Demokratische Republik Kongo
Die Demokratische Republik Kongo (DR Kongo), ehemals Zaire, liegt in Zentralafrika und grenzt an die Republik Kongo, die Zentralafrikanische Republik, den Sudan, Uganda, Ruanda, Burundi, Tansania, Sambia und Angola. Sie hat einen kurzen Küstenstreifen am Atlantik, der eine angolanische Exklave erzeugt, die vom Rest des Staates abgetrennt ist.
- Fläche: ca. 2,344,885 km²
- Einwohner: ca. 55,000,000
- Hauptstadt: Kinshasa
- Städte: Kinshasa 7 Mio. Einw., Lumbumbashi 1 Mio., Mbuji-Mayi 700,000, Kolwezi 600,000, Kisangani 450,000, Kananga 430,000, Lisaki 320,000, Boma 300,000, Bukavu 270,000, Kikwit 240,000, Matadi 220,000, Mbankada 200,000.
- Amtssprache: Französisch
- Weitere Sprachen: Chiluba, Kikongo, Lingala, Kisuaheli, Luvena, Chkwe, Gbaya, Kituba u.a. (insegesamt über 400 Sprachen)
- Bruttosozialprodukt pro Einw.: 110$ (Stand 1998)
- Nationalfeiertag: 30. Juni (Jahrestag der Unabhängigkeit von Belgien)
- Staatsoberhaupt: Joseph Kabila
- Lebenserwartung: 49,7 Jahre (Männer) / 52,3 Jahre (Frauen)
- Pro-Kopf-Einkommen im Jahr (BSP): 120 US-Dollar
Seit 1994 wird die DR Kongo von ethnischen Unruhen und Bürgerkrieg erschüttert, angeheizt unter anderem durch Flüchtlingsströme aus Ruanda und Burundi. 1997 wurde das Regime von Mobuto durch eine von Laurent-Désiré Kabila angeführte Rebellion gestürzt. Kabila seinerseits hatte gegen eine von Ruanda und Uganda, später auch Burundi, militärisch unterstützte Rebellion zu kämpfen, dabei wurde er von Simbabwe, Angola, Namibia, Tschad und Sudan unterstützt. Am 10. Juli 1999 wurde ein Waffenstillstand unterzeichnet, der aber immer wieder durch sporadische Kämpfe gebrochen wurde. Im Januar 2001 fiel Laurent-Désiré Kabila einem Attentat zum Opfer, sein Sohn Joseph Kabila wurde sein Nachfolger als Staatspräsident der DR Kongo. Nach dessen Amtsübernahme wurde zunächst der Friedensprozess forciert.
Im Mai 2003 nahm der schon seit längerem schwelende Konflikt im Nordosten der DR Kongo an Heftigkeit zu, insbesondere in der Region Ituri und dessen Hauptstadt Bunia. Milizen des Stammes der Hema hatten die Kontrolle über die vorher von den Lendu dominierte Region gewonnen und verübten blutige Rachetaten.
Staat und Politik
10 Regionen und Hauptstadtdistrikt. Zentralistische Verwaltung. Seit dem 21. August 2000 besteht ein provisorisches Parlament mit 300 ernannten Mitgliedern. Seit 1997 sind politische Parteien verboten.
Geographie
Im Norden tropisches Tiefland, im Süden Feuchtsavanne, im Osten gebirgig.
Wirtschaft
Das Land ist reich an Bodenschätzen (Gold, Diamanten, Erdöl, Mineralien).
Geschichte
- 1876 (September): Gründung der vom belgischen König dominierten Internationalen Afrika-Association anlässlich der Internationalen Geographischen Konferenz in Brüssel.
- 1876/1877: Henri Morton Stanley (1841-1904) erforscht den Verlauf des Kongo-Flusses.
- 1878 (28.11.): Stanley bietet dem belgischen König Leopold II. seine Entdeckungen an. Dieser gründet ein »Comité d’Études du Haut-Congo«, das 1882 in »Association Internatonale du Congo« umbenannt wird.
