Benutzer:Petermichaelgenner/Spielwiese
Operndaten | |
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Titel: | Una cosa rara |
![]() Titelblatt des Librettos, Wien 1786 | |
Form: | Dramma giocoso in zwei Akten |
Originalsprache: | Italienisch |
Musik: | Vicente Martín y Soler[1] |
Libretto: | Lorenzo Da Ponte |
Uraufführung: | 17. November 1786 |
Ort der Uraufführung: | Theater nächst der Burg, Wien |
Spieldauer: | gegen 3 Stunden |
Ort und Zeit der Handlung: | Adra, Dorf in der Sierra Morena (Kastilien), 1490-er Jahre |
Personen | |
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Una cosa rara o sia Bellezza ed onestà (Der seltene Fall oder Schönheit und Tugend) ist die zweite von fünf Opere buffe, die aus der Zusammenarbeit des Venezianers Lorenzo Da Ponte (Libretto) und des Valencianers Vicente Martín y Soler (Musik) hervorgingen. Die Uraufführung fand 1786 in Wien statt. Obwohl einer der größten Bühnenerfolge, geriet das Werk später für lange Zeit in Vergessenheit.[5] 1819 schrieb Ludwig Börne über Una cosa rara:
„Eine Musik aus der guten alten Zeit, die wir kaum genug mehr kennen, um sie zu beweinen. Wie wohlthuend ist sie! Die Empfindung fließt zwischen blumigen Wiesen heiter fort, tief und bewegt genug, das Herz zu tragen, nicht so stürmisch, um es unterzusenken.“[6]
Entstehung

Das Werk entstand im Auftrag Kaiser Josephs II., der das Theater nächst der Burg persönlich leitete. Nach eigenen Angaben wählte Da Ponte dem Komponisten und dessen Protektorin, der spanischen Botschaftersgattin Marquesa de Llano, zuliebe einen Stoff aus deren Heimat[7] – die Komödie La luna de la Sierra (Der Mond des Gebirges) von Luis Vélez de Guevara[8]. Vielleicht spielte dabei auch eine Rolle, dass sich Joseph II. zu Mädchen aus dem Volk hingezogen fühlte.[9] Das Libretto stellte Da Ponte unter das Motto: „Rara est concordia formæ atque pudicitiæ.“[10]
Die schöne Lilla, welche der Werbung des Infanten Giovanni widersteht, wurde von Nancy Storace (1765–1817) verkörpert. Da Ponte schreibt von der Schwester des Komponisten Stephen Storace: „Sie war in ihrer Blüte und das ganze Entzücken Wiens.“[11] Er und Martín hätten nur dreißig Tage gebraucht, um Una cosa rara o sia Bellezza ed onestà (Eine seltene Sache oder Schönheit und Tugend) fertigzustellen.
Erfolg

Nancy Storace, 1788.
Laut Da Ponte hatte Wien vielleicht nie zuvor „eine so reizende, so ansprechende, so neue und so volkstümliche Musik“ gehört.[12] Das Publikum habe vor Vergnügen geschrien, der Kaiser entgegen der Hausordnung die Wiederholung des Duetts („Pace, mio caro sposo“[13]) verlangt. Die Frauen hätten sich alla Cosa rara gekleidet und Martín, aber auch ihn selbst vergöttert. Da Ponte fährt fort: „Wir hätten mehr Liebesabenteuer haben können als alle fahrenden Ritter der Tafelrunde (…) Das Spanierlein[14] (…) profitierte davon auf jede Weise.“[15] In Wien wurde Una cosa rara binnen fünf Jahren 55mal in der Originalfassung und 87mal in deutscher Übersetzung aufgeführt. In Italien allein gab es im selben Zeitraum Aufführungen in 29 Städten.[16] Mozart, dessen Nozze di Figaro von Martíns Oper aus dem Spielplan des Burgtheaters verdrängt wurden[17], zitiert eine Melodie aus dem Finale des ersten Aktes[18] im Finale des zweiten Aktes seines Don Giovanni. 1790 schrieben Emanuel Schikaneder (Libretto) und Benedikt Schak (Musik) unter dem Titel Der Fall ist noch weit seltner oder Die geplagten Ehemänner eine deutschsprachige Fortsetzung.
Handlung
Erster Akt
Szenen 1–5 (Große Ebene)


Bei der Rückkehr von der Eberjagd trifft Königin Isabella mit ihrem Sohn Giovanni zusammen. Da stürzt Lilla herbei und fleht um Hilfe: Sie liebt den Hirten Lubino, doch ihr Bruder Tita (der die Vormundschaft über sie ausübt) will sie noch heute mit dem Podestà des Dorfes, Lisargo, verheiraten. Er hat sie ins Haus gesperrt, worauf sie vom Balkon gesprungen ist. Die Königin betraut den Gran Scudiere Corrado mit der Lösung des Konflikts. Dies zum Leidwesen des Infanten, der vom Anblick Lillas überwältigt ist. Er fragt Corrado, ob er jemals ein schöneres Mädchen gesehen habe. Dieser antwortet: „Keine Schönheit Spaniens kommt ihr gleich.“[19] Erfolglos versucht der Infant, mit Lilla zu flirten. Als ihn Corrado deswegen zurechtweist, sagt er zu ihr, mit diesem Alten werde sie Ärger haben, er sei hässlich und langweilig.[20] Nachdem die beiden gegangen sind, singt der Infant:
„Weißer als eine Lilie,
Frischer als eine Rose,
Ein schönes Auge, eine schöne Braue,
Lebhaft, anmutig –
Wird Lilla ihre Hand
Einem vom Dorf reichen?
Grausame Sterne,
Wäre ich nur nicht, der ich bin …
Aber so seltene Schönheit
Ist kostbarer als ein Thron.“[21]
Szenen 6–12 (Straße)
Vor dem Haus, wo Lilla von ihrem Bruder Tita eingesperrt worden ist, beschuldigen sich dieser und seine Geliebte Ghita gegenseitig der Untreue. Dies, obwohl die beiden heute gleichzeitig mit dem Podestà und Lilla heiraten sollen. Da erscheint Lubino und singt:
„Meine Lilla, wohin bist du gegangen?
Schöne Lilla, wo bist du?
Versteck dich nicht, o mein Leben,
O schöne Sonne meiner Augen!
Ohne dich kann ich nicht leben,
Ich werde ohne dich sterben.
Wo bist, meine liebe Lilla?
Liebe Lilla, komm zu mir!“[22]
Als er Tita in die Mangel nimmt, gesteht dieser, die Schwester eingesperrt zu haben. Darauf verschafft sich Lubino gewaltsam Zutritt zum Haus. Dort findet er Lilla aber nicht, sondern nur ihren Schleier, den sie beim Sprung vom Balkon verloren hat. Er fürchtet, sie sei dabei zu Schaden gekommen, und schwört Tita und dem Podestà, die in der Zwischenzeit geflohen sind, in komischer Übertreibung Rache:
„Ich will aus den verfluchten Eingeweiden
Den Gottlosen das Herz reißen.
Ich will sie in tausend Stücke schlagen
und den Hunden zum Fraß vorwerfen
Ihre Knochen und ihr Fleisch. (…)“[23]
Nur Ghitas Dazwischentreten bewahrt Tita davon, erschlagen zu werden. Aus Mitleid mit Lubino, den der Podestà verhaften lässt, aber auch aus Angst vor dem Zorn der Königin, bittet Ghita Tita, der Schwester die Wahl ihres Gatten zu überlassen. Wie Zerlina im Don Giovanni von Da Ponte und Mozart (1787)[24] lockt sie den gedehmütigen Geliebten mit Liebesfreuden:
„(…) In einem Augenblick
Bin ich wieder Honig,
Und heute noch
Sollst du davon kosten. (…)“[25]
Wie Tita dem Publikum gesteht, macht sie ihn dadurch wieder „zum Schäfchen, ja zu Kaninchen“.[26]
Szenen 13–18 (Vorsaal)
Ghita eilt zur Königin, um Lilla beizustehen. Doch die ehemalige Freundin wirft ihr vor, aus Neid auf ihre Schönheit ihre Beziehung zerstört zu haben. Die Königin nimmt Ghita in Schutz und stellt Lilla die Erfüllung ihrer Wünsche in Aussicht. Diese aber glaubt, den Geliebten verloren zu haben, und singt:
„Süß schien mir einst,
Einst gefiel mir die Liebe,
Doch so es ist nicht mehr,
Doch sie gefällt mir nicht mehr.
So lange ich bei dir lebte,
Mein lieber Guter,
Und dich voller Liebe
Zu mir hingezogen sah,
Süß war mir da,
Da gefiel mir die Liebe,
Doch so es ist nicht mehr,
Doch sie gefällt mir nicht mehr.“[27]
Obwohl der Gran Scudiere trotz seiner Alters selber vor Begierde nach Lilla zittert, soll er sie überreden, die Geliebte seines Herrn zu werden. Als sie ihm sagt, sie liebe den Infanten nicht, zeigt sich dieser selbst und droht, er könne auch mit Gewalt haben, worum er jetzt als Gunst bitte.[28] Dann bittet er Lilla die Stellung einer Mätresse an:
„(…) ich protegiere Lubino und mache,
Dass ihr juwelengeschmückt durch Madrid fahrt,
Mit einer schönen Equipage,
Mit Fourieren und Stallmeistern, und man
Auf euch als die Freundin des Prinzen zeigt.“[29]
Lilla versteckt sich, als Lubino dazutritt. Er bittet zuerst den Infanten, dann die Königin um Hilfe. Ghita bringt Tita. Die Königin befiehlt, Lubino freizulassen. Lilla kommt aus ihrem Versteck hervor. Corrado berichtet dem misstrauischen Lubino, dass Lilla ihm treu geblieben sei. Die Königin ordnet eine Doppelhochzeit an: Lubino soll Lilla, Tita und Ghita heiraten. Allen wird vergeben.
