Stadtbad (Krefeld)


Die Notwendigkeit einer öffentlichen Badeanstalt ergab sich aus einer Mindestanforderung des Justizministeriums. Die Stadt Krefeld wollte seinerzeit auf drängen der Handelskammer eigentlich das Landgericht nach Krefeld holen. Dies wurde jedoch abgelehnt, solange die Krefelder nicht einmal eine Badeanstalt besäßen, in welcher sie sich wenigstens einmal pro Woche richtig waschen können. Im ausgehenden 19. Jahrhundert gehörten Badezimmer noch längst nicht zur Standardausrüstung einer jeden Wohnung. Man wusch sich vielmehr mit einer Waschschüssel, oder besuchte eines der zahlreichen öffentlichen Bäder im Rhein. Also entschied man sich, mehr oder minder auch aus Trotz gegenüber der Obrigkeit, gleich das prächtigste und prunkvollste Bad zu errichten, welches das Reich bist dato gesehen hat.
Im Jahr 1890 eröffnete an der Neusser Straße das seit 1882 mit 200.000 Reichsmark Baukosten veranschlagte Stadtbad. Verbaut wurden hier am Ende jedoch für damalige Verhältnisse unglaubliche 919.134 Mark und 89 Pfennig, wofür einzig die Stadt Krefeld aufkam und politisch verantwortlich zeichnete. Die Austattung war indes wahrhaft einmalig: es gab jeweils ein getrenntes Schwimmbad für Herren und eines für Damen sowie Dusch- und Wannenbäder in 3 verschiedenen Klassen bis hin zum sogenannten „Kaiserbad“, einem Salonbad welches purer Luxus war. Das ebenso luxuriöse irisch-römische Bad mit Dampfbad und Sauna war aufgrund seines Eintrittspreises den oberen Zehntausend vorbehalten. Hier konnte man schwitzen und sich von einem Masseur durchkneten lassen. Eine medizinische Bäderabteilung verhalf so manchem Leiden Linderung durch ein geeignetes Wannenbad. Zur Eröffnung war das Krefelder Stadtbad als die schönste, prächtigtse und luxuriöseste Badeanstalt im ganzen Reich bekannt. Sämtliche Fliesen kamen aus ein und der selben Fabrik und waren das teuerste, was es damals zu kaufen gab. Heute findet sich nicht einmal mehr ein Fliesenleger, der die Technik des nahtlosen Verlegens solcher kostbaren Mosaiken überhaupt beherrscht. Für jede einzelne Umkleidekabine wurde ein Kristallspiegel mit Eichenrahmen angeschafft. Die Möbel der ersten Klasse waren auch aus Eichenholz gefertigt, in der zweiten Klasse waren sie aus Kiefer. Zur Eröffnung 1890 schwärmte die Crefelder Zeitung: „Die ganze Ausstattung ist bis in die kleinste Einzelheit so schön, prächtig und gediegen und so zweckmäßig, dass man nach der Besichtigung über die Höhe der Kosten des Stadtbades durchaus nicht mehr in Erstaunen gerät.“
1897 wurde die Brausenabteilung eröffent. Für 10 - 25 Pfennig inklusive Handtuch und Seife konnte man ausgiebig duschen, was sich schnell zu einem riesigen Erfolg entwickelte.
1925 Eröffnete auch das Freibad. Dieses war mit Springbrunnen und Säulen mit Emporen und Wasserspielen ebenfalls verschwenderisch ausgestattet. Im 2. Weltkrieg wurde es bei einem Luftangriff im Oktober 1944 jedoch von mindestens einer Sprengbombe schwer getroffen und zerstört. Nach Kriegsende wurde das Freibad 1946 zweckmäßig und prunklos wieder hergerichtet.
Heutzutage gehört ein Badezimmer mit einer Dusche zum Mindeststandard einer jeden Wohnung. Die Bäderabteilung wurde daher aufgrund sinkender Nachfrage erst nach und nach verkleinert und später ganz geschlossen. Beim Erdbeben vom 13. April 1992 wurde das Becken des Damenbades stark beschädigt und ist seitdem ebenfalls außer Betrieb. Im Jahr 2000 wurde das Bad nach über 110 Jahren komplett stillgelegt und schlummert nun einen Dornröschenschlaf. Das ganze Bad steht komplett unter Denkmalschutz. Es ist erstaunlich in welcher Vielfalt sich das Bad heute noch in seinem baulichen Urzustand befindet. Leider fehlte es schon von Beginn an immer am nötigen Geld für Instandhaltungsmaßnahmen um den teuren und aufwändigen Prunk und Luxus von einst zu bewahren. So verkam das Juwel mehr und mehr zu eben nicht mehr als einer Badeanstalt. Verschiedene Sanierungsmaßnahmen haben zumindest dem Herrenbad zurück zum altem Glanz verholfen, doch im letzten Jahr des bestehens kamen gerade mal 11.000 Badegäste, welche die Betriebskosten von mehr als 1 Million DM bei weitem nicht decken konnten. Eine erneute Komplettsanierung würde wieder weitere Millionen verschlingen, ein Erfolg des Bades ist jedoch dann noch immer nicht garantiert.
Seit Jahren streitet man sich in Krefeld um die weitere Nutzung des Bades. Die Zeit scheint jedoch denjenigen in die Hand zu spielen, die für einen Abriss des denkmalgeschützten Bades stimmen, denn ungeheizt und ohne dringend notwendige Reparatur- und Sicherungsmaßnahmen ist es letzten Endes nur eine Frage der Zeit bis ein Abriss des eigentlich noch immer grundsoliden Gebäudes unausweichlich erscheint. Das Stadtbad gerät so wie bereits zur Zeit seiner Errichtung immer mehr zum Politikum. Die Bürgerinitiative „Pro Stadtbad“ hat durch eine Unterschriftensammlung einen Bürgerentscheid erwirkt, worüber es am 11. Juni 2006 zur Abstimmung kommt. Ziel der Initiative ist es, das Bad in seiner Bausubstanz zu erhalten, Schwimmen und Wellness wieder zu ermöglichen. Man ist jedoch zu Zugeständnissen an einen möglichen Investor bereit. Ohne zusätzliche Einnahmequellen, wie Gastronomie oder Einkaufsmöglichkeiten dürfte das Stadtbad nämlich nicht wirtschaftlich attaktiv sein können. Es gibt derzeit verschiedene Konzepte die vom kompletten Abriss und Aufgabe der Nutzung bis zur teilweisen musealen Erhaltung zumindest des Kaiserbades reichen.