- 1884/85: Berliner Konferenz zur Regelung der Handels- und Schiffahrtswege im Kongo-Gebiet.
- 1885: König Leopold II. erklärt sich zum Eigentümer des Kongo (23.4.) und erlässt eine Verfassung für den Kongo-Freistaat. Der Kongo wird Privatbesitz der belgischen Krone. Das Riesenland wird sukzessive kolonisiert und die bestehenden Bantureiche zerstört.
- 1891: Über wichtige Wirtschaftszweige (Elfenbein, Kautschuk) wird ein Staatsmonopol und für die Bevölkerung die Zwangsarbeit verordnet.
- 1908: Der Kongo-Freitstaat, bislang eine Privatdomäne des belgischen Königshauses, geht an den belgischen Staat über. Eine neue Verfassung (Charte Coloniale) verbietet die politische Betätigung in der Kolonie. Sie verfügt zudem, dass die Regierungsmitglieder nicht gewählt, sondern ernannt werden (bis 1957).
- 1910 (22.3.): Die offizielle Abschaffung der Zwangsarbeit erweist sich angesichts der damit verbundenen hohen Steuerbelastung als wirkungslos. Raubwirtschaft, andauernde Unterdrückung und Dezimierung der einheimischen Bevölkerung bestimmen die Szene.
- 1916 (Juni): Belgien unterstützt die britische Offensive in Deutsch-Ostafrika und besetzt Ruanda-Urundi.
- 1919 (30.5.): Belgien erhält mit Zustimmung Großbritanniens die Verwaltung über Ruanda-Urundi.
- 1925 (21.8.): Das Mandatsgebiet Ruanda-Urundi (heute Ruanda und Burundi) wird administrativ Belgisch-Kongo angegliedert.
- 1926 (11.2.): Die Kolonialverwaltung erlässt ein Verbot gegen alle afrikanischen (auch religiösen) Organisationen. Die Maßnahme richtet sich vor allem gegen den um 1921 entstandenen prophetischen Kimbanguismus und den um 1925 entstandenen Kitwala-Kult, in denen eine Gefahr für die belgische Herrschaft gesehen wird.
- 1926: Léopoldville (heute: Kisnahasa) löst Boma als Hauptstadt der Kolonie ab.
- 1931: Sezessionsbestrebungen in Katanga, der an Mineralstoffen reichsten Provinz der Kolonie. Die weißen Kolonisten widersetzen sich einer Stärkung der Zentralgewalt Léopoldvilles und fordern die direkte Unterstellung unter die belgische Regierung. In einer Verwaltungsreform wird Katanga 1933 dennoch eine Provinz innerhalb des Gesamtkongo.
- 1946 (13.12.). Ruanda-Urundi wird als UN-Treuhandschaftsgebiete unter belgischer Verwaltung administrativ vom Kongo getrennt. Die beiden Teilstaaten werden am 1. Juli 1962 in die Unabhängigkeit entlassen.
- 1958 (10.10.): Gründung des Mouvement Nacional Congolais (MNC), der bedeutendsten schwarzafrikanischen Partei unter der Führung von Patrice E. Lumumba.
- 1959 (13.1.): Belgien beschließt die schnelle Dekolonisation.
- 1959 (Okt.): Lumbumba wird verhaftet und gefoltert (Freilassung am 25.1.1960).
- 1960 (25.5.): In ersten freien Wahlen vereinigt der MNC die meisten Stimmen auf sich.
- 1960 (29.6.): Moïse Tshombé proklamiert die Unabhängigkeit Katangas, widerruft diese unter Androhung seiner Verhaftung jedoch sogleich wieder.
- 1960 (30.6.): Die belgische Kolonie Kongo wird als Republik Kongo in die Unabhängigkeit entlassen. Joseph Kasavubu (1917-1969) wird erster Staatspräsident, Patrice E. Lumumba (1925-1961) Ministerpräsident. Die militärische Führung bleibt in den Händen der Belgier.
