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Uwe Steimle

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Uwe Steimle, 2010

Uwe Steimle (* 20. Juni 1963 in Dresden) ist ein deutscher Kabarettist und Schauspieler. Charakteristikum ist sein sächsischer Dialekt.

Leben

Steimle wuchs in Dresden-Trachau auf. Er betrieb in seiner Jugend Leistungssport (Bestleistung über 100 m: 11,2 s). Nach der Schule lernte er zunächst Industrieschmied im Edelstahlwerk Freital. Danach studierte er an der Theaterhochschule „Hans Otto“ Leipzig.

Kabarett

Steimle wurde 1989 Mitglied des Dresdner Kabaretts Herkuleskeule. Von 1991 bis 1994 war er Mitglied des Staatsschauspiels Dresden.

Das Kofferwort „Ostalgie“ geht auf Steimles gleichnamiges Programm von 1992 zurück und gelangte im Jahr darauf bei der Wahl zum Wort des Jahres auf Platz 9.[1] Mit dem Leipziger Tom Pauls schuf er die Figuren Günther Zieschong (von ihm selbst dargestellt) und Ilse Bähnert (Pauls). Steimle und Pauls traten mit diesen Figuren im Programm Ostalgie auf, das für regionale Programme des MDR produziert wurde. Später entschieden sich beide Künstler, getrennte Wege zu gehen. So entstand Steimles erstes Soloprojekt Günther allein zuhaus, in dem er Zieschong allein auftreten ließ. Nach Uns fracht ja keener ließ Steimle in seinem Programm Mich fracht ja Eener beide Figuren mit neuen Texten nochmals lebendig werden. Steimle ist auch als Stimmenimitator Erich Honeckers bekannt; sein „Honni“ ist nach wie vor obligatorische Zugabe bei seinen Auftritten.

Polizeiruf 110

Von 1993 bis 2009 ermittelte Steimle als Hauptkommissar Jens Hinrichs in 31 Folgen der Fernsehserie Polizeiruf 110. Partner waren dabei zunächst von Kurt Böwe als Kurt Groth, gefolgt von Jürgen Schmidt als Holm Diekmann, Henry Hübchen als Tobias Törner und schließlich Felix Eitner als Markus Tellheim.

Als 2008 der NDR das Ende des Ermittlerduos für das folgende Jahr ankündigte,[2] protestierte Steimle dagegen und sah sich als Opfer einer politischen Verschwörung, da er von der Partei Die Linke als Mitglied der Bundesversammlung benannt worden war.[3] Der Sender begründete seine Entscheidung damit, dass der Schweriner Polizeiruf nach 15 Jahren einfach „auserzählt“ sei. Selbst Eitner meinte, dass Steimle sich als Verschwörungsopfer hochstilisiere.[4] Steimle hingegen forderte ein öffentliches Streitgespräch mit ARD-Programmdirektor Volker Herres und verlangte dafür den sonntäglichen Sendeplatz von Anne Will.[4] Herres’ angebliche Beurteilung seiner Person als „Querulant“ verglich er später mit der Sprache des Nationalsozialismus bzw. der Ausdrucksweise eines NVA-Politoffiziers.[5]

Weitere Auftritte

In Edgar ReitzHeimat 3 – Chronik einer Zeitenwende war Steimle außerdem 2004 in der Rolle des Gunnar Brehme zu sehen. Im TV-Zweiteiler Das Konto von 2004 spielte er einen Killer.

2006 veröffentlichte er das Hörbuch Der Zauberer von Ost über das Grüne Gewölbe in Dresden. Es ist der erste Titel der gleichnamigen Reihe, in der 2007 das Hörbuch über die Geschichte des Dresdner Christstollens Hören Sie es riechen? und 2008 Hans Christian Andersens Bericht einer Reise in die Sächsische Schweiz, letzteres gelesen von Walter Niklaus, erschienen sind.

2009 spielte Steimle im Film Liebe Mauer den Stasi-Oberleutnant Haack. 2011 trat er in der Rolle des Rolf Anschütz in Sushi in Suhl auf, in dem die Geschichte des ersten japanischen Restaurants in der DDR verfilmt wurde.

