferenc Gyurcsány | ||||
Fläche | 93.030 km² (davon 690 km² Gewässer) | ||||
Einwohnerzahl | 10.085.000[1] (2005) | ||||
Bevölkerungsdichte | 108,5 Einwohner pro km² | ||||
Unabhängigkeit | am 31. Oktober 1918 | ||||
Währung | Forint | ||||
Zeitzone | UTC+1 | ||||
Nationalhymne | Himnusz | ||||
Kfz-Kennzeichen | H | ||||
Internet-TLD | .hu | ||||
Vorwahl | +36 | ||||
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Die Republik Ungarn (ungarisch amtlich Magyar Köztársaság, , allgemein üblich Magyarország) ist ein Staat in Mitteleuropa, dessen Großteil das Pannonische Becken einnimmt. Er grenzt an Österreich, die Slowakei, die Ukraine, Rumänien, Serbien, Kroatien und Slowenien.
Der heutige Staat (EU-Mitglied seit 2004) bildete bis 1918 mit Österreich die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn. Zur ungarischen Reichshälfte gehörten die Slowakei, ein Großteil Rumäniens, Kroatien und kleine Teile von Serbien, Polen und der Ukraine.
Staats- und Landesname
Die Selbstbezeichnung der Ungarn weicht stark von den ausländischen Namen für Ungarn ab. So taucht magyar (Aussprache / / von ung. magyar [ ]) ; früher magyeri) schon im 9. und 10. Jahrhundert in islamischen Quellen auf. Es ist wahrscheinlich ein Komposit aus magy (< ugrisch *mańćε = „Mensch, Mann, Geschlecht“) und er(i) (ebenfalls „Mensch, Mann, Geschlecht“). Allerdings ist zu beachten, dass das Wort anfangs nur einen von sieben nomadischen Stämmen bezeichnete, die im 9. und beginnenden 10. Jahrhundert räuberische Überfälle in Europa, vor allem in Großmähren, unternahmen. Diese Stämme hießen Megyer (Magyar), Tarján, Jenő, Kér, Keszi, Kürt-Gyarmat und Nyék. Gegen Ende des 10. Jahrhunderts ist es dem Stamm der Magyaren – d. h. den Nachkommen Árpáds – gelungen, die restlichen Stämme unter seiner Oberherrschaft zu vereinigen. Von da an kann von Magyaren (wenn auch noch nicht im ethnischen Sinne) gesprochen werden.
Der Name „Ungarn“ gelangte aus dem Slawischen in die europäischen Sprachen. Das slawische Wort lässt sich auf die bulgarotürkische Stammesbezeichnung onogur (on = „zehn“ + ogur = „Stamm“) zurückführen, die dadurch entstand, dass die Vorfahren der Ungarn im 5. und 6. Jahrhundert in enger Verbindung mit dem Reich der Onoguren lebten, dessen führender Stammesverband „Onoguren“ hieß. Das „H-“ im lateinischen hungarus (und dadurch auch in manchen anderen Sprachen) entstand dadurch, dass der Name irrtümlicherweise mit den Hunnen (Hunni) gleichgesetzt wurde.
Herkunftstheorien
Die Wissenschafter um Luigi Luca Cavalli-Sforza weisen darauf hin, dass höchstens 10 % der heute in Ungarn lebenden Menschen von den landnehmenden magyarischen Sippen abstammen, was den Schluss zulässt, dass es zu einer weitgehenden kulturellen Verschmelzung mit den ursprünglichen Bewohnern (vermutlich Slawen, Awaren, Hunnen, Germanen, Romanen usw.) des Karpatenbeckens gekommen ist. Dies würde wiederum bedeuten, dass Abstammungslegenden und Verwandschaftsaussagen (z. B. mit den Hunnen) einen wahren Kern in sich bergen.
Diese Ansichten sind äußerst fraglich (weil spekulativ), obwohl auch im Zuge der Umwälzungen während der (recht späten) „Völkerwanderungen“ in diesem Raum (Karpatenbecken) Vermischungen durchaus möglich waren bzw. tatsächlich vorgekommen sind. Wissenschaftlich haltbare Belege für etwaige Verwandschaften (gar untermauert mit Zahlen) gibt es nicht. Ethnologen versuchen Verknüpfungen mit Hinweis auf Gemeinsamkeiten in der Volkskunst und Sprache aufzuzeigen. Zu berücksichtigen ist jedenfalls die Bevölkerungsentwicklung während der türkischen Besatzungszeit (immerhin ca. 150 Jahre lang) und während der Neubesiedlung infolge der Rückeroberungen (Südbewegung slowakischer Bauern, Nordbewegung serbischer Bauern und die Neuansiedlung deutscher Familien).
Siehe auch: Magyaren
Geografie

Landesgrenzen
- Die Länge der Außengrenze beträgt 2.009 km. Davon entfallen auf:
Tiefebenen
Die Donau und Theiß teilen Ungarn in das westliche Transdanubien mit der Kleinen Ungarischen Tiefebene (ungarisch Kisalföld) und der Großen Ungarischen Tiefebene (ungarisch Alföld).
Die fruchtbare Kleine Ungarische Tiefebene im Nordwesten Ungarns besteht hauptsächlich aus dem Becken von Győr. Die abwechslungsreiche Landschaft wird bestimmt durch leicht wellige, kleine Hügel und zerschnittene Platten. Durch fruchtbare Lößböden und auf Grund des milden Klimas kann intensive Landwirtschaft betrieben werden.
Die Große Ungarische Tiefebene nimmt nahezu die Hälfte des gesamten Staatsgebiets Ungarns ein. Sie ist eine ebene, weiträumige Fläche und ist mit in vorgeschichtlicher Zeit aufgeschütteten Geröllen und Sanden bedeckt. Die Alföld ist entlang der Theiß durchzogen von Auenlandschaften und durchsetzt mit einzelnen Waldinseln. Die Trockenlegung der Auen und die Rodung der Wälder haben zur zunehmenden Versalzung der Böden geführt. So entstand die typische Puszta mit Ziehbrunnen, Einzelgehöften und extensiver Weidewirtschaft. Auf Grund aufwändiger Bewässerungsmaßnahmen entstanden fruchtbare Böden, die den Anbau von Tabak, Mais und Sonnenblumen ermöglichen. Der Nationalpark Hortobágy wurde geschaffen, um die ursprüngliche Puszta-Landschaft zu schützen.
Siehe auch: Nationalparks in Ungarn.
Gebirge
Die ungarischen Mittelgebirge verlaufen vom Bükkgebirge im Nordosten bis zum Bakonywald im Westen. Fast alle Mittelgebirge in Ungarn tragen in höheren Lagen dichten Laubwald. Die Hänge und Becken sind mit fruchtbaren Böden bedeckt, die Acker-, Obst- und Weinbau ermöglichen. Thermalquellen, die an den Rändern der Mittelgebirge auftreten, sind Zeugnisse eines vergangenen und lebhaften Vulkanismus. Dies bestätigen auch die vulkanischen Gesteine des Bakonywaldes und des Mátragebirges im Norden. Bis auf diese Ausnahmen bestehen die sonstigen Mittelgebirge in Ungarn aus Dolomit und Kalkstein. Das bewaldete Mecsekgebirge im Südwesten Ungarns erhebt sich inselartig und ist bis zu 682 m hoch. Im Mátragebirge steht auch die mit 1.014 m höchste Erhebung Ungarns, der Kékes.
Städte
Die mit Abstand größte Stadt in Ungarn ist die Hauptstadt Budapest mit etwa 1,9 Millionen Einwohnern. Somit konzentriert sich gut 17% der Bevölkerung in der Hauptstadt. Die nachfolgend fünf größten Städte sind Debrecen und Miskolc mit einer Bevölkerung von etwa 200.000, Szeged und Pécs (ca. 165.000 Einwohner) sowie Győr (130.000 Einwohner).
Alle größeren Orte sind unter Liste der Städte und Orte in Ungarn aufgelistet.
Flüsse

Der längste Fluss auf ungarischem Staatsgebiet ist die Donau (ungarisch Duna), an deren Flusslauf unter anderem die wichtigen Städte Komárom, Esztergom, die Hauptstadt Budapest und Dunaújváros liegen. Sie fließt zunächst als Grenzfluss zwischen Ungarn und der Slowakei von West nach Ost, nach dem Donauknie bei Visegrád, einer 90°-Wendung des Flusses, fließt die Donau von Norden nach Süden Richtung Serbien. Ein weiterer langer Fluss in Ungarn ist die Theiß (ungarisch Tisza). Größere Städte an ihrem Lauf sind Tokaj, Szolnok und Szeged. Weitere wichtige Flüsse in Ungarn sind die Drau (ungarisch Dráva), der Hernád, die Kőrös (deutsch Kreisch), die Mur, die Raab (ungarisch Rába), Sajó und Zala.
Alle größeren Flüsse entspringen im Ausland. Mur und Raab in Österreich, die Drau in Südtirol, Zala in Slowenien, der Hernád in der Slowakei, die Kőrös in Siebenbürgen (West-Rumänien). Ungarns Hauptflüsse Donau und Theiß entspringen in Süddeutschland bzw. in der Ukraine.
