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Werkstatt für behinderte Menschen

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Eine Werkstatt für behinderte Menschen ist eine Einrichtung zur Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben.

Diese Bezeichnung, häufig auch mit WfbM abgekürzt, ist seit dem 1. Juli 2001 durch das Neunte Buch im Sozialgesetzbuch (SGB IX) gesetzlich verbindlich. Sie löste den seit 1961 im Bundessozialhilfegesetz (BSHG) verwendeten Begriff Werkstatt für Behinderte (WfB) ab. Andere veraltete Bezeichnungen sind Beschützende Werkstätte oder Behindertenwerkstatt.

Zielgruppe

Die Zielgruppe für Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation oder der Eingliederungshilfe in einer Werkstatt für behinderte Menschen (im folgenden Werkstatt genannt) ist eingegrenzt: Personen, die ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen oder Besonderheiten wegen nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig werden können, dürfen in einer Werkstatt arbeiten. Eine Anerkennung als Schwerbehinderter oder ein Schwerbehindertenausweis ist kein Aufnahmekriterium der Werkstätten.

Aufgabe einer WfbM

Die Hauptaufgabe einer Werkstatt ist es, dem betroffenen Personenkreis durch berufsbildende und arbeitspädagogische Angebote in einem angepassten Arbeits- und Bildungsprozeß eine Entwicklung, Erhaltung oder Erhöhung der Leistungsfähigkeit zu ermöglichen sowie, wenn möglich, die Erwerbsfähigkeit wiederzugewinnen. Offizielles und oberstes Ziel ist die Vermittlung der behinderten Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt. Es ist gesetzliche Vorgabe, dass sich dabei die Persönlichkeit eines jeden weiterentwickeln kann (§136 SGB IX).

Außerdem soll die Werkstatt nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt werden und den dort Beschäftigten im Arbeitsbereich ein Entgelt zahlen. Dies beinhaltet, dass die Werkstatt auch gewerbliche und private Kunden, die Waren und Dienstleistungen bei ihr anfordern, zufrieden stellen muss, um einen entsprechenden Umsatz zu gewährleisten. Das Entgelt wird aus dem Arbeitsergebnis (der reinen Produktion) bezahlt. Vorher wird noch eine Lohnrücklage (zur Sicherheit) und eine Investitionsrücklage gebildet. Der Rest wird ausgezahlt.

Gesetzliche Grundlagen

Es gibt für die Werkstätten drei wichtige gesetzliche Grundlagen: das "SGB IX" (9. Sozialgesetzbuch), die "WVO" (Werkstättenverordnung) und die "WMVO" (Werkstätten-Mitwirkungsverordnung).

Im "SGB IX" ist geregelt, welche staatlichen Stellen für die Werkstätten und deren Beschäftigten zuständig sind, welche Aufgaben und Anforderungen an Werkstätten gestellt werden und welche Ansprüche die Beschäftigten erheben können. Auch die Regulierung der Kostenträger und der Geldleistungen ist hier (SGB IX, §4 ff.) festgelegt.

In der "Werkstätten-Mitwirkungsverordnung" ist geregelt, dass Werkstattbeschäftigte durch eigene Werkstatträte am Geschehen der Werkstatt beteiligt werden und welchen Einfluss sie ausüben können.

Laut "Werkstättenverordnung" soll eine WfbM mindestens 120 behinderten Mitarbeitern die Möglichkeit geben, Arbeit zur Teilhabe am Arbeitsleben anzubieten und die behinderungsbedingten Möglichkeiten des jeweiligen Werkstattbeschäftigten beachten. Die Werkstatt muss in ihrem Einzugsgebiet alle betroffenen Menschen aufnehmen, damit eine ortsnahe Förderung stattfinden kann. Die Werkstatt muss generell alle Menschen mit mentalen, psychischen und physischen Erkrankungen aufnehmen. Ausnahme bilden Menschen, die einer überdurchschnittlichen Pflege bedürfen, oder von denen eine starke Fremd- oder Eigengefährdung ausgeht.

Viele Werkstätten trennen die Bereiche nach den psychischen, physischen oder mentalen Eigenarten der Menschen, um eine optimale Förderung zu gewährleisten.

Die Aufnahme in eine WfbM geschieht über die überörtlichen Sozialhilfeträger, die Berufsgenossenschaften, die Rentenversicherungen (alte Bezeichnung: LVA und die BfA, heute umbenannt in Deutsche Rentenversicherung) oder die Bundesagentur für Arbeit. Diese Träger fördern die Maßnahme in den ersten 27 Monaten (maximal).

Organisation und Struktur

Bundesweit gibt es zur Zeit etwa 670 anerkannte Werkstätten mit über 220.000 Plätzen. Der Maßnahmeverlauf ist momentan in drei verschiedenen Stufen geregelt:

Eingangsverfahren (EV)

Das Eingangsverfahren dient dem Teilnehmer dazu, sich einen ersten Einblick in die Werkstatt zu verschaffen. Es soll festgestellt werden, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung "für die Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben ist sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den behinderten Menschen in Betracht kommen" (§40 I 1. SGB IX). Ein Eingliederungsplan wird erstellt, in dem die Kompetenzen des behinderten Menschen aufgenommen und Ziele für den anschließenden Förder- und Bildungsprozess gemeinsam aufgestellt werden. Das EV dauert in der Regel drei Monate. Finanziert wird das EV durch den zuständigen Rehabilitationsträger. In der Regel ist das die Bundesagentur für Arbeit oder der Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen (Deutsche Rentenversicherung), Bundesknappschaft oder eine Berufsgenossenschaft.

Berufsbildungsbereich (BBB)

Nach dem EV folgt der Berufsbildungsbereich (BBB). Der BBB dauert maximal zwei Jahre. Nach dem ersten Jahr BBB erfolgt ein Bericht, der im Fachausschuss, dem Beratungsgremium von Werkstatt und Vertretern aus Arbeitsagentur und Sozialhilfe, besprochen wird. Kann die Leistungsfähigkeit des Teilnehmers weiter gefördert werden, soll der zuständige Rehabilitationsträger das zweite Jahr im BBB bewilligen. Der Berufsbildungsbereich gliedert sich in einen Grund- und einen Aufbaukurs von jeweils 12-monatiger Dauer, in denen verschiedene Fertigkeiten – im Aufbaukurs mit höherem Schwierigkeitsgrad – vermittelt werden. Auch soll das Selbstwertgefühl des Werkstattbeschäftigten gehoben und das Sozial- und Arbeitsverhalten gefördert werden. Dabei ist auch eine möglichst realistische Selbsteinschätzung der individuellen Fähigkeiten anzustreben. Angebote zur Entwicklung der lebenspraktischen Fertigkeiten (Körperpflege, Gesundheitspflege, Kleidung, Essen und Trinken, Verkehrserziehung, Umgang mit Geld) sind in die Förderunge mit einbezogen. Für den BBB ist ein Gruppenschlüssel von 1:6 gesetzlich gefordert (WVO §9 Abs. 3).

Zum Berufsbildungsbereich wurde im Jahr 2002 ein Rahmenprogramm von Seiten der Agentur für Arbeit und der BAG:WfbM erstellt. Dieses Rahmenprogramm ist zwar keine gesetzlich festgelegte Vorgehensweise, jedoch ist davon auszugehen, dass sich die Kostenträger in ihren Anforderungen an die Werkstatt eng an das Dokument binden werden.

[1] Rahmenprogramm 10/2002 der Agentur für Arbeit und der BAG:WfbM

Arbeitsbereich (AB)

Nach dem BBB haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, in den Arbeitsbereich der Werkstatt zu wechseln. Die Beschäftigung im Arbeitsbereich ist unbefristet. Die Werkstatt soll über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen mit weitgehender Entsprechung zum allgemeinen Arbeitsmarkt verfügen, um der Art und Schwere der Behinderung, der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit sowie Eignung und Neigung des betreffenden Menschen soweit wie möglich Rechnung zu tragen. Auch hier findet eine weitergehende Förderung statt.

Integrationsauftrag und Ausgelagerte Arbeitsplätze

Die Vergangenheit hat deutlich gezeigt, dass die Werkstatt die beiden Hauptziele bei ihrer Gründung (1. Vorbereitung behinderter Menschen auf den Wechsel in den Allgemeinen Arbeitsmarkt und 2. Zahlung eines Entgelts, das den behinderten Beschäftigten staatlichen Transfers wie Sozialhilfe unabhängig macht) nicht erreicht und wegen der gesamtwirtschaftlichen Situation auch nicht erreichen konnte.

Daten aus dem Jahr 2000 folgend erhielten die ca. 200.000 in einer WfbM beschäftigten Personen ein monatliches Durchschnittseinkommen von insgesamt 135€, dies entspricht etwa einem Zehntel des Durchschnittsverdienstes eines nichtbehinderten Erwerbstätigen. Das Überwechseln auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gelingt nur einer kleinen Minderheit von weniger als 1% aller Mitarbeiter in einer WfbM.

