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Neo-Modernismus

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Mit dem Schlagwort Neo-Modernismus wird im konfessionellen Zusammenhang das theologische Bemühen bezeichnet, einige Teilaspekte des Modernismus als brauchbare Ansätze für eine Reform von Theologie und Kirche aufzugreifen. Meist wird der Begriff jedoch in kritischer Absicht verwendet, um die Nähe dieser Anstrengungen zum 1907 päpstlicherseits verurteilten Modernismus (alle Nachfolger bestätigten diese Verurteilung) aufzuzeigen.

Nouvelle Theologie

Konservative katholische Theologen sehen eine Kontinuität vom Modernismus, den Papst Pius X. 1907-1909 erfolgreich bekämpfte, zur so gen. "Schule von Lyon" und der Nouvelle theologie, als dessen Mittelpunkt der Jesuit und Konzilstheologe Henri de Lubac und der Dominikaner Yves M.-J. Congar gelten. Vor einigen Strömungen dieser neueren Richtung warnte Papst Pius XII. in seiner Enzyklikla Humani generis.

Konzilstheologie

Aus der Sicht dieser Kritik hat die Erweiterung der Schultheologie des 19. Jh. um eine stärkere Berücksichtigung der Kirchenväter und Theologen des ersten christlichen Jahrtausends im Ergebnis nur die Klarheit der Dogmatik geschwächt. Fazit dieser Reform sei die Öffnung der Kirche für das moderne, subjektive Kriterium der Wahrheit. Die Befürworter der konziliaren Öffnung (rd. 99,8% der Katholiken) halten eine legitime Pluralität theologischer Konzepte jedoch für eine Bereicherung, die vielen überhaupt erst einen Zugang zur Religion ermöglicht habe.

Interreligiöser Dialog

Als Beweis für einen fortschreitenden Neo-Modernismus in der katholischen Kirche sieht diese kritische Richtung den interreligiösen Dialog an, dessen sinnfälliger Ausdruck die Gebetstreffen für den Frieden in Assisi 1986 und 2002 waren. Hier zeige sich, dass auch das päpstliche Lehramt, den Paradigmenwechsel hin zum Subjektivismus mitvollzogen habe. Die gemeinsame Aktion verschiedener Religionen war jedoch nicht dazu geeignet, dogmatische Fragen zu relativieren.

Gott und die Wissenschaft

Wer die jüngeren Anstrengungen von Theologie und Kirche um ein vertieftes Verständnis des modernen Menschen, insbesondere den atheistischen Humanismus nur in den Kategorien des Modernismusstreits zu deuten versteht, hat aber seinerseits die tiefgreifende Veränderung des modernen Weltbildes in Folge der humanitären Katastrophen des 20. Jh. kaum zur Kenntnis genommen. Zugleich hat sich die Naturwissenschaft der religiösen Frage gegenüber wieder geöffnet, indem sie die Allzuständigkeit für eine Aufklärung der Menschheitsprobleme ablehnt.

Würdigung

Der Dialog des Katholizismus mit der "Welt von heute" hat sich als schwieriger erwiesen, als zu Zeiten des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965) vermutet wurde. Die Selbstkorrektur der Kirche hat zwar zahlreiche Andersdenkende überrascht und beeindruckt. Die Sorge darum, dass die Kirche aber vor allem Autoritätsansprüche reaktivieren will, hält viele Menschen weiterhin auf Distanz. Eine Fortsetzung des Dialogs zu verweigern, indem diese Bemühungen als "Neo-Modernismus" etikettiert werden, stützt vor allem diese Befürchtungen der Kirchenfernen. Die Kirche wird noch sorgfältiger erklären müssen, welche Art von Autorität sie weiterhin in Anspruch nehmen will und dass sie im übrigen die offene Gesellschaft der Moderne akzeptiert.