Seen

Der größte See in Ungarn ist der Plattensee (ungarisch Balaton) im gebirgigen Westungarn. Er ist zugleich der größte See in Mitteleuropa. Der Plattensee ist neben der Hauptstadt Budapest das wichtigste Tourismusgebiet Ungarns, vor allem wegen seiner Strände und Thermalquellen. Ein weiterer wichtiger See ist der Velencer See (ungarisch Velencei-tó), der trotz seiner Ähnlichkeit zum Balaton touristisch wenig erschlossen ist. Im Nordosten des Sees erstreckt sich ein unbegehbares Vogelschutzgebiet, das vielen bedrohten Vogelarten Schutz bietet. Der Neusiedler See (ungarisch Fertő-tó) liegt nur zu einem Teil in Ungarn. 75 % der Wasserfläche gehören zum Staatsgebiet von Österreich. Der Nationalpark Fertő-Hanság umfasst den ungarischen Teil des Sees sowie die Sümpfe im Süden und den Hanság und wurde 2001 zusammen mit dem österreichischen Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel zum UNESCO-Welterbe ernannt.
Klima
Wegen der Binnenlage und der abschirmenden Wirkung der Gebirge hat Ungarn ein relativ trockenes Kontinentalklima mit kalten Wintern und warmen Sommern. Die mittleren Temperaturen liegen im Januar zwischen -1 °C und -3 °C sowie im Juli zwischen 21 °C und 23 °C. Im Frühsommer sind die ergiebigsten Niederschläge zu verzeichnen. Die mittlere Niederschlagsmenge beträgt im Westen auf Grund der vorherrschenden, Regen bringenden Westwinde rund 800 Millimeter, während in den östlichen Landesteilen in trockenen Jahren 500 Millimeter unterschritten werden können. Die Höhe der Niederschläge nehmen insgesamt von Westen nach Osten ab.
Flora und Fauna
In Ungarn sind etwa 45.000 Tierarten und 2.200 Pflanzenarten beheimatet. Vereinzelt gibt es nord-, ost- und südeuropäische Arten, die Mehrheit sind aber mitteleuropäische Arten. 855 Tierarten und 535 Pflanzenarten stehen unter Schutz. Seltene geschützte Blumen sind beispielsweise die mediterrane Nieswurz, die wilde Pfingstrose im Hügelland vom Mecsek und die ungarische Windblume in der Nyírség-Gegend.
Wildschweine, Hirsche, Rehe und Füchse sind ebenfalls in den ungarischen Wäldern beheimatet. Auf den landwirtschaftlichen Landflächen und im Tiefland leben vor allem Hasen, Fasane, Rebhühner und Wachteln. Im Frühling ziehen riesige Vogelschwärme von Norden nach Süden. Zu ihnen gehören Schwalben und Störche, die in Afrika den Winter verbringen. Geschützte Vogelarten sind beispielsweise der Stelzenläufer, die Trappe, die vor allem in der südlichen Tiefebene verbreitet ist, und der Säbelschnäbler.
Die ungarischen Flüsse und Seen sind sehr fischreich. Beheimatet sind Brassen, Karpfen und Hechte. Aale und Amuren wurden aus fremden Seen und Flüssen übergesiedelt und leben mittlerweile zahlreich in ungarischen Gewässern.
Um die ungarische Tier- und Pflanzenwelt zu schützen, hat man auf einer Gesamtfläche von 816.008 ha 9 Nationalparks, 38 Landschaftsschutzgebiete und 142 Naturschutzgebiete eingerichtet.
Bevölkerung
Demographische Struktur
Wie in anderen westlichen Industrienationen zeigt sich die alternde Gesellschaft. So sind 15,9 % der Bevölkerung unter 15 Jahren, die Mehrheit der Einwohner 15 bis 65 Jahre (68,6 %) und 15,5 % über 65. Die zusammengefasste Geburtenziffer ist ähnlich wie in Mitteleuropa extrem niedrig und beträgt pro Frau 1,3 Kinder.
Die Lebenserwartung lag 2005 bei der männlichen Bevölkerung bei 68,3 Jahren und bei der weiblichen Bevölkerung bei 76,5 Jahren.
Ethnien
Die Bevölkerung Ungarns besteht mehrheitlich aus Ungarn (89 %). Daneben gibt es Roma (5 %), Deutsche (Donauschwaben) (2,6 %), Rumänen (2 %), Serben (1 %), Slowaken (1 %), Ruthenen (0,9 %), Jenische (0,5%). Weiters leben im Westen des Landes ca. 10.000 Burgenlandkroaten. Für 2001 wurde ein Bevölkerungsrückgang von 0,32% geschätzt. Ursache ist die niedrige Geburtenrate (rund 10 Geburten auf 1.000 Einwohner). Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Minderheit der Roma stärker vertreten.
Religionen und Konfessionen
Die Mehrheit der Bevölkerung (54,5 %) bekennt sich zur römisch-katholischen und zur ungarischen griechisch-katholischen Kirche. 15,9 % der Bevölkerung sind Calvinisten, 3 % Lutheraner. Im Land lebten vor dem Holocaust rund 800.000 Juden. Heute leben in Ungarn rund 80.000 Juden, meist in der Hauptstadt. Der Atheismus, ein Überbleibsel der kommunistisch geprägten Regierung vor 1989, ist mit 14,5 % relativ weit verbreitet. Im Gegensatz zum Gebiet der ehemaligen DDR, wo etwa 70 % der Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft angehören, und anderen ehemaligen Ostblockstaaten ist der Anteil an Atheisten in Ungarn jedoch gering. Dies rührt vor allem daher, dass die kommunistische Regierung Ungarns vor der Wende 1989 Religionsgemeinschaften vergleichsweise nur wenig unterdrückte.
Siehe auch: Baptisten in Ungarn
Alle Zahlen in diesem Abschnitt beziehen sich auf die Volkszählung 2001, siehe nepszamlalas.hu (ungarisch).
Sprache
Hauptartikel: Ungarische Sprache
Die in Ungarn gebräuchliche Sprache ist Ungarisch. Sie gehört zum finno-ugrischen Zweig der Uralischen Sprachen und ist die einzige nicht-indogermanische Sprache, die im mitteleuropäischen Raum gesprochen wird. Im Gegensatz zur Deutschen Sprache unterscheiden sich die ungarischen Dialekte nur minimal untereinander. Aus der Zeit der Herrschaft der Habsburger (1699–1867 bzw. 1918) in Ungarn stammt der Einfluss der deutschen Sprache.
Neben Ungarisch sind die Sprachen der Minderheiten verbreitet. Romani, die Sprache der Minderheit Roma, ist mit gut 0,7% noch am weitesten verbreitet, 0,4% der Bevölkerung sprechen Kroatisch.
Geschichte
Hauptartikel: Geschichte Ungarns
9. bis 15. Jahrhundert

Die Magyaren wanderten, angeführt von dem Großfürsten Árpád, Ende des 9. Jahrhunderts in das Karpatenbecken ein und führten Raubzüge durch ganz Europa. Diese wurden auch von Árpáds Nachfolgern erfolgreich weitergeführt, bis 955 Otto I. die Angriffe der Ungarn durch einen vernichtenden Sieg auf dem Lechfeld einschränken konnte. Das Königreich Ungarn wurde 1000 von Stephan I. gegründet, der das Land (entgegen dem erbitterten Widerstand des alten Adels) nach karolingischem Vorbild gestaltete (Begründung des bis heute existierenden Comitatswesens).
Im „Mongolensturm“, mehreren Angriffen der Goldenen Horde der Mongolen unter dem Heerführer Batu Khan in den Jahren 1241 und 1242, wurde das Land verwüstet und dauerhaft entvölkert (50 % der Bevölkerung Ungarns kamen dabei ums Leben). König Béla IV. rief für die Neubesiedlung deutsche Siedler (Schwaben) ins Land, die sich in der Folgezeit magyarisierten.
Im Jahre 1301 starb Andreas III., der letzte Herrscher des Hauses Árpád. 1370–1386 und 1440–1444 wurde Ungarn von den Anjou und Jagiellonen in Personalunion mit Polen regiert.
In der Folgezeit hatte Ungarn nur noch einen ungarischen König, Matthias Corvinus, der das Land 1458–1490 regierte. Unter dem hochgebildeten Matthias stieg Ungarn zur politischen Großmacht und zu einem Zentrum der Renaissancekultur sowie des Humanismus auf. Als Renaissancefürst zog er Gelehrte und Künstler aus Italien an seinen Hof, gründete die Universität in Pressburg (Pozsony, heute Bratislava) und die Corvina in Ofen (Budapest); sein Großreich zerfiel nach seinem Tod.
1490–1526 regierten die polnisch-litauischen Jagiellonen Ungarn und Böhmen in Personalunion.
Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert
Das Ende der Unabhängigkeit Ungarns kam um die Mitte des 16. Jahrhunderts gleichzeitig mit den osmanischen Eroberungen. Am 29. August 1526 besiegte bei Mohács (dort befindet sich seit 1976 eine Gedenkstätte) Sultan Süleyman II. König Ludwig II. von Böhmen und Ungarn, der auf der Flucht ertrank. Der größte Teil Ungarns kam unter türkische Herrschaft, wobei die noch nicht eroberten Teile entweder unter habsburgische Herrschaft (wie der Westen Oberungarns) kamen oder von Ungarn getrennt wurden und als Fürstentum Siebenbürgen unter osmanische Oberhoheit gestellt wurden.
Nach 145 Jahren türkischer Besetzung Ungarns fiel Buda im Jahre 1686, und Ungarn wurde von den Habsburgern zurückerobert. Die Ungarn missbilligten aber die harte Herrschaft der Habsburger, so dass es von 1703 bis 1711 zum Kuruzenaufstand unter Fürst Franz II. Rákóczi, einem Adeligen aus Siebenbürgen, kam. Da die Spannungen zwischen dem ungarischen Adel und dem Wiener Hof nicht beseitigt werden konnten, entluden sie sich (nach scheinbar einvernehmlichen Verhandlungen und Zugeständnissen des Kaisers gegenüber den Ungarn) in der Revolution von 1848/1849, die mit Hilfe Russlands (mit Berufung auf die „Heilige Allianz“) blutig niedergeschlagen wurde und das Klima in der Monarchie dauerhaft verschlechterte.
Nach anhaltenden Unruhen im Land wurde Ungarn durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 gleichberechtigter (autonomer) Teil des Gesamtreiches Österreich-Ungarn. Das Reich wurde endgültig in der Person des Kaisers vereinigt (die Personalunion, de jure begründet durch die Pragmatische Sanktion, wurde de facto zur Realunion). Führend am Erfolg des Ausgleichs für die ungarische Seite waren Ferenc Deák und Graf Gyula Andrássy beteiligt. Allerdings hielt dieser Vielvölkerstaat den inneren Unruhen (auch aufgrund von Nationalitätenkonflikten im Zuge der Magyarisierungspolitik) nicht lange stand und zerfiel nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg in seine nationalen Bestandteile.
Von 1918 bis 1945
Ungarn erklärte am 31. Oktober 1918 den Austritt aus der österreichisch-ungarischen Monarchie. Eine Rekonstruktion der Monarchie wurde im Zuge der Verhandlungen in Versailles (Vertrag von Trianon) verboten. Schon kurz darauf, am 16. November 1918, wurde eine demokratische Republik ausgerufen. Erster Präsident wurde Graf Mihály Károlyi. Die sozialen Missstände in Folge des verlorenen Krieges hielten jedoch an. Die Regierung wurde von Kommunisten unter Führung Béla Kuns gestürzt und eine Räterepublik gegründet, die allerdings nicht lange Bestand haben sollte. Unter Billigung der Entente-Staaten marschierten tschechoslowakische, serbische und rumänische Truppen ins Land ein und stürzten die Räterepublik bereits nach 4 Monaten Regierungszeit.
Im Januar 1920 wurde Miklós Horthy von der Nationalversammlung zum Reichsverweser gewählt. Die Regierung erkannte daraufhin den Friedensvertrag von Trianon an, nach dessen Bedingungen Ungarn zwei Drittel seines Staatsgebiets abtreten musste. Ungarn näherte sich aufgrund wirtschaftlicher Krisen und revisionistischer Propaganda politisch immer mehr dem nationalsozialistischen Deutschland an. Daraus folgte auch der Kriegseintritt am 27. Juni 1941 auf Seiten der Achsenmächte. Als Ungarn ab Mitte März 1944 von deutschen Truppen besetzt und eine Kollaborationsregierung unter Döme Sztójay eingesetzt wurde, begann die Deportation der jüdischen Bevölkerung. Über 200.000 der auf dem Staatsgebiet von 1937 lebenden Juden kamen in Konzentrations- und Vernichtungslagern ums Leben. Weitere über 200.000 Opfer stammten aus den Gebieten, die Ungarn nach den Wiener Schiedssprüchen besetzt hatte. Nach dem Sturz Horthys 1944 wurde die Kriegsbeteiligung unter der faschistischen Bewegung der Pfeilkreuzler von Ferenc Szálasi fortgesetzt. Für Ungarn endeten die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs mit dem Einmarsch der Roten Armee am 4. April 1945.
Ostblock, Ungarnaufstand, Wende und EU
Ungarn kam unter sowjetischen Einfluss, und am 20. August 1949 wurde eine Verfassung nach russischem Vorbild beschlossen. Bis 1953 verfolgte Ungarn unter Mátyás Rákosi einen stalinistischen Kurs. Am 23. Oktober 1956 kam es zu einem Volksaufstand, in dessen Verlauf Imre Nagy, der bereits von 1953 bis 1955 Ministerpräsident war, erneut zum Ministerpräsidenten ernannt wurde. Er bildete eine Mehrparteien-Regierung, forderte die parlamentarische Demokratie und die Neutralität Ungarns. Der Aufstand wurde jedoch durch die sowjetische Armee blutig niedergeschlagen und viele Ungarn verließen nach dem gescheiterten Volksaufstand das Land und emigrierten nach Westeuropa und Nordamerika. Nagy wurde hingerichtet, János Kádár, bis dahin stellvertretender Ministerpräsident, wurde Generalsekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei sowie Ministerpräsident und blieb bis 1988 in dieser Position.
Unter seiner Regierung erfolgten Wirtschaftsreformen, die auch unter dem Begriff Gulaschkommunismus bekannt wurden. 1988 bildeten sich Oppositionsgruppen, die den friedlichen Systemwechsel vorantrieben und die Legitimität der sowjetischen (faktisch russischen) Vorherrschaft in Frage stellten (erwähnt sei Imre Pozsgay, der im Amt eines Staatsministers öffentlich der Doktrin von der „Konterrevolution von 1956“ widersprach). Auch in der kommunistischen USAP gab es oppositionelle Stimmen, die freie Wahlen und den Abzug der sowjetischen Truppen forderten. Dies leitete die Grenzöffnung nach Österreich und damit die Zerschneidung des Eisernen Vorhangs ein. Gemeinsam mit dem Außenminister Ungarns, Gyula Horn, durchtrennte Alois Mock (Außenminister Österreichs) am 27. Juni 1989 in einer symbolischen Aktion den Stacheldraht an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn.
Ungarn hatte entscheidenden Anteil an der politischen Wende von 1989 in den ehemaligen Ostblockstaaten und damit auch an der friedlichen Revolution in der DDR, die den Weg zum Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ebnete.
Seit dem Zusammenbruch der UdSSR ist Ungarn (politisch gesehen) Teil des westlichen Staatensystems geworden (Beitritt zur NATO 1999 und Beitritt zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 im Zuge der EU-Osterweiterung). Der Beitritt zur europäischen Union ist mit der Zustimmung einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung vollzogen worden. Die anfängliche Begeisterung ist angesichts der sich (wirtschaftlich) verschlechternden Lage zahlreicher Menschen (insbesondere alter Menschen) einer Ernüchterung gewichen. Die Folge sind Resignation und politisches Desinteresse. (So kann man die Wahlbeteiligung des Referendums zum EU-Beitritt (12. April 2005) interpretieren: Zwar stimmten 84 % für den Beitritt, aber lediglich 45,6 % der acht Millionen Wahlberechtigten gingen zur Abstimmung.)
Siehe auch: Liste der ungarischen Herrscher, Liste der ungarischen Staatspräsidenten
Politik
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989/90 wurde auch das ungarische Staatswesen erneuert. Am 23. Oktober 1989 trat eine modifizierte Verfassung in Kraft, deren Vorbild unter anderem das deutsche Grundgesetz war. Die Regierung ist dem Parlament verantwortlich, für die Regierungstätigkeit trägt der Ministerpräsident Verantwortung. Um die größtmögliche Stabilität der Regierung zu gewährleisten, wurde die Institution des konstruktiven Misstrauensvotums geschaffen.
Das Parlament wählt den Präsidenten der Republik, den Ministerpräsidenten, die Mitglieder des Verfassungsgerichts, den Ombudsmann der Minderheiten, den Präsidenten des Obersten Gerichts und den Generalstaatsanwalt. Das Einkammerparlament hat 386 Abgeordnete, die auf vier Jahre gewählt werden. In Ungarn gibt es ein gemischtes Wahlsystem, ähnlich wie in Deutschland. Seit August 2000 war der parteilose Ferenc Mádl als Präsident, der für 5 Jahre gewählt wird, im Amt. Im Juni 2005 gewann László Sólyom die Wahl zum Präsidenten. Er ist ehemaliger Präsident des ungarischen Verfassungsgerichts.
Die ungarische Politik war seit der Einführung freier und geheimer Wahlen 1990 von ständigen Mehrheitswechseln geprägt.
Peter Boross war der Nachfolger von József Antall als Ministerpräsident der Republik Ungarn von Dezember 1993 bis Juni 1994. Er war zuvor Innenminister. Mit der Abwahl von Boross 1994 endete die Regierungsverantwortung des Ungarischen Demokratischen Forums. Boross war in der Regierungszeit von Viktor Orbán (Fidesz) 1998–2002 als dessen Berater tätig, distanzierte sich aber später von Orbán.

Nach den Wahlen 2002 übernahm wieder die MSzP (Ungarische Sozialistische Partei) zusammen mit dem SzDSz die Regierungsverantwortung. Der aktuelle Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány, der seit dem 29. September 2004 amtiert, ist Nachfolger von Péter Medgyessy, der nach Versuchen der Regierungsumstrukturierung zurückgetreten war. Außenminister ist Ferenc Somogyi, der am 2. November 2004 die Nachfolge von László Kovács, dem ungarischen EU-Kommissar, angetreten hatte.
Die Regierung von MSzP und SzDSz wurde bei den Parlamentswahlen vom 9. und 23. April 2006 wiedergewählt. Damit schaffte es eine Regierung erstmals, im Amt zu bleiben. Somit bleibt Ferenc Gyurcsány noch weitere 4 Jahre Ministerpräsident von Ungarn.
Außenpolitik
Nach dem Beitritt Ungarns 1999 zur NATO und 2004 zur EU wurden zwei grundlegende Ziele der ungarischen Außenpolitik erreicht. Zur Zeit setzt es sich für den Beitritt von Rumänien und Kroatien zur EU ein. Zur Stabilität sind auf dem Balkan eigene Truppen stationiert, außerdem engagiert sich Ungarn im Irak und Afghanistan mit eigenen Truppen.
Ungarn ist an der wirtschaftlichen und politischen Stabilität seiner südlichen Nachbarn interessiert, es setzte sich schon vor dem Sturz Milosevic' für die demokratische Opposition in Jugoslawien ein. Die Infrastrukturverbindungen, insbesondere die Autobahnen zu den Nachbarn sollen weiter ausgebaut und die wirtschaftlichen Beziehungen zu den zukünftigen EU-Mitgliedsstaaten intensiviert werden. Die Zusammenarbeit innerhalb der Visegrád-Gruppe (mit der Tschechischen Republik, der Slowakei und Polen) soll weiter fortgesetzt werden. Ungarn hatte 2001 bzw. 2002 den Vorsitz inne.
2001 wurde ein Gesetz mit Begünstigungen für Auslandsungarn verabschiedet, außerdem schloss Ungarn Minderheitenabsprachen und Grundlagenverträge über freundschaftliche Beziehungen mit Nachbarstaaten, um die Minderheitenfrage der im Ausland lebenden Ungarn zu lösen.
Militär

Hauptartikel: Ungarische Streitkräfte
Ungarn hat ein stehendes Heer aus Berufssoldaten, früher mit einer allgemeinen Wehrpflicht vom 18. Lebensjahr an und mit einer aktiven Dienstzeit von 18 Monaten. Die Gesamtstärke beträgt (im Gegensatz zu den im Friedensvertrag von 1947 festgelegten 65.000 Mann für das Heer und 5.000 für die Luftwaffe) heute 91.000 Mann. Diese verteilen sich wie folgt:
- 68.000 Mann im Heer (einschließlich Donauflottille)
- 23.000 Mann bei der Luftwaffe
Hinzu kommen 15.000 Mann Sicherheits- und Grenztruppen und eine Arbeitsmiliz von 60.000 Mann.
Der Oberbefehl liegt beim Verteidigungsminister.
Ab März 2006 wird in Ungarn die neue Saab JAS-39 Gripen aus Schweden im Einsatz sein und ab 2009 aktiv an den NATO-Übungen teilnehmen. Mit der Erprobung der Flugzeuge wurde im Dezember 2005 begonnen.
Es befindet sich auch eine kleine Anzahl ungarischer Soldaten im Irak, die dort aber keine große Rolle spielen. Es ist bekannt, dass die Reservebasis der ungarischen Luftwaffe in Kaposvár vor dem Irak-Krieg von der US-Luftwaffe gemietet wurde. Allerdings spekuliert man, ob vielleicht auch US-Geheimdienstmitarbeiter auf der genannten Basis auf den Krieg im Irak vorbereitet oder ausgebildet wurden.
Siehe auch: Liste ungarischer Militärflugplätze
Verwaltungsgliederung
Ungarn ist in 19 Komitate und 24 Städte mit Komitatsrecht (darunter die Hauptstadt Budapest) eingeteilt. 1999 wurde das Land in sieben Regionen eingeteilt, auch um die Auflagen der Europäischen Union zu erfüllen. Die Komitate wiederum sind in „Kleingebiete“ unterteilt, die im NUTS-System der EU der Ebene „LAU1“ entsprechen.

Städte mit Komitatsrecht (seit) |
Komitate |
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Regionen | Komitate in der Region |
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Siehe auch: Liste der Städte und Orte in Ungarn, Liste der Komitate Ungarns
Weblink: Politische Karte Ungarns, eingeteilt in Komitate
Infrastruktur
Verkehr
Straßenverkehr
Die Verkehrsinfrastruktur ist relativ gut ausgebaut. Es gibt mehrere Autobahnen, die alle Richtung Budapest verlaufen. Zwei Autobahnen sind bereits fertiggestellt, die M1 und die M5. Die M1 verläuft von der österreichischen Staatsgrenze zur Hauptstadt Budapest, die M5 von der serbischen Grenze im Süden nach Budapest.
Andere Autobahnen sind zur Zeit noch in Bau, wie beispielsweise die M7 und die M3. Die M7 ist besonders aus touristischer Sicht wichtig, da sie Budapest mit dem Tourismusgebiet des Balaton verbindet. Die M3 wiederum ermöglicht die Durchquerung des Landes von West nach Ost, sie soll von Budapest zur ukrainischen Grenze verlaufen. Die nächste Teileröffnung soll 2006 zunächst bis Nyíregyháza führen. Eine weitere wichtige Autobahn ist die M0, die bis 2015 zu einem kompletten Ring um Budapest ausgebaut werden soll. Sie soll die Verkehrssituation der Hauptstadt entschärfen, die zur Zeit neben Berufs- und Pendel- auch den Durchgangsverkehr verkraften muss.
In Ungarn lässt sich nahezu jede Gemeinde per Bus erreichen. Zwischen größeren Städten verkehren Buslinien in einem Takt von 30–60 Minuten, kleinere Städte und Dörfer werden meist im Takt von 1–2 Stunden angefahren. Durch das relativ weitmaschige Schienennetz ist der Busverkehr für kleinere Dörfer überaus wichtig. Die größte Busverkehrsgesellschaft in Ungarn ist Volán, sie befördert pro Tag etwa 1,6 Millionen Fahrgäste.
Schienen- und Flugverkehr
Die Eisenbahnlinien laufen, wie die Autobahnen auch, sternförmig auf die zentral gelegene Hauptstadt zu. Betreibergesellschaften sind die ungarische MÁV (Magyar Államvasutak Rt.) und in Westungarn die österreichisch-ungarische GySEV/ROeEE (Győr-Sopron-Ebenfurthi Vasút Rt./Raab-Ödenburg-Ebenfurther Eisenbahn AG).
Internationaler Flughafen ist Budapest Ferihegy südöstlich von Budapest (Terminals 1, 2a, 2b). Er ist auch der Sitz der größten ungarischen Fluggesellschaft Malév. Außerdem gibt es noch regionale Flugplätze, z. B. den Flughafen Balaton.
Siehe auch: Liste ungarischer Flughäfen
Energieversorgung
Die Energieversorgung beruht hauptsächlich auf Wärmekraftwerken, in denen aus Kohle und größtenteils importiertem Erdöl und Erdgas Strom erzeugt wird. Ferner ist die Kernenergie mit einem Anteil von 38 % von größerer Bedeutung (Atomkraftwerk in Paks).
Im Gegensatz zu anderen Donau-Anrainerstaaten wie beispielsweise Österreich oder die Slowakei, besitzt Ungarn keine Wasserkraftwerke auf der Donau. Dies liegt vor allem daran, dass der Bau des Donauwasserkraftwerks Gabčíkovo-Nagymaros zusammen mit der Slowakei auf großen Widerstand seitens der ungarischen Bevölkerung stieß. Danach wurden Pläne für weitere Wasserkraftwerke in Ungarn verworfen.
Wasserwirtschaft
Wasserversorgung
Aufgrund seiner beckenartigen Struktur verfügt Ungarn im Vergleich zu anderen Staaten Mitteleuropas über relativ große Wasserressourcen, die bei ca. 120 Milliarden m³ Frischwasser im Jahr liegen. Davon entfallen jedoch 90 % auf Flüsse, die außerhalb der Staatsgrenzen entspringen (Donau, Drau, Theiß). Das bedeutet, dass die Wasserqualität dieser Flüsse nur in begrenztem Ausmaß durch nationale Maßnahmen zu beeinflussen ist. Darüber hinaus hat Ungarn nationale Probleme, die vor allem aus der langjährigen Vernachlässigung der Abwasserbehandlung resultieren.
In Ungarn stammen 90 % des Trinkwassers aus Grundwasserressourcen. Insgesamt beträgt die jährliche Wasserentnahmemenge etwa 5500 Mio. m³, wovon etwa 85 % Oberflächenwasser und 15 % Grundwasser sind. Die durchschnittliche Gesamtwasserentnahme pro Kopf liegt in Ungarn bei etwa 550 m³ im Jahr oder 1500 Liter pro Tag, was ungefähr dem Doppelten der Werte von Polen, Rumänien oder Tschechien entspricht und leicht über dem deutschen Verbrauch (500 m³/Jahr/Person) liegt. Von dieser Menge entfallen auf die öffentliche Wasserversorgung ca. 13 % (195 l/Tag/Person), auf die Industrie und Energieerzeugung ca. 78 % und auf die Landwirtschaft ca. 9 %. Vor der Systemwende war der Wasserverbrauch noch bedeutend höher. Der deutliche Rückgang ist bedingt durch die Stilllegung von Bauxit- und Kohlebergwerken, den rückläufigen Bedarf der Industrie und den stetigen Anstieg der Wasserpreise, die seit 1990 von den Gemeinden festgelegt werden und durch den Abbau von Subventionen erheblich gestiegen sind. In Budapest z. B. betrugen im Jahre 2004 die Gebühren für Frischwasser 0,56 €/m³ und die Abwassergebühren 0,73 €/m³ (Umrechnungskurs vom 12. Mai 2004). Viele Kommunen wenden inzwischen außerdem einen progressiven Wassertarif an, der hohen Wasserverbrauch bestraft.
Von den 10,2 Millionen Ungarn sind mittlerweile 98 % an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. Allerdings entspricht die Trinkwasserqualität noch nicht in allen Gebieten des Landes den Mindestanforderungen der Europäischen Union. Gerade in ländlichen Gebieten bestehen oft erhebliche, teilweise regionalspezifische Schwierigkeiten bei der Versorgung. Ein großes Problem ist dabei die zum Teil auch geogen bedingte Belastung des Trinkwassers mit Arsen und Nitraten bzw. Nitriten und anderen Stoffen wie Asbest, Eisen, Mangan, Antimon, Bor, Fluoriden und Jodiden. Ein anderes Problem sind die zahlreichen wilden Mülldeponien, die in Trinkwassergebieten liegen und wegen mangelnder Abdichtung das Grundwasser verunreinigen.
Abwasserentsorgung
Der Anteil der Haushalte, die an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sind, liegt bei etwa 51 % und betrifft ca. 60 % der Bevölkerung. Die Quote der an das Kanalnetz angeschlossenen Haushalte schwankt jedoch je nach Größe der Stadt. In der Hauptstadt Budapest liegt sie bei etwa 90 %, in anderen Großstädten Ungarns bei 75 %. In mittelgroßen Städten erreicht die Anschlussquote 45 bis 50 %, und in Dörfern liegt sie lediglich bei 35 %. Der Anschluss ans Kanalnetz besagt allerdings noch wenig über die anschließende Aufbereitung des Wassers. Nur etwa ein Drittel der Bevölkerung ist bisher auch an Kläranlagen angeschlossen, von denen drei Viertel sowohl mit einer primären als auch sekundären Reinigungsstufe ausgestattet ist. Eine tertiäre Behandlungsstufe, in der Phosphor und Stickstoff entfernt werden, findet man nur in den wenigsten Anlagen. Die Abwässer derjenigen Haushalte, die nicht an ein öffentliches Kanalnetz angeschlossen sind, werden etwa zu einem Drittel dezentral behandelt, überwiegend in Kleinkläranlagen, meistens Mehrkammerabsetzgruben. Etwa 3200 Gemeinden in Ungarn haben überhaupt kein Abwassersystem und keine Kläranlage. Dagegen werden Industrieabwässer zu mehr als 90 % ordnungsgemäß behandelt.
Jährlich fallen in Ungarn durch kommunale Abwässer über 100.000 t Klärschlämme in Trockenmasse an, die zum Großteil auf Deponien verfüllt werden, aber auch in der Landwirtschaft als Dünger zum Einsatz kommen oder kompostiert werden.
Wirtschaft
Ungarn erwirtschaftet ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 20.414 Mrd. Forint (2004, etwa 81 Mrd. Euro), was rund 8.000 Euro pro Kopf entspricht. 3,8 % des Bruttoinlandsprodukts entstanden in der Landwirtschaft, 31,2 % in der Industrie und 65 % im Dienstleistungssektor. Mit einer Exportquote (Warenausfuhren in Prozent des BIP) von 65 % ist die Wirtschaft sehr offen. Ungefähr ein Drittel der Ausfuhren gehen nach Deutschland, etwa 8 % nach Österreich und jeweils etwa 6 % nach Italien, Frankreich und Großbritannien. Über die Hälfte der Ausfuhren entfallen auf Güter des Maschinenbaus und der Fahrzeugindustrie. Ein hoher Teil der Ausfuhren wird von Unternehmen in ausländischem Besitz getätigt. Wichtige Industriestandorte sind v. a. der Raum Budapest und die Grenzregion zu Österreich. Die größte ungarische Unternehmung ist der Mineralölkonzern MOL, an zweiter Stelle folgt die Audi Hungary Kft, die einiges für die ungarische Infrastruktur bewegt hat, insbesondere um Győr.
Eine wichtige Rolle als Einnahmequelle spielt der Tourismus in Budapest, in der Puszta und am Plattensee (Balaton).
Wirtschaftsdaten
- Bruttoinlandsprodukt (BIP) (2004): 80,9 Mrd. € (1)
- Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (2004): 7.997 € (1)
- Wirtschaftswachstum (2004): 4,6 % (2)
- Monatliches Bruttoeinkommen (2004): 580 € (2)
- Import (2004): 46 907 Mio. € (1)
- Export (2004): 44.516 Mio. € (1)
- Inflationsrate (2004): 6,8 % (2)
- Arbeitslosenquote (2004): 5,9 % (1)
- Staatsausgaben
- Militär: 1,7 %
- Gesundheit: 9,7 %
- Bildung: 5,2 %
- Renten: 4,6 %
- Beschäftigungsverteilung (2004) (2)
- Industrie: 32,8 %
- Land-/Forstwirtschaft: 5,3 %
- Dienstleistungen: 61,9 %
- Selbstständigenrate: 13,8 %
(1) Quelle: Statistisches Zentralamt Ungarn (2) Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland
Staatsausgaben
Zwischen 1992 und 2000 lag der Anteil der Staatsausgaben für
- das Gesundheitswesen bei 6%
- das Bildungswesen bei 9%
- das Militär bei 2%
Wirtschaftliche Entwicklung
Das Wachstum der ungarischen Wirtschaft hat sich 2004 auf knapp 4,6 % beschleunigt. Es blieb damit schwächer als der durchschnittliche Produktionsanstieg in den osteuropäischen EU-Beitrittsländern, der auf rund 5 % anzog. Das Wirtschaftswachstum in den bisherigen 15 EU-Mitgliedsstaaten (2,3 %) wurde aber klar übertroffen. Hauptantriebskraft für das Wachstum in Ungarn waren 2004 neben den deutlich höheren Exporten die Investitionen. Der private Verbrauch stieg nicht mehr so stark wie im Vorjahr. 2005 dürfte sich das Wirtschaftswachstum in Ungarn – wie in den anderen Beitrittsländern und in den EU-15-Staaten – im Zuge einer internationalen Konjunkturabschwächung etwas verringern.
Der Anstieg der Verbraucherpreise beschleunigte sich 2004 auf 6,8 %. Das Inflationstempo war damit deutlich höher als in der Gesamtheit der Beitrittsländer (+ 4 %). Hintergrund für den rascheren Preisanstieg als im Vorjahr waren zum Teil nur „Einmaleffekte“, die durch den Beitritt zur EU bedingt waren, aber auch – wie überall – gestiegene Rohstoffpreise. Außerdem wurden staatlich regulierte Preise angehoben sowie Umsatz- und Verbrauchsteuern erhöht. So wurden zum 1. Januar 2004 drei Mehrwertsteuersätze eingeführt. Der allgemeine Steuersatz beträgt weiterhin 25 %, während der ermäßigte Satz (beispielsweise für Zeitungen, Bücher und Lebensmittel) auf 15 % angehoben und ein weiterer Steuersatz für die bisher steuerbefreiten Medikamente von 5 % eingeführt wurde. 2005 dürften die Preise daher nur noch um rund 3½ % steigen. Zum 1. Januar 2006 wurde der Hauptsatz der Mehrwertsteuer von 25 % auf 20 % gesenkt, um das europäische Mittel von 20 % zu erreichen. Dies geschah auch vor dem Hintergrund der Bemühungen Ungarns, die Maastricht-Kriterien einzuhalten.
Die Arbeitslosenquote konnte in Ungarn bis 2001 knapp unter 6 % gedrückt werden. Sie hält sich seither mit geringen Schwankungen auf diesem Niveau. Abgesehen von Slowenien weist kein anderes ostmitteleuropäisches EU-Beitrittsland eine ähnlich niedrige Arbeitslosenquote aus. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote in den EU-Beitrittsländern lag 2004 demgegenüber bei rund 14 %, die Arbeitslosenquote in den EU-15-Staaten war mit rund 8 % auch höher. Wegen unterschiedlicher Methoden bei der Ermittlung der Arbeitslosenzahl sind die nationalen Arbeitslosenquoten international allerdings nur eingeschränkt vergleichbar.
Schwachpunkte der ungarischen Wirtschaft sind die hohen Defizite im Staatshaushalt und in der außenwirtschaftlichen Leistungsbilanz. Da die Importe 2004 erneut deutlich stärker stiegen als die Exporte, hielt sich das Defizit in der Leistungsbilanz mit rund 9 % des Bruttoinlandsprodukts auf sehr hohem Niveau.
Das Haushaltsdefizit konnte von 2002 bis 2004 von gut 9 % des Bruttoinlandsprodukts auf knapp 5 % halbiert werden. Auch 2005 wird es voraussichtlich weiter gedrückt werden können. Es dürfte aber mit rund 4 % des Bruttoinlandsprodukts noch deutlich über dem Referenzwert von 3 % des BIP liegen, den der Maastricht-Vertrag für eine Qualifikation für die Teilnahme an der Europäischen Währungsunion verlangt.
Auseinandersetzungen über die Haushaltssanierung stehen im Zentrum der ungarischen Wirtschaftspolitik. Sie waren ein Grund für den Rücktritt von Ministerpräsident Péter Medgyessy im Herbst 2004 und sind auch Teil der Kontroversen zwischen der ungarischen Regierung und der Zentralbank.
Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány nannte in seiner Antrittsrede 2004 im Parlament als sein wirtschaftspolitisches Ziel die Übernahme des Euros bis zum Jahr 2010. Dafür wird angesichts des hohen Budgetdefizits eine konsequente Sparpolitik verfolgt werden müssen. Wirtschaftspolitische Themen spielten auch bei den Parlamentswahlen 2006 eine große Rolle.
Kultur
Gastronomie
Hauptartikel: Ungarische Küche
Die ungarischen Speisen gelten im Vergleich zu anderen europäischen Speisen als relativ „schwere Kost“. Ein beliebtes Gericht der Ungarn (häufig als Nationalgericht tituliert) ist pörkölt (nicht zu verwechseln mit dem gulyás). Pörkölt wird nicht nur im deutschsprachigen Raum fälschlicherweise auch als Gulasch bezeichnet. In Ungarn gibt es dieses sowohl als disznó-pörkölt (mit Schweinefleisch) als auch als marhapörkölt (mit Rindfleisch). Pörkölni bezeichnet das Verfahren der Fleischzubereitung (Schmoren in Zwiebeln, Paprika und Fett). Die Beilagen zu diesem Gericht sind variabel und von Region zu Region verschieden.
Das in Ungarn gekochte Gulyás ist im Gegensatz zum pörkölt eine Suppe. Die deutsche Bezeichnung „Gulaschsuppe“ ist also korrekt (ungarisch gulyásleves). Traditionell wird die Suppe im Kessel (bogrács) zubereitet. Das Kochen in diesem Gerät geht auf die Nomadenzeit zurück und ist verwandt mit der chinesischen Version des Kessels: dem Wok. Das Fleisch wird zunächst wie pörkölt geschmort, jedoch nach ausreichender Garzeit mit Wasser aufgegossen. Außerdem gibt man Kartoffelstücke und Kümmel dazu (nicht so beim pörkölt). Für dieses Gericht wird traditionell nur Rindfleisch verwendet. Dass dies so ist, ergibt sich aus dem Wort gulyás. Das Wort gulya bedeutet „Rinderherde“, der gulyás ist der Rinderhirte (sozusagen der ungarische Cowboy).
Weltberühmt ist neben dem Paprika, der auch gemahlen als Gewürz besonders in der ungarischen und mittlerweile auch in ausländischen Küchen verwendet wird, der Tokajer (ung. Tokaji), ein Wein aus dem Tokajer Weingebiet (ung. tokaji borvidék). Für diesen Wein werden nur spätreifende Rebsorten verwendet, so dass die Weintrauben nicht nur von den trockenen, heißen Sommern, sondern auch von den langen, warmen und nebelreichen Herbsten profitieren.
Architektur

Einige der wichtigsten erhaltenen Bauten Ungarns sind im spätromanischen Stil erbaut. Sie sind stark von westeuropäischen Einflüssen (Rheinland/ Köln) geprägt, z. B. die Kirchen in Zsámbék und Ják aus dem 13. Jahrhundert. In der Gotik sind besonders zwei- und dreischiffige Hallenkirchen charakteristisch (z. B. die Schwarze Kirche in Kronstadt (Braşov, ung. Brassó, heute Rumänien) aus dem 15. Jahrhundert). Unter König Sigismund (ung. Zsigmond) entstand in Buda ein Fürstensitz, den König Matthias Corvinus in florentinischem Stil ausbauen ließ. Eines der bedeutendsten Werke dieser Epoche ist das Schloss des Fürsten Esterházy, dessen Vorbild das Schloss in Versailles war. Mihály Pollack, einer der Hauptbaumeister des Klassizismus in Ungarn, kam gebürtig aus Wien. Miklós Ybl, der vornehmlich im Renaissancestil baute, ließ diese Epoche in Ungarn noch einmal aufleben (z. B. beim Opernhaus in Budapest).
Imre Steindl errichtete das Parlamentsgebäude (1885–1902) in Budapest im neugotischen Stil, wodurch dieser in Ungarn wieder kurzzeitig in Mode kam. In den 1930er Jahren erbaute man mehrere Mustersiedlungen im Bauhausstil. Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten ungarische Architekten vorwiegend im Sozialistischen Realismus, wodurch auch einige Plattenbauten entstanden. Der Einfluss internationaler Strömungen nahm später immer weiter zu, da es nun erlaubt war private Architekturbüros zu eröffnen und sich das Land wirtschaftlich zunehmend öffnete. Imre Makovecz und Dezső Ekler bauten in den 1980er Jahren in einer organischen, anthroposophischen Architektur. Andere Architekten wandten sich internationalen Trends zu oder suchten den Anschluss an die Architektur der Vorkriegszeit.
Malerei

Der bekannteste ungarische Maler des 15. Jahrhunderts war Michele Ongaro (auch Pannonio). Er arbeitete am Hof von Ferrara in Italien. Die ungarischen Maler des 17. und 18. Jahrhunderts arbeiteten ebenfalls hauptsächlich im Ausland. Im 19. Jahrhundert kam die nationale Historienmalerei auf (mit bekannten Malern wie Gyula Benczúr, Bertalan Székely, Mór Than). Miklós Barabás, einem Porträtisten, gelang es als erstem ungarischem Maler, im eigenen Land Anerkennung zu finden. Die Bilder von Mihály Zichy und von Géza Mészöly sind vor allem von der Romantik geprägt. Mihály Munkácsy verband in verschiedensten Kompositionen aus dem bäuerlichen Volksleben die den Impressionismus vorbereitende Freilichtmalerei mit realistischen Elementen. Ähnlich gestaltet sind auch die Werke von Pál Szinyei Merse.
Um die Jahrhundertwende erlangten die Künstlerkolonie Nagybánya, die von Károly Ferenczy geführt wurde, sowie einige andere Gruppen Bedeutung, hauptsächlich als Künstler einer realistisch gefärbten oder romantisierenden „Naturmalerei“. Die sozialistisch-realistischen Genre- und Historienmalerei war in den 1950er und 1960er Jahren besonders beliebt. Danach kamen unterschiedliche internationale Strömungen ins Spiel, hauptsächlich aber die Medienkunst und die abstrakte und realistische Malerei (beispielsweise Imre Bak oder Dóra Maurer). Mit Victor Vasarely, Zsigmond Kemény und László Moholy-Nagy stammen einige der führenden, im Ausland arbeitenden Künstler des 20. Jahrhunderts aus Ungarn. Heutzutage bekannte Maler aus Ungarn sind István Szőnyi, Jenő Barcsay, László Lakner und Aurél Bernáth.
Literatur
Hauptartikel: Ungarische Literatur
Aus der Zeit, in der die Magyaren noch nicht christianisiert waren (bis ca. 950–1000), sind lediglich einige Inschriften in ungarischen Runen erhalten. Seit der Christianisierung durch Stephan I. (Szent István) wurde nur das lateinische Alphabet verwendet. Die Literatursprache war ebenfalls das Lateinische. Der älteste vollständig erhaltene sakrale Text in ungarischer Sprache ist die „Grabrede“ (halotti beszéd) und ein angefügtes Gebet, das um 1200 entstand. Im 13. und 14. Jahrhundert dominierte die lateinische Geschichtsschreibung. Hier sind vor allem die Gesta Hungarorum aus dem 13. Jahrhundert zu nennen. Der Autor nannte sich „Anonymus“. Wer er wirklich war, ist bis heute umstritten. Nach der Blüte der Geschichtsschreibung gelangte die christliche Hymnendichtung in den Vordergrund. Das erste vollständig erhaltene Gedicht in ungarischer Sprache ist die „Altungarische Marienklage“ (Ómagyar Máriasiralom), sie wurde erst 1922 entdeckt.