- 1960 (5.-7. Juni): Nach Armeemeutereien gegen das ausnahmslos belgische Offizierskorps wird der belgische Oberbefehlshaber und sein Stab entlassen. Neuer Oberbefehlshaber wird Victor Lundula (*1911), Joseph Mobutu wird Stabschef. Die überstürzte Afrikanisierung des Offizierskorps führt zu einer massenweisen Flucht der Weißen, die einen Zusammenbruch auch der Zivilverwaltung bewirkt.
- 1960 (10.7.): Auf Ersuchen Tshombés intervenieren belgische Truppen in Elisabethville (heute: Lumumbashi), der Hauptstadt von Katanga.
- 1960 (11.7.): Tshombé erklärt mit belgischer und amerikanischer Unterstützung die Sezession der Provinz Katanga vom kongolesischen Staatsverband.
- 1960 (12.7.): Kasavubu und Lumumba erklären den Krieg mit Belgien.
- 1960 (15.7.): Landung weiterer belgischer Truppen in Katanga. Auch UN-Truppen greifen ein und beginnen mit der Entwaffnung der kongolesischen Armee. Die US-Botschaft und das UN-Oberkommando in Léopoldville entfalten sich zu den eigentlichen Machtzentren im Lande.
- 1960 (8.8.): Die Bergbauprovinz Kasai erklärt sich unter Albert Kalondji (*1919) als Süd-Kasai für unabhängig.
- 1960 (9.8.): Der UN-Sicherheitsrat beschließt, sich aus den Konflikten in Katanga und Süd-Kasai herauszuhalten. Die belgischen Truppen werden jedoch sukzessive von UN-Verbänden abgelöst (Aug./Sept.).
- 1960 (25./26. Aug.): Die kongolesische Armee besetzt Süd-Kasai und erobert die Hauptstadt Bakwanga. Kalondji flüchtet nach Katanga und kehrt mit belgischen Verbänden nach Süd-Kasai zurück. Ein Gegenangriff der Kongo-Armee missglückt (3.9.).
- 1960 (6.9.): Nach dem Debakel in Süd-Kaisai entlässt Staatspräsident Kasavubu Ministerpräsident Lumbumba. Neuer Regierungschef wird Joesph Ileo (*1922).
- 1960 (12.9.): Kasavubu lässt Lumumba vom neuen Oberkommandierenden Mobutu verhaften; Lumumba entkommt jedoch.
- 1960 (14.9.): In einem von den USA unterstützten Putsch übernimmt Joseph Mobutu die Macht. Kasavubu verbleibt in seinem Amt als Staatschef. Lumumba wird unter Hausarrest gestellt.
- 1960 (14.10.): Antoine Gizenga (*1925) zieht nach Stanleyville (heute: Kisangani) und besetzt mit Unterstützung des entlassenen Generals Victor Lundula und Teilen der Armee die Ostprovinz.
- 1960 (27.11.): Lumumba flieht aus Léopoldville, wird aber bei Mweka festgenommen und nach Thysville verbracht.
- 1960 (12.12.): Antoine Gizenga ruft in Stanleyville eine Gegenregierung aus, erzielen Erfolge in Kivu und dringen bis in das nördliche Katanga vor.
- 1961 (17.1.): Nach einer Militärmeuterei in Thysville (13.1.) werden Lumumba und zwei seiner Mitarbeiter ihrem Intimfeind Tshombé nach Katanga ausgeliefert und ermordert.
- 1961 (17.9.): UNO-Generalsekretär Dag Hammarskjöld, der sich in Katanga mit Moïse Tshombé treffen will, kommt bei einem Flugzeugabsturz bei Ndola (Zambia) ums Leben.
- 1961 (Dez.): Ende der Sezession Süd-Kasais. Nordkatanga wird der Zentralregierung Léopoldvilles unterstellt.
- 1962 (16.1.): Kongo- und UN-Truppen besetzen Stanleyville. Antoine Gizenga wird verhaftet.
- 1963 (14.1.): UN-Truppen beenden die Sezession Katangas. Tshombé geht ins Exil (14.6.).
- 1964 (30.6.): Die UN-Truppen verlassen den Kongo.
- 1964 (5.7.): Auf Druck europäischer Länder und der USA beauftragt Präsident Kasavubu Tshombé mit der Regierungsbildung.
- 1964 (Sept.-Nov.): Bürgerkrieg in weiten Teilen des Landes.
- 1965 (13.10.): Kasavubu entlässt seinen Rivalen Tshombé und beruft Evariste Kimba (1926-1966) zum neuen Premier, der jedoch vom Parlament abgelehnt wird (14.10.).
- 1965 (25.11): General Mobutu putscht sich an die Macht. Staatschef Kasavubu und Premierminister Kimba werden abgesetzt. Oberst Léonard Mulamba (*1928) wird neuer Regierungschef (28.11.).
- 1966 (22.3.): Mobuto erhebt sich zum Präsidenten und übernimmt alle gesetzgeberische Macht.
- 1967 (30.6.): Der im spanischen Exil lebende Moïse Tshombé wird entführt und nach Algerien verschleppt, wo er 1969 stirbt.
- 1970 (19.11.): Mobutus Partei, der Mouvement Populaire de la Révolution (MPR), erklärt den Einparteienstaat, in dem alle Bürger zu Mitgliedern gemacht werden.
- 1970 (5.12.): Mobuto übernimmt den Vorsitz des Obersten Gerichtshofes.
- 1970 (23.12.): der Mouvement Populaire de la Révolution (MPR) wird oberstes Staatsorgan.
- 1971 (27.10.): Umbenennung des Landes in Republik Zaïre.
- 1974-1981: Fortdauer der politischen Unrast. Zahlreiche Aufstände, Umsturzversuche und militärische Interventionen fremder Söldnertruppen zur Stützung des Mobutu-Regimes.
- 1988 (April): Verbot von 357 Kirchen und Sekten in Zaïre.
- 1990: Normalisierung des Verhältnisses zu Belgien.
- 1996 (Okt./Nov.): Aus Ruanda fliehen Hunderttausende von Tutsi-Rebellen verfolgte Hutu nach Zaïre.
- 1997 (15.3.): Nach monatelangen Kämpfen erobert eine Rebellenarmee unter Führung von Laurent Désiré Kabila (*1941) die ost-zaïrische Stadt Kisangani.
- 1997 (16.5.): Sturz der Mobutu-Diktatur. Laurent Désiré Kabila zieht in Kinshasa ein, entmachtet Staatschef Mobutu und erklärt sich zum neuen Präsidenten (29.5.). Mobutu begibt sich nach Marokko ins Exil, wo er am 7. Sept. stirbt. Zaïre wird wieder in Kongo umbenannt (mit dem Zusatz »Demokratische Republik«).
- 1997 (April-Mai): Weitere Verschärfung der Flüchtlingssituation der aus Ruanda einströmenden Hutu im Osten des Kongo.
- 2001 (16.1.): Präsident Laurent-Désiré Kabila wird ermordet. Die Nachfolge tritt sein Sohn Joseph Kabila an (Vereidigung am 26.1.).
- 2002 (Januar): Ausbruch des Vulkans Nyirangongo nahe der Stadt Goma im Osten des Landes.
- 2003 (Juni): In der Provinz Ituri (Nordost-Kongo) führen ethnische Konflikte zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Einsatz französischer Soldaten.
Links
- http://www.wsws.org/de/2002/jan2002/lumu-j25.shtml - Der gewaltsame Tod von Patrice Lumumba
- http://home.t-online.de/home/F.Vohla/texts/ousmane4.html - Zum 40. Jahrestag der Unabhängigkeit
- Thierry Michel (Buch/Regie): Mobutu, King of Zaire. Belgien 1999, 135 min.
- http://www.un.int/drcongo/ - UN-Mission in der DRC
Literatur
- Adam Hochschild: Schatten über dem Kongo, ISBN 3499613123
- Ludo De Witte: Regierungsauftrag Mord, ISBN 3931801098
- Joseph Conrad: Im Herz der Finsternis, ISBN 3518398261
- Urs Widmer: Im Kongo, ISBN 3257230109