Kernkraftwerk THTR-300
Der THTR-300 war ein heliumgekühlter Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop mit einer elektrischen Leistung von 300 Megawatt. Er wurde 1983 erbaut und im September 1989 endgültig stillgelegt. Der THTR-300 diente als Prototyp für Hochtemperaturreaktoren (HTR). Die Errichtung kostete 2,05 Milliarden Euro und die Stilllegung und der sichere Einschluss bis mindestens 2027 kostet 425 Millionen Euro.
Bei einem Thorium-Hochtemperaturreaktor ist Thorium-232 in tennisballgroßen Graphitkugeln eingebettet (daher auch Kugelhaufenreaktor), die von Helium als Reaktorkühlmittel gekühlt werden. Aus Thorium-232 entsteht durch Neutroneneinfang der Kernbrennstoff Uran-233. Anfangs muss dennoch etwas Uran-233 oder ein anderer Kernbrennstoff vorhanden sein, damit die Reaktion beginnen kann. Das Helium wird dabei auf ca. 1000 °C erwärmt und erzeugt über einen Wärmetauscher den Dampf für eine Turbine, die mithilfe eines Drehstomgenerators elektrischen Strom ins Stromnetz induziert.
Das Kernkraftwerk THTR-300, eine Abkürzung für Thorium-Hochtemperaturreaktor mit 300 Megawatt elektrischer Leistung, wurde von der HKG Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH in Uentrop bei Hamm von 1970 bis 1983 aufgrund immer neuerer Auflagen und Genehmigungsverfahren erst spät fertiggestellt.
Die Einweihung erfolgte durch den damaligen Bundesforschungsminister Dr. Heinz Riesenhuber und die erste Inbetriebnahme mit einer sich selbst erhaltenden Kettenreaktion erfolgte am 13. September 1983. Erst am 9. April 1985 erfolgte aber die Teilgenehmigung der atomrechtliche Genehmigungsbehörde und die erste Stromnetzeinspeisung erfolgte am 16. November 1985.

Der THTR-300 war als kommerzielles Kernkraftwerk zur Nutzung verwendbarer elektrischer Energie ausgelegt und vergleichbar mit dem Fort St. Vrain-Reaktor in den USA. Er besaß einen Hochtemperaturreaktor mit Kugelhaufencore, bestehend aus ca. 670.000 rund 6 cm großen Kugelbrennelementen mit Uran-235 und Thorium-232 mit Corewandungen aus Graphit, und wurde mit Helium gekühlt. Er wurde von dem bauausführenden Unternehmenskonsortium bestehend aus den Firmen Brown Boveri & Cie (BBC), deren Tochter Hochtemperatur Reaktorbau GmbH (HRB) und der Nukem GmbH in einer integrierten heliumdichten Spannbetonbehältertechnik ausgeführt. Die thermische Leistung des Reaktors betrug 750 Megawatt und wurde dazu benutzt, über eine Dampfturbinenanlage eine elektrische Leistung von 307 Megawatt zu produzieren. Die Abwärme aus dem Kraftwerksprozeß wurde mit Hilfe eines Trockenkühlturms abgeführt.
Der THTR 300 galt aufgrund des Funktionsprinzips, bei dem keine Kernschmelze auftreten kann, als wesentlich sicherer als andere Reaktortypen. Doch es gab technischer Probleme, wie z.B. wesentlich höheren Kugelbruch als vorausberechnet, und die Wiederaufbereitung der Thorium-Brennelemente war nicht garantiert.
Neben diesen Problemen führten ein Unfall am 4. Mai 1986, ein verändertes politisches Umfeld sowie wirtschaftliche Überlegungen dazu, dass am 1. September 1989 die Stilllegung des THTR-300 beschlossen wurde. Am 10. Oktober 1991 wurde der 180 Meter hohe Trockenkühlturm, der damals höchste Kühlturm der Welt, gesprengt und vom 22. Oktober 1993 bis April 1995 wurden die Brennelemete in Castor-Behältern in das Zwischenlager Ahaus transportiert. Überlegungen, den Kühlturm als technisches Denkmal zu erhalten, scheiterten aus Kostengründen.
Der Reaktor selbst wurde bis 1997 in den so genannten "sicheren Einschluss" überführt und verursacht weiter Kosten in Höhe von 6,5 Mio € jährlich und enthält noch ca. 390 Tonnen Atomschrott (radioaktive Anlagenbauteile). Frühestens 2027, nach Abklingen der Radioaktivität, kann er endgültig abgerissen werden.
Von 1985 bis 1989 verzeichnete der THTR-300 nur 16.410 Betriebsstunden mit einer Leistung an elektrischer Arbeit von 2.891.000 MWh entsprechend einer Volllastbetriebsdauer von 423 Tagen.
Bereits 1982 plante die Firmengruppe Brown Boveri & Cie (BBC) und Hochtemperatur Reaktorbau GmbH (HRB) mit einem HTR-500 den Nachfolger des HTHR-300 mit einer thermischen Leistung von 1250 Megawatt und einer elektrischen Leistung von 500 Megawatt.