Zum Inhalt springen

Öffentliche Verwaltung (Deutschland)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Mai 2006 um 11:20 Uhr durch 84.73.58.143 (Diskussion) (wiki links). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die öffentliche Verwaltung ist Teil der vollziehenden Gewalt (Exekutive). Jede Tätigkeit des Staates oder anderer Träger öffentlicher Gewalt, die weder der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung zuzuordnen ist, fällt in den Bereich der Exekutive. Im engeren Sinne wird unter öffentlicher Verwaltung jedes administrative Handeln (Verwaltungshandeln) verstanden, das dem Vollzug von Vorschriften dient. Deshalb ist die Regierungstätigkeit (Regierungsgewalt) nicht Teil der Verwaltung im engeren Sinn.

Das Handeln der Verwaltung basiert auf Gesetzesgrundlagen und muss innerhalb der jeweiligen Verwaltungskompetenz stattfinden. Die Ausführung der Verwaltung ist hierarchisch organisiert; die Ausführungskontrolle obliegt der jeweils höheren Verwaltungseinheit (Behörde) und nicht einem gewählten Gremium. Oberste Behörden sind in der Regel die Ministerien, die Verwaltungsspitze ist der Minister.

Nach den Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unterscheidet man zwischen der Eingriffsverwaltung (beispielsweise Gewerbeuntersagung), der Leistungsverwaltung (zum Beispiel Gewährung von Sozialhilfe) und der Planungsverwaltung (beispielsweise Aufstellung eines Flächennutzungsplans).

Die Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung können öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich sein. Öffentlich-rechtlich handelt die Verwaltung bei der Hoheitsverwaltung und der so genannten schlichten Hoheitsverwaltung, privatrechtlich im Verwaltungsprivatrecht, bei der Fiskalverwaltung und der erwerbswirtschaftlichen Betätigung.

Träger der öffentlichen Verwaltung sind der Bund, die Bundesländer und die Kommunen. Wird die Verwaltung durch Bund und Länder ausgeübt, spricht man von unmittelbarer Staatsverwaltung, werden andere Rechtsträger (z.B. Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie beliehene (bewidmete) Unternehmer oder Handwerker privaten Rechts (beispielsweise eine Talsperren-AG, ein Schornsteinfegermeister, TÜV oder DEKRA; siehe Beliehener)) beauftragt, spricht man von mittelbarer Staatsverwaltung.

Siehe auch: Ministerialverwaltung, Kommunalverwaltung, Stichwortverzeichnis Recht, Bürokratie, Sachbearbeiter, Public Management

Charakteristika der öffentlichen Verwaltung

Die strenge Hierarchie führt zu einer autoritären Struktur innerhalb der Verwaltung. Daher arbeiten Behörden oft stark arbeitsteilig und Entscheidungen folgen festen Dienstwegen. Die Steuerung der Verwaltung ist daher sehr formal und aufgrund ihrer politisch ausgerichteten Verwaltungsspitze nicht vom Wesen her auf ökonomische Ziele ausgerichtet. Das Fehlen ökonomischer Prinzipien ist auch daran erkennbar, dass das Finanzwesen kameralistisch organisiert ist: Plangrößen werden nicht nach Kosten-Nutzen-Aspekten, sondern nach einer Einnahmen-Ausgaben-Betrachtung festgelegt. Oft werden Budgets politisch ausgehandelt.

Ein in der heutigen Zeit zunehmend als Problem betrachteter Faktor ist das behördliche Anreizsystem. Da für die Mitarbeiter größtenteils eine Besoldung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften gilt, fehlen leistungsbezogene Anreize insbesondere monetärer Art. Das interne Prestige wird statt dessen oft an Abteilungs- oder Budgetgröße gemessen. Insbesondere das Beamtenrecht gilt als hinderlich für Verwaltungsinnovationen oder fachliche Initiativen.

Aufgaben

Bezüglich der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unterscheidet man zwischen der Eingriffsverwaltung (beispielsweise Gewerbeuntersagung), der Leistungsverwaltung (zum Beispiel Gewährung von Sozialhilfe) und der Planungsverwaltung (beispielsweise Aufstellung eines Flächennutzungsplans). Die Art und Weise der Leistungserbringung ist im Verwaltungsverfahrensgesetz exemplarisch auf Bundesebene geregelt.

Handlungsformen

Die Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung können öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich sein. Öffentlich-rechtlich handelt die Verwaltung bei der Hoheitsverwaltung und der so genannten schlichten Hoheitsverwaltung, privatrechtlich im Verwaltungsprivatrecht, bei der Fiskalverwaltung und der erwerbswirtschaftlichen Betätigung.

Handlungsformen (nach Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht)

Der Verwaltungstyp oder die Verwaltungsarten beschreiben funktional die Tätigkeiten der öffentlichen Verwaltung. Die öffentliche Verwaltung begreift sich als "Summe aller Einrichtungen und organisierten Wirkungszusammenhänge, die vom Staat, den Gemeinden und den von ihnen geschaffenen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zur Erledigung öffentlicher Aufgaben unterhalten werden" (Ellwein). Die Ergebnisse der öffentlichen Verwaltung werden als Verwaltungsleistung bezeichnet.

Dazu unterscheidet man zwischen:

Träger

Makroorganisation

Träger der öffentlichen Verwaltung sind der Bund, die Bundesländer und die Kommunen. Wird die Verwaltung durch Bund und Länder ausgeübt, spricht man von unmittelbarer Staatsverwaltung. Hierzu werden auch Regiebetriebe und Eigenbetriebe gezählt. Werden organisatorisch wie rechtlich selbstständige Einheiten beauftragt, spricht man von mittelbarer Staatsverwaltung. Solche Träger gliedern sich in

  • Körperschaften (z. B. Kammern, Universitäten)
  • Anstalten (z. B. öffentlich-rechtliche Sender)
  • Stiftungen des öffentlichen Rechts (z. B. für Museen)
  • Beliehene (bewidmete) Unternehmer oder Handwerker privaten Rechts (z. B. eine Talsperren-AG, ein Schornsteinfegermeister, TÜV oder DEKRA).

Zwischen staatlicher und kommunaler Verwaltung wird strikt getrennt: Bis auf wenige Ausnahmen ist eine gemeinsame Verwaltung nicht zulässig.

Die öffentliche Verwaltung ist fast ausschließlich in der Exekutive organisiert. Eine eigene Verwaltung haben in begrenztem Umfang auch die anderen beiden Gewalten: Beispiel für die Legislative ist die Bundestagsverwaltung oder das Bundespräsidialamt. Die Judikative beschäftigt als eigene Verwaltungskräfte die in Deutschland tätigen Richter und Staatsanwälte. Insgesamt beschäftigt die öffentliche Verwaltung etwa 4,8 Millionen Beamte, Angestellte und Arbeiter (diese und alle folgenden Zahlen basieren auf dem Stand von September 2004).

Bundesverwaltung

Die Bundesverwaltung ist mit der Durchführung aller Angelegenheiten betraut, die nach dem Grundgesetz unter die Zuständigkeit des Bundes fallen. Sie verfügt über insgesamt 315.500 Mitarbeiter. Diese verteilen sich auf:

Hinzu kommen 186.600 Soldaten, die nicht als Mitglieder der Verwaltung erfasst werden, aber dem Verteidigungsministerium unterstehen.

Neben der Bundesverwaltung verfügt die Bundesregierung über einen organisatorisch getrennten, eigenen Verwaltungsapparat von insgesamt 23.000 Bediensteten.

Die bundeseigene Verwaltung hat seit 1990 einen erheblichen Anteil seiner Bediensteten abgegeben: Zunächst überführte die Postreform sämtliche Beschäftigten der Postbehörden in die privatrechtlichen Einheiten von Post, Telekom und Postbank, mit der Bahnreform ist die ehemalige Behörde des Bundesverkehrsministeriums ebenfalls in private Strukturen überführt worden.

Landesverwaltungen

Da die Länder mit dem weitaus größten Teil der Verwaltungsaufgaben in Deutschland betraut sind, sind die Landesbehörden und die angeschlossenen Betriebe von der Personalstärke her der herausragende Teil der öffentlichen Verwaltung. In den 16 deutschen Landesverwaltungen arbeiten 2,3 Millionen Menschen, im Einzelnen:

  • in der Finanzverwaltung der Länder (153.600)
  • in den Hochschulen (237.900)
  • in Schulen und der vorschulischen Bildung (817.400)
  • im Rechtsschutz und der Gerichtsverwaltung (189.700)
  • in der Polizei (273.600, davon 228.000 Vollzugsbeamte)
  • in den sonstigen Verwaltungen (601.100).

Für die Hochschulen sind nur die öffentlich Beschäftigten angegeben. Insgesamt arbeiten an Hochschulen 488.700 Beschäftigte und in den ihnen angeschlossenen Kliniken nochmals 189.200 Mitarbeiter.

Aufgrund ihrer Größe sind die Landesverwaltungen oft hierarchisch unterteilt. Unterhalb des Ministeriums rangieren Oberste Landesbehörden, Landesoberbehörden, Landesmittelbehörden und Untere Landesbehörden. In einigen Flächenländern wie Nordrhein-Westfalen und Bayern existieren außerdem Regierungsbezirke, deren Verwaltungen den Rang einer bereichsübergreifenden Mittelbehörde innehaben (sog. "Bündelungsbehörde" im Gegensatz zur "Fachbehörde"). Die Länder verwalten über die Justizbehörden auch den Gerichtsapparat inklusive der Strafvollzugsanstalten. Nur die Rechtsprechung selbst ist der Judikative unterstellt.

Kommunalverwaltungen

Die Städte und Gemeinden in Deutschland unterhalten öffentliche Verwaltungen, die nicht der Staatsverwaltung, sondern nur deren Aufsicht unterstehen. Dieses Selbstverwaltungsrecht ist ihnen im Grundgesetz garantiert. Gleichwohl werden in den Kommunalverwaltungen staatliche Auftragsangelegenheiten übernommen. Kommunale Verwaltungstätigkeiten lassen sich wie folgt unterteilen:

  • Freiwillige Aufgaben wie Bäder, Busse, Theater etc.
  • Pflichtaufgaben ohne Weisung: Schulen und Kindergärten, Strom, Gas, Wasser, Müllabfuhr etc.
  • Pflichtaufgaben nach Weisung: Sozialhilfe, Wohngeld, Feuerwehr, Zivilschutz, Gemeindewahlen etc.
  • Staatliche Auftragsangelegenheiten: Volkszählung, Wehrpflichtigenerfassung, Landtags- und Bundestagswahlen.

Städte können kreisfrei sein oder sich zu Kreisverbänden zusammenschließen, um übergeordnete Aufgaben (insbesondere Pflichtaufgaben) effektiver bewältigen zu können. Neben Kreisen existieren für Spezialaufgaben weitere kommunale Verbände, von denen die wichtigsten die Landschaftsverbände sind. Die Kontrollgremien dieser Körperschaften besetzen Kommunalvertreter, finanziert werden sie über Umlagen aus den Kommunalhaushalten. Zusammengefasst beschäftigen die Kommunalverwaltungen 1,57 Millionen Mitarbeiter aufgeteilt auf die Bereiche:

  • allgemeine Verwaltung (249.000)
  • öffentliche Sicherheit und Ordnung (115.000)
  • Schulen (128.000)
  • Wissenschaft, Forschung und Kultur (86.000)
  • soziale Sicherung (281.000)
  • Gesundheit, Sport und Erholung (84.000)
  • Bau- und Wohnungswesen, Verkehr (138.000)
  • Öffentliche Einrichtungen, Wirtschaftsförderung (155.000)
  • Krankenhäuser (278.000)
  • sonstige (58.000).

Mittelbare öffentliche Verwaltung

Zur mittelbaren öffentlichen Verwaltungen werden Einrichtungen gezählt, die nicht direkt der Staatsverwaltung unterstehen, aber deren Aufgaben treuhänderisch wahrnehmen. Sie sind daher nicht weisungsgebunden, aber an die öffentlichen Aufträge gebunden, derentwegen sie eingerichtet wurden. Somit stellen sie keine Behörden im engeren Sinne dar, sind aber als öffentliche Einrichtungen organisiert und beschäftigen Personal, das sich in seiner Rechtsstellung nicht von dem in Behörden unterscheidet. Insgesamt zählt der mittelbare öffentliche Dienst 488.000 Mitarbeiter, die sich wie folgt aufteilen:

Verwaltungsreform

Entgegen der Rolle, die öffentliche Verwaltungen wahrnehmen, identifiziert die neue politische Ökonomie Verhaltensweisen, die nicht immer dem Gemeinwohl dienen. In der Realität sind Verwaltungen häufig unterausgelastet. Es werden betriebswirtschaftliche Einsparpotenziale bewusst verschwiegen. Auch wird der eigene Tätigkeitsbereich oftmals überschätzt und es gibt Fehleinschätzungen durch die Eingeengtheit des eigenen Tätigkeitsspektrums der Verwaltung. Informationsvorteile hingegen werden ausgenutzt. Die Reform der öffentlichen Verwaltung beschäftigt als Verwaltungsreform (s. dort) die Verwaltung selbst und die Verwaltungswissenschaften, sowie eine nicht unerhebliche Anzahl an Beratungsunternehmen - nicht zu vergessen die KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung).

Beispiele

Beispiele für öffentliche Verwaltungen: Das Finanzamt, das Ordnungsamt, das Verteidigungsministerium.

Siehe auch