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Caspar David Friedrich

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frühes Selbstportrait
Portrait Friedrichs (vom Malerfreund Georg Friedrich Kersting)

Caspar David Friedrich (* 5. September 1774 in Greifswald, Vorpommern; † 7. Mai 1840 in Dresden) war einer der bedeutendsten Maler der deutschen Romantik, die er zusammen mit Philipp Otto Runge wie kaum ein anderer Künstler beeinflusste. Seine Werke sind vor allem durch mittelalterliche Motive, Natur- und Landschaftsdarstellungen und Heimatbezug geprägt und lassen sich teilweise besser verstehen, wenn man weiß, dass er in frühen Kindheitsjahren beim Schlittschuhlaufen im Eis einbrach und sein Bruder, der ihn retten wollte, bei der Rettung ertrank. Er erhielt seine Ausbildung durch ein Studium an der Königlichen Kunstakademie in Kopenhagen und arbeitete seit 1798 in Dresden, reiste aber oft in seine Geburtsstadt Greifswald und besuchte die nahegelegene Insel Rügen.

Seine bis in die heutige Zeit reichende Bedeutung kommt beispielsweise in der Benennung des Caspar-David-Friedrich-Instituts für Bildende Kunst und Kunstwissenschaften der Universität Greifswald zum Ausdruck. Seit 05. Mai 2006 ist die seit 30 Jahren umfangreichste Ausstellung Friedrichs zu sehen; 70 Gemälde und über 100 Papierarbeiten sind im Essener Folkwang Museum zugänglich. Die Ausstellung läuft bis 20. August 2006.

Kunstschaffen

Grundeinstellung

Caspar David Friedrich verkörperte den typischen Romantiker: Er war eher introvertiert, weltscheu, naturverbunden und religiös. Seine Passion für mittelalterliche Motive wurde teilweise durch seinen Freund Goethe inspiriert.

Friedrichs Bilder werden oft als Ausdruck seiner seelischen Verfassung interpretiert: seine Gedanken kreisten demnach oft um Sein, Vergehen und Werden. Seine gotische Melancholie lässt sich durch seine ohnehin schon depressive Veranlagung erklären, die durch seine eingangs geschilderten Erfahrungen in seiner Jugend noch verstärkt wurde. Ihm war nicht die Schönheit dessen, was er malte, wichtig, sondern seine Weltanschauungen: so sah er die Erde als Jammertal, ähnlich wie die Künstler des Barock.

„Warum, die Frag´ ist oft zu mir ergangen, wählst du zum Gegenstand der Malerei so oft den Tod, Vergänglichkeit und Grab? Um ewig einst zu leben, muss man sich oft dem Tod ergeben.“

Caspar David Friedrich konnte aber auch fröhlich und ausgelassen sein, nicht nur in Zeiten seines Erfolges, was nur in wenigen seiner Bilder erkennbar ist. Er war weniger melancholischer Pessimist als realistischer Romantiker mit gefestigten politisch-religiösen Überzeugungen.

Verhältnis zur Natur

„Der Morgen“ (ca. 1820-1821)

Caspar David Friedrich stand in seiner Auffassung von Natur im Gegensatz zum Realismus der Klassizisten. Er sah die Natur als Spiegel menschlicher Empfindungen.

„Also nur was man mit leiblichen Augen gesehen und […] nachgeäfft, sei Aufgabe und Forderung unserer Zeit […]. Ich gestehe, dass ich nimmer und nie dieser Meinung beistimmen werde. Allerdings gestehe ich gerne, dass diese Bilder, so allen diesen Forderungen dieser Zeit entsprechen sollen, viele und große Verdienste haben, und mich der treuen Nachahmung des Einzelnen erfreut. Aber das ganze hat für mich wenig Anziehung, eben weil ich das innige geistige Durchdrungensein des Künstlers von der Natur vermisse.“

Caspar David Friedrich folgte nicht dem italienischen Kunsttrend und war auch kein Anhänger der antiken Meister. In seinem Verständnis sollte Kunst zwischen den beiden Werken Gottes, Mensch und Natur, vermitteln. Aus dieser Sicht heraus näherte er sich den Naturschönheiten, in deren Darstellungen er Stimmungen und Empfindungen verarbeitete. Seine Werke sind demzufolge keine Abbilder der Natur, sondern sie vergegenständlichen zusätzlich das Unfassbare, das metaphysische Empfinden. Die realistisch-emotionale Darstellungsweise der Landschaften wird unter anderem durch eine unendlich scheinende Weite verstärkt. Sein früherer Freund Andreas Geers brachte ihn auf die Idee die Menschen von hinten in seinen Werken zu malen.

Symbolik

„Kreidefelsen auf Rügen“ (um 1818)
  • Die Farbe Violett (und allgemein ein Kontrast zwischen Dunkel im unteren Teil und heller Darstellung im oberen Teil eines Bildes) dominiert in einigen Bildern. Sie ist und war, nicht nur für Caspar David Friedrich, die Farbe der Trauer und Melancholie. Durch sie wirkt das gesamte Bild schwermütig, die häufig depressive Seelenverfassung Friedrichs ist anhand solcher Bilder gut nachzuvollziehen.
  • Das Naturerlebnis in der nordeuropäisch-teutonischen (Um-)Welt war für Friedrich ein sehr persönliches mystisch-religiöses Ereignis. Er setzte die Natur dem Göttlichen gleich – eine sehr pantheistische Religionsauffassung und Grund dafür, dass er auch im Widerspruch zum zeitgenössischen Protestantismus stand, der Natur eher als „heidnische Mutter“ sah denn als bewundernswertes Werk Gottes. In seinen Bildern nehmen die Figuren durch das Betrachten des Naturschauspiels Kontakt zum Göttlichen auf. Sie verbinden dadurch das dunkle irdische Leben, in dem sie sich befinden mit dem hellen überirdischen, in das sie posthum gelangen werden. Die Ferne ist Symbol für das angestrebte Jenseits.
  • Der Lebensweg eines Menschen wird zum Beispiel in „Mondaufgang am Meer“ durch Schiffe dargestellt, die sich zwar noch auf dem Meer befinden, aber irgendwann den Hafen anlaufen werden, was mit dem Tod gleichzusetzen ist.
  • Das Fundament, auf dem sich die Personen befinden, bildet ein öfters gewaltiger Stein oder ein Felsen. Ebenso stellt der Glaube, nach Friedrichs Ansicht genauso unerschütterlich wie ein Findling, das geistige Fundament der Menschen dar. Die Menschen stehen meist gefestigt, beeindruckt und in guter Kleidung.
  • Schnee wurde von Friedrich, anders als im Rokoko des 16. und 17. Jahrhundert, nicht als saisonaler Zuckerguss, sondern als dicht am schweigsamen Tode gesehen – eine für Friedrich typische Mystifizierung (ähnlich der von Kiefernwäldern und anderen Motiven).

Zeitgeist

„Einsamer Baum“ (1822)

Darüber hinaus sind einige seiner Landschaftsbilder eine Allegorie auf die patriotische Stimmung um die Zeit der Befreiungskämpfe in den deutschen Staaten. Der Einsame Baum aus dem Jahre 1821 zum Beispiel, Synonym für Deutschland, ist durch die Besetzung der Franzosen beschädigt. In der Umgebung des Baumes deutet sich aber schon eine bessere Entwicklung an, zum Beispiel durch das aufgehende Tageslicht.

Die Bedeutung seiner Bilder kamen dem aktuellen deutschen Publikumsgeschmack entgegen, Friedrichs Bilder waren gefragt. Die Nachfrage nach seinen Werken besserte seine finanziellen Verhältnisse jedoch nur zeitweise auf. Nach den Befreiungskriegen schlug die patriotische Stimmung allerdings um in reaktionäres Verhalten der Regierungsverantwortlichen. Seine Bildthemen stießen daher später eher auf Ablehnung.

Die Bilder Friedrichs entstanden in einer Phase der Veränderungen Preußens: geistliche Gebiete wurden säkularisiert, Preußen unterlag Napoleon und wurde nach dem Wiener Kongress neu geordnet. Die folgende Zeit war gekennzeichnet durch Bemühungen zur Wiederherstellung der alten Zustände. Die Inhalte vieler Bilder wurden im Hinblick auf die damalige politische Situation Preußens oft als Allegorien verstanden.

Friedrichs Figuren sind in der alten deutschen Tracht gekleidet, für die auch der Rüganer Ernst Moritz Arndt in seiner Schrift „Über Sitte, Mode und Kleidertracht“ warb. Durch die deutsche Tracht drückte Friedrich seine politische Überzeugung aus: wie auch viele andere Vertreter akademischer Kreise hat er:

„…die Erinnerung an die Freiheitskriege und den politischen Enthusiasmus, an die Entwürfe für eine gerechtere soziale Ordnung, an die Verwirklichung einer demokratisch-republikanischen Ordnung festgehalten.“

Komposition

Die Anordnung der Bildgegenstände wirkt auf den ersten Blick natürlich und emotionalisiert zugleich. Vielen Bildern Friedrichs liegt ein strenges Kompositionsprinzip zugrunde, das W. Wolfradt als „hyperbolisches Schema“ bezeichnete. Der Horizont liegt fast immer in der vertikalen Bildmitte und dient als eine Art Spiegelungsachse. Außerdem gibt es häufig erkennbare vertikale Verläufe. Geometrische Dreiecke können entdeckt werden. Vordergrund und Hintergrund stehen in einem Verhältnis zueinander.

Rückenfiguren

Datei:Der Wanderer über dem Nebelmeer.jpg
Der Wanderer über dem Nebelmeer (ca. 1817)

Personen, die dem Rezipienten den Rücken zukehren, nehmen in den Ölbildern Friedrichs ab 1807 eine zentrale Position ein. Weil Caspar David Friedrich kein Meister darin war, Personen zu zeichnen, vermutet man heute, dass sein Freund Georg Friedrich Kersting einige Figuren auf Friedrichs Bildern gemalt hat. Diese Figuren kopierte Friedrich dann sogar in weitere Gemälde. Dies könnte der Grund für die Ähnlichkeit vieler Rückenpersonen sein.

Die Rückenpersonen sind allerdings keine Erfindungen Friedrichs. Sie haben eine bis in die Antike zurück gehende Tradition. Caspar David Friedrich setzte sie der überwältigenden Natur in seinen Bildern als Kontrast entgegen. Sie sind nicht als Bestandteil der Natur wahrzunehmen, sondern als der Natur untergeben und nicht zugehörig. Die Figuren sind fast immer einsame und isolierte Individualisten, in denen sich oft der Künstler selbst wiedererkennen lässt. In einem Brief an seine Frau thematisierte er seine Vereinsamung:

„Alles ist Stille-Stille-Stille um mich her; […] allein und immer allein; es tut mir wohl, aber immer möchte ich es nicht so haben.“

Auf Friedrichs Bildern befinden sich die Rückenfiguren meist in der Mitte, so dass sie den Fluchtpunkt verdecken. Dadurch wird der Betrachter animiert, sich in die Figur hinein zu versetzen und sich ebenfalls andächtig dem Naturereignis zu widmen.

Siehe auch: Beobachtung

Fazit

In seinen Gemälden erreichte Friedrich eine metaphysische Transparenz. Er malte akribisch genau, ergänzte und vertiefte seine Gemälde immer wieder. Dies führte manchmal dazu, dass er zur Fertigstellung eines Bildes mehrere Jahre brauchte. Typisch für die romantische Bewegung malte Friedrich Menschen immer als Silhouetten, als Staffagefiguren. Nur selten zeichnete er Gesichter.

Ohne Zweifel war Caspar David Friedrich einer der wichtigsten deutschen Vertreter der Romantik. Sein französischer Zeitgenosse, der Bildhauer David d'Angers, bezeichnete ihn einmal als den „Entdecker der Tragödie in der Landschaft“. Er gilt mit seinen einfühlsamen Stimmungsbildern zu verschiedenen Jahreszeiten und Tageszeiten als der bedeutendste Landschaftsmaler der Romantik.

Deutungen

„Kreuz an der Ostsee“

Zu Friedrichs Lebzeiten beschränkten sich Aussagen über seine Werke auf kurze und sachliche Besprechungen, so z. B. in Ausstellungsbesprechungen in Der Freimüthige oder im Journal des Luxus und der Moden. Manchmal wurde eine Todessehnsucht in seine Werke interpretiert oder Aussagen über das angeblich dargestellte jenseitige Leben getroffen. Sein Spätwerk wurde meist als originalsüchtig und idealistisch bezeichnet und damit degradiert. Einer der bedeutendsten Kritiker Friedrichs war Basilius von Ramdohr; dieser löste mit seiner Kritik an Friedrichs Tetschener Altar einen lang andauernden Kunststreit aus, der hauptsächlich in der Zeitung für die elegante Welt ausgetragen wurde.

Politischen Charakter erhielten Deutungen besonders während des zweiten Weltkrieges. Friedrich und sein Werk wurden für den Nationalsozialismus und die Rassenideologie missbraucht. Hier ist in erster Linie Kurt Karl Eberlein zu nennen. Während des Impressionismus richtete sich besondere Aufmerksamkeit auf Friedrichs Darstellung der Natur. Seine Landschaften waren laut Forschungen darauf ausgerichtet, menschliche Gefühle darzustellen und beim Betrachter bestimmte Emotionen auszulösen. Der allegorische und religiöse Charakter seiner Werke wurde nur von wenigen Autoren bemerkt.

Schwedenbezug

„Lebensstufen“

Friedrichs Geburtsort Greifswald gehörte von 1630 bis 1815 zu Schweden. 1824 gab er seinem Sohn den Namen des schwedischen Königs Gustav IV. Adolf. Das Gemälde Lebensstufen (1835) zeigt Friedrichs jüngere Tochter Agnes Adelheid und seinen Sohn Gustav Adolf mit einem schwedischen Fähnchen.

Der schwedische Literat Per Daniel Amadeus Atterbom schrieb über den Maler: „Friedrich ist Pommer… und hält sich für einen halben Schweden“ (in Reisebilder aus dem romantischen Deutschland, 1859).

Werke

Literatur

  • Werner Busch: Caspar David Friedrich. Ästhetik und Religion. CH Beck, München 2003, ISBN 3-40-650308-X
  • Herbert von Einem: Bildband über Caspar David Friedrich. 2. Auflage, Rembrandt-Verlag, Berlin 1938; 3. Auflage, Verlag Konrad Lemmer, Berlin (ohne Jahresangabe)
  • Helmut Börsch-Supan & Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen. Prestel Verlag, München 1973. (Werkeverzeichnis Friedrichs mit Biographie).
  • Helmut Börsch-Supan: Caspar David Friedrich. Prestel Verlag, München 2005, ISBN 3-79-133333-X
  • Sabine Rewald (Herausgeberin): Caspar David Friedrich. Gemälde und Zeichnungen aus der UdSSR. Verlag Schirmer/Mosel München-Paris-London 1991, ISBN 3-88814-420-5 (120 Seiten, 28 Farbtafeln, 41 Abbildungen, übersetzter Austellungskatalog des Metropolitan Museum of Art in New York)
  • Herrmann Zschoche (Herausgeber): Caspar David Friedrich. Die Briefe. 2. Auflage, ConferencePoint Verlag Hamburg 2005, ISBN 3-936406-12-X
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