Mit dem Renaissancekönig Matthias Corvinus (1458–1490) setzte in Ungarn ein kultureller Aufschwung ein, und für die Bibliotheca Corviniana entstanden zahlreiche Prachtcodices mit ungarischen Passagen. Bedeutende lateinisch schreibende Ungarn waren Janus Pannonius (1434–1472) und Bálint Balassi (1554–1594). Der wichtigste Vertreter der Gegenreformation war Péter Pázmány (1570–1637), er war vorbildlich für die ungarische Prosa. Sein Hauptwerk, der „Führer zur göttlichen Wahrheit“ (1613), war ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung einer ungarischen Philosophiesprache. Erst in dieser Zeit setzte sich das Ungarische als Schriftsprache endgültig durch. Miklós Zrínyi (1620–1664) schrieb das Nationalepos „Die Belagerung von Sziget“ (Szigeti veszedelem, 1645/46), das 1821 auf Deutsch erschien und das erste Epos überhaupt in ungarischer Sprache war.
Neben Sándor Baróczi (1735–1809) und Ábrahám Barcsay (1742–1806) waren es vor allem György Bessenyei (ca. 1747–1811), die sich in der Aufklärung und der Romantik in den Vordergrund stellten und den Anschluss an die allgemeine europäische Entwicklung fanden. Pest wurde zum literarischen Zentrum Ungarns. Der Wiener Hof blieb aber nicht untätig und baute ein weit verzweigtes Netzwerk von Zensoren auf. Mihály Csokonai Vitéz (1773–1805) war ein großer Lyriker, der in Ungarn seltene lyrische Formen einsetzte und einführte, etwa das erste jambische Gedicht. Er schrieb das erste ungarische ironische Epos „Dorothea“ (Dorottya, 1795), in dem er die adelige Lebensweise karikiert.
Die Zeit zwischen 1823–1848 war eine Glanzzeit der ungarischen Literatur. Mit Mihály Vörösmarty (1800–1855), János Arany (1817–1882) und Sándor Petőfi (1823–1859) gab es eine Reihe bedeutender Schriftsteller. Das Gedicht Szózat (1838) von Mihály Vörösmarty, das während der Märzrevolution 1848 als ungarische Nationalhymne diente, war eines der bedeutendsten Werke dieser Zeit. Mór Jókai (1825–1904) war ebenfalls Vertreter der Romantik. Ferenc Kölcsey schrieb 1823 die Nationalhymne Himnusz.
Endre Adys (1877–1919) wichtiges Werk sind die „Neuen Gedichte“ aus dem Jahr 1906. Er war die überragende Gestalt am Beginn des 20. Jahrhunderts in der ungarischen Literatur. Mihály Babits (1883–1941) übersetzte Dantes Göttliche Komödie und schrieb Romane, Lyrik und Essays. Dezső Kosztolányi (1885–1936) übersetzte zeitgenössische Werke der Weltliteratur in "Moderne Dichter" (1913). Ferenc Molnár (1878–1952) ist der bedeutendste ungarische Dramatiker, am bekanntesten ist sein Theaterstück "Liliom" (1909). 1937 musste er ins Exil in die USA. Sándor Márai (1900–1989) lebte lange Zeit teils (freiwillig) im Ausland, teils im Exil.
Nach der kommunistischen Machtergreifung verstummten zahlreiche ungarische Schriftsteller, oder sie emigrierten. Dem Schema des sozialistischen Realismus beugten sich nicht alle Schriftsteller. Kritik mit ihren Werken äußerten Péter Nádas, Tibor Déry und Magda Szabó.
Imre Kertész (* 1929) verarbeitete die Erfahrung, die er als Überlebender des KZ Auschwitz-Birkenau erfahren hatte, im Roman eines Schicksallosen (Sorstalanság, 1975). Er erhielt dafür 2002 den Nobelpreis für Literatur. Andere Autoren sind Ferenc Juhász und György Konrad, Lyriker sind zum Beispiel László Nagy, Sándor Weöres und János Pilinszky. István Eörsi und László Krasznahorkai setzten sich nach dem Ende des kommunistischen Regimes in Ungarn mit der Machtausübung in totalitären Systemen auseinander. Als der bekannteste nach dem Krieg geborene Autor gilt Péter Esterházy (* 1950) mit seiner "Harmonia Caelestis" und der "Verbesserten Ausgabe" derselben.
Medien
Ungarische Tageszeitungen
Die bekanntesten Tageszeitungen sind
- Magyar Hírlap (liberal)
- Magyar Nemzet (bürgerlich-konservativ)
- Népszabadság (sozialdemokratisch)
- Népszava (sozialdemokratisch)
Deutschsprachige Medien
In Ungarn erscheint eine deutschsprachige unabhängige Zeitung, der 1854 gegründete Pester Lloyd; seit 1994 wird sie wieder in Budapest herausgegeben und informiert wöchentlich über Wirtschaft, Politik und Kultur aus Ungarn und Ostmitteleuropa. Außerdem gibt es die Neue Zeitung und die Budapester Zeitung auf Deutsch. Hauptsächlich für Touristen interessant ist die deutschsprachige Monatszeitung Balaton Zeitung. Auch gibt es seit 2003 ein Zweimonatsmagazin, das PEP-Magazin, das sich mit aktuellen Entwicklungen der ungarischen Jugendkultur und „Lifestyle“ beschäftigt. Lesenswert ist auch die Zeitschrift Drei Raben, die in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut in Budapest herausgegeben wird. Deutschsprachige Fernsehsendungen mit ungarischen Untertiteln werden regelmäßig vom öffentlich-rechtlichen Sender MTV (Magyar Televízió) ausgestrahlt.
Fernsehen und Rundfunk
Der öffentlich-rechtliche Fernsehkanal heißt MTV (Magyar Televízió). Außer diesem Kanal gibt es noch zahlreiche Privatsender (ATV, TV2, RTL Klub, TV2, Minimax, ein ungarischsprachiger Kinderkanal) und einen Nachrichtenkanal namens Hír TV in ungarischer Sprache. Duna TV ist auch im Ausland bekannt, weil dieser Satellitenkanal auch die außerhalb der heutigen Landesgrenzen lebenden Ungarn anspricht. Ein Spezialkanal für Minderheiten in Europa ist das von Duna TV verantstaltete digitale Programm Duna TV II Autonomia, das seit dem 18. April 2006 uncodiert auf Hotbird 13 Grad Ost zu empfangen ist. Dieser Kanal wird von EU-Förderungsmitteln mitfinanziert. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkkanäle sind Petőfi Rádió (vor allem Unterhaltung, Reportagen, Live-Sendungen), Kossuth Rádió (Kultursendungen, Literatur, Politik) und Bartók Rádió (klassische Musik). Es gibt viele Privat- und Regionalsender, bzw. Sender, die spezielle Zielgruppen oder Themen gewidmet sind (Popmusik, Unterhaltung: Danubius - ein Sender, der am Anfang in deutscher Sprache sendete -- , Alternativ- und Ethnomusik, Minderheiten: Tilos Rádió -- ein ehemaliger Piratensender, der Nachrichtensender Info-Rádió). Die Rundfunk- und Fernsehgebühren wurden in Ungarn 2003 abgeschafft.
Feiertage
Die offiziellen Feiertage in Ungarn sind die folgenden Tage (an diesen Tagen haben sogar die Geschäfte zu -- sonst sind die meisten auch sonntags geöffnet):
Datum | Bezeichnung | Ungarischer Name | Anmerkung |
---|---|---|---|
1. Januar | Neujahrstag | Újév | |
15. März | Nationalfeiertag | Nemzeti ünnep | Märzrevolution 1848 |
- | Ostersonntag | Húsvétvasárnap | |
- | Ostermontag | Húsvéthétfő | |
1. Mai | Tag der Arbeit | Munka ünnepe | |
- | Pfingsten | Pünkösd | Sonntag, 50 Tage nach Ostern |
20. August | Nationalfeiertag | Szent István ünnepe | Tag des Hl. Stephan, Feier der Staatsgründung |
23. Oktober | Nationalfeiertag | Nemzeti ünnep | Volksaufstand 1956 |
1. November | Allerheiligen | Mindenszentek | |
25. Dezember & 26. Dezember |
Weihnachten | Karácsony |
Feiertage vor und nach der Wende
Zwischen dem zweiten Weltkrieg und der Wende gab es Feiertage, die mit dem kommunististischen Regime zusammenhingen, z.B. der 7. November (Tag der sowjetischen Oktoberrevolution), der 4. April (wurde als "Tag der Befreiung" gefeiert), oder der 21. April (Tag der Räterepubilik 1921, die eine kommunististische Republik war). Der 15. März war nur in den Schulen frei, und man befürchtete immer wieder Unruhen in den Kreisen der Jugend. An diesem Tag ist es üblich, eine Kokarde in den ungarischen Nationalfarben über dem Herzen zu tragen. Der 20. August wurde in den kommunistischen Jahren als "Tag der Verfassung und des neuen Brotes" bezeichnet und wurde mit einer großen Militärparade begangen, weiters mussten die neuen Wehrpflichtigen ihren Eid ablegen. An diesem Tag findet immer noch eine Show der Flugkräfte über der Donau statt, aber an diesem Tag legen nur meehr die jungen Offiziere ihren Eid ab, weil die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft wurde. Die Feierlichkeiten am 20. August haben nun eher eine historische Natur, im Mittelpunkt stehen die Gedenkfeierlichkeiten um den ersten König Ungarns -- überall in Ungarn gedenkt man Stephan des Heiligen, zu dessen Ehre Gottesdienste und Prozessionen abgehalten werden. Der Tag endet traditionell mit einem Riesenfeuerwerk in Budapest, das auch vom Fernsehen live übertragen wird. Der 26. Oktober durfte bis zur Wende nicht gefeiert werden. Am 1. Mai fand ein großer Aufmarsch der Arbeiter statt, der an einer Tribüne vorbeiführte, auf der die wichtigsten kommunistischen Parteifunktionäre standen. Heute finden nur noch Maikundgebungen statt. Einige kirchliche Feiertage (Allerheiligen und Pfingsten) gelten erst seit 1998 wieder als offizielle Feiertage.
