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Skalarprodukt

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In der Mathematik und vielen ihrer Anwendungsbereiche versteht man unter dem Skalarprodukt, inneren Produkt oder Punktprodukt zweier Vektoren eine Zahl, welche Informationen über die Längen und die relative Lage der Vektoren zueinander liefert: Zwei Vektoren (von denen keiner der Nullvektor ist) stehen genau dann senkrecht aufeinander, wenn ihr Skalarprodukt Null ist; zeigen sie hingegen in dieselbe Richtung, so ist das Skalarprodukt das (gewöhnliche) Produkt ihrer Längen.

Notation

Bevor auf Bedeutungen und Definitionen des Skalarproduktes eingegangen wird, werden zunächst die verschiedenen hauptsächlich benutzten Schreibweisen vorgestellt.

  • Vor allem in der Mathematik werden üblicherweise spitze Klammern verwendet: .
  • Daneben existiert auch die Schreibweise , wenn klar festgelegt ist, aus welchen Räumen und kommen.
  • In der Schulmathematik und den angewandten Wissenschaften werden meist Vektoren durch eine besondere Notation als solche kenntlich gemacht (meist mit Pfeil, oft auch mit Fettdruck); dann wird bevorzugt das Multiplikationszeichen geschrieben: .

Wie bei der normalen Multiplikation kann das Multiplikationszeichen auch ganz weggelassen werden, wenn keine Missverständnisse auftreten können: = ist ein Skalarprodukt, dagegen ist eine Skalarmultiplikation.

Auch in diesem Artikel werden verschiedene Schreibweisen verwendet, um deren adäquate Anwendung zu demonstrieren.

Definition im endlichdimensionalen Euklidischen Raum (Kanonisches Skalarprodukt)

In der linearen Algebra ist das Skalarprodukt oder innere Produkt zweier Vektoren

   und   

des n-dimensionalen Euklidischen Raumes als jene reelle Zahl definiert, die sich als Summe der Produkte der Komponenten der Vektoren ergibt:

.

Im dreidimensionalen Euklidischen Raum berechnet man also das Skalarprodukt von zwei Spaltenvektoren zum Beispiel als

.

Mit Hilfe des Skalarproduktes ist es möglich, die Länge eines Vektors zu berechnen: nach dem Satz des Pythagoras gilt

.

Insbesondere gilt

.

Damit diese Eigenschaft erhalten bleibt, definiert man im Fall des komplexen Vektorraums über dem Körper das Skalarprodukt folgendermaßen:

wobei der Überstrich die komplexe Konjugation bedeutet. Alternativ könnte man auch

definieren. Beide Definitionen sind theoretisch an sich gleichwertig; in der Praxis ist es aber zweckmäßig, sich auf eine einzige Definition zu einigen, wobei anscheinend in der Literatur die Mathematiker die Version bevorzugen, die Physiker hingegen die Version .

Rechenregeln

  • Während das Skalarprodukt im reellen Fall symmetrisch ist (), ist es im komplexen Fall hermitesch ().
  • Das Skalarprodukt ist nicht assoziativ (und kann es im eigentlichen Sinne auch gar nicht sein, weil sein Wert ein Skalar und nicht wieder ein Vektor ist).
  • Das Skalarprodukt ist distributiv bezüglich der Vektoraddition und Subtraktion.
  • Das Skalarprodukt hat Nullteiler; das bedeutet, es gibt vom Nullvektor verschieden Vektoren und , so dass . Solche Vektoren werden als zueinander orthogonal bezeichnet. Wie die Darstellung des Skalarprodukts mittels Kosinus zeigt, stimmt diese Definition von orthogonal mit der geometrischen Definition überein.

Allgemeine Definition

  • Ein Skalarprodukt oder inneres Produkt auf einem reellen Vektorraum ist eine symmetrische positiv definite Bilinearform , d.h. für und gelten die folgenden Bedingungen:
    1. bilinear:
    2. symmetrisch:
    3. positiv definit: und nur für
  • Ein Skalarprodukt oder inneres Produkt auf einem komplexen Vektorraum ist eine hermitesche positiv definite Sesquilinearform , d.h. für und gelten die folgenden Bedingungen:
    1. sesquilinear:
    2. hermitesch:
    3. positiv definit: , und nur für . (Dass reell ist, folgt aus Bedingung 2.)

Ein reeller oder komplexer Vektorraum, in dem ein inneres Produkt definiert ist, heißt Innenproduktraum oder Prähilbertraum; ist er darüber hinaus auch noch vollständig bezüglich der durch das innere Produkt generierten Norm, wird er als Hilbertraum bezeichnet.

Abweichende Definitionen:

  • Oft wird jede symmetrische Bilinearform bzw. jede hermitesche Sesquilinearform als Skalarprodukt bezeichnet; mit diesem Sprachgebrauch beschreiben die obigen Definitionen „positiv definite Skalarprodukte“.
  • Im komplexen Fall ließe sich das Skalarprodukt alternativ als semilinear im zweiten und linear im ersten Argument definieren. In der Physik wird jedoch die obige Variante durchgängig benutzt (siehe Bra- und Ket-Vektoren). Siehe hierzu auch den Abschnitt „Skalarprodukt als Matrizenprodukt“ weiter unten.

Abgrenzung zu anderen Produkten

Das Skalarprodukt ist von mehreren anderen Produkten zu unterscheiden, die in einem Vektorraum über einem Körper definiert sein können:

Skalare Multiplikation

Das Skalarprodukt ist eine Funktion von nach . Die skalare Multiplikation, also die Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar, ist eine Funktion von nach und ist per Definition in jedem Vektorraum definiert.

Kreuzprodukt

Wenn der Vektorraum die Dimension hat, kann man ferner ein Vektorprodukt, auch Kreuzprodukt genannt, definieren, das eine Funktion von nach ist. (In höherdimensionalen Räumen hat man eine Verallgemeinerung des Kreuzprodukts, das dann mehr als zwei Vektoren verknüpft.)

Äußeres Produkt

Das äußere Produkt ist eine Verknüpfung für Multilinearformen. Manchmal wird auch das Kreuzprodukt äußeres Produkt genannt.

Spatprodukt

Das Spatprodukt in einem dreidimensionalen Raum schließlich entsteht durch Verknüpfung von Skalar- und Vektorprodukt; es ist eine dreistellige Funktion von nach .

Skalarprodukt als Matrizenprodukt

Das Skalarprodukt lässt sich auch als Matrizenprodukt schreiben, indem man den Vektor als Matrix interpretiert: Im reellen Fall gilt

,

wobei das T für die transponierte Matrix steht. ist in diesem Fall eine symmetrische, positiv definite Matrix.

Im komplexen Fall gilt (für den links linearen, rechts semilinearen Fall)

,

wobei das H für die Hermitesche adjungierte Matrix steht. ist in diesem Fall eine hermitesche, positiv definite Matrix.

Wählt man in beiden Fällen für die Einheitsmatrix, so erhällt man das übliche Skalarprodukt.

Komponentenweises Produkt

Das komponentenweise Produkt wird in manchen Programmiersprachen (z. B. MATLAB) mit ".*" bezeichnet, z. B.

.

In der Mathematik gibt es keine spezielle Notation dafür, insbesondere spielt das komponentenweise Produkt in der linearen Algebra keine besondere Rolle, da es wesentlich von der gewählten Basis abhängt und es daher keine anschauliche geometrische Interpretation dafür geben kann.

Skalarprodukt und Winkel

Winkelberechnung im Euklidischen Raum

Das Skalarprodukt ist ursprünglich im Rahmen der analytischen Geometrie im Euklidischen Raum eingeführt worden. So ist es mit Hilfe des Skalarproduktes beispielsweise möglich, den Winkel zwischen zwei Vektoren zu berechnen: Das Skalarprodukt ergibt sich nämlich auch aus den Beträgen der beiden Vektoren und dem Kosinus des von diesen eingeschlossenen Winkels gemäß der Formel


Um dies zu zeigen, mögen drei Vektoren, des Euklidischen Raumes betrachtet werden.

