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Öffentliche Reformverwaltung

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Die Instrumente von NPM sollten klarer dargestellt werden, die Geschichte von NPM überarbeitet werden und die Pro- und Contrapositionen klarer getrennt und als solche gekennzeichnet werden. Siehe Diskussionsseite Überarbeitungsvorschlag 84.72.88.8 14:31, 24. Feb 2006 (CET)


Der Begriff Neues Öffentliches Management (NÖM) oder englisch New Public Management (NPM) bezeichnet eine Richtung innerhalb der Verwaltungsreform und Staatsmodernisierung, die auf der Übernahme privatwirtschaftlicher Managementtechniken beruht. Ziel ist eine effizientere Verwaltung durch Einführung betriebswirtschaftlicher Effizienzkriterien. Gekennzeichnet ist das NPM durch Schlagworte wie Projektmanagement, flache Hierarchien, Kundenorientierung, Zielvereinbarungen, Umbau des Beamtenstatus, Entpolitisierung der Verwaltung und durch englische Ausdrücke wie schlankes Management (lean management), Total Quality Management, Benchmarking und Contracting-Out.

NPM hat anglo-amerikanische Ursprünge. Es ist weitgehend eine Reaktion auf die "Finanzierungskrise des verwalteten Wohlfahrtsstaates" (Klaus König) und entstammt den 1980er Jahren mit ihrer Dominanz wirtschaftsliberaler Regierungen, insbesondere der Politik Margaret Thatchers, kam aber erst in den 1990er Jahren zu voller Blüte. Viele Reformansätze wurden auch von sozialdemokratischen Nachfolgeregierungen (Tony Blair) in wesentlichen Punkten weitergeführt.

Dem NPM wird gelegentlich vorgeworfen, von der Gleichheit oder doch großen Ähnlichkeit von Staat und privatem Sektor auszugehen. Allerdings kennzeichnet den Staat einerseits sein Gewaltmonopol. Andererseits hat sich staatliches Handeln am Gemeinwohl zu orientieren; die Geschäftswelt kennzeichnet demgegenüber ein Streben nach Gewinnmaximierung. Allerdings wird hierbei übersehen, dass NPM-Ansätze sich auch auf den öffentlichen Sektor übertragen lassen, ohne dass auch das Ziel der Gewinnmaximierung beibehalten wird.

Trotzdem gibt es kritische Stimmen, die eine Ausrichtung staatlichen Handelns an betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien, wie es gemäß der Kernidee des NPM zu geschehen hätte, kritisieren.

Vom New Public Management hat man sich erhofft, die Über-Bürokratisierung des Staates zu vermindern, die betrieblichen Abläufe im öffentlichen Sektor zu vereinfachen, zu beschleunigen, für den Bürger transparenter und damit verständlicher zu machen, und die Reaktionszeiten auf eingehende Anfragen (zum Beispiel im Bereich der Staatssteuern) zu verkürzen. Es war die logische Reaktion von alljenen, die über zu hohe Steuersätze und Verschwendung der Steuergelder klagten.

In der Praxis hat sich NPM bisher nicht auf voller Linie durchsetzen können: Aktuelle empirische Untersuchungen scheinen zu belegen, dass NPM-Reformen selbst gemessen an rein betriebswirtschaftlichen Kriterien teils keine substanziellen Verbesserung gebracht haben. Der Grund hierfür ist u. a., dass diese Reformen üblicherweise nie von wirklichem ökonomischem Verständnis ausgingen und z. B. innerhalb von Verwaltungen Quasi-Märkte schufen, um marktwirtschaftliches Verhalten zu erreichen. Dieses kommt aber nur in wirklichen und nicht in Quasi-, also Pseudo-Märkten zum Tragen; gibt es z. B. Produktmonopole und keine freie Konsumentenwahl, gibt es auch keinen freien Markt. Ursächlich sind hier häufig nicht die betriebswirtschaftlichen Konzepte, sondern fehlendes Managementwissen in der Verwaltung. Potenziale des NPM bleiben somit häufig ungenutzt.

Problematisch ist auch eine pauschale Ablehnung des NPM durch viele Verwaltungen, da teilweise Umstrukturierungsvorgänge in der Verwaltung mit NPM verbunden sind. Hier muss somit Überzeugungsarbeit gegen eine „Das war aber schon immer so“-Mentalität auch von Seiten der Politik geleistet werden.

Zu Anfang des 21. Jahrhunderts ist zumindest in der Theorie die Problematik des NPM allgemein deutlich geworden (Beispiele für zumindest partiell gelungene Aspekte der Verwaltungsmodernisierung in der Schweiz (u.a. sechs Fallstudien plus Umfragen bei Reformprojektleitern) finden sich im Buch von Thom/Ritz (2004)), wohingegen es in der Praxis, etwa in Deutschland auf der Ebene der (insbesondere kommunalen) Verwaltungsreform und international durch das Konzept der Good Governance, immer noch seine Wirkung zeigt. Heute ist die Frage der Verwaltungswissenschaft, welche Erkenntnisse moderner Managementtheorien für Verwaltungsreformen unter welchen Umständen sinnvoll übernommen werden können.

In Deutschland sind wesentliche Forderungen des NPM in Bezug auf die innerorganisatorischen Veränderungen im sog. Neuen Steuerungsmodell verwirklicht, das als Reaktion auf die Reformdiskussion der Neunziger Jahre von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement entwickelt wurde. So konnten sich beispielsweise mit der Einführung strategischer Managementideen in Verwaltungen durch die Balanced Scorecard erhebliche Vorteile für Bürger, Verwaltungsmitarbeiter und Verwaltungsleitung erzielen. In Deutschland scheitern manche NPM-Ansätze häufig noch an zu engen gesetzlichen Vorgaben, die in anderen Staaten bereits überwunden werden konnten.

Literaturhinweise

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  • König, K.: Zur Kritik eines neuen öffentlichen Managements, Speyer 1997
  • König, K. mit Beck, J.: Modernisierung von Staat und Verwaltung. Zum Neuen Öffentlichen Management, Baden-Baden 1996
  • Pelizzari, A.: Die Ökonomisierung des Politischen: new public management und der neoliberale Angriff auf die öffentlichen Dienste, Konstanz 2001
  • Thom, Norbert / Ritz, Adrian: (Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor), 2. Auflage, Wiesbaden 2004.

Weiterführende Literatur

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  • Laux, Eberhard: Vom Verwalten. Beiträge zur Staatsorganisation und zum Kommunalwesen. Baden-Baden 1993. (Darin bes. "Bürokratiekritik und Verwaltungsvereinfachung": 326-345 und "Aufgabenentwicklung und Personalbedarf in der öffentlichen Verwaltung": 249-269.)
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