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Chinesische Schrift

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漢字

Die chinesische Schrift hat ihren Ursprung vor über 3000 Jahren.

Die ältesten Schriftzeichen (漢&#23383 chin.:hanzi, jap.:kanji) waren in Rinderknochen und Schildkrötenpanzer eingeritzte Bildzeichen aus der Zeit ca. 1400 v. Chr. Sie wurden 1899 in Anyang gefunden. Es wird davon ausgegangen, dass zum damaligen Zeitpunkt bereits 5000 verschiedene Zeichen existierten. Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends entwickelte sich die Bilderschrift zu einer voll verkehrsfähigen Schrift, die in der Lage war Syntax und Semantik einiger der damaligen Sprachen im Raum der heutigen Volksrepublik China vollständig abzubilden. Mit der chinesischen Reichseinigung unter dem ersten Kaiser 秦始皇帝 Qin Shi Huang Di ca. 200 v. Chr. fand eine große Schriftvereinheitlichung statt.

Das älteste Lexikon für die Schriftzeichen ist das Shuowenzi 說文字 ("Erklärung der Schriftzeichen") aus dem Jahr 121 n.Chr. Die Schriftzeichen sind dort nach einem System von wieder erkennbaren Elementarzeichen, den sog. 'Radikalen' eingeteilt. Dieses System, die Schriftzeichen durch Radikale zu klassifizieren, hat sich bis heute erhalten. Die Zahl der Radikale, die im Shuowenzi noch 512 betrug wurde jedoch immer weiter reduziert, so dass die heute am weitesten verbreitete Einteilung für die traditionellen chinesischen Zeichen 214 Radikale als Klassezeichen verwendet. Diese Einteilung wurde durch seine Verwendung im gigantische Kangxi-zidian 康熙字典 ("Lexikon der Ära Kangxi") aus dem Jahre 1716 verbreitet. Es enthält bereits ca. 49.000 Schriftzeichen. Das Kanji-Database-Projekt ist im Moment dabei, die in Unicode 3.1 fesgelegten 70.000 Zeichen mit den 90.000 Zeichen der Mojikyo-Fonts unter einen Hut zu bringen.

Die Schriftzeichen werden in China nach sechs verschiedenen Arten (六書 Liushu) unterschieden:

  • 1. 象形 Xiangxing "Bildzeichen" - tatsächlich Piktogramme.
  • 2. 指事 Zhishi "auf Tatbestände deuten" - Symbole, Ideogramme.
  • 3. 會意 Huiyi "Vereinigung der Bedeutungen" - Zeichen, die aus zwei oder mehr Zeichen mit verschiedenen Bedeutungen zusammengesetzt sind und deren Inhalt mit dem neuen Gesamtinhalt zusammenhängt.
  • 4. 形聲 Xingsheng "Form und Ton" - Zeichen, die aus einem laut- und einem bedeutungsandeutenden Zeichen zusammengesetzt sind.
  • 5. 轉注 Zhuanzhu "wenden und gießen" - Synonyme
  • 6. 假借 Jiajie "unter falschem Namen" - Zeichen, die wegen gleicher Lautung für eine andere Bedeutung verwendet werden.

90% Prozent aller Schriftzeichen fallen dabei unter die Gruppe 4 形聲 Xingsheng.

Die Schriftzeichen wurden im Rahmen des Kulturtransfers, der Eroberung und der Missionierung durch den Buddhsismus in den Ländern Japan, Korea und Vietnam übernommen. Dort wurden sie zum Teil durch Silbenschriften erweitert (Hiragana und Katakana in Japan), parallel zu Silbenschriften verwendet (in Korea) oder, wie in Vietnam, schließlich nach dem Ende der Kolonialherrschaft der Franzosen und Amerikaner abgeschafft.

Die Schriftzeichen sind im Gegensatz zur gesprochenen Sprache eindeutig, d.h. dass trotz der zahlreichen Homophone jedes Wort ein eigenes Zeichen hat. Ausserdem diente in der Vergangenheit die Schrift als Verständigungsmöglichkeit zwischen Sprechern verschiedener chinesischer Sprachen, da alle Sprachen die gleichen Zeichen benutzen.

Im Jahre 1955 fand in der Volksrepublik China eine Schriftreform statt, im Verlauf derer eine Vereinfachung der meisten der häufig gebrauchten Schriftzeichen vorgenommen wurde. Die traditionellen Langzeichen werden jedoch heutzutage vielfach parallel verwendet und kehren seit den Lockerungen in der Volksrepublik immer mehr in den Alltag zurück. In Taiwan und Hongkong wurde die Tradition des Schreibens mit Langzeichen bis heute nicht unterbrochen.

Die Wörter setzen sich zumeist aus mehreren Zeichen zusammen. Ursprünglich bestanden im antiken Chinesisch die meisten Wörter aus einem oder zwei Zeichen. Die immer weitergehende Verlängerung der Wörter hat sich im 20. Jahrhundert seit der Gründung der Republik noch verstärkt.

Die Schreibrichtung war in der vormodernen Zeit in der Regel von oben nach unten und von rechts nach links. Seit der Schriftreform wird in der VR-China in Büchern meistens wie bei europäischen Büchern von links nach rechts und von oben nach unten geschrieben. Inschriften über Portalen und Türen sind in der VR-China häufiger von rechts nach links geschrieben. In Japan sind Portalüberschriften eher -so wie in Europa- von links nach rechts, bei Tempeln und Schreinen allerdings fast ausschließlich traditionell von rechts nach links geschrieben.

Die Interpunktion 標點 biaodian in ihrer heutigen vollständig ausgereiften Form wurde durch den Kontakt mit dem Westen erst nach und nach im 20. Jahrhundert eingeführt. Allerdings sind schon auf den frühgeschichtlichen Knocheninschriften eingeritzte Striche zu erkennen, die wahrscheinlich zur Abgrenzung semantischer Einheiten dienten. In den antiken Texten war Interpunktion unüblich und die Leser konnten sich selbst ihre 讀 dou "Pausenzeichen" in die Texte schreiben. Diese bestanden meistens in einem kleine Kreis "。" 圈quan oder in einem Punkt 點dian. Der Vorgang des Hineinschreibens der Interpunktion in den Text wird seit der Han-Zeit als 句讀 judou "Sätze lesen" bezeichnet. Große Gelehrte konnte man daran erkennen, wie souverän sie in der Lage waren, die Interpunktion zu setzen. Noch heute findet man in den Buchhandlungen Taiwans Ausgaben von Klassikern, in denen die Zeichensetzung berühmter Gelehrter notiert ist.

Leseempfehlung:

  • Chinesische_Sprache
  • Eugen Feiffel, "Geschichte der chinesischen Literatur", Georg Olms Verlag, Hildesheim, Zürich, New York, 1982
  • Endymion Wilkinson, "Chinese History - A Manual", Harvard-Yenching Institute Monograph Series, 52, Harvard University Press, Cambrigde(Massachusetts) und London, 2000