Seit 2013 präsentiert Steimle im MDR Steimles Welt. Dabei fährt er mit einem Wartburg 312 gemeinsam mit Michael Seidel durchs Sendegebiet und besucht Leute in Mitteldeutschland. Mit ihnen unterhält er sich über ihre Geschichten vor und nach der Wende und friedlichen Revolution.[6]

Aktionen in Dresden

Im April und Mai 2009 protestierte Steimle im Kostüm seines Alter Ego Günther Zieschong mit Ilse Bähnert (Tom Pauls) gegen die städtebauliche Entwicklung Dresdens dadurch, dass sie eine bepflanzte Kloschüssel mit dem Spruch „Scheiße gebaut, Stadt versaut“ am Dresdner Postplatz abstellten und trotz behördlicher Ermahnung die Aktion kurz darauf am Altmarkt wiederholten. Später verteilte er mit anderen Gegnern der städtischen Baupolitik im gesamten Stadtgebiet bepflanzte Toilettenschüsseln.[7] Die Aktion führte zu einer Begrünung der bisherigen Steinwüsten Postplatz, Altmarkt und Neumarkt.[8][9]

Am 8. Mai 2017 stellte Steimle als Zieschong auf dem Dresdener Neumarkt eine zwei Meter hohe Nachbildung des Dresdner Fernsehturms mit einem goldenen Halbmond auf, die er „Rischdsche Gunsd“ (sächsisch für „richtige Kunst“) nannte. Er sah die Aktion als sein humorvolles Statement gegen den fremdenfeindlichen Ruf Dresdens und interpretierte selber die Plastik als Dresdens größtes Minarett, von dem der Ruf „Dresden ist groß“ erschallen könne.[10] Gleichzeitig war es eine Werbung für die Bürgerinitiative, welche die Wiedereröffnung der Aussichtsplattform des Fernsehturms anstrebt und deren prominentester Vertreter Steimle ist.[11] Außerdem betrachtet Steimle die gegenwärtige Kunst auf dem Neumarkt, das Denkmal für den permanenten Neuanfang von Heike Mutter und Ulrich Genth, als Bevormundung und bezeichnete sein Objekt als „Gegendenkmal“ und „Fühlmal“,[12] mit dem er „Brücken zwischen den sich nicht verstehenden Lagern“ bauen wolle.[13]

Unter anderem in der Aktionen auf dem Dresdner Neumarkt, bei der Steimle einen Nachbau des Dresdner Fernsehturms aufstellte, äußere sich laut der Deutschlandfunk-Journalistin Daniela Mayer Steimles politischer Sinneswandel von einer zuvor linken Positionierung hin an den rechten Rand. Steimle schaue seinem Publikum im Osten aufs Maul und sei entsprechend nun politisch mitgezogen. Zudem habe Steimle damit für sich eine Marktnische gefunden. „Würde er eine linke Meinung vertreten: für die Flüchtlingspolitik, für alles, was eben links populär ist, müsste er sich da sehr den Platz erkämpfen.“[14] Auf einem Flugblatt forderte Steimle die Beobachter auf: „Entscheiden Sie: Ist das Kunst oder kann das auch auf den Neumarkt?“, was Cornelius Pollmer, Mitteldeutschland-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, als „eine gewisse Verachtung von Kunst überhaupt“ wertete.

Weiteres politisches Engagement

Am 23. Mai 2009 nahm Steimle an der Wahl des Bundespräsidenten teil. Er wurde von der Linkspartei als Mitglied der Bundesversammlung benannt.[15]

Kontroversen

Steimles Äußerungen bei einer Folge von Hart aber fair anlässlich des 25. Jahrestags des Mauerfalls wertete Richard Weber im Tagesspiegel als „verbale[n] Wasserfall aus persönlichen Gefühlen, Vorurteilen und Halbwissen“, der letztlich zu „einem Tsunami an Blödsinn“ anschwoll. Über DDR-Flüchtlinge sagte Steimle in der Sendung: „Wie viele Menschen, die auch gegangen sind in die Freiheit, in die vermeintliche Freiheit, haben ihre Kinder im Stich gelassen und haben gedacht: Naja, das wird schon irgendwie laufen“. Laut Steimle hatte die „DDR 1989 keine wirtschaftlichen Probleme und [war] auf gar keinen Fall bankrott“.[16] In Menschen bei Maischberger outete sich Steimle im Oktober 2015 nach Ansicht von Alexander Jürgs (Die Welt) „mehrfach als fanatischer Ostalgiker“ und zeige „ein großes Talent darin, sich um Kopf und Kragen zu reden“; so fordere er die Abschaffung des Geldes und unter Berufung auf Otto von Bismarck Frieden mit Russland.[17]

Bei einem Auftritt in Weimar intonierte Steimle zu Beginn seines Programmes „Heimatstunde“ DDR-Liedgut wie die Partisanen vom Amur und das Lied der jungen Naturforscher, welches das Publikum sofort mit sang, was Steimle mit der Aussage goutierte, „Putin hätte hier leichtes Spiel“. Frank Quilitzsch schrieb dazu in der Thüringischen Landeszeitung, dass man bei Steimle nie wisse, „wie ernst der Witz gemeint“ sei, und „man auch sein eigenes Unbehagen weg[lache]“, und fragte sich, ob „es nur am Charme des Sächsischen [liege], dass manche unschöne Erinnerung an die DDR wie weichgespült erscheint“.[18]

Zu einem Auftritt Steimles in Kreuztal im Januar 2015 merkte die Westdeutsche Allgemeine Zeitung an, dass in seinen legendären Parodien auf Honecker zwar Kritik mitschwinge, aber deutlich mehr Zuneigung als für dessen Landsmann Heiko Maas, den Steimle vor allem nach dessen Kritik an Pegida als „Flachzange“ und „Arsch“ bezeichnete. Steimle habe „sich als Unterstützer“ von Pegida präsentiert, bei der er „keine Islamkritik gehört, dafür aber viele russische Fahnen gesehen habe“. Die Bewegung wolle laut Steimle nur auf „eine völlig verfehlte Politik aufmerksam machen“. Den Bundestag bezeichnete Steimle, aus Sicht der WAZ „eindeutig ironiefrei“, als „arbeitsscheues Gesindel“, das weg müsse.[19]

Nachdem Steimle bei der WDR-Kabarettsendung Mitternachtsspitzen im Mai 2015 im Rahmen seines Auftritts gefragt hatte: „Wieso zetteln die Amerikaner und Israelis Kriege an und wir Deutsche dürfen den Scheiß bezahlen?“, stellte dies Jan-Philipp Hein in der SHZ in eine Reihe mit Äußerungen anderer Kabarettisten, die insgesamt bewiesen, dass antisemitische Ressentiments im deutschen Fernsehkabarett als Humor getarnt weiterlebten.[20]

Im Mai 2016 zeigte sich Steimle anlässlich eines Interviews in einem vom Compact Magazin hergestellten T-Shirt mit der Aufschrift „Ami Go Home“.[21]

Privates

Steimle lebt in Dresden und hat zwei Töchter.

Auszeichnungen

Veröffentlichungen

Bücher

Hörbücher und DVDs

Hörbücher:

DVDs:

  • 2005: Uwe Steimle - Günther allein zu Haus, Buschfunk Vertriebs GmbH
  • 2016: Steimles Welt – Von Dresden bis fast hinter Leipzig, UAP Video GmbH
  • 2017: Steimles Welt 2 – Von tief im Erzgebirge über fast Potsdam hoch zum Thüringer Wald, Uap Video GmbH

Filmografie

Literatur

  • Amrei Drechsler, Der Fackelträger - Der Dresdner Kabarettist Uwe Steimle, seine Mission und sein Publikum, in: Heike Kleffner und Matthias Meisner (Herausgeber), Unter Sachsen: Zwischen Wut und Willkommen, Ch. Links Verlag, Berlin 2017, S. 101–112, ISBN 978-3-86153-937-7
Commons: Uwe Steimle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten und Einzelnachweise

  1. Gesellschaft für deutsche Sprache: Von »aufmüpfig« bis »Teuro«: Die „Wörter der Jahre“ 1971 bis 2002, Dudenverlag 2003, ISBN 3-411-04201-X, Seite 221
  2. Zur Geschichte des Polizeiruf 110 (Memento vom 27. April 2008 im Internet Archive)
  3. Stefan Locke: Uwe Steimle: Der Gekränkte – FAZ vom 28. Juni 2009
  4. a b Steimle fühlt sich als Opfer seiner politischen Anschauung, MZ vom 4. November 2008.
  5. Uwe Steimle: Heimatstunde: Neues vom Zauberer von Ost, Seite 9
  6. Informationen zur Serie
  7. Thomas Brussig: brandeins.de/wissen Ausgabe 05/2009, abgerufen am 9. Februar 2014
  8. vorher herrschte sinngemäß die Meinung „Der Neumarkt war nie grün!“, sogar Pflanzenkübel sorgten für Aufregung, siehe z.B. Dana Peter: „Buschkrieg“ an der Frauenkirche! (Memento vom 9. Februar 2014 im Webarchiv archive.today), Dresdner Morgenpost, 29. Mai 2007, abgelegt im Presse-Archiv der Gesellschaft Historischer Neumarkt Dresden e. V.; nach dem Aprilscherz löste Zieschong das „Porzellan“ für 70 Euro aus (Sächsische Zeitung vom 4. April 2009 (Anfang kostenlos online)); am 15. April erschien ein Artikel in der Sächsischen Zeitung mit der weiteren Entwicklung; „Über 90 Prozent der Teilnehmer an der Abstimmung bei SZ-online finden die Aktion mit den Protest-Klos richtig und wichtig.“ laut: Sächsische Zeitung vom 5. Mai 2009 (Anfang kostenlos online); am 5. Mai traf sich die Oberbürgermeisterin Helma Orosz mit Steimle und Pauls, siehe: www.dresden-fernsehen.de zur Stiftung einer „Dresdner Bank“, siehe: Sächsische Zeitung vom 6. Mai 2009 (Anfang kostenlos online) und www.dresdner-bilderdienst.de und der Vereinbarung „für mehr Grün“ einzutreten, SIZ 03/2009, S. 3, abgerufen am 9. Februar 2014
  9. Fünf neue Sitzbänke und Pflanzkübel am Dresdner Neumarkt aufgestellt. DNN-Online, 31. August 2012, abgerufen am 9. Februar 2014
  10. TV-Star Steimle provoziert mit Halbmondkunst. auf tag24.de vom 3. Mai 2017,abgerufen am 6. Juni 2017
  11. Steimles Neumarkt Denkmal. auf sz-online.de vom 4. Mai 2017, abgerufen am 7. Juni 2017
  12. Kunst im öffentlichen Raum - Visionen aus Sperrholz. In: sueddeutsche.de. Abgerufen am 10. Mai 2017.
  13. Steimle stellt sein Türmchen auf. In: sz-online.de. Abgerufen am 10. Mai 2017.
  14. Daniela Mayer im Gespräch mit Max Oppel: Kabarett - Humor mit Rechtsdrall? In: deutschlandfunkkultur.de. 31. Mai 2017, abgerufen am 5. Juni 2017.
  15. Die Linke Fraktion im Sächsischen Landtag: 099/2009: Uwe Steimle bei Bundespräsidenten-Wahl dabei. Abgerufen am 22. März 2009.
  16. Richard Weber Glattgebügelter Mainstream und ein Tsunami aus Blödsinn, Tagesspiegel vom 4. November 2014.
  17. Alexander Jürgs: „Maischberger“: Die große Stunde der Gysi-Versteher im Ersten, Die Welt vom 14. Oktober 2015.
  18. Frank Quilitzsch: „Lückenfüller“ Steimle macht im Spiegelzelt aus einem Gastspiel ein Heimspiel, Thüringer Landeszeitung vom 17. Juni 2015
  19. Weg mit dem Wachstum, WAZ vom 10. Januar 2015
  20. Jan-Philipp Hein Fernsehkabarett – Da wo der Antisemitismus blüht, shz vom 7. Juni 2015.
  21. Amrei Drechsler, Der Fackelträger - Der Dresdner Kabarettist Uwe Steimle, seine Mission und sein Publikum, in: Heike Kleffner und Matthias Meisner (Herausgeber), Unter Sachsen: Zwischen Wut und Willkommen, Ch. Links Verlag, Berlin 2017, S. 112. Das Foto von Steimle im Compact-Shirt erschien in der Printausgabe und in der Onlineausgabe der Thüringer Zeitung vom 21. Mai 2016. In der Onlineausgabe wurde es später so beschnitten, dass nur mehr Steimles Kopf sichtbar ist.