Datei:SkalarproduktSkizze.jpg

Wegen des Kosinussatzes ist die Länge des dem Winkel gegenüberliegenden Vektors

Da sich aus ergibt, erhält man

.

Berechnet man nun die Länge über das Skalarprodukt, so erhält man

.

Aus den Rechenregeln für das Skalarprodukt ergibt sich dann

und daraus die gewünschte Beziehung

.

Skalarprodukt und Orthogonalität

Aus der Winkeldarstellung des Skalarprodukts folgt, dass das Skalarprodukt zweier von Null verschiedenen Vektoren genau dann Null ist, wenn der Kosinus des von ihnen eingeschlossenen Winkels Null ist, wenn also die beiden Vektoren zueinander orthogonal sind.

Winkeldefinition im abstrakten Fall

Die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung besagt, dass für das abstrakte Skalarprodukt die Beziehung

gilt, die im Falle zu

umgeformt werden kann. Daher lässt sich auch im abstrakten Fall mittels

der Winkel zweier Vektoren definieren.

Berechnung des Skalarprodukts mit Hilfe seiner Komponenten

In einem endlichdimensionalen reellen Vektorraum ist das in der Einleitung definierte Skalarprodukt

nicht die einzige Funktion, die der abstrakten Definition des inneren Produkts entspricht. So genügt beispielsweise auch die Funktion

für jede positiv definite, hermitesche Matrix der abstrakten Definition eines inneren Produkts. Lässt sich nun aber zu einem gegebenen inneren Produkt eine Orthonormalbasis finden, also eine Menge von Vektoren mit

,

wobei

das Kroneckersymbol darstellt, und kann man und in dieser Basis darstellen, so erhält man aus den Rechenregeln des inneren Produktes

,

also genau die in der Einleitung definierte Berechnung des Skalarprodukts mit Hilfe seiner Komponenten. Im endlichdimensionalen Fall lässt sich zeigen, dass es stets möglich ist, eine solche Orthonormalbasis zu finden, beispielsweise über die Gram-Schmidt-Orthogonalisierung.

Der Begriff der Orthonormalbasis und die Berechnung des inneren Produkts mit Hilfe seiner Komponenten lassen sich auf unendlichdimensionale Räume verallgemeinern, wobei die Vektoren üblicherweise nur als eine unendliche Summe von Vektoren aus der Orthonormalbasis dargestellt werden können und das innere Produkt daher ebenfalls eine unendliche Summe wird. Die Orthonormalbasis ist also keine Basis im Sinne der linearen Algebra, die eine Darstellung jedes Vektors als endliche Summe von Basisvektoren ermöglicht. Zur besseren Unterscheidung wird daher im unendlichdimensionalen Fall die Basis im Sinne der linearen Algebra als Hamelbasis bezeichnet.

Skalarprodukt und unitäre Transformationen

Aus der Darstellung des Skalarprodukts mittels Winkel

folgt geometrisch, dass das Skalarprodukt invariant gegenüber längen- und winkeltreuen Abbildungen sein muss. Dies lässt sich auch analytisch nachrechnen. Längen- und winkeltreue Abbildungen werden durch unitäre Matrizen dargestellt, das sind Matrizen mit der Eigenschaft oder

,

wobei das Kroneckersymbol darstellt. Für die -te Komponente von und gilt

und

.

Somit berechnet sich das Skalarprodukt als

,

das Skalarprodukt bleibt also tatsächlich unverändert.

Anwendung

In der Physik sind etliche Größen, wie zum Beispiel die Arbeit , durch Skalarprodukte definiert:

mit den vektoriellen Größen Kraft und Weg .

Allgemein gilt für die Arbeit :

Wirkt dabei die Kraft in Richtung des Weges (sind also beide Vektoren parallel und gleich orientiert), dann ergibt sich die Vereinfachung:

Siehe auch

Tabelle mathematischer Symbole