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Fahnenflucht

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Fahnenflucht bezeichnet das Fernbleiben eines Soldaten von militärischen Verpflichtungen in Kriegs- oder Friedenszeiten. Der fahnenflüchtige Soldat wird im allgemeinen als Deserteur (frz. déserteur, abgeleitet von lat. deserere = verlassen) bezeichnet.

Fahnenflucht ist in Deutschland nach § 16 Wehrstrafgesetz (WStG) strafbar. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft, wer eigenmächtig seine Truppe oder Dienststelle verlässt oder ihr fernbleibt, um sich der Verpflichtung zum Wehrdienst dauernd oder für die Zeit eines bewaffneten Einsatzes zu entziehen oder die Beendigung des Wehrdienstverhältnisses zu erreichen. Bereits der Versuch der Fahnenflucht ist strafbar. Stellt sich der Fahnenflüchtige binnen eines Monats und ist er bereit Wehrdienst zu leisten, so wird die Höchststrafe auf drei Jahre Freiheitsentziehung herabgesetzt.

Offizielle Zahlen zur Häufigkeit der Fahnenflucht in Deutschland liegen nicht vor, vgl.: Bundestagsdrucksache 14/5857 vom 3. April 2001. Schätzungen gehen von ca. 50 Fahnenfluchten im Jahr aus. In Großbritannien lag die Gesamtzahl der „illegal abwesenden“ Soldaten im Jahr 2001 bei 100, 2002 bei 150, 2003 bei 205 und im Jahr 2005 bei 530. Dabei dürfte die deutliche Zunahme mit der Teilnahme Großbritanniens am Irak-Krieg zusammenhängen.

Auch viele andere Staaten gehen gegen Deserteure mit Haftstrafen vor. Einige Staaten sehen – besonders in Kriegszeiten – die Todesstrafe vor. Die Truppen der ehemaligen Sowjetunion in der DDR gingen gegen flüchtige Armeeangehörige häufig mit drakonischen Strafen vor. Gründe für die Fahnenflucht können auch die Behandlung von Armeeangehörigen sein: zur Tradition der sowjetisch/russischen Truppen gehört bis heute teilweise die menschunwürdige Behandlung der neu eingezogenen Rekruten (Dedowschtschina). Nach wie vor umstritten sind Fahnenfluchten aus sogenannten Unrechtsarmeen oder aus Truppenteilen, denen verbrecherische Tatbestände unterstellt werden. So wurden einige Urteile von NS-Richtern gegenüber Deserteuren im Nachhinein aufgehoben. Ursache des seinerzeit vehement geführten parlamentarischen Streits war ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. September 1991, welches der Witwe eines 1945 erschossenen Wehrpflichtigen Entschädigung nach dem Bundesversorgungsgesetz zugesprochen hatte. Die zuständigen Richter verlangten außerdem vom Gesetzgeber eine klare rechtliche Regelung der Entschädigungsfrage. Im Mai 1999 beschloss darauf hin der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur Rehabilitierung der Deserteure und eine symbolische Entschädigung der Überlebenden und ihrer Angehörigen.

Ebenso umstritten ist das bereits 1989 für die damalige Bundeshauptstadt Bonn geplante, nun aber auf dem Platz der Einheit in Potsdam aufgestellte Denkmal für den unbekannten Deserteur. Nur anfänglich sorgte auch eine Gedenktafel für Deserteure, im September 1990 angebracht am Amtshaus der Stadt Göttingen (siehe Göttinger Online-Chronik), für Konflikte. Sie trägt den Satz des Schriftstellers Alfred Andersch "nicht aus Furcht vor dem Tod sondern aus dem Willen zu leben". Seit 1998 gibt es auch in der Stadt Bernau bei Berlin ein Deserteurdenkmal, das an die mutige pazifistische Haltung von Deserteuren erinnert.

Im Zweiten Weltkrieg und besonders zum Ende des Krieges hin fielen den deutschen Feldgendarmen (heute bei der Bundeswehr Feldjäger) Zehntausende »Fahnenflüchtiger« in die Hände und wurden entsprechend Hitlers Parole „Der Soldat kann sterben, der Deserteur muss sterben“ exekutiert.

Siehe auch

Literatur