Qi
Der chinesische Begriff Qì (chinesisch 氣 / 气, W.-G. Ch'i), in Japan als Ki (Kanji: 気) und in Korea als Gi bekannt, bedeutet übersetzt Energie, Atem oder Fluidum. Es nehmen, v.a. in Asien, verschiedene Religionen auf diese "metaphysische Energie" Bezug und der daoistische Philosoph Zhuangzi war der erste, der schrieb, der Kosmos bestehe aus Qi, so dass Qi ursprünglich ein daoistischer Begriff ist.
Natur des Qi
Nach Auffassung der (aus moderner wissenschaftlicher Sicht) vorwissenschaftlichen Kultur des alten China und des Daoismus durchdringt und begleitet das Qi alles, was existiert und geschieht. Qi ist weder als physisch noch als geistig zu verstehen und gemäß der daoistischen Lehre ist Qi die Substanz aus der das ganze Universum in sowohl physischer als auch geistiger Hinsicht besteht. Es stellt die einzige konstante Wirklichkeit dar.
Aus der Einheit und Verschmelzung von Yin und Yang - dem dauernden Wechselspiel des männlichen (Yang) und weiblichen (Yin) Prinzips - erwächst das Qi. Bei einer perfekten Harmonie beider Kräfte ist auch der Qi-Fluss im Körper ausgeglichen.
So trägt z.B. das Qi der Sonne zum Wachstum der Pflanzen bei, das Qi der Leber verteilt das Blut im Körper, das Qi der Mutter behütet das Kind, das Qi der Erde trägt das Haus, usw. Damit umfasst der Begriff eine Fülle von Phänomenen, die in der modernen westlichen Wissenschaft mit "Emotion", "Elektromagnetische Kraft", "Biologische Prozesse", usw. wiedergegeben werden könnten. Die durch die moderne wissenschaftliche Denkweise motivierte Frage nach dem Aufbau oder der Struktur des Qi ist daher aus Sicht der alten Chinesen nicht nur irreführend, sondern schlicht überflüssig: nach ihrer Ansicht wird Qi durch seine Wirkung genügend beschrieben.
In Fachkreisen wird der allgemeine Begriff "Qi" weiter verfeinert, wenn von speziellen Phänomenen oder Prozessen die Rede ist. So stammt z.B. das obengenannte "Leber-Qi" aus dem Wortschatz der traditionellen Chinesischen Medizin und beschreibt das Qi, das dem Leber-Organ erlaubt, seine Funktion im menschlichen Körper auszuüben. Im Feng Shui wird vom "schlechten Qi des Badezimmers" gesprochen, wenn die schädlichen Einflüsse (z.B. Krankheiten), die von einem Badezimmer ausgehen, behandelt werden.
In der westlichen Literatur hat die recht umfassende begriffliche Bedeutung des Wortes Qi oft zu Missverständnissen geführt. So ist natürlich das "Leber-Qi" nicht mit dem "Badezimmer-Qi" gleichzusetzen. Auch der Versuch den Begriff Qi pauschal durch ein einziges deutsches oder englisches Wort (z.B. "Lebensenergie") zu übersetzen, muss, wie die Beispiele oben zeigen, fehlschlagen.
Naturgemäß wurde dem Qi des Menschen schon immer besonderes Interesse entgegengebracht. So beschäftigt sich die traditionelle chinesische Medizin und das Qigong mit der Stärkung und Harmonisierung des Qi im menschlichen Körper. Im Feng Shui wird die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt betrachtet. Auch in vielen östlichen Kampfkünsten spielt die bewusste Wahrnehmung des Qi eine besondere Rolle. Beispiele sind Aikido, Shaolin Kung-Fu und sämtliche innere Kampfkünste (wie z.B. Taijiquan).
Qi in der traditionellen chinesischen Medizin
Qi wird in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) als generelle Lebensenergie oder Energie des Spirituellen angesehen. Die philosophischen Urprünge eines Stroms an Qi, der auch den Körper durchströmt, gehen auf sehr frühe chinesische Traditionen zurück. Somit überraschte etwa die Entdeckung von "Bazillen" als Krankheitserreger nicht, da sie phänomenologisch schon seit über 2000 Jahren bekannt waren, und leicht das Konzept des "Abwehr-Qi" mit dem Konzept der Immunabwehr erweitert werden konnte.
Die Begründung der chinesischen Medizin wird im Mythos Huángdì (chinesisch 黄帝 – „Gelber Kaiser“) zugeschrieben. Er ist einer der Sānhuáng wǔdì (chinesisch 三皇五帝 – „Drei Erhabene, fünf Kaiser“). Seine Lebenszeit wird in die Zeit der Xia-Dynastie gelegt. In Anlehnung und in Berufung auf diesen Kulturheroen wurden zahlreiche Werke der Medizin mit seinem Namen geschmückt. So unter anderem das Huangdi-neijing (chinesisch 黃帝内經) , das in seinen ältesten Teilen bis in die Zeit der streitenden Reiche zurück geht.
Hergeleitet von der TCM wird angenommen, dass der menschliche Körper im Inneren Funktionskreise oder auch sog. "Elemente" aufweist, die mit einem Energiefluss korrespondieren, der teilweise an der Körperoberfläche und teilweise leicht darunter verläuft. Nach daoistischer Auffassung sind die wichtigsten Bahnen das Diener- und das Lenkergefäß. Man nennt diese Kanäle des Energieflusses "Leitbahnen" oder "Meridiane". Krankheit ist ein Produkt der Unterbrechung dieses harmonischen Flusses. Nach traditioneller chinesischer Auffassung kann Krankheit u.a. durch mangelnden Qi-Fluss, durch Stockung, durch Mangel an Qi selbst oder durch verbrauchtes Qi, das nicht abgeleitet wird, entstehen. TCM versucht durch verschiedene Praxen physische Krankheiten mit einem Ausbalancieren des Qi-Flusses im Körper zu kurieren: Einige dieser Techniken enthalten Pflanzenmedizin, spezielle Diäten und Ernährungslehren sowie Akupunktur. Da ein sog. vorgeburtliches Qi nicht vermehrt werden kann, steht die TCM Hungerkuren sehr kritisch gegenüber. Sie sollten nicht im Alltag durchgeführt werden, sondern nur spirituellen Zwecken, etwa zur Meditation dienen.
Parallele Begrifflichkeiten
Das Konzept des Qi kommt in vielen anderen Kulturen und modernen Vorstellungen in ähnlicher Form vor.
klassische Konzepte
- Prana, die indische Konzeption,
- Mana,
- Bif oder Wyrd, die germanische Konzeption
- Pneuma, antike griechische Auffassung unter dem Blickwinkel der Gesamtheit des Qi
- Baraka, klassische arabische Auffassung; ist stark an Orte und teilweise an Personen und deren Heilkraft gebunden
Moderne Konzepte
Zudem bestehen moderne, teils esoterische Konzeptionen in denen auch teilweise expressis verbis Bezug zum Qi genommen wird.
- Orgon, die Konzeption Wilhelm Reichs
- Od, die Konzeption Reichenbachs
- Biophotonen z.B. in der Variante von Popp
Siehe auch: Traditionelle Chinesische Medizin