Zweiter Akt
Szenen 1–6 (Zimmer in Bauernhaus)
Lubino und Tita gehen weg, ohne ihren Bräuten zu verraten, dass sie Hochzeitgeschenke kaufen wollen. Vom Infanten bestochen, versucht Ghita, Lilla zu überreden, dessen Geliebte zu werden. Sie werde dafür fürstlich belohnt, und den Bräutigam verliere sie dadurch nicht. Auch Corrado drängt Lilla, den Infanten zu erhören. Doch die Schöne bleibt fest in ihrer Liebe zu Lubino.
Szenen 7–10 (Vorsaal zu ebener Erde)
Der Infant bittet die Königin um Erlaubnis, der Hochzeit beizuwohnen. Lubino und Tita zeigen Isabella die Geschenke, welche sie ihren Bräuten gekauft haben. Die Königin überreicht diese Lilla and Ghita.
Szenen 11–19 (Straße)
Der Anfang des erwähnten Duetts lautet (Lilla und Lubimo singen abwechslungsweise je eine Zeile):
„Friede, mein lieber Bräutigam.
Friede, meine süße Liebe.
Bist du auch nicht mehr eifersüchtig?
Nein, bestimmt nicht, mein Herz.
Bist du mir immer …
… gut.
Wirst du mich immer …
… lieben.
Bin ich deine einzige …
… Hoffnung.
Und ich bleibe dir …
… treu.“[30]
Dann singen beide zusammen:
„Komm in meine Arme,
Drück mich an dich, Schatz,
Du bist meine Seele,
An deiner Brust will ich sterben.“[31]
Der Prinz droht Lilla schließlich, dass er das, um was er sie bitte – das Recht der der ersten Nacht nämlich –, auch mit Gewalt bekommen könne.[32]
Szenen 20–23 (Landschaft)

Der Infant und Corrado diskutieren über die Zurückweisung des Ersteren durch Lilla. Lilla und Ghita suchen nach Lubino und Tita, die sich verspätet haben. Im Dunkeln sehen sie zwei Gestalten, die sie für Lubino and Tita halten. Doch bald entdecken sie, dass es sich um den Infanten und Corrado handelt. In diesem Moment erscheinen Lubino and Tita und schöpfen Verdacht. (Szene …)
Später am Abend äußern sie ihren Verdacht, den die Mädchen heftig als grundlos bezeichnen. Als alle Zweifel ausgeräumt sind, kommt der Infant, um Lilla ein Ständchen zu bringen. Es folgt eine Konfrontation. Der Podestà greift ein, damit sich der Infant nicht kompromittiert. Dieser versteckt sich und feuert seine Pistole ab, um seine Verfolger loszuwerden. Lubino and Tita greifen den Podestà an, unterstützt durch Lilla und Ghita. Der Infant zeigt sich, um Frieden zu stiften. Tita entfernt sich ärgerlich, gefolgt von Ghita. (Szene …)
Nachdem er er die Geschenke des Infanten gefunden hat, bleibt Tita misstrauisch. Er versucht, Lubino gegen Lilla einzunehmen. Lubino bleibt aber standhaft. Indessen überzeugt ihn Tita, bei der Königin Recht zu suchen. Lubino fragt, wer seine Verlobte zu verführen suche. Der Infant bittet Corrado, die Wahrheit zu verschweigen. Darauf nimmmt Corrado die Schuld auf sich. Die Königin entlässt ihn und verurteilt ihn zur Verbannung. (Szene …)
Lilla and Ghita kommen und danken der Königin dafür, dass diese ihre Ehre verteidigt hat. Die Königin nimmt mit allen Feierlichkeiten auf die Jagd wieder auf. (Szene …)
Zitate
Ghitta vertritt die Meinung, das 18. Jahrhundert sei das Jahrhundert der Frauen[33]:
„(…) In diesem Jahrhundert
Seid ihr geboren,
Um euch von den Männern
Gehörig bedienen zu lassen.“[34]
Lilla aber widerspricht ihr, mit zwei verschiedenen Bedeutungen des Wortes „ben(e)“ spielend:
„(…) In jedem Jahrhundert
Seid ihr geboren,
Um gut über die Männer
Als Eigentum behandeln zu lassen.“[35]
Kommentar
Die scheinbar triviale Geschichte hat bei genauerem Hinsehen eine politische Dimension wie die Libretti, die Da Ponte 1786/87 für Mozart schrieb: Die Tugendheldin ist ein Mädchen aus dem Volk wie Susanna in Le nozze di Figaro und Zerlina in Don Giovanni, der Bösewicht ein Adliger wie Graf Almaviva und Don Giovanni, ja sogar ein Königssohn.
Literatur
- N. N. P. A.[36] (Lorenzo Da Ponte): Una cosa rara o sia Bellezza ed onestà. Dramma giocoso in due atti. Da rappresentarsi nel teatro di corte l’anno 1786. In Vienna, Giuseppe nob. de Kurzbek (…) (Digitalisat )
- Der seltene Fall, oder Schönheit und Tugend (…) übers. u. bearb. v. Ferdinand Eberl. Johann Baptist Wallishausser, Wien 1789. (Digitalisat )
- La cosa rara (…) As performed at the King’s Theatre (…) under the direction of Mr. Mazzinghi. C. Etherington, London 1789. (Digitalisat )
- Memorie di Lorenzo Da Ponte, da Cèneda. Scritte da esso. 2. Ausgabe, 1. Band, Teil 2, Lorenzo Da Ponte, Nuova-Jork 1829 (Digitalisat ); 2. Band, Teil 1, Lorenzo Da Ponte, Nuova-Jork 1829 (Digitalisat ).
- Dorothea Eva Link: The Da Ponte Operas of Vicente Martín y Soler. Dissertation University of Toronto, 1991. University of Michigan Dissertation Services, Ann Arbor 2004.
- Christine Martin: Vicente Martín y Solers Oper „Una cosa rara“. Geschichte eines Opernerfolgs im 18. Jahrhundert. Dissertation Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main 2000. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2001, ISBN 3-487-11467-4.
- Leonardo J. Waisman: Vicente Martín y Soler. Un músico español en el Clasicismo europeo. Con un capítulo sobre ballet de Angela Romagnoli[37]. (Colección Música Hispana Textos, Biografías 16) Instituto Complutense de Ciencias Musicales, Madrid (2007), ISBN 978-84-89457-35-5, S. 73–80, 277–315 et passim.
- Christine Martin: (K)ein seltener Fall. Vicente Martín y Solers Oper „Una cosa rara“. Zur Rekonstruktion ihrer Wirkungsgeschichte anhand musikalischer Quellen. In Hans-Joachim Hinrichsen, Klaus Pietschmann (Hrsg.): Jenseits der Bühne, Bearbeitungs- und Rezeptionsformen der Oper im 19. und 20. Jahrhundert, Tagungsbericht Zürich 2007 (Schweizer Beiträge zur Musikforschung 15), Bärenreiter, Kassel 2010, ISBN 978-3-7618-2199-2, S. 48–61.
Diskografie
- Le Concert des Nations, Jordi Savall. Astrée (1991).
- Teatro La Fenice, Giancarlo Andretta. Mondo Musica (1999).
- Harmoniemusik: Moonwinds, Joan Enric Lluna. Harmonia Mundi (2008).
Weblinks
- Volltext des Librettos auf www.opera-arias.com (Digitalisat )
Diskografie
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Libretto: „La Musica è del Signor Vincenzio (sic) Martin, M(aestro) di Cap(pella) all’attual servizio di S(ua) A(ltezza) R(eale) il Principe d’Asturias (der spätere König Karl IV. von Spanien).“
- ↑ In den deutschsprachigen Libretti als „Oberstallmeister“ bzw. „oberster Waffenträger“ übersetzt. Der Prinz bezeichnet Corrado als alt, hässlich, langweilig und angsteinflößend:
„(…) con questo vecchio,
Lilla, starete male,
È brutto, è seccatore;
Fà paura a vederlo.“ (1. Akt, Szene 5) - ↑ Das Libretto bezeichnet Lilla und Ghita in Angleichung an das Spanische als „Serrane“, Lubino und Tita als „Serrani“.
- ↑ Spanisch Alcalde.
- ↑ Ein möglicher Grund ist neben der Dominanz Mozarts die Abkehr vom Fortschrittsoptimismus und vom Kosmopolitismus der Aufklärungszeit nach der Französischen Revolution und dem Ausbruch der Koalitionskriege.
- ↑ Ludwig Börne: Sämtliche Schriften. Hrsg. v. Inge u. Peter Rippmann. Band 1, Darmstadt 1964, S. 381 ff.
- ↑ Memorie di Lorenzo Da Ponte (…) 2. Ausgabe, 1. Band, Teil 2, Nuova-Jork 1829, S. 90 „(…) per piacere sì a lui che all’Ambascatrice di Spagna sua protettrice, pensai di sceglier un soggietto Spagnuolo (…)“
- ↑ Comedia famosa de la luna de la Sierra. In: Doze comedias las mas grandiosas que hasta aora han salido, de los mejores, y más insignes poetas, Lisboa 1653, S. 175–222 (Digitalisat ). Da Ponte schrieb das Stück irrtümlich Calderón zu.
- ↑ Vgl. Gustav Gugitz: Josef II. und die Frauen, in: Neues Wiener Tagblatt, 27. Januar 1935, S. 23 f.; 3. Februar 1935, S. 23.
- ↑ „Die Verbindung von Schönheit und Tugend ist eine seltene Sache.“ (Decimus Iunius Iuvenalis: Saturae, Liber IV, Satura X, 297 f.)