Andere Feste und Feiertage
In Ungarn feiert man den Muttertag nicht wie in vielen anderen Ländern am zweiten, sondern am ersten Sonntag im Mai. Am ersten Sonntag im Juni ist Pädagogentag, in der darauffolgenden Woche wird den Lehrern gratuliert. In Ungarn wird Namenstage groß gefeiert, sowohl in der Familie, als auch im Kreis der Freunde und Kollegen, sie haben oft einen größeren Wert als Geburtstage. Feste aus den anglosächsischen Ländern (Halloween, Valentinstag) haben schon auch in Ungarn Einzug gehalten. Die meisten Bräuche an den kirchlichen Feiertagen sind denen in anderen mitteleuropäischen Ländern ähnlich. Eine wichtige Tradition ist es, dass Männer am Ostermontag die Frauen mit Parfüm begießen (locsolkodás), was auf einen alten Brauch zurückzuführen ist. Früher war es vor allem auf dem Lande üblich, junge Frauen mit einem Eimer kaltes Wasser zu beglücken, damit sie "nicht verwelken". Dieses Motiv ist in den meisten kleinen Osterreimen (locsoló vers) zu finden, die aus diesem Anlass gerne vorgesagt werden: Zöld erdőben jártam, kék ibolyát láttam, el akart hervadni, szabad-e locsolni? (Ich ging im grünen Wald und fand ein blaues Veilchen, es wollte verwelken, darf ich es begießen?). Die Frauen müssen den Männer für das Begießen ein rotes Ei oder ein kleines Geschenk (Schokolade) geben. Heutzutage gibt man Kindern Kleingeld, Männern einen Schnaps dafür.
Bildung und Forschung
Schulsystem
Das ungarische Schulsystem, das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch viele Ähnlichkeiten mit dem Schulsystem in Österreich aufwies, übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg viele Elemente des sowjetischen Schulsystems. Somit wurde ein System mit zwölf Jahrgangsstufen geschaffen, das im Gegensatz zum sowjetischen Gesamtschulsystem in eine achtjährige Grundschule und in eine vierjährige weiterführende Schule gegliedert war, und das Notensystem von 1 bis 5 eingeführt, bei dem die Eins die schlechteste und die Fünf die beste Note ist. Dieses Notensystem gilt bis heute.
Alle Kinder mussten ab der 5. Klasse an Russischunterricht teilnehmen. Viele Sprachlehrer wurden in den 1950er Jahren zu Russischlehrern umgeschult, man erzählt immer noch, dass sie den Schülern oft nur einige Lektionen voraus waren. Nach der Wende im Jahre 1989 wurde Russisch als Pflichtfach aus dem Lehrplan gestrichen, und stattdessen konnten andere Sprachen gewählt werden, was wieder Umschulungsprogramme nach sich zog; diesmal mussten sich Russischlehrer, die um ihre Stellen bangten, zu Deutsch- oder Englischlehrern umschulen lassen.
Das Schulsystem wurde liberalisiert: Derzeit gibt es neben den vierjährigen immer mehr sechs- bzw. achtjährige Gymnasien. Die „Oberstufe“ (die Klassen 5–8) der achtjährigen Grundschule wird immer mehr den Hauptschulen im deutschsprachigen Raum ähnlich. Neben den Gymnasien gibt es „Fachmittelschulen“ (szakközépiskola), in denen neben dem Erwerb der Hochschulreife noch ein Beruf erlernt werden kann. Diese Ausbildungsform wird oft um ein zusätzliches Jahr ergänzt, in dem die Fachkenntnisse vertieft werden, diese Einrichtungen nennt man Technikum. Es gibt auch berufsbildende Schulen ohne Hochschulreife, die man besucht, wenn man eine Lehre macht. Die Anzahl der bilingualen Mittelschulen wächst ständig. Interessant ist, dass es im sonst sehr auf Budapest zentrierten Ungarn viele zweisprachige Gymnasien auf dem Lande gibt. Es gibt auch Schulen für Minderheiten, ein positives Beispiel ist das Gandhi-Gymnasium in Pécs, das talentierten Roma-Kindern die Möglichkeit bietet, die Reifeprüfung abzulegen.
Die Prüfungen zum Erwerb der Hochschulreife werden im ganzen Land einheitlich und zentralisiert abgehalten. Seit 2005 gibt es die Möglichkeit, eine Art „Leistungsmatura“ in einigen Fächern abzulegen, die gleichzeitig als Aufnahmeprüfung für die Universität gilt. Der Erwerb der Hochschulreife ermöglicht ein Studium an Universitäten und Fachhochschulen. Für viele Studienzweige gelten Zugangsbeschränkungen, es gibt Aufnahmeprüfungen, und auch die Leistungen in der Mittelschule bzw. die Sprachkenntnisse können bei der Aufnahme entscheidend sein. Allerdings gibt es auch Studienrichtungen, die ohne Aufnahmeprüfung belegt werden können, wenn die beträchtlichen Kosten selber getragen werden.
Die bekannteste Universität in Ungarn ist die Loránd-Eötvös-Universität, sie hat eine philosophische sowie eine juristische Fakultät, die pädagogischen Hochschulen sind ihr untergeordnet. Die Semmelweis-Universität ist eine weltweit bekannte humanmedizinische Universität. Die Anzahl der privaten und konfessionellen Universitäten wächst ständig. Die privaten Universitäten verlangen hohe Studiengebühren, und auch ein Zweitstudium oder PhD-Programm an einer öffentlichen Universität oder Hochschule muss teilweise von den Studierenden finanziert werden.
Bräuche an ungarischen Schulen und die Reifeprüfung
An den ungarischen Mittelschulen werden viele Traditionen gepflegt, von denen die meisten mit dem Schulabschluss bzw. mit der Reifeprüfung zusammenhängen. Einige Monate vor der Prüfung lassen sich die Abschlussklassen in festlichem Gewand (die Jungen tragen meistens einen Anzug, die Mädchen ein Matrosenkleid) einzeln fotografieren und arrangieren die Bilder zusammen mit den Lehrerfotos auf einer Holztafel. Diese Tafeln (die "érettségi tabló-s") werden bis zur Matura in verschiedenen Schaufenstern von Geschäften ausgestellt. Etwa im Februar finden die Maturabälle statt, die szalagavató bál ("Bändchenweihe") heißen, weil die Maturanten ein Bändchen mit den Jahreszahlen, zwischen denen sie die Schule besuchten, auf die Jacke aufgesteckt bekommen. Das Bändchen muss bis zur Prüfung getragen werden, sonst, so heißt es, fällt man durch. Am letzten Schultag der Abschlussklassen (vor den schriftlichen Prüfungen) findet das Fest ballagás statt: ein Abschlussfest, bei dem die Schüler, eine Hand auf die Schulter des nächsten Schülers legend, in einer Schlange durch das Schulgebäude marschieren. Dabei singen sie alte Studentenlieder, wie z.B. Gaudeamus igitur oder melancholische Volkslieder übers Abschiednehmen. Sie bekommen von den Familien und Freunden Blumen. Am gleichen Abend besuchen die Abschlussklassen ihre Lieblingslehrer zu Hause und geben ihnen unter dem Fenster ein Ständchen (szerenád). Die meisten Lehrer laden sie dann auf eine Kleinigkeit ein. Die schriftlichen Maturaprüfungen sind allerdings in Ungarn zentral, d.h. jeder Schüler bekommt um die gleiche Zeit exakt die gleichen Aufgaben, die via Internet und Rundfunk bekanntgegeben werden. Es gab allerdings in den letzten Jahren mehrere Maturaskandale, weil die Aufgaben vor den Prüfungen bekannt wurden.
Literatur
- Steven W. Sowards: Moderne Geschichte des Balkans. Der Balkan im Zeitalter des Nationalismus. BoD 2004, ISBN 3-8334-0977-0
- Matthias Eickhoff: Ungarn. DuMont Reise-Taschenbuch, Ostfildern 2005, ISBN 3-7701-3149-5
Weitere Themen
Quellen
Weblinks
- Länder- und Reiseinformationen des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland
- Deutsche Botschaft Budapest
- Ungarische Botschaft Berlin
- Verwaltungsportal der ungarischen Regierung (ungarisch/deutsch)
- Bildungs- und Informationssportal (ungarisch/deutsch)
- CIA World Factbook (Informationen zu verschiedenen Bereichen Ungarns)
- Reiseinformationen auf Deutsch
- Online-Anthologie junger ungarischer Literatur in deutscher Sprache