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Defibrillator

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Ein im Rettungsdienst verwendeter Defibrillator mit EKG-Funktion
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Ein Defibrillator ist ein medizinisches Gerät zur Defibrillation und Kardioversion. Es kann durch gezielte Stromstöße Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern und Kammerflattern (Defibrillation) oder ventrikuläre Tachykardien, Vorhofflimmern und Vorhofflattern (Kardioversion) beenden. Defibrillatoren werden auf Intensivstationen, in Notfallaufnahmen, an vielen anderen Orten im Krankenhaus sowie in Fahrzeugen des Rettungsdienstes und vielen Arztpraxen bereit gehalten, seit den 1990er Jahren zunehmend auch in vielen öffentlich zugänglichen Gebäuden und Orten für eine evtl. Anwendung durch medizinische Laien.

Indikation und Therapie

Hauptartikel: Defibrillation

In 60 bis 70 Prozent aller plötzlichen Herztode liegt anfangs ein sogenanntes Kammerflimmern vor. Ein Defibrillator kann diese elektrisch kreisende Erregung im Herzen durch gleichzeitige Stimulation von mindestens 70 Prozent aller Herzmuskelzellen unterbrechen. Dabei wird eine große Anzahl von Zellen gleichzeitig depolarisiert, was zur Folge hat, dass diese Zellen eine relativ lange Zeit (etwa 250 ms = Refraktärzeit der Zellen) nicht mehr erregbar sind. Der kreisenden Welle wird quasi der Weg abgeschnitten und das Herz befindet sich wieder in einem Zustand, in dem das natürliche Erregungsleitungssystem die Stimulation des Herzens wieder übernehmen kann. Entscheidend bei der Defibrillation ist der frühestmögliche Einsatz, da die durch das Kammerflimmern hervorgerufene Unterversorgung von Gehirn mit Sauerstoff binnen kurzer Zeit zu massiven neurologischen Defiziten führen kann. Aus diesem Grund werden auch im öffentlichen Raum immer mehr automatisierte externe Defibrillatoren (AED) platziert.

Kardioversion

Defibrillator (Corpuls 08/16)

Hauptartikel: Kardioversion

In manchen Fällen tritt ein Herzflimmern nur in den Vorhöfen auf (Vorhofflimmern). Dieser Zustand ist noch nicht lebensbedrohlich, da der Ventrikel (Herzkammer) weiterhin kontrahiert und Blut durch den Körper pumpt. Allerdings ist die Pumpleistung des Herzens in diesem Fall reduziert und es besteht außerdem die Gefahr, dass sich das Flimmern der Vorhöfe auf die Ventrikel überträgt. Außerdem kann ein Vorhofflimmern zur Thrombenbildung im Herzohr der Vorhöfe führen, welche unter anderem einen Schlaganfall oder eine Lungenembolie verursachen können. Auch hier kann eine Defibrillation das Vorhofflimmern durchbrechen. Diese Therapieform bezeichnet man als Kardioversion.

Aufbau

Prinzipiell besteht ein Defibrillator aus einem Akkumulator, einem DC/DC-Wandler, einem Kondensator, einer Ausgangsschaltung und einer Steuereinheit. Da die Spannung des Akkumulators für einen Elektroschock zu klein ist, muss mit Hilfe eines DC/DC-Wandlers eine größere Spannung erzeugt werden mit der der Kondensator auf eine zuvor eingestellte Energie aufgeladen wird. Auf Knopfdruck gibt der Kondensator seine gespeicherte Energie, bis zu 360 Joule, an den Patienten ab.

Diese Energie wird über großflächige Elektroden abgegeben, welche entweder mit den Händen auf den Brustkorb des Patienten gedrückt werden (die sogenannten "Paddles") oder auf den Brustkorb geklebt werden ("Klebeelektroden" oder "Fast-Patches"). Vor allem bei öffentlich erreichbaren Defibrillatoren (PAD) werden - um die Bedienung zu vereinfachen und die Gefahr eines Stromschlages für den Anwender zu reduzieren - praktisch nur Klebeelektroden verwendet.

Die Ausgangsschaltung sorgt für die Generierung bestimmter Pulsformen. Die Steuereinheit regelt den Ladevorgang des Kondensators, leitet die Ausgangsschaltung und sorgt auch dafür, dass bei nicht erfolgter Schockabgabe die Energie des Kondensators über einem internen Widerstand verbraucht wird (Schutzschaltung). Moderne Defibrillatoren arbeiten biphasisch. Das bedeutet, dass von der Ausgangsstufe nicht nur ein Stromstoß abgegeben wird, sondern dass durch Spannungswechsel an den Paddles auch Stromstöße in umgekehrter Richtung abgegeben werden. Da bei dieser Methode mit geringeren Energien gearbeitet werden kann, ist die biphasische Defibrillation für den Patienten schonender.