- ↑ Memorie di Lorenzo Da Ponte (…) 2. Ausgabe, 1. Band, Teil 2, Nuova-Jork 1829, S, 56: „era nel suo fiore, e tutta la delizia di Vienna,“
- ↑ Memorie di Lorenzo Da Ponte (…) 2. Ausgabe, 1. Band, Teil 2, Nuova-Jork 1829, S. 92: „una musica sì vaga, sì amena, sì nova, e sì popolare“.
- ↑ Lilla und Lubin, 2. Akt, Szene 15. Das Duett ist auf dem Porträt Martíns von Jakob Adam nach Joseph Kreutzinger unten links wiedergegeben. Karl Graf Zinzendorf bezeichnete es in seinen Tagebüchern als wollüstig, ja jugendgefährdend (Dorothea Link: The National Court Theatre in Mozart’s Vienna, Sources and Documents, Clarendon Press, Oxford 1998, S. 282–286).
- ↑ Offenbar war Martín kleingewachsen.
- ↑ Memorie di Lorenzo Da Ponte (…) 2. Ausgabe, 1. Band, Teil 2, Nuova-Jork 1829, S. 96: „Noi avremmo potuto avere più avventure amorose che non ebbero tutti i Cavalieri eranti della tavola rotonda (…) Lo Spagnoletto (…) ne profittò in tutti i modi.“
- ↑ Christine Martin: Vicente Martín y Solers Oper „Una cosa rara“. (…) Hildesheim 2001, S. 111, 114, 117 f.
- ↑ Le nozze di Figaro brachten es nur auf neun Aufführungen, wovon eine einzige nach dem 7. November. Dies, obwohl die weibliche Hauptrolle (Susanna) ebenfalls mit Nancy Storace besetzt war.
- ↑ „O quanto un sì bel giubilo“ (1. Akt, Szene 23).
- ↑ „Non ha beltà la Spagna uguale a lei.“ (1. Akt, Szene 4)
- ↑ „(…) con questo vecchio,
Lilla, starete male;
E brutto, è seccatore (…)“ - ↑ „Più bianca del giglio,
Più fresca di rosa,
Bell’occhio, bel ciglio,
Vivace, graziosa –
La mano a un villano
La Lilla darà?
Almen, crude stelle,
Non fossi chi sono …
Ma val più d’un trono
Si rara beltà.“ (1. Akt, Szene 5) - ↑ „Lilla mia, dove sei gita?
Lilla bella, dove sei?
Non t’asconder, o mia vita,
O bel sol degli occhi miei!
Senza te non posso vivere,
Morirò senza di te.
Dove sei, mia cara Lilla?
Lilla cara, vieni a me!“ (1. Akt, Szene 7) - ↑ „Vo da l’infami viscere
Strappar agli empi il cor.
Vo farli a brani, a brani
E dar per cibo ai cani
L’ossa e le carni lor. (…)“ (1. Akt, Szene 9) - ↑ „Vedrai, carino“: 2. Akt, Szene 6.
- ↑ „(…) In un momento
Di mele io torno,
E in questo giorno
L’hai da provar. (…)“ („Purché tu m’ami“: 1. Akt, Szene 11.) - ↑ „(…) Un agnello divento, anzi un coniglio (…)“ (2. Akt, Szene 12)
- ↑ „Dolce mi parve un dì,
Un dì mi piacque amor,
Ma non è più così,
Ma non mi piace ancor.
Finchè vicino a te
Vivea, mio caro ben,
Ch’io ti vedea per me
Languir d’amor ripien,
Dolce mi fù quel dì,
Quel dì mi piacque amor,
Ma non è più così,
Ma non mi piace ancor.“ (1. Akt, Szene 14) - ↑ „Ma sapete, ch’io posso
A forza aver quel che per grazia or chiedo.“ (1. Akt, Szene 14) - ↑ „(…) Proteggerò Lubin, farò che andiate
Per le vie di Madrid ricca di gemme,
Con un bell’equipaggio,
Con forieri e stallier, mostrata a ditto
Per l’amica del Prence (…)“ (1. Akt, Szene 14) - ↑ „Pace, caro mio sposo.
Pace, mio dolce amore.
Non sarai più geloso?
No, non sarò, mio core.
Mi vorrai sempre …
… bene.
Mi sarai sempre …
… amante.
Son la tua sola …
… speme.
Ti serberai …
… costante.“ - ↑ „Vieni tra i lacci miei,
Stringi, mio caro ben,
L’anima mia tu sei,
Ti vo morir nel sen.“ (2. Akt, Szene 15) - ↑ „(…) sapete, ch’io posso
A forza aver quel che per grazia or chiedo.“ (1. Akt, Szene 14) - ↑ Vgl. Edmond und Jules de Goncourt: La femme au dix-huitième siècle. Paris 1862.
- ↑ „{…) In questo secolo
Voi siete nate
Per ben dagli uomini
Farvi servir.“ (2. Akt, Szene 3) - ↑ „(…) In ogni secolo
Voi siete nate
Per ben degli uomini
Farvi sentir.“ (2. Akt, Szene 4) - ↑ Um seinen Gegnern Abate Casti und Graf Rosenberg einen Streich zu spielen, versteckte sich Da Ponte im verkäuflichen Teil der Auflage hinter diesem Akronym (Memorie di Lorenzo Da Ponte (…) 2. Ausgabe, 1. Band, Teil 2, Nuova-Jork 1829, S. 93 f.). Es meint: „nomen nominandum poetae arcani“ („Hier ist der Name des anonymen Dichters einzusetzen“).
- ↑ S. 471–534.
Kategorie:Oper nach Titel
Kategorie:Oper aus dem 18. Jahrhundert
Kategorie:Oper in italienischer Sprache
Kategorie:Opera buffa
Kategorie:Musik 1786
Gefecht bei Schindellegi
Nach einem Kritiker Paul Stygers
Ein anonymer Kritiker Paul Stygers[1] lässt diesen streitbaren Kapuzinerpater am Gefecht bei Wollerau teilnehmen. Dahinter ist aber wohl ein Fragezeichen zu setzen, da Styger noch am Vortag dabei gewesen war, als die Schwyzer einige Stunden lang Luzern besetzt gehalten hatten. Der Autor schreibt: „Den 30ten (…) griffen die Franken die bey Wollrau vereinigten Schweizer und Glarner mit einem heftigen Feuer aus dem kleinen Gewehr an, sie wurden aber im Beyseyn des Pater Pauls mit beträchtlichem Verlurst bis an den Grenzbach bey Rychtenschwyl zurückgeschlagen; allein die Schweizer (lies: Glarner) wurden durch unvermuthetete Kartetschenschüsse gezwungen, sich auf ihre vorigen Positionen bey Wollrau zu begeben.“ Den Rückzug der Glarner aus Wollerau verschiebt der Autor um einen Tag auf den 1. Mai und fährt fort: „die sich allein überlaßnen Schweizer zogen sich sam dem Pater Paul auf die Schindellegi zurück; indessen giengen die Franken durch die sogenannten Höf gegen dem Ezel zu (…)“[2]
Nach Zschokke
Wie der mit Reding befreundete, aber im Dienst der Helvetischen Republik stehende approbierte lutherische Prediger[3] Heinrich Zschokke[4] in seiner Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone schreibt, war Wollerau der Ort, wo man den Angriff der Franzosen am wenigsten erwartet hatte.[5] Zschokke überliefert die Anekdote, wonach der verblutende Hauptmann Hauser von Näfels von einem französischen Offizier (Fressinet) für einen Landsmann gehalten, aufgehoben und mit den Worten „Muth, Kamerad, Muth!“ getröstet worden sei, worauf Hauser geantwortet habe: „es fehlt mir nicht an Muth, nur an Kräften.“ Auf Anordnung des Franzosen sei er dann in Wädenswil gesund gepflegt worden.[6]
Scharf klagt der Autor sodann den Benediktinerpater an, der die Verteidiger des Etzels kommandiert hatte: „(…) als der infame Pfarrer von Einsiedlen Marian Herzog die Franken vom weiten anrücken sah, verließ er mit seinem vielen Volk und Kanonen diesen unüberwindlichen Paß auf die schändlichste Weise, obschon er den Schweizern mit einem theuern Eyd versprochen hatte, denselben bis auf den letzten Mann zu vertheidigen.“ Dem Autor zufolge wehrten die Schwyzer bei Schindellegi einen Angriff der Franzosen ab, doch sei ihnen dann hinterbracht worden, „daß der meineydige Pfarrer von Einsiedlen den Franken, ohne einige Gegenwehr den Ezel eingeräumt habe, und daß selbige Einsiedlen wirklich besetzt hätten“. Der Autor fuhr fort: „Aus Furcht, sie möchten von ihren Waffenbrüdern, welche beym Rothenthurn lagen, gänzlich abgeschnitten werden, mußten sie ihre vortheilhafte Position an der Schindellegi verlassen, und sich samt ihren Kanonen über die Altmatt gegen den Rothenthurm zurückziehen.“[7]
approbierte lutherische Prediger[8]
Die revolutionären Anfänge der Kantonsschule Aarau

Die älteste nichtkirchliche Mittelschule der Schweiz wurde von Privaten als Kaderschmiede der Helvetischen Revolution gestiftet. Den Lehrplan bestimmten Postulate der Aufklärung, der Unterricht war antiautoritär. Die meisten Lehrer, worunter die Pestalozzianer Georg Franz Hofmann und Andreas Moser sowie der bedeutende Mathematiker Johann Christian Martin Bartels, stammten aus Deutschland, die meisten Schüler von ausserhalb des neu gegründeten Kantons Aargau, namentlich aus dem Kanton Léman. Schon im Jahr ihrer Gründung wurde die Schule Opfer einer Hexenjagd gegen angebliche Illuminaten. Nach der Auflösung der Helvetischen Republik durch Napoleon wurde sie durch den deutschen Nationalisten Ernst August Evers in ein Gymnasium verwandelt, wobei die verbliebenen Lehrer vertrieben wurden und die Zahl der Schüler auf ein Drittel zurückging. Die Geschichte ihrer Gründung wurde umgeschrieben, die revolutionären Anfänge totgeschwiegen, der Philanthrop Johann Rudolf Meyer Vater als Gründer, Evers als Retter der Schule dargestellt.
Aaraus Stadtschulen emanzipieren sich
Realien statt toter Sprachen (1787–1798)
Aaraus Knaben besuchten Ende des 18. Jahrhunderts gewöhnlich neun Jahre die Stadtschulen. Deren Oberstufe stand (abgesehen vom Religionsunterricht) noch immer unter dem Einfluss des Deutschen Humanismus. Da die Unternehmer der Stadt ihre Söhne aber nicht mehr wie künftige Geistliche ausbilden lassen wollten, teilte die Schulordnung von 1787 die Oberstufe auf: In der lateinischen Schule, die auf den Besuch der Hohen Schule in Bern vorbereitete, gab es ausser den alten Sprachen einzig die Fächer Geografie und Geschichte. Ein Jahr später hatte diese Schule nur noch zwei Schüler, was auch am Lehrer lag. An der neu eröffneten Realschule dagegen wurden Vernunftlehre, Naturlehre, Politik (Geschichte, Geografie), Statistik (Staatskunde) und Mathematik unterrichtet, wenn auch an erster Stelle immer noch die Religion stand. Die deutsche Sprache kam endlich zu ihrem Recht, doch wurde das Aufsatzschreiben an den Schreib- und Zeichenmeister delegiert. Französischunterricht erteilte – falls überhaupt – der Unterstufenlehrer. Von Opposition gegen die Herrschaft Berns, dessen Werkzeug die reformierte Staatskirche war, zeugt der Beschluss des Schulrats, Direktor (und einziger Lehrer) der Realschule dürfe nie ein einheimischer Geistlicher werden. Diese Stelle erhielten dann in Zürich ausgebildete Theologen: zuerst Konrad Fischer (…–…) und nach dessen Wahl zum Pfarrer von Tegerfelden (1796) Ludwig Rahn (1770–1836).[9]
1793 erreichten die berntreuen Pfarrer Johann Jakob Pfleger (1746–1819) und Franz Ludwig Stephani (1749–1813), dass schon vom dritten Schuljahr an und möglicherweise auch wieder an der Realschule Latein unterrichtet wurde. Im Gegenzug veränderten zwei spätere Revolutionäre, Fabrikant Johann Georg Hunziker (…–…) und Pfarrer Johann Georg Fisch (1758–1799), beim Weggang von Direktor Fischer den Lehrplan der Realschule: An die Stelle der Fächer Vernunftlehre, Statistik, Moral und Briefschreiben traten Technologie, Gesundheitslehre und Aufsatzschreiben. Naturlehre und Arithmetik wurden auf die Praxis in Landwirtschaft, Handel und Gewerbe ausgerichtet.[10]
1798 wirkten an der Oberstufe der Stadtschulen je ein Lehrer der unteren Lateinschule, der oberen Lateinschule und der Realschule, ein Schreib- und Zeichenmeister sowie ein Singmeister.[11] Daneben existierte eine Privatschule für Knaben, die vom Zürcher Johann Heinrich Rahn (1726–1801) unter Beteiligung seines Bruder Johann Jakob (1728–1802) gegründet worden war.[12] Johann Heinrich war mit einer Freundin von Pestalozzis Frau verheiratet. Das Rahnsche Institut bereitete etwa 24 Zöglinge vorwiegend auf den Kaufmannsberuf vor.[13] Es war durch eine betont familiäre und freie Atmosphäre gekennzeichnet.[14] Leiter war seit 1793 der erwähnte Ludwig Rahn (ein Sohn Johann Heinrichs), mit dem Pestalozzi ebenfalls herzliche Kontakte pflegte.[15]
Fachlehrer statt Theologen (1798–1801)
Im Februar 1798 wollten die Schulknaben, die seit 1789 ein bewaffnetes und uniformiertes Kadettenkorps bildeten, die Aarauer Revolution verteidigen helfen, was ihnen aber nicht gestattet wurde.[16] Zu Beginn der Revolution wurde die obere Lateinschule wegen zu geringen Besuchs aufgehoben.[17]
Als zuständiger Minister der Helvetischen Republik versuchte Philipp Albert Stapfer das Schulwesen zu verbessern. Unter anderem setzte er in jedem Kanton einen Erziehungsrat und in jedem Distrikt einen Schulinspektor ein. Der aargauische Erziehungsrat stand unter der Leitung von Stapfers Freund und Mitarbeiter Fisch und nahm seine Arbeit im November 1798 auf. Im Januar 1799 wandte er sich Aaraus Stadtschulen zu, die Vorbildcharakter erhalten sollten.[18] Bei Fischs Tod im März lag bereits der Entwurf für die Reorganisation der Knabenschulen vor. Auf der Oberstufe, die vier Jahre dauerte[19], unterrichteten neu drei Fachlehrer. Der Religionsunterricht wurde durch eine Stunde Moral ersetzt. Es gab aber – wohl aus Kostengründen – auch einen Rückschritt: Latein war wieder obligatorisch (bis 1804) und beanspruchte am meisten Wochenstunden. Dazu trat neu das Französische. Das Deutsche fristete immer noch ein Schattendasein. Den übrigen Lehrstoff bildeten Geschichte, Konstitution (Verfassungskunde), Geografie, Archäologie (Altertumskunde), Rechnen, Geometrie, Algebra, Trigonometrie, angewandte Mathematik, Naturbeschreibung, Physik, Naturgeschichte, Technologie und Buchhaltung. Daneben war der Unterricht des Schreib- und Zeichenmeisters sowie des Singmeisters zu besuchen.
Der Erziehungsrat ernannte die meisten Mitglieder der neu geschaffenen Stadtschulkommission selber.[20] Der Reform der Stadtschulen erwuchs kein Widerstand, zumal sie keine zusätzlichen Stellen erforderte. Im April 1799 wurde die Stadtschulkommission mit der Ausführung beauftragt. Es ging aber noch bis zum Frühjahr 1800, bis das Lehrpersonal der Oberstufe komplett war: Johann Christian Martin Bartels (1769–1836) aus Braunschweig unterrichtete Mathematik, Wilhelm Benjamin Gautzsch (1771–1835) aus dem hannoverschen Hoya Geschichte und Geografie und Andreas Wanger[21] (1774–1836) aus Aarau Sprachen. Bartels und Gautzsch sassen auch in der Stadtschulkommission. Gautzsch fungiert dort und später in der Kantonsschulkommission als Aktuar.[22] Der Theologe Wanger hingegen wurde nicht an die Kantonsschule übernommen.
Kaderschmiede der Helvetischen Revolution
Stiftung (1801)
Eröffnung (1802)
Illuminatenverfolgung (1802)
Schüler aus dem ganzen Land (1803)
Umwandlung in ein Gymnasium
Berufung des deutschen Nationalisten Evers (1804)
Vertreibung der Lehrer
Zwei Drittel weniger Schüler
Sexskandal im Hause Evers (1817)
Umschreibung der Gründungsgeschichte
Totgeschwiegene Revolutionäre
„Vater Meyer“ als angeblicher Gründer
Evers als angeblicher Retter
Literatur
- Johann Georg Fisch: Denkschrift über die letzten Begebenheiten in der Bernerischen Munizipalstadt Arau im Argau. Basel 1798.
- Andreas Moser: Gesunder Menschenverstand über die Kunst Völker zu beglücken (…) (Sankt Gallen 1800).
- Feyerliche Eröffnung der Kantons-Schule in Aarau, zum Druke befördert von der neuen literärischen Gesellschaft in Aarau. (Aarau) 1802.
- Andreas Moser: Lieder zur Aufmunterung zur Tugend, zur Beförderung menschlicher Geselligkeit, zur Erhöhung der Freuden und zur Belebung des beglückenden Frohsinns (…) Erstes Heft (mehr nicht erschienen), Aarau 1802.
- Johann Jakob Pfleger: Ein Wort an seine lieben Mitbürger zur Belehrung, Warnung und Beruhigung über Mosers gesunden Menschenverstand (…) Arau 1802.
- Andreas Moser: Der Kampf eines Laien mit einem Priester, oder Vertheidigung und Beleuchtung des gesunden Menschenverstandes gegen den erklärten Feind desselben Johann Jakob Pfleger, ersten Pfarrer in Aarau. (…) Helvetien (Bern) 1802.
- Georg Franz Hofmann: Ueber Entwicklung und Bildung der menschlichen Erkenntnisskräfte, zur Verbindung des Pestallozzischen (sic) Elementarunterrichts mit dem wissenschaftlichen Unterrichte in Realschulen. Basel/Arau 1805.
- (Ernst August Evers:) Fragment der Aristotelischen Erziehungskunst, als Einleitung zu einer Prüfenden Vergleichung der antiken und modernen Pädagogik, nebst einem Beytrag zur Geschichte der Kantonsschule in Aarau. Basel/Aarau 1806.
- Ernst August Evers: Vater Johann Rudolf Meyer, Bürger von Aarau, eine Denkschrift. Aarau 1815.
- Franz Xaver Bronner: Der Canton Aargau, historisch, geographisch, statistisch geschildert (…) 2 Bände, Sankt Gallen/Bern 1844.