Manche der sogenannten "Leistungsträger" in der Werkstatt sind in diesem Sinne Grenzgänger zwischen den Anforderungen und Möglichkeiten der Werkstatt und den (Rendite)Erwartungen an einen Mitarbeiter in der freien Wirtschaft. Für diesen Personenkreis sind Ausgelagerte Arbeitsplätze eine sinnvolle Alternative. Die Konstruktion bedeutet: Ein Mensch mit Behinderung arbeitet in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen, bleibt vom Status her aber Werkstattbeschäftigter. Immer verbunden mit den Nachteil, dass der Beschäftigte keinen Tariflohn, sondern nur ein vielfach geringeres Entgelt erhält.

Mitwirkung

Die Werkstattbeschäftigten haben gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkungsrechte. In allen Werkstätten werden Werkstatträte gewählt, die die Interessen der Beschäftigten im Arbeitsbereich vertreten und mit der Leitung diskutieren. Auch die Anliegen der Teilnehmer im, Berufsbildungsbereich sowie im Eingangsverfahren werden berücksichtigt. In der "Werkstätten-Mitwirkungsverordnung" sind Rechte und Pflichten des Werkstattrates, aber auch der Werkstattleitung geregelt. Im Einvernehmen mit dem Träger der Werkstatt kann ein Eltern- und Betreuerbeirat errichtet werden, der die Werkstatt und den Werkstattrat bei ihrer Arbeit berät und durch Vorschläge und Stellungnahmen unterstützt. Die gewählten Werkstatträte und Eltern- und Betreuerbeiräte können bei allen relevanten Fragen Einfluss nehmen.

Werkstatträte haben sich zwischenzeitlich über ihre eigene Werkstatt hinaus auf Landes- und Bundesebene organisiert, die erste war im Mai 2000 die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte in Nordrhein-Westfalen ([2]) als Ergebnis mehrjähriger Erwachsenenbildungsarbeit mit Werkstatträten unter der Leitung von Dieter Niermann an der Ev. Heimvolkshochschule Lindenhof, Bethel. Im Jahr 2004 hat sich nun auch eine Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte gebildet, die die Interessen der Landesarbeitsgemeinschaften bündeln will.

Betriebswirtschaftliche Grundsätze

Der Hauptauftrag der Werkstätten ist der Reha- und Integrationsauftrag, die "Teilhabe am Arbeitsleben" für Menschen mit Behinderung. Mit diesem Hauptauftrag erzielen die Werkstätten 85 bis 90 % ihrer Erlöse.

Dennoch sind die Werkstätten in ihren Produktionsbereichen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen organisiert und wollen wirtschaftliche Arbeitsergebnisse anstreben, um den Beschäftigten im Arbeitsbereich ein Arbeitsentgelt zahlen zu können. Für das Selbstwertgefühl der Beschäftigten ist mit entscheidend, dass sie eine ökonomisch sinnvolle und effiziente Arbeit übernehmen. Werkstätten stützen sich häufig auf drei Standbeine: Auftragsarbeiten, Eigenproduktion und Dienstleistungen. Dies umfasst zum Beispiel Montage-, Verpackungs- und Versandaufträge für Betriebe aus Industrie, Handwerk und Handel. Viele Werkstätten verfügen über eine beträchtliche Eigenproduktion (z. B. Holzspielzeuge, kunstgewerbliche Gegenstände, Textilien oder Gartenmöbel). Zukunftsträchtig sind Angebote aus dem Bereich der EDV-Dienstleistungen. Aber auch Garten- und Landschaftspflege, Landwirtschaft, Küchen- und Partyservice, Wäscherei, Druck und Versand von Werbemitteln, der Betrieb eines Tierparks oder einer Eisporthalle gehören zum Angebot. Aktenvernichtung, auch als Komplettservice und nach DIN-genormter Sicherheitsstufe, ist eine Stärke der Werkstätten. Passend dazu bieten viele Werkstätten z.B. eine professionelle Archivierung von Dokumenten an, die eingescannt, auf Datenträger überspielt (CD, Festplatte etc.) oder auch online auf einem Server bereit gehalten werden. Die ursprüngliche Papierform kann in der werkstatteigenen Aktenvernichtung entsorgt werden.

Qualitätsmanagement in der Werkstatt für behinderte Menschen

In QM-Fragen stellt ein Großteil der Werkstätten in Deutschland die Verhältnisse auf den Kopf: Sie betonen die Produktion und was sie in diesem Bereich leisten können und vernachläsigen den Förder-, Betreuungs- und Bildungsauftrag der Werkstatt. Doch dies ist der öffentliche Auftrag und damit das "Kerngeschäft", für das die Werkstätten die Steuergelder (Tagessätze) erhalten.

Warum ist es wichtig, den Reha-Auftrag der Werkstatt als erstes und wichtigestes im QM-Handbuch zu beschreiben?

Weil Förderung, Betreuung und Persönlichkeitsbildung das Kerngeschäft der Werkstatt. Weil "Kundenzufriedenheit" als Ziel aller QM-Bemühungen die Zufriedenheit der Werkstattbeschäftigten mit den Dienstleistungen der WfbM für sie meint.

Nach dem Verständnis von Qualitätsmanagement stehen am Anfang immer die "Kundenanforderungen" - also: Was will der behinderte Mensch von der Werkstatt an Leistungen haben? Welchen Förderbedarf hat er? Was sind seine Wünsche oder Ziele in der Werkstatt oder auch außerhalb der Werkstatt (allgemeiner Arbeitsmarkt)? Wenn die Kundenanforderungen" geklärt sind, werden im einzelnen die Prozesse beschrieben, wie die Kundenanforderungen erreicht oder umgesetzt werden sollen. Diese Prozesse beschreiben also die (quantifizierbaren) Leistungen, die die Werkstatt erbringt. Das ist für die Werkstattbeschäftigten und den Werkstattrat von großer Bedeutung, weil die Werkstatt an den tatsächlich erbrachten Leistungen gemessen kann. Wenn die Beschäftigten ab 1. Jan. 2008 das Persönliche Budget zur Arbeit in Händen haben, könnten sie der Werkstatt Gelder kürzen, wenn versprochene Leistungen nicht erbracht werden!

Nachdem alle Prozesse und Teilprozesse beschrieben sind, steht am Ende eines guten und geschlossenen QM-Systems die "Kundenzufriedenheit".

Es zeigt sich, dass QM trotz der hohen Kosten für die Werkstatt für behinderte Menschen sehr wichtig ist, wenn es fachlich richtig gemacht wird. Natürlich kann und soll auch der Produktionsbereich der Werkstatt im QM-System beschrieben werden und viele Werkstätten brauchen das, weil ihre externen Auftraggeber es verlangen. Aber das darf, wie dargestellt, nur der zweite Schritt sein. Zuerst muss der gesetzliche Auftrag und damit das Kerngeschäft beschrieben werden: Die Reha-Dienstleistung der Werkstatt - die Arbeit mit und für den behinderten Menschen.


Ausgleichsabgabe

Arbeitgeber, die an WfbM Aufträge erteilen, können bis zu 50 Prozent der Arbeitskosten des Rechnungsbetrags auf die zu zahlende Ausgleichsabgabe anrechnen (wenn sie zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen verpflichtet sind). Aufträge der öffentlichen Hand, die von Werkstätten ausgeführt werden können, sind diesen bevorzugt anzubieten.

Arbeitsentgelt

Im Berufsbildungsbereich erhalten Rehabilitanden ("Teilnehmer") kein Entgelt durch die WfbM, sondern entweder ein Ausbildungsgeld oder ein Übergangsgeld vom zuständigen Rehabilitationsträger. Das Ausbildungsgeld ist gesetzlich festgelegt. Zur Zeit werden für die ersten 12 Monate (ab Eingliederung in die Werkstatt) 57 Euro gezahlt. Anschliessend steigt das Ausbildungsgeld auf 67 Euro monatlich. Maßgeblich verantwortlich ist hier der §107 SGB III.

Im Arbeitsbereich ist dagegen eine Entlohnung durch die Werkstatt verpflichtend vorgeschrieben, wobei in der Regel mindestens 70% des Arbeitsergebnisses ausgeschüttet werden müssen (WVO §12 Abs. 5 Satz 1).

Das individuelle Entgelt basiert auf einen Grundbetrag, der zur Zeit 67 Euro beträgt. Dieser Betrag ist gesetzlich vorgeschrieben (SGB IX §138 Absatz 2). Hinzu kommt ein Arbeitsförderungsgelt in Höhe von 26 Euro monatlich. Auf den Grundbetrag aufbauend wird ein Steigerungsbetrag, der leistungsabhängig sein soll, gezahlt. Bei der Bemessung des Steigerungsbetrages werden, je nach Konzept der Werkstatt, neben quantitativen und qualitativen Aspekten der Arbeitsleistung auch die Komplexität des Arbeitsplatzes, das Sozialverhalten, Schmutz- und Lärmzulagen, Lebensalter und die Werkstattzugehörigkeit berücksichtigt.

