Abenteuerspielplatz
Als Abenteuerspielplatz wird ein Spielplatz bezeichnet, wenn er älteren Kindern und vor allem Jugendlichen besondere Erlebnisspielräume bietet. Diese zeichnen sich durch starke Anreize zur Durchführung von multisensorischen und multimodalen Spielen unter Einbeziehung hoher sozialer und kinästhetischer Interaktion aus. Abenteuerspielplätze sind für Kleinkinder nicht geeignet. Es gibt verschiedene Kategorien von Abenteuerspielplätzen.
Allgemeine Form
Im Allgemeinen sind Abenteuerspielplätze in ihrer Reinform nicht öffentlich zugänglich oder stehen zumindest unter Aufsicht von städtischen Einrichtungen oder gemeinnützigen Vereinen. Sie zeichnen sich zum Beispiel durch Grabenbrücken, extra lange Rutschen, besonders hohe Klettergerüste und Holzbauten aus, die mit anderen Spielgeräten z.B. über Seilbrücken oder Kletterspinnen verbunden sind.
Viele dieser Einrichtungen unterscheiden sich von besser ausgestatteten Kinderspielplätzen vor allem durch sozialpädagogische Betreuung und können so auch Spielgeräte anbieten, die nicht TÜV geprüft sind. Im Allgemeinen sind solche Einrichtungen geeignet, die Geschicklichkeit der Kinder herauszufordern oder Rollenspiele in Gruppen durchzuführen. Besondere Abenteuerspielplätze bieten darüber hinaus auch spezielle Aufgaben durch die Art ihrer Anlage.
Bauspielplätze
Auf Bauspielplätzen haben die Kinder die Möglichkeit, mit vorhandenem Holz und jeder Menge Nägeln ihre Spielgeräte selber zusammenzunageln. Oft entstehen dabei Hütten, Lauben und Brücken, die einem ständigen Veränderungsprozess unterworfen sind. Hierbei werden sie grundsätzlich von mindestens einer pädagogisch ausgebildeten Person betreut und angeleitet. Viele dieser Spielplätze bieten über dieses reine Bau-Angebot auch weitere Aktivitäten an, wie Lagerfeuer, Backen, Tonbrennen etc. Oft sind derartige "Spielplätze" somit eher mit Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen zu vergleichen als mit dem Spielplatz auf dem Hof.
Kinder- und Jugendfarm
Hier wird oft ein Kinderbauernhof mit Tieren und Gemüsepflanzen mit einen Bauspielplatz kombiniert. Berühmt für diese Art des Spielplatzes ist der Kinderbauernhof an der Adalbertstraße in Berlin-Kreuzberg. Die Idee der Kinder- und Jugendfarmen stammt aus Skandinavien. In Deutschland verbreiten sie sich jedoch immer mehr.
Die Jugendfarm ist eine betreute offene Freizeiteinrichtung für Kinder und Jugendliche.
Auf einer Jugendfarm können die Kinder beispielsweise Tiere pflegen, füttern, misten, streicheln, reiten, Buden bauen, basteln, malen, werken, Kioskverkäufer sein, Fußball spielen, Abenteuer erleben und vieles mehr.
Verschiedene Ebenen der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen sollen angesprochen werden, in dem man ihre sozial-kognitiven Fähigkeiten schult. Dabei stehen Selbstständigkeit und Eigeninitiative im Vordergrund und im Gegensatz zu vorgefertigten anspruchslosen Spielmaterialien und -formen. Die Kinder sollen selbst tätig werden und ihre Freizeit sinnvoll gestalten.
Kinder und Jugendliche kommen teilweise täglich auf die Farmen und kümmern sich um die Tiere. Dabei lernen sie Verantwortung zu übernehmen und ihr Umweltbewusstsein wird geschult.
Der Eintritt ist kostenlos. Wenn Kinder regelmäßig zum spielen kommen möchten, sollten sie angemeldet und versichert werden.
Geschichte
Vorbild verschiedener Konzeptionen von Abenteuerspielplätzen in Deutschland sind die "Skrammellegeplads", die Gerümpelspielplätze, die schon 1943 in Dänemark eröffnet wurden. Die Konzeption resultiert aus der Beobachtung des Landschaftsarchitekten C. Th. Sorenson, der Kinder beim Spielen auf Baustellen und Schrottplätzen beobachtete. Aus der Idee heraus entwickelten sich dann die "Byggelegepladser", die Bauspielplätze. Als weiterer Vorläufer gelten die "Robinsonspielplätze", die in der Schweiz etabliert sind, und die durch die typischen Bereiche und Inhalte wie Feuer, Wasser und Tierhaltung stark an Abenteuerspielplätze erinnern.
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern hielt die Abenteuerspielplatzbewegung in Deutschland ihren Einzug relativ spät. Sie entwickelte sich Mitte der 1960er im Zuge der Entstehung von offener Kinder- und Jugendarbeit. In dieser Zeit der Studentenbewegung waren es Initiativgruppen von Eltern, Pädagogen und Studenten, die bisherige Erziehungskonzepte sowie gesellschaftliche Verhältnisse, phantasielose Spielplätze und Funktionalisierung öffentlicher Räume hinterfragten und die „die soziokulturellen Lebensbedingungen in ihrem Wohnbereich verbessern wollten“ (Hiltrud von Spiegel). Ziel war eine alternative Kindererziehung, die den Kindern wieder sinnliche Erfahrungen ermöglicht und Kindheit „entkolonisiert“ und „entkommerzialisiert“. Aus dieser Bewegung heraus entstanden Spielmobile, Kinderspielclubs, Spielhäuser und die Stadtteilbezogene Arbeit und 1967 der erste Abenteuerspielplatz im Märkischen Viertel in Berlin. Zeitnah wurde 1972 die erste Jugendfarm auf einem vorher privat geführten Bauernhof in Stuttgart-Elsental gegründet. Daraus wurde auch in Deutschland eine ganze Bewegung und bis heute sind viele Abenteuerspielplätze und Jugendfarmen, insbesondere in Ballungsgebieten entstanden.
Die Abenteuerspielplatz-Bewegung ist konzeptionell und historisch eng mit der Spielmobil-Bewegung verbunden. Oft verstehen sich Spielmobile im ähnlichen pädagogischen Auftrag wie die Abenteuerspielplätze und sehen sich selbst als kleine rollende Abenteuerspielplätze.
Literatur
- Rainer Deimel: Abenteuerspielplätze, in: Ulrich Deinet/Benedikt Sturzenhecker: Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. 3., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005. ISBN 3-8100-4077-0
- Johann R. Krauss: Der Abenteuerspielplatz: Planung, Gründung und pädagogische Arbeit. Verlag E. Reinhardt, München 2003. ISBN 3-497-01652-7