- Martha Reimann: Die Geschichte der Aarauer Stadtschulen von ihren Anfängen bis zum Ende der bernischen Herrschaft (1270–1798). Aarau 1914.
- Ernst Jörin: Der Aargau 1798–1803, vom bernischen Untertanenland zum souveränen Großkanton (Argovia 42). Aarau 1929.
- Peter Genner: Von Aarau nach Bayern, Auswanderung und Niedergang der Unternehmerfamilie Meyer. In: Aarauer Neujahrsblätter, 2. Folge, 85/2011, S. 36–69, 86/2012, S. 97–143.
- Peter Genner: Nach dem Ende der Klosterherrschaft – Schweizer Revolutionäre im Pfaffenwinkel. In: Der Welf (Schongau). 13/2013, S. 69–192.






Franz Xaver Bronner.

Ernst August Evers.
Johann Rudolf Meyer (Fabrikant, 1768)
Der Seidenbandfabrikant und Naturforscher Johann Rudolf Meyer Sohn (1768–1825) betrieb die Gründung der ältesten Kantonsschule der Schweiz.
1801 stellte Meyer den bayerischen Pestalozzi-Schüler Andreas Moser (1766–1806) als Hauslehrer und Bibliothekar ein. Wohl unter dessen Einfluss forderte er in einem Aufsatz, „daß bey jeder öffentlichen Erziehung, die sey körperlich oder geistig, keine Einmischung von Glaubensmeinungen irgend einer Art statt habe“.[23] Zusammen mit Gruner gab er den Anstoss zur Gründung der 1802 eröffneten ältesten Kantonsschule der Schweiz. Auch Moser beteiligte sich daran. Ausserdem führte er an Aaraus Stadtschulen die Pestalozzische Unterrichtsmethode ein. Wegen Mosers anderweitiger Beanspruchung schickte Meyer seine Söhne in Pestalozzis Institut in Burgdorf. Sein Vater und Jérôme halfen bei der Finanzierung der Kantonsschule. Er selber unterrichtete dort unentgeltlich Chemie und Physik. Leiter der Schule wurde der erste Redaktionssekretär der helvetischen Regierung, Georg Franz Hofmann. Mathematiklehrer Johann Christian Martin Bartels war wie Meyer ein Lichtenberg-Schüler. Moser schuf mit dem Telliring den ältesten Turnplatz der Schweiz. In seinem 1800 erschienenen Werk Gesunder Menschenverstand[24] hatte er neben der Demokratie auch offen den Deismus propagiert. Deshalb machte ihn Aaraus erster Pfarrer Johann Jakob Pfleger wenige Monate nach Eröffnung der Kantonsschule zur Zielscheibe einer Hetzkampagne.[25] Damit gab der altgesinnte Geistliche das Signal zum Ausbruch der Konterrevolution gegen die Helvetische Republik (Stecklikrieg), die Berns Aristokratie von langer Hand vorbereitet hatte. Mit dem Tod bedroht, musste Moser nach München fliehen. In der Folge wurden alle übrigen Kantonsschullehrer der revolutionären Periode entlassen und die meisten von ihnen aus Aarau vertrieben.
Die Verfolgung von Anhängern der Helvetischen Republik liess die Familie Meyer ihre Fabrik und ihr Vermögen nach Bayern transferieren, wo Kurfürst Max Joseph und sein Minister Montgelas radikale Reformen durchführten.
Johann Samuel von Gruner
Zusammen mit seinem Freund Meyer betrieb Johann Samuel von Gruner (1766–1824) die Gründung der Kantonsschule. Laut der Schrift Feyerliche Eröffnung der Kantons-Schule in Aarau war er es, „der den ersten Gedanken und Plan zur Errichtung der Kantonsschule entworfen und in Aufnahme gebracht hat“.[26]
Johann Rudolf Meyer (Fabrikant, 1739)
Dass Meyers gleichnamiger Vater (1739–1813) der Gründer der Kantonsschule gewesen sei, ist eine der Legenden, die dessen Leben umweben.
Die Gründung der ältesten Kantonsschule der Schweiz (1801/02) wurde von Meyers Sohn Johann Rudolf und von dessen Freund Bergdirektor Johann Samuel Gruner betrieben. Beteiligt daran war auch der Hauslehrer von Meyers Enkeln, der bayerische Pestalozzi-Schüler Andreas Moser (1766–1806). Meyer zeichnete den höchsten Beitrag an die Betriebskosten und hielt die Eröffnungsrede[27].
1802 veranstaltete Aaraus oberster Pfarrer Johann Jakob Pfleger eine Hetzkampagne gegen Moser, der sich in einem 1800 veröffentlichten Werk[28] offen zum Deismus bekannt hatte. Der Moserhandel und die nachfolgende Konterrevolution gegen die Helvetische Republik (Stecklikrieg) veranlassten Meyer, Fabrik und Vermögen nach Bayern zu transferieren.
Hieronymus Meyer
Auch Meyers Bruder Hieronymus (1769–1844) half 1801/02 bei der Finanzierung der ältesten Kantonsschule der Schweiz. Deren Gründung wurde von seinem Bruder Johann Rudolf und von dessen Freund Bergdirektor Johann Samuel Gruner (1766–1824) betrieben. Beteiligt daran war auch der Hauslehrer von Johann Rudolfs Kindern, der bayerische Pestalozzi-Schüler Andreas Moser (1766–1806). Eine Hetzkampagne gegen Moser, der in einem 1800 veröffentlichten Werk[29] den Deismus propagiert hatte, und die anschliessende Konterrevolution gegen die Helvetische Republik veranlasste die Familie Meyer 1802, nach Bayern auszuwandern.
Andreas Moser (Schriftsteller)
An der Gründung der Kantonsschule war der bayerische Schriftsteller Andreas Moser (1766–1806) beteiligt. Er schuf für die Schüler den ältesten Turnplatz der Schweiz. Am Vorabend der Konterrevolution von 1802 (Stecklikrieg) wurde er als angeblicher Illuminat zur Zielscheibe einer Hetzkampagne.
Mit der Aussicht, Nachfolger Pestalozzis als Waisenvater in Stans zu werden, liess er sich von Januar bis Mai 1801 von dem Pädagogen in dessen Lehrerseminar in Burgdorf ausbilden. Als die erwähnte Stelle nicht wiederbesetzt wurde, wurde Moser im Juni Hauslehrer und Bibliothekar bei Johann Rudolf Meyer Sohn. In dessen Villa (Meyerhaus) hatte Pestalozzi während seiner Tätigkeit als Propagandist der Helvetischen Revolution 1798 Gastrecht genossen. Meyer hatte drei Kinder.[30] Weil er die Herausgabe einer Enzyklopädie der Chemie[31] vorbereitete, kaufte er ab 1790 gegen 40 000 naturwissenschaftliche Bücher zusammen[32]. Mosers Dienste wurden aber bald auch anderweitig in Anspruch genommen: Er war an der Gründung der Kantonsschule beteiligt, die sein Arbeitgeber und dessen Freund Bergdirektor Johann Samuel Gruner (1766–1824) betrieben. Gleichzeitig führte er zusammen mit dem Unterstufenlehrer Christian Würsten an Aaraus Stadtschulen die Unterrichtsmethode Pestalozzis ein. Um Moser zu entlasten, schickte Meyer seine Söhne in Pestalozzis Erziehungsinstitut in Burgdorf.
Die Anfang 1802 eröffnete Kantonsschule sollte besonders auf „die Berufsarten des Landwirths und Kaufmanns, des Gelehrten und Staatsmannes“ vorbereiten.[33] Als Lehrer der Landwirtschaft war Moser eine zentrale Rolle zugedacht. Daneben unterrichtete er „Zeichnungskunst in Mechanik, Architektur und Maschinenwesen“, Vokalmusik und Gymnastik.[34] Für den Gesangsunterricht veröffentlichte er ein Liederheft mit dem Motto: „Wer arbeitet und sich seines Lebens freut, der ehret Gott.“[35] Neben Freimaurerliedern enthält es auch eine Übersetzung des Revolutionslieds Ah! ça ira, das zum Aufhängen der Aristokraten aufruft. Mit dem Telliring schuf Moser den ältesten Turnplatz der Schweiz – Jahre vor den entsprechenden Anlagen von Turnvater Jahn in Berlin (1811) und von Phokion Heinrich Clias in Bern (1817). Der Präsident der Kantonsschulkommission (Lehrerkonferenz), Georg Franz Hofmann, zählte zu seinen Freunden.
Im Oktober 1801 hatten sich in der Helvetischen Republik die Föderalisten (Anhänger des Ancien Régime) an die Macht geputscht. Nach dem Gegenputsch der Unitarier im April 1802 wurde den Stimmberechtigten am 2. Juni eine neue Verfassung vorgelegt. Dabei bekannten sich die Kantone Aargau und Baden zum Einheitsstaat.[36] Am selben Tag hob der Kleine Rat der Helvetischen Republik die von den Föderalisten eingeführte Zensur auf. Dies ermöglichte es Aaraus erstem Pfarrer Johann Jakob Pfleger (1746–1819)[37], eine Woche später ein Pamphlet zu veröffentlichen, das wie eine Bombe einschlug. Darin bezeichnete er Moser als Haupt einer Verschwörung von Illuminaten[38], die ein neues Heidentum einführen wollten, ja als Antichrist.[39] Dies, obwohl der Angegriffene an seiner neuen Wirkungsstätte nicht für seine religiösen Überzeugungen geworben hatte.
Im anschließenden Moserhandel[40] wichen Aaraus Patrioten der Gretchenfrage aus, wie sie es mit dem Christentum hielten. Moser selbst schwankte in seiner Antwort an Pfleger[41] zwischen Verteidigung und Gegenangriff. Nur vom liberalen Politiker und Publizisten Paul Usteri (1768–1831) erhielt er Unterstützung. Glaubenseiferer verwüsteten den Gemüsegarten von Mosers Freund Würsten und fällten am Telliring Bäume. Die Gegenpartei suchte Pfarrer Pflegers Garten heim.[42] Schließlich ließ man Moser fallen, um den Weiterbestand der Kantonsschule zu sichern. An Leib und Leben bedroht[43], floh Moser nach München[44].
Georg Franz Hofmann
Die Schulkommission der neu eröffneten Kantonsschule wurde von dem aus der Pfalz stammenden Pädagogen Georg Franz Hofmann (1765–nach 1838) präsidiert, der eine der wichtigsten Kanzleistellen in der Helvetischen Republik bekleidet hatte.
Hofmann schreibt: „Jemehr meine Hoffnungen, eine Reformation der Menschen durch politische Revolutionen befördert zu sehen, durch meine täglich schlimmere Erfahrungen sank, desto höher stieg mein Glauben an die Verbesserung des Menschengeschlechts durch die pädagogische Umschaffung Pestallozzi’s (sic) (…)“[45] Nach dem Staatsstreich der Föderalisten (Gegner des helvetischen Einheitsstaates) im Oktober 1801 wurde er mit der Organisation der Kantonsschule in Aarau betraut.[46] Die Gründung dieses bis 1813 privaten Instituts ging von Bergdirektor Johann Samuel Gruner (1766–1824)[47] und Seidenbandfabrikant Johann Rudolf Meyer (1768–1825) aus. Das im November veröffentlichte Programm der Schule trägt Hofmanns Unterschrift. Es heisst darin: „(…) sclavische Huldigung gegen fremde Autorität ist der wahre Tod der Vernunft.“ Die Zöglinge sollten „nützliche Glieder eines freyen Staates“ werden. Jedes Kind dürfe sich entwickeln, wie es seinen Anlagen und Neigungen entspreche.[48] Bei der Erziehung werde man „den Winken und Vorschriften der Natur, der weisesten und sichersten Gesetzgeberin folgen“ und nach dem „Stuffengange der Natur“ vorgehen.[49]
Bei der Eröffnung der Schule im Januar 1802 war Hofmann der Hauptredner.[50] Die führende Zeitung der Helvetik nannte ihn „die Seele des Instituts“.[51] Er übernahm die Fächer Philosophie und Rhetorik. Wie er selber schreibt, wurde sein Unterricht in „Menschen-, Sitten- und Pflichtenlehre (…) oft angefochten und verdächtiget“.[52] Er war mit seinem Lehrerkollegen Andreas Moser (1766–1806) befreundet,[53] einem Deisten und angeblichen Illuminaten, der zur Zielscheibe der im April 1802 entmachteten Föderalisten wurde. Im Vorfeld der Konterrevolution vom darauffolgenden September (Stecklikrieg) musste Moser aus Aarau fliehen. Im Oktober verlangte die Standeskommission des Kantons Bern erfolglos auch Hofmanns Ausweisung.[54]
Klassische versus Menschenbildung
Hofmann war bis 1804 gewählter Präsident der Schulkommission (Lehrerkonferenz). Er bestand darauf, dass sich seine Kollegen an gemeinsam gefasste Entscheidungen hielten. Es kam zu Zwistigkeiten mit Pfarrer Ludwig Rahn (1770–1836), der vor der Gründung der Kantonsschule ein eigenes Erziehungsinstitut in Aarau und die städtische Realschule geleitet hatte.[55] Das System der kollektiven Führung missfiel dem nach dem Ende der Helvetik (1803) eingestellten Altphilologen Luzius Hold (1778–1852). Vom Studium in Halle her an preussisch-autoritäre Verhältnisse gewöhnt, betrieb er die Einsetzung eines Rektors. Als man dieses mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattete Amt nicht ihm anvertrauen wollte, erreichte er die Berufung seines erst 25-jährigen Studienfreunds und Fachkollegen Ernst August Evers (1779–1823). Wie der Mathematiker Johann Christian Martin Bartels (1769–1836) und der Theologe Wilhelm Benjamin Gautzsch (1771–1835) sah auch Hofmann in Evers die „Beschränktheit der niederdeutschen Magister“ verkörpert, „die meistens außer ihren griechischen und lateinischen Schulbüchern kaum andere Kenntnisse besäßen“.[56] Vergeblich schlug er vor, den jungen Mann nur zum Rektor der kleinen Abteilung für künftige Akademiker (Humanistische Schule) zu machen, ihn selber aber zu jenem der größeren für Kaufleute (Realschule).[57]
Mit Hold und Evers trat an der Kantonsschule der Neuhumanismus mit seinem klassischen Bildungskanon an die Stelle des auf Menschenbildung abzielenden Erziehungssystems von Pestalozzi. Alle bisherigen Lehrer verliessen die Schule, die Zahl der Schüler sank auf die Hälfte. Als 1805 ein neues Schulprogramm erschien,[58] über das Hofmann nicht informiert worden war, kündigte auch er. Dies, obwohl er erst im Vorjahr ein Haus an der Laurenzenvorstadt samt dem Bürgerrecht von Aarau erworben und ein Pensionat für Kantonsschüler eröffnet hatte. „Als öffentliche Rechtfertigung gegen öffentliche Kränkungen“ verfasste er die Schrift Über Entwicklung und Bildung der menschlichen Erkenntnisskräfte zur Verbindung des Pestallozzischen (sic) Elementarunterrichts mit dem wissenschaftlichen Unterrichte in Realschulen.[59] Darin schonte er seine beiden Kontrahenten nicht. Hold reichte darauf ohne Erfolg eine Verleumdungsklage ein.[60] Evers aber wurde im Prolog seines Fragments der Aristotelischen Erziehungskunst noch weit polemischer als Hofmann. So bezeichnete er es – an diesen gewandt – als überflüssig, „Ihre pädagogische Ignoranz, das armselige Blendwerk Ihrer hohltönenden Phrasen und die Puppeneitelkeit auf nichtige Vorzüge Ihrem Paar Ohren vernehmlicher darzustellen“.[61]
Johann Christian Martin Bartels
Johann Christian Martin Bartels (1769–1836) aus Braunschweig war wie Johann Rudolf Meyer Sohn ein Schüler Lichtenbergs. 1800 wurde er Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften an der Realschule sowie Mitglied der städtischen Schulkommission. Ab 1802 unterrichtete er an der neu eröffneten Kantonsschule Mathematik, Handelsfächer und Italienisch. Von Aarau aus besuchte er Pestalozzi]] in Burgdorf. 1802 heiratete er Anna Magdalena Saluz, deren Vater Rektor der Stadtschulen von Chur war. Seine spärliche Freizeit widmete er der höheren Mathematik. Als 1804 Evers Rektor der bisher im Geist Pestalozzis geführten Kantonsschule wurde, kündigte er seine Stelle.
Wilhelm Benjamin Gautzsch
Wilhelm Benjamin Gautzsch (1771–1835) aus Hoya, Hannover, wurde 1800 Lehrer für Geschichte und Geografie an der oberen Knabenschule. Gleichzeitig gehörte er als Aktuar der Stadtschul- und später der Kantonsschulkommission an. 1801/02 führten Andreas Moser und Christian Würsten an den Stadtschulen die Unterrichtsmethode von Johann Heinrich Pestalozzi ein. Darüber berichtete Gautzsch der Munizipalität und der Gemeindekammer, wobei er die Methode „eines der vorzüglichsten Mittel zur Verbesserung des Elementarunterrichts“ nannte.[62]
Er unterrichtete auch an der 1802 eröffneten Kantonsschule, und zwar Geografie, Geschichte und Latein. Dazu brachte er den zahlreichen Waadtländern unter den Schülern die deutsche Sprache bei. Anlässlich der Eröffnung des Instituts sagte der Präsident der Kantonsschulkommission (Lehrerkonferenz), Georg Franz Hofmann, im Zusammenhang mit dem „geographischen, historischen und staatistischen Unterricht“ von Gautzsch, der Geist der Zeit, dem sich auch die Schweiz nicht entziehen könne, verlange über die Grenzen hinaus eine „Annäherung und Verähnlichung der Menschen“.[63] Mit seinen Lehrerkollegen setzte sich Gautzsch für den Deisten Moser ein, als dieser im Vorfeld der Konterrevolution von 1802 (Stecklikrieg) zur Zielscheibe einer Hetzkampagne wurde.
Der Dichter Franz Xaver Bronner, welcher 1803 als Aufseher in einem Pensionat für Kantonsschüler nach Aarau kam, beschreibt Gautzsch als „hochstämmigen, gutmütigen Mann, sehr fleissig in seinem Berufe“[64]. Als 1804 ein Landsmann von Gautzsch, der Neuhumanist Ernst August Evers, Rektor der Kantonsschule wurde, verliessen der Mathematiker Johann Christian Martin Bartels[65] sowie Gautzsch und Hofmann Aarau. Laut Bronner glaubten sie „die Beschränktheit der niederdeutschen Magister zu kennen, die meistens ausser ihren griechischen und lateinischen Schulbüchern kaum andere Kenntnisse besässen, und wollten einem solchen Schulherrn nicht untergeordnet sein“.[66]
Franz Xaver Bronner
Der Dichter Franz Xaver Bronner (1758–1850) aus Höchstädt an der Donau war 1804–1810 und 1817–1827 Lehrer an der Kantonsschule.
Ernst August Evers
Ernst August Evers (1779–1823) aus Isenhagen bei Celle kam 1804 nach Aarau, um die Kantonsschule zu reorganisieren, die nach dem Wunsch ihrer Gründer das geistige Zentrum des neuen Großkantons Aargau werden sollte. Evers gab der Schule eine feste Organisation und einen Lehrplan. Als Kritiker der aufklärerischen Pädagogik wandte er sich dabei gegen die Vorstellung, dass das Individuum der Brauchbarkeit und Nützlichkeit und den Zwängen von Staat und Beruf zu opfern sei. Er stellte vielmehr die umfassende Bildung des Menschen und besonders das Studium der philologischen Fächer in den Vordergrund. … heiratete er … Nüsperli und wurde dadurch zum Schwager Heinrich Zschokkes, der aber seine Begeisterung für den deutschen Nationalismus nicht teilte. 1811 wurde ihm das Ehrenbürgerrecht von Aarau verliehen. 1815 veröffentlichte er eine geschönte, entpolitisierte Biografie Vater Meyers. 1817 musste Evers die Stadt verlassen, nachdem es im Pensionat für Kantonsschüler, das er in seinem Haus betrieb, zu sexuellen Verfehlungen gekommen war.
Egid von Kobell

Egid oder Ägid Kobell, ab 1809 von Kobell (* 7. April 1772 in Mannheim; † 17. Juni 1847 in München) war Mitglied des bayerischen Staatsrats.
Seine Eltern waren der Maler und Galeriedirektor Ferdinand Kobell (1740–1799) aus Mannheim und die Hofratstochter Maria Anna Lederer (1744–1820) aus Düsseldorf. Einer seiner Brüder war der Maler Wilhelm von Kobell (1766–1853). 1793 übersiedelte er mit diesem von Mannheim nach München.
Egid war 35 Jahre lang Sekretär der bayerischen Regierung[67], dazu Oberaufseher des von König Max Joseph 1817 erworbenen Landsitzes Tegernsee. 1834 wurde er Mitglied der Regentschaft von Griechenland[68], 1835 Gesandter in Athen, 1836 wirklicher Staatsrat. 1809 wurde er Ritter, 1817 Komtur des Zivilverdienstordens, auch erhielt er mehrere ausländische Auszeichnungen. Im Amt des Generalsekretärs des Staatsrats folgte ihm Wilhelms Sohn Sebastian von Kobell (1801–1875), der es 40 Jahre lang ausübte. Die beiden andern Brüder Egids, Innozenz (1765–1818) und Franz (1779–1850), waren Oberappellationsgerichtsrat bzw. Generalsekretär des Staatsministeriums des Innern.
Egid von Kobell hatte mit seiner Gattin, der Lottoadministratorstochter Antonie von Geyser (1779–1816), zwei Töchter: Sophie (1797–1846) heiratete Friedrich von Schlichtegrolls Sohn Antonin (1793–1873), Karoline (1801–1846) den Mineralogen und Mundartdichter Franz von Kobell (1803–1882), Sohn ihres gleichnamigen Onkels. Die Tochter des letztgenannten Paares war die Schriftstellerin Luise von Kobell verheiratete von Eisenhart (1827–1901).
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Vgl. Christian Schweizer: Styger, Paul. In: Historisches Lexikon der Schweiz..
- ↑ Leben und Thaten des in der Revolutions-Geschichte Helvetiens so berühmten Kapuziners Pater Paul Stiger (…) Ohne Erscheinungsort 1799, S. 10 f.; übernommen von (Heinrich Zschokke:) Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote, 1. Band, (Luzern) 1798, Nr. 14 (2. Vierteljahr 1799), S. 110.
- ↑ Werner Ort: Heinrich Zschokke (1771–1848). Eine Biografie. Baden 2013, S. 118/120.
- ↑ 1799 Regierungskommissär in Unterwalden, 1799/1800 im Kanton Waldstätten, 1800 im Tessin, 1800/01 Regierungsstatthalter des Kantons Basel.
- ↑ Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 308 f.
- ↑ Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 310 f.
- ↑ Leben und Thaten des in der Revolutions-Geschichte Helvetiens so berühmten Kapuziners Pater Paul Stiger (…) Ohne Erscheinungsort 1799, S. 10–12; übernommen von (Heinrich Zschokke:) Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote, 1. Band, (Luzern) 1798, Nr. 14 (2. Vierteljahr 1799), S. 110.
- ↑ Werner Ort: Heinrich Zschokke (1771–1848). Eine Biografie. Baden 2013, S. 118/120.
- ↑ Reimann, S. 179/Anm. 1, 185–188, 203–205, 215–217.
- ↑ Reimann, S. 205–213.
- ↑ Reimann, S. 182 f., 205/Anm. 1.
- ↑ Die beiden Seidenfärber und -drucker waren 1772 wegen Zahlungsunfähigkeit aus ihrer Vaterstadt verbannt worden. Vgl. Carl Keller-Escher: Die Familie Rahn von Zürich. 2 Teile, Zürich 1914/1951, ZB (Zürich) LHS 95 GG Ra 1 f.
- ↑ Bronner, 2. Band, S. 10.
- ↑ Tobler, S. 7 f.; Stiefel, S. 126.
- ↑ Reimann, S. 204 (?); Beat Hodler: Junge Schule – lange Geschichte, die Neue Kantonsschule Aarau, Baden 2014, S. …, AKB AG 2598.
- ↑ Fisch, S. 50, 57.
- ↑ Jörin (1929), S. 153, 156.
- ↑ Jörin (1929), S. 151 f.
- ↑ Jörin (1929), S. 153.
- ↑ Jörin (1929), S. 154 f.; Jörin (1963–1965), …/…, S. ….
- ↑ Vgl. Mathias Hefti-Gysi: Wanger, Andreas, in: BLA, S. 819 f.
- ↑ StAAa, Briefband Kirche und Schule, Schulkommission an Munizipalität, 3. April 1800; Protokoll der Munizipalität, 4. April 1800; StAAG, Protokoll des Erziehungsrats, 15. April und 20. Mai 1800; Bronner (Ms.), S. 9; Roedel, S. 142/Anm. 38.
- ↑ Ueber Grundsätze der gesellschaftlichen Verbindungen. In unbekannter Publikation, S. 47–58, Separatabdruck Arau 1801. Zitiert nach Rezension in: Der neue schweizerische Republikaner, Bern 11. August 1801, S. 416. In: Der Republikaner nach liberalen Grundsätzen, Bern 27. Dezember 1801, S. 143 f., wird „Meyer, Sohn“ als Autor angegeben.
- ↑ Gesunder Menschenverstand über die Kunst Völker zu beglücken (…) gedruckt im Lande der Freiheit für das Jahr der Gegenwart und die Zeit der Zukunft. (Johann Jakob Hausknecht, St. Gallen 1800); 2. Auflage, (Huber & Co., St. Gallen) 1807 (Digitalisat ).
- ↑ Johann Jakob Pfleger: Ein Wort an seine lieben Mitbürger zur Belehrung, Warnung und Beruhigung über Mosers gesunden Menschenverstand, Arau (9. Juni) 1802. Vergleiche Johann Rudolf Meyer et al.: Dem Bürger Pfleger, Kammerer und erster (sic) Pfarrer in Aarau, (Aarau) 29. Juni 1802; Beyträge zur Beurtheilung der Fehde des Pfarrers und Kammerers Pfleger, mit Mosers gesundem Menschenverstande, (Aarau 1802); dito, Erste Fortsetzung, (Aarau 1802); Johann Rudolf Meyer: Ein freymüthiges Wort über die Zuschrift der 40 Bürger an Herrn Kammerer Pfleger, nebst Beurtheilung seiner Antwort auf dieselbe, (Aarau 1802); Johann Rudolf Meyer: Beleuchtung einiger Stellen in Herrn Kammerer Pflegers Schrift, die Erziehungsanstalten in Arau betreffend, Aarau 1802; Andreas Moser: Der Kampf eines Laien mit einem Priester (…) Helvetien (Bern) 1802 (Digitalisat ).
- ↑ Feyerliche Eröffnung der Kantons-Schule in Aarau, (Aarau) 1802, S. 33.
- ↑ Feyerliche Eröffnung der Kantons-Schule in Aarau. Zum Druke befördert von der neuen literärischen Gesellschaft in Aarau. (Aarau) 1802, S. 5–8.
- ↑ Andreas Moser: Gesunder Menschenverstand über die Kunst Völker zu beglücken (…) gedruckt im Lande der Freiheit für das Jahr der Gegenwart und die Zeit der Zukunft. (Johann Jakob Hausknecht, St. Gallen 1800.)
- ↑ Andreas Moser: Gesunder Menschenverstand über die Kunst Völker zu beglücken (…) gedruckt im Lande der Freiheit für das Jahr der Gegenwart und die Zeit der Zukunft (Johann Jacob Hausknecht, St. Gallen 1800); 2. Auflage, (Huber & Co., St. Gallen) 1807 (Digitalisat ).
- ↑ Johann Rudolf (1791–1833), Justine (1792–1806) und Johann Gottlieb (1793–1829).
- ↑ Systematische Darstellung aller Erfahrungen in der Naturlehre, entworfen von Johann Rudolph Meyer dem Jüngern, bearbeitet von mehreren Gelehrten. 4 Bände (mehr nicht erschienen), Aarau 1806–1808.
- ↑ Katalog über die von Johann Rudolph Meyer sel. hinterlassene naturwissenschaftliche Bibliothek. Aarau 1827 (überklebt: Schaffhausen 1831).
- ↑ Feyerliche Eröffnung der Kantons-Schule in Aarau. Zum Druke befördert von der neuen literärischen Gesellschaft in Aarau. (Aarau) 1802, S. 19.
- ↑ Der Kampf eines Laien mit einem Priester, oder Vertheidigung und Beleuchtung des gesunden Menschenverstandes gegen den erklärten Feind desselben Johann Jakob Pfleger, ersten Pfarrer in Aarau. Helvetien (Bern) 1802, S. 14.
