Stiftung Navapalos
Stiftung Navapalos | |
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Bestehen | seit 1996 |
Stifter | Erhard Rohmer |
Sitz | Madrid |
Zweck | Förderung von Wissenschaft, Kultur und Technik (insbesondere Lehmbau, Low-Cost-Housing und erneuerbare Energien) |
Vorsitz | |
Geschäftsführung | Ana Vera |
Website | [1] |
Datei:Ansicht Navapalos 2017.jpg
Stiftung Navapalos war ein Pionierprojekt auf dem Gebiet des Lehmbaus, der erneuerbare Energie, dem Low-Cost-Housing und der Entwicklungshilfe. Die meisten Aktivitäten der Stiftung spielten sich Ende des 20. Jahrhunderts bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts ab. Die als gemeinnützig anerkannte spanische Stiftung verdankt ihren Namen dem verlassenen historischen Dorf Navapalos[1] in der Provinz Soria in Spanien. Das Dorf Navapalos diente gleichermaßen als Forschungsstätte, Demonstrationsobjekt und als Sitz von Sommerakademien. Siftung "Navapalos" gilt als eines der wichtigsten Projekte der Welt auf dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung, des Umweltschutzes und der Entwicklungshilfe. Stifter und Präsident der Stiftung ist der Architekt Erhard Rohmer, Geschäftsführerin ist Ana Vera.
== Stiftungsziele und Wirken der Stiftung
Die Arbeit der Stiftung, die in den letzten 30 Jahren eng mit dem Entwicklungsdienst "Inter-Acción" (NGO) zusammengearbeitet hat, ist breit gefächert. Auf dem Gebiet Forschung und Entwicklung stand die Erforschung der Lehmbautechniken ("Bauen mit Erde") in historischer, systematischer und globaler Perspektive im Vordergrund. Weitere Schwerpunkte der Arbeit stellten die Erforschung der erneuerbare Energie (Wind, Wasser. Sonnen- und Bioenergie) und die Entwicklung von Low-Cost-Housing-Strategien dar. Die Stiftung engagierte sich aber nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre. Ein Kooperationsvertrag mit anderen spanischen Forschungs- und Lehreinrichtungen - insbesondere mit der Universität Valladolid, dem Consejo Superior de Investigaciones Cientificas und der Universidad Polytechnische Universität Madrid - ermöglichte seit 1984 die Durchführung von hunderten von Sommerakademien und Sommerkursen. Da Navapalos an keine öffentliche Energieversorgung angeschlossen ist und all seine Energie allein aus erneuerbaren Energie zieht, wurde auf diese Weise einer ganzen Generation junger Studenten und Wissenschaftler vermittelt, dass es möglich ist, aus den konventionellen Energien "auszusteigen" und gänzlich auf umweltfreundliche Energien "umzusteigