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Batavische Republik

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Die Batavische Republik (Bataafse Republiek) war eine durch französischen Revolutionsexport errichtete Tochterrepublik, gebildet aus der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, ausgerufen am 19. Januar 1795, umgewandelt in das Königreich Holland am 5. Juni 1806.

Zu Beginn des Ersten Koalitionskrieges gegen das revolutionäre Frankreich (1792-1797) blieb die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande zwar neutral. Als wichtigster Geldgeber Großbritanniens, das seinerseits zum Hauptfeind der Revolution wurde, verwickelte sie sich aber in den Konflikt, und am 1. Februar 1793 erklärte ihr die Französische Republik den Krieg. Im Winter 1794/1795 überschritt deren Heer die niederländische Grenze und nahm Amsterdam am 20. Januar 1795. Am 16. Mai 1795 schlossen die Französische und die bereits konstituierte Batavische Republik den Friedensvertrag von Den Haag; die Exklaven Maastricht, Venloo, Staats-Limburg und Staats-Flandern wurden in die bereits französisch gewordenen Österreichischen Niederlande (das heutige Belgien) integriert, und die Batavische Republik musste mit hohen Kontributionen eine französische Armee von 30 000 Mann auf ihrem Staatsgebiet unterhalten. Eine Defensiv- und Offensivallianz verband die beiden Republiken im weiteren Kampf gegen die Koalition (v. a. Österreich und Großbritannien).

Die Batavische Republik war nicht bloß ein Produkt französischer Macht, sie wurde von einem ansehnlichen Teil der niederländischen Gesellschaft getragen. Eine Republik war das Land zwar bereits seit 1581, doch war dieses geprägt von einer abgeschlossenen politischen Elite aus kaufmännischer Aristokratie und dem Haus Oranien, welches das seit 1747 erbliche Statthalteramt (oberster Heer- und Marineführer) innehatte. Gegen die immer stärkere Oligarchisierung der Machtstrukturen regte sich insbesondere seit dem letzten Viertel des 18. Jh. Widerstand; am Ideengut der Aufklärung orientierte sogenannte Patrioten stellten demokratische Forderungen, konnten diese aber nach ersten Erfolgen nicht durchsetzen und mussten sich nach preußischer Intervention 1787 sogar in großer Zahl nach Frankreich flüchten. Entschieden wurde die innenpolitische Auseinandersetzung durch die Invasion der französischen Armee, dank der die zurückgekehrten Exilanten und die im Land verbliebenen Patrioten die Staatsgeschäfte übernehmen konnten.

Die Batavische Republik war ein Einheitsstaat mit einer Verfassung nach dem Vorbild des französischen Direktoriums von 1795 und bedeutete den Übergang von einer im europäischen Mächtekonzert bedeutungslos gewordenen, überalterten und ineffizienten Föderation (absolutistische Monarchien wie Frankreich oder Preußen waren weitaus moderner regiert als das Bündnis von sieben weitgehend autonomen Provinzen) zu einer zentralisierten Regierung. Außenpolitisch hatte die Republik als Satellit Frankreichs weiterhin keine Stimme, aber innenpolitisch blieb der Wandel, beispielsweise in der Religionsfreiheit, nicht ohne Auswirkung; viele Neuerungen wie die Standardisierung des Niederländischen wurden später beibehalten.

Die Nationalversammlung, das Parlament, das als Nachfolger der 1795 eingesetzten provisorischen Volksvertretung erstmals 1796 zusammentrat, war gekennzeichnet von Fraktionskämpfen und Verfassungskämpfen. 1798 und 1801 kam es zu Staatsstreichen, im ersten Fall, um demokratische Veränderungen voranzutreiben, im zweiten, um diese wieder rückgängig zu machen; dieser Coup wurde von einem französischen Offizier angeführt mit Unterstützung Napoleon Bonapartes, dessen Herrschaft als erster Konsul in Frankreich schon weitgehend undemokratisch geworden war. 1805 ernannte Napoleon Rutger Jan Schimmelpenninck zum „Ratspensionär“, d. h. autoritären Staatspräsidenten, und 1806 schließlich verwandelte er die Republik in eine Monarchie mit seinem Bruder Louis als König.

Bemerkungen

Datei:Batavische Rep Kriegsmarine.gif
Batavische Republik (Flagge der Kriegsmarine)
Batavische Republik (Gösch der Kriegsmarine)
  • Der Staatsname geht auf die Bataver zurück, einen urtümlichen Volksstamm, der während der römischen Zeit auf dem südlichen Gebiet der heutigen Niederlande siedelte. Wie bei den meisten französischen Tochterrepubliken bedeutete der antikisierende Name, dass der neue Staat sich auf eine frühere, naturrechtliche und nicht feudale Gesellschaftsordnung berief.
  • Im Gegensatz zu den anderen Tochterrepubliken musste sich die Batavische Republik keine neuerfundene Trikolore in Nachahmung der französischen geben. Am 14. Februar 1796 dekretierte sie die traditionelle niederländische Trikolore mit der waagrechten Teilung in Rot-Weiß-Blau (die nicht in Verbindung mit dem senkrechten französischen Blau-Weiß-Rot steht) per Gesetz zur Nationalfahne. Für die Schiffe der Kriegsmarine wurde jedoch eine Ergänzung der Flagge angeordnet, die wie folgt beschrieben wurde: „Es wird ein Feld eingefügt, die eine Repräsentation einer weiblichen Figur in einer graziösen Haltung enthält, auf einem Flecken grünen Laubs sitzend, sowie einen Speer mit dem Freiheitshut in der Hand haltend. Zu ihren Füßen sitzt ein Löwe, den Kopf zur Seite geneigt und mit einem wilden Gesichtsausdruck ausgestattet.“
  • Die Illustration wurde selbstständig als Bugflagge (Gösch) auf allen Kriegsschiffen benutzt.
  • Das Feld in der Flagge wurde 1806 mit Errichtung der Monarchie wieder abgeschafft.
  • Als neuer Verbündeter Frankreichs wurde die Republik 1795 zum Feind der Koalition, der das alte niederländische Kolonialreich weitgehend schutzlos preisgegeben war. Um die überseeischen Besitzungen wenigstens in Teilen zu retten, schloss der geflohene Statthalter der Niederlande im Jahre 1796 einen Vertrag mit Großbritannien, in dem er die Kolonien in britische "Sicherheitsverwahrung" überantwortete und deren Gouverneuren die Anweisung gab, sich der neuen Hoheit zu unterstellen. Die Batavische Republik scheiterte mit ihren Rückeroberungsversuchen wie beispielsweise einer Expedition in die Kapkolonie und verlor letztlich einen großen Teil des Kolonialreiches: Guyana und Ceylon wurden durch den Frieden von Amiens 1802 britisch, die Kapkolonie blieb zwar auf dem Papier holländisch, wurde dann aber 1806 erneut, nun endgültig, von den Briten übernommen. Die übrigen Kolonien gelangten 1814 wieder unter niederländische Verwaltung.

Siehe auch: Geschichte der Niederlande