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Gemeinschaftsschule auf dem Campus Rütli

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Vorlage:Schule

Die Rütli-Schule ist eine Hauptschule in Berlin-Neukölln. Sie hat zurzeit 267 Schüler (2005/2006). Die Schule wurde bundesweit bekannt, als Lehrer im März 2006 der Senatsverwaltung Berlin in einem Brandbrief angeblich die Auflösung der Schule in dieser Zusammensetzung verlangten, weil sie der Gewalt durch Schüler nicht mehr standhalten können. Dies führte zu einer innenpolitischen Debatte über das Schulsystem in Deutschland, der Gewalt an Schulen und der Integration von Immigrantenkindern.

Geschichte

Die Schule wurde nach etwa anderthalbjährigem Bau am 7. Oktober 1909 eröffnet. Während des Ersten Weltkriegs diente das Schulgebäude als Kaserne; erst nach Ende des Krieges wurde der Lehrbetrieb am 21. Januar 1920 wieder aufgenommen. 1921 besuchten 1.400 Schüler die Lehranstalt. Die linke Reform-Modellanstalt erhielt im April 1923 offiziell die Erlaubnis als weltliche Gemeinschaftsschule zu wirken, wodurch der Religionsunterricht wegfiel und Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichtet wurden. Von 1928 bis 1934 besuchte der spätere antifaschistische Widerstandskämpfer Hanno Günther die Rütli-Schule.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die Schule auf Grund ihres Charakters geschlossen. Einige Schüler schlossen sich zu einer antifaschistischen Widerstandsorganisation zusammen, welche am 28. Juli 1941 von der Gestapo ausgehoben wurde. Die Mitglieder der Gruppe wurden im Dezember des selben Jahres hingerichtet. Ab 1943 war in der Schule ein Lazarett eingerichtet.

Gedenktafel

Als Schule wurde das Gebäude ab Juni 1945 wieder in Betrieb genommen. 1960 wurde die Schule offiziell nach dem Namen der benachbarten Straße, die nach dem schweizerischen Rütli benannt ist, in Rütli-Oberschule umbenannt. Ab 1966 war es in der Hauptschule möglich, eine freiwillige zehnte Klasse zu absolvieren, welche 1979 zur Pflicht wurde und die Möglichkeit eines Realschulabschlusses eröffnete.

Der Schulhof wurde 1992 neu gestaltet. 1994 renovierten die Schüler zusammen mit ihren Lehrern die Klassenräume und Toiletten in Eigeninitiative. Im Jahre 2001 wurden die Toiletten professionell renoviert und seitdem per Schlüssel verwaltet. 2003/2004 wurden Teile der Fassade und die Turnhallen von außen renoviert.

Das Schulmuseum entstand in Zusammenarbeit mit dem Künstler Günter Evertz. Neben Fachräumen für Bildende Kunst, Chemie, Musik und Physik verfügt die Schule über eine Schulküche, zwei PC-Räume und drei Turnhallen.

Im Schuljahr 2005/2006 gab es 13 Klassen mit 142 Jungen und 126 Mädchen. Von den Schülern sind etwa 35 Prozent arabischer, 25 Prozent türkischer und nur 17 Prozent deutscher Herkunft. Über 80 Prozent der Schüler sind Muslime. Unter diesen Bedingungen ist die Integration, wie an vielen anderen Schulen, erschwert – die Eberhard-Klein-Schule in Berlin-Kreuzberg hat seit 2004 keine Schüler mehr, deren Muttersprache Deutsch ist.

Bereits 2004 berichtete die Rektorin der Schule, Brigitte Pick, in der Presse, dass die multikulturellen Integrationsversuche zu scheitern drohen („Ich sehe eine große Verzweiflung bei den Lehrern.“) Sie selbst sei auch bedroht worden (Drohbrief, „Islam siegt“). [1]

Brandbrief 2006

Im März 2006 gelangte die Schule in die Schlagzeilen, da die Lehrer die Auflösung der Schule gefordert hätten. Dies wurde später als unwahr dementiert, vielmehr hätten die Lehrer vom Senat eine Lösung des Gewaltproblems an der Schule und die Überführung der Schule in eine andere Schulform gefordert.

Rütli-Schule

Der Berliner Senator für Bildung, Jugend und Sport, Klaus Böger, sagte, dass kein Schulstandort Berlins aufgegeben werden dürfe. Dafür stehe den Lehrern Polizeischutz zur Verfügung, um angemessenen Unterricht aufnehmen zu können. In einem Interview mit dem Sender RBB erklärten die Verantwortlichen, dass künftig drei Sozialbetreuer helfen würden, die Probleme in den Griff zu bekommen.

Laut der früheren Leiterin Brigitte Pick „liegt das eigentliche Problem weder in der arabischen, türkischen oder serbischen, sondern in der sozialen Herkunft der Schüler und ihren mangelnden Perspektiven. So hat im letzten Schuljahr kein Schüler einen Ausbildungsplatz erhalten. Auf der anderen Seite versagt die Lehrerbildung, die die künftigen Lehrer nicht auf die soziale Wirklichkeit vorbereitet.[2]

Anfang April 2006 baten der neue Rektor Helmut Hochschild und die Schulsprecherin Katrin El-Mahmout Medien und Politiker darum, die Schule weder in den beginnenden Wahlkampf Berlins hineinzuziehen, noch die Einrichtung als "Hass-Schule" zu bezeichnen. [3] Insbesondere wurden auch Vorwürfe laut, Journalisten hätten Schüler für die Darstellung von Gewaltszenen bezahlt. [4]

Bekannte Schüler

  • Hanno Günther, Schüler ab 1928, deutscher kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus
  • Horst Bosetzky, Schüler von 1946-51, bekannter Berliner Kriminalschriftsteller (-ky)

Literatur

  • Festschrift 75 Jahre Rütli-Schule, 1. Aufl., Berlin-Neukölln: Rütli-Oberschule, 1984, 93 S.

Quellen

  1. taz Berlin, 8. März 2004: Islam im Klassentest – reden oder regulieren?
  2. SPIEGEL, 3. April 2006: Rütli-Rektorin verdammt „Schulsystem aus dem Kaiserreich“
  3. Telepolis, 8. April 2006: Terrorschule oder Medienterror?
  4. taz Berlin, 5. April 2006: "Das ist Medienterror"

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