- ↑ Lieder zur Aufmunterung zur Tugend, zur Beförderung menschlicher Geselligkeit, zur Erhöhung der Freuden und zur Belebung des beglückenden Frohsinns. Erstes Heft (mehr nicht erschienen), Aarau 1802.
- ↑ Im Kanton Aargau lautete das Ergebnis 6356 Ja gegen 1793 Nein bei 6412 Nichtstimmenden, im Kanton Baden 6474 Ja gegen 1422 Nein bei 3562 Nichtstimmenden. (Johannes Strickler: Amtliche Sammlung der Acten aus der Zeit der Helvetischen Republik. 8. Band, Bern 1902, S. 260.)
- ↑ Bruder von Daniel Pfleger (1751–1829), der 1798 Aaraus Revolutionskomitee präsidiert hatte. Vergleiche Georges Gloor: Pfleger, Johann Jakob. In: Biographisches Lexikon des Aargaus 1803–1957, Aarau 1958, S. 596 f.
- ↑ In den 1780er Jahren hatte der Geheimbund einen Ableger in der Schweiz besessen, den Pestalozzi leitete (Peter Stadler: Pestalozzi, Geschichtliche Biographie. Band 1, Zürich 1988, S. 275–281).
- ↑ Ein Wort an seine lieben Mitbürger zur Belehrung, Warnung und Beruhigung, über Mosers gesunden Menschenverstand, von Joh. Jakob Pfleger, erster (sic) Pfarrer in Arau. Arau (9. Juni) 1802.
- ↑ Paul Erismann: Aarau im Stecklikrieg Anno 1802, in: Aarauer Neujahrsblätter 1952, S. 3–21, hier: S. 8; Nold Halder: Geschichte des Kantons Aargau. 1. Band, Aarau 1953, S. 51.
- ↑ Der Kampf eines Laien mit einem Priester, oder Vertheidigung und Beleuchtung des gesunden Menschenverstandes gegen den erklärten Feind desselben Johann Jakob Pfleger, ersten Pfarrer in Aarau. Helvetien (Bern) 1802.
- ↑ Stadtarchiv Aarau, Protokoll der Munizipalität, 6. Juli 1802, S. 337; 23. Juli 1802, S. 342; 10. August 1802, S. 347 f.
- ↑ Franz Xaver Bronner: Der Canton Aargau (…) 2. Band, St. Gallen/Bern 1844, S. 13. („Ein Metzger verfolgte ihn mit gezogenem Messer; mit Noth vermochte er sich in ein Bürgerhaus zu retten und durch die Hinterthür zu entfliehen.“)
- ↑ Münchner Tagblatt, 27. September 1802, S. 619 (23. September: „Moser, Prof. an der Kantonsschule in Arau“); Kurpfalzbaierischer Münchner Anzeiger, 29. September 1802 (22. September: „Hr. Moser, Professor aus der Schweitz“).
- ↑ Hofmann (1805), S. V f.
- ↑ Morf (1889), S. 712/Anm.; Morf (1897), S. 1.
- ↑ Gruner heiratete 1817 die verwitwete Schwester von Hofmanns Landsmann Philipp Franz von Walther.
- ↑ Kantons-Schule in Aarau, S. 1.
- ↑ Kantons-Schule in Aarau, S. 2 f.
- ↑ Feyerliche Eröffnung der Kantons-Schule in Aarau, S. 14–29.
- ↑ Der Republikaner (Luzern), 16. Januar 1802, S. 17, vergleiche 4. Februar 1802, S. 45/Anm. 1.
- ↑ Hofmann (1805), S. XVII inklusive Anm.
- ↑ Christian Roedel: Pestalozzi und Graubünden. Winterthur 1960, S. 143.
- ↑ Standeskommission von Bern an Regierungsstatthalter David Rudolf Bay, 1. Oktober 1802. In Johannes Strickler (Bearbeiter): Amtliche Sammlung der Acten aus der Zeit der Helvetischen Republik, 9. Band, Bern 1903, S. 71; von Ernst Jörin: Der Aargau 1798–1803 (Argovia 42), Aarau 1929, S. 227/Anm. 66, falsch interpretiert.
- ↑ Franz Xaver Bronner (1758–1850), ab 1804 Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften: „(…) die oft erneuerten Gezänke auf den Hausgängen gaben Lehrern und Schülern Aergerniß.“ (Bronner, S. 13.) Vergleiche Evers (1806), S. V, XV, XVI inklusive Anm.
- ↑ Bronner, S. 14.
- ↑ Evers (1806), S. XIX.
- ↑ Evers (1805).
- ↑ Hofmann (1805), S. III.
- ↑ Kaiserlich und Königlich bairische privilegirte Allgemeine Zeitung (Ulm), 28. März 1806, S. 347.
- ↑ Evers (1806), S. XXIV. Vergleiche vom selben Autor: Über die Schulbildung zur Bestialität. Aarau 1807.
- ↑ Roedel, S. 143.
- ↑ Feyerliche Eröffnung der Kantons-Schule in Aarau. Zum Druke befördert von der neuen literärischen Gesellschaft in Aarau. 1802, S. 24.
- ↑ Roedel, S. 142.
- ↑ Bartels war wie Gautzsch 1800 nach Aarau gekommen.
- ↑ Franz Xaver Bronner: Der Kanton Aargau. 2. Band, St. Gallen/Bern 1844, S. 14.
- ↑ Ab 1799 Sekretär des Staats- und Konferenzministeriums, ab 1808 Generalsekretär des geheimen Rates, ab 1817 als Titularstaatsrat Generalsekretär des Staatsrats.
- ↑ Seit 1832 war Otto von Wittelsbach, ein bis 1835 minderjähriger Sohn Ludwigs I., erster König von Griechenland.
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Personendaten | |
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NAME | Kobell, Egid von |
ALTERNATIVNAMEN | Kobell, Egid (bis 1809); Kobell, Ägid (bis 1809); Kobell, Ägid von |
KURZBESCHREIBUNG | bayerischer Staatsrat |
GEBURTSDATUM | 7. April 1772 |
GEBURTSORT | Mannheim |
STERBEDATUM | 17. Juni 1847 |
STERBEORT | München |
Franz von Ittner
Franz von Ittner (* 11. Februar 1787 in Heitersheim[1]; † 29. August 1821[2] in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Chemiker.
Leben
Seine Eltern waren Joseph Albert von Ittner (1754–1825), Kanzler des Großpriors der deutschen Malteser, und Maria Theresia von Frank (* 1760), Tochter des Kanzlers der Fürsten von Hohenzollern. Ittner war das jüngste von vier Kindern. Den ersten Unterricht erhielt er von Hauslehrern, vom Vater und von französischen Emigranten.
Studium
Als Ittner sechzehn wurde (1803), nahm er das Hochschulstudium auf. Zuerst verbrachte er zwei Semester in Landshut, wo er bei Mediziner Andreas Röschlaub (1768–1835) wohnte und von Botaniker Franz von Paula Schrank (1747-1835) und Pharmazeut Georg Augustin Bertele (1767–1818) gefördert wurde. In Würzburg blieb er drei Semester und wohnte bei Chemiker Franz Lothar August Sorg (1773–1827). In Göttingen blieb er zwei Jahre und hörte Physiker Johann Tobias Mayer (1752–1830) und die Mediziner Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840), Karl Gustav Himly (1772–1837), Friedrich Benjamin Osiander (1759–1822) und Konrad Johann Martin Langenbeck (1776–1851). 1807 wurde er in Freiburg im Breisgau mit einer Dissertation über Blausäure zum Dr. med. promoviert.
Aufenthalt in Paris
Bei einem einjährigen Aufenthalt in Paris lernte Ittner … kennen. Nach seiner Rückkehr arbeitete er im Laboratorium des Pharmazeuten Maximilian Keller in Freiburg im Breisgau. Johann Rudolf Meyer aus Aarau beauftragte ihn damit, als Nachfolger des verstorbenen Ludwig von Schmidt, genannt Phiseldeck (* 1781) die Redaktion der Meyerschen Naturlehre[3] zu leiten, die dann aber aus finanziellen Gründen nicht fertiggestellt werden konnte.[4]
Professor in Freiburg im Breisgau
1808 erhielt Ittner die Approbation als Arzt. Die Universität Freiburg im Breisgau ernannte ihn 1813 zum außerordentlichen, 1818 zum ordentlichen Professor der Medizin und der Naturwissenschaften. Ein Jahr vor seinem Tod erhielt er als Nachfolger von Franz Ignaz Menzinger (1745–1830) den Lehrstuhl für Chemie und Mineralogie. Ittner war Mitglied wissenschaftlicher Gesellschaften in Sankt Petersburg, Bonn und Zürich. Er starb mit bloß 34 Jahren.
Werke
Literatur
- J(ohann) M(atthias) Alexander Ecker: Biographische Skizze zum Andenken des ordentlichen öffentlichen Professors Dr. Franz von Ittner, vorgetragen am 6. März 1823 in der öffentlichen Sitzung der Gesellschaft für Beförderung der Naturwissenschaften zu Freiburg im Breisgau. Freiburg im Breisgau 1825.
- Albert Ladenburg: Ittner, Franz von. In: Allgemeine Deutsche Biographie, 14. Band, Leipzig 1881, S. 646 f.
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Residenz des Großpriors der deutschen Malteser.
- ↑ Ladenburg gibt als Todesjahr irrtümlich 1823 an.
- ↑ Systematische Darstellung aller Erfahrungen in der Naturlehre, entworfen von Johann Rudolph Meyer dem Jüngern, bearbeitet von mehreren Gelehrten. 4 Bände (mehr nicht erschienen), Aarau 1806–1808.
- ↑ Ecker, S. 10.