Die Werkstattbeschäftigten werden unabhängig von den häufig geringen Entgeltzahlungen wie andere Arbeitsnehmer kranken-, pflege- und rentenversichert. Nach 20 Jahren Werkstatttätigkeit hat man dadurch Anspruch auf die volle Erwerbsunfähigkeitsrente. Diese richtet sich nach dem Rentenniveau eines durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmers. Zu den üblichen Leistungen gehört auch die Sicherstellung der Beförderung zur Werkstatt und ein Mittagessen.

Arbeitsgruppen

Der Gruppenschlüssel im Arbeitsbereich beträgt (laut WVO §9 Abs. 3) 1:12 (eine Fachkraft auf zwölf behinderte Mitarbeiter). Jedoch zeigt die Praxis, dass oftmals weniger Personal als vorgeschrieben anwesend oder vorhanden ist. Jede Gruppe wird angeleitet durch eine (oftmals) "Gruppenleiter" genannte "Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung" (FAB). Die Fachkräfte besitzen eine sonderpädagogische Zusatzausbildung und sind für die Qualität der entstehenden Endprodukte und die Entwicklung der Persönlichkeit der Werkstattbeschäftigten zuständig. Die Fachkräfte sollen möglichst aus dem handwerklichen Bereich stammen (Meisterqualifikation) und zusätzlich der pädagogischen Aufgabe gewachsen sein. In vielen Werkstätten werden in den Arbeitsgruppen zur Unterstützung Zivildienstleistende eingesetzt. Oft wird noch zusätzlich oder stattdessen jemand unterstützend eingesetzt, der/die ein freiwilliges soziales Jahr leisten möchte.

Begleitende oder Soziale Dienste

Den Fachkräften stehen begleitende Dienste zur Seite, welche helfen, die Maßnahme und entsprechende Förderung zu konkretisieren oder ganz praktisch bei Konfliktsituationen Hilfe anbieten zu können. Dies sind hauptsächlich Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter. In Einrichtungen für Menschen mit psychischen Besonderheiten können auch Psychologen eingestellt sein, die unterstützend zur Seite stehen. In den verschiedenen Werkstätten werden oft weitere begleitende Dienste wie Ergotherapie, Rehasport oder Erwachsenenbildung angeboten.

Fachausschuss

In jeder WfbM ist, nach § 2 WVO, ein Fachausschuss zu bilden. Diesem gehören in gleicher Zahl jeweils Vertreter der Werkstatt, Vertreter der Bundesagentur für Arbeit sowie Vertreter des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe an.

Der Fachausschuss soll auch Vertreter anderer Rehabilitationsträger wie z.B. der Deutsche_Rentenversicherung (ehem. LVA und BfA) oder der Berufsgenossenschaften beteiligen, wenn deren Zuständigkeit zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzender Leistungen in Betracht kommt. Er kann auch andere Personen hinzuziehen oder Sachverständige anhören.

Im Fachausschuss wird über Voraussetzungen und Förderung in der Werkstatt im Einzelfall beraten. Für jeden Werkstattbeschäftigten gibt der Fachausschuss ein Votum darüber ab, ob er aufgenommen werden soll, ob und wie er im Berufsbildungsbereich gefördert werden soll, ob er in den Arbeitsbereich übernommen wird und in welchen Bereich. Auch weitergehende Qualifizierungsmaßnahmen sind hier Beratungsgegenstand und ebenso Maßnahmen zur Gestaltung des Übergangs in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das fachliche Votum des Fachausschusses soll für den zuständigen Rehabilitationsträger Grundlage seiner Kostenentscheidung sein.

Siehe auch

  • [3] Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten
  • [4] Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte in NRW
  • [5] Werkstätten im Netz
  • [6] SGB IX (Teil 2, Kapitel 12 --> Werkstätten für behinderte Menschen)
  • [7] WVO (Werkstättenverordnung)
  • [8] WMVO (Werkstätten-Mitwirkungsverordnung)
  • [9] Online-Handbuch Werkstatt für behinderte Menschen
  • [10] REHADAT - die weltweit größte Datenbank zu Werkstätten, ein Informationssystem zur beruflichen Rehabilitation
  • [11] aktionbildung.de - Materialien und Konzepte für und von Werkstätten für behinderte Menschen