Bauarten

Manueller Defibrillator

Konventionelle (manuelle) Defibrillatoren beinhalten oft auch Funktionen eines EKG und werden zum Beispiel im Rettungsdienst verwendet. Einige dieser Geräte können zusätzlich auch als externe Herzschrittmacher sowie zur Messung der Sauerstoffsättigung, zur Blutdruckmessung oder als Kapnometer eingesetzt werden und haben oftmals auch eine Option zur halbautomatischen Defibrillation eingebaut.

Halbautomatischer Defibrillator (AED)

Ein halbautomatischer Defibrillator (AED)

Bei halbautomatischen Defibrillatoren, sogenannte automatisierte externe Defibrillatoren (AED), analysiert eine Software den Herzrhythmus und entscheidet danach, ob eine Defibrillation sinnvoll ist. Erst bei einem positiven Ergebnis wird die Funktion freigeschaltet und kann durch den Anwender ausgelöst werden. Optional können solche Geräte (je nach Hersteller) auch eine EKG-Ableitung der Klebeelektroden auf einem Display darstellen oder es lässt sich ein gesondertes EKG-Kabel für den AED erwerben. AEDs sind durch ihre Bau- und Funktionsweise besonders für Laienhelfer geeignet.

Public Access Defibrillator (PAD)

Datei:Symbol AED.png
Hinweisschild auf öffentlichen Defibrillator
Defibrillator am Londoner Flughafen Heathrow

Um eine möglichst frühzeitige Defibrillation zu erreichen, werden zunehmend öffentlich erreichbare Defibrillatoren (public access defibrillators, PAD) eingesetzt, etwa in Einkaufszentren, Flughäfen, Bahnhöfen und anderen öffentlichen Gebäuden. Bei diesen Geräten handelt es sich um halbautomatische Defibrillatoren, die den Anwender mit Sprachanweisungen durch die Defibrillation führen und teilweise auch Anweisungen zur eventuell nötigen kardiopulmonaren Reanimation geben.

Oftmals werden diese Geräte als "Vollautomaten" bezeichnet. Dies ist falsch und kann irreführend sein, weil bei den meisten Geräten letztlich der Anwender den elektrischen Impuls durch Knopfdruck freigeben muss.

Die Defibrillatoren sind nicht in der Lage, die eventuell notwendigen Herzkompressionen zu ersetzen. Meist sind die PAD an Informationsschaltern, in Portierlogen etc. untergebracht, damit sofort geschultes Personal zur Verfügung steht. Frei erreichbar angebrachte Defibrillatoren (vergleichbar zu Feuerlöschern) sind in der Regel mit einem Alarmsystem verbunden, um automatisch geschulte Helfer zu rufen und Diebstähle zu verhindern. Vor allem im amerikanischen Raum sind PAD schon sehr weit verbreitet, aber auch in Europa ist ein Trend zu PAD zu erkennen. In Deutschland sind PAD zum Beispiel in den Haltestellen der Münchner U-Bahn vorhanden. Die Björn Steiger Stiftung in Deutschland engagiert sich mit ihrer Aktion "Kampf dem Herztod" besonders, auch in Österreich werben viele Hilfsorganisationen, wie das Österreichische Rote Kreuz für die vermehrte Anschaffung und Installation von PAD.

Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator

Bei Patienten mit hohem Risiko für Kammerflimmern können miniaturisierte automatische Defibrillatoren (Implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren oder ICD von englisch Internal Cardioverter/Defibrillator), ähnlich einem Herzschrittmacher, implantiert werden. Ihre Elektroden haben dann direkten Kontakt zum Herzmuskel und lösen bei Bedarf selbstständig aus. Durch den direkten Kontakt sind viel geringere Energien möglich, der Patient merkt häufig nur einen leichten Schlag - so ähnlich wie beim Anfassen eines elektrischen Weidezauns. In manchen Fällen wird von Patienten eine starke Empfindung dieser Schockabgaben geschildert. Da gelegentlich mehrere Elektroschocks dicht hintereinander erfolgen, kann die psychische Belastung enorm hoch und eine Betreuung durch Psychologen notwendig werden.