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Morignone

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Morignone

Am 28. Juli 1987 wurde das Dorf Morignone, samt umliegenden Fraktionen durch einen enormen Bergsturz komplett zerstört. Es verloren dabei 53 Menschen ihr Leben, rund 1'500 wurden obdachlos. Das Dorf lag in der Gemeinde Valdisotto (it.), im oberen Veltlin, an der Strasse SS38 zwischen Tirano und Bórmio. Das Dorf wird nicht mehr aufgebaut, auf gegen 5 km ist die Gegend eine Geröllwüste, um drohende weitere Bergstürze aufzufangen. Die Strasse verläuft heute auf einer Länge von 8 km geschützt durch Tunnels und kurze Galerien dazwischen.

Hergang

Am 17.Juli 1987 fielen bei der Messstation Bórmio 305 mm Regen innert 24 Stunden, in den nachfolgenden 10 Tagen regnete es fast dauernd. Die Adda trat über die Ufer, ebenso die Seitenbäche und es gab überall Murgänge. Das Val Pola wurde wohl fotografisch überwacht, die Bilder zeigen immer grössere Schlamm- und Geröllmassen. Dennoch löste sich auf etwa 2'300 Metern Höhe am Pizzo Copetto ein über 20 Mio. m³ grosses Felspaket ziemlich unerwartet und verursachte damit einen Bergsturz von insgesmat 47 Mio m³ in der Rinne des Val Pola und den angrenzenden Hängen (amtliche Angaben, VVFF). Die Geschwindigkeit des Hauptsturzes wird nach gleichen Quellen auf über 400 m/sec geschätzt, also Ueberschall. Ein Ueberleben im Sturzbereich ist schlicht unmöglich, wie bei einem direkten Bombentreffer (Fallhöhe etwa 1200 m auf etwa 1500 m Distanz). In und um Morignone wurden 27 Menschen in den (pulverisierten) Häusern als Tote vermerkt, weitere 26 müssen auf der SS38 unterwegs gewesen sein (keine Nachricht über Verbleib des Fahrzeuges, samt Personen). Ueber 1'500 Personen wurden durch direkte und indirekte Einwirkung oder die Druckwelle obdachlos (Ueberschall). Die Zahl der verletzten ist nicht feststellbar, wohl aber nicht unerheblich.

Folgen

Das oberste Veltlin (Bórmio) konnte vom Veltlin her nicht mehr erreicht werden. Es verblieben nur die Pässe Stilfser Joch mit Umbrail und Foscagno. Hinter der Bergsturzmasse bildete die Adda einen See und zerstörte weiteres Kulturland und Häuser.

Ein Bild, aufgenommen vermutlich am Folgetag, ist unter Webliks vorläufig aufzufinden (fehlende GNU-Lizenz). Dieses zeigt äusserst eindrücklich, dass die Sturzmasse fast völlig zertrümmert worden ist, die Oberfäche ist praktisch nur noch Sand/Kies, der Auftreffpunkt zeigt einen Krater: die Schuttmassen wurden wieder ausgeschleudert! Das Bild zeigt auch, wie sich die Adda hinter der Sturzmasse staut. Die Rettungsarbeiten im direkten Bereich wurden recht rasch eingestellt: niemand kann das überleben

Und es zeigte sich eine neue Gefahr. der Vajont-Effekt: Durchbrechen der Adda mit bis zu 200'000 m³ Wasser innert ein paar Minuten. Dies hätte das gesamte untere Veltlin (samt Dörfern und Städten, wie Tirano und Sóndrio) bedroht. Die Katastrophenhilfe (Nationale Feuerwehr, VVFF) wurde gerufen.

Massnahmen

Die Gefahr des Durchbrechens der Adda musste gebannt, und die Verbindung zum obersten Veltlin, samt Versorgung für etwa 15'000 Menschen, neben Massnahmen für die Obdachlosen, sichergestellt werden. Die vorerwähnten Pässe sind für Lastwagen völlig ungeeignet, die leichteren Pässe führen zudem über die Schweiz.

Innert weniger Tage wurde ein gesicherter Abfluss für die Adda erstellt (provisorische Rohrleitungen) und mit der Erstellung eines freien Abflusses begonnen. Gleichzeitig wurde eine Notumfahrung (samt kurzem Tunnel) am Osthang (teilweise duch Schutt/Staub) erstellt. Ungefähr ein Monat später floss die Adda geregelt ab und die Notstrasse war in Betrieb.

Umgehend wurden Planung und Ausführung zur Sicherung dieser gefährdeten Stelle in Angriff genommen: Auffang für weitere (zu erwartende) Bergstürze, Abflusssicherung für die Adda und geschützte Strasse.

Heute

Für den Reisenden ist die Katastrophe nach so kurzer Zeit kaum mehr erkennbar. Er fährt in Umfahrungstunnels, mit kurzen geschützen Galerien. Die Adda fliesst frei durch eine sich belebende Geröllwüste. Der Entlastungsstollen scheint gebaut zu sein, es gibt Fangdämme unterhalb vom ehemaligen Morignone (bei der "Teufelsbrücke"). Der Talboden liegt allerdings bedeutend höher als ehemals, obwohl recht weitgehend ausgebaggert (Baumaterial), um als Fangbecken zu dienen.

Die Katastrophen Bewältigung hat eine eindrückliche Leistung erbracht.

Gelologie

Die Gefahr eines Bergsturzes am Pizzo Copetto wurde bereits 1961 erkannt. Nach über 20 Jahren nahmen die Einwohner die Warnungen zum Verlassen der Siedlungen oft nicht mehr ernst genug. Allerdings wurde vor der Katastrophe auch kein Schutz der Strasse in Angriff genommen - ein Versagen von Behörden, Wissenschaft und Bewohnern, denn Projekte lagen vor.

(noch Baustelle)

www.astrogeo.va.it/valtel2.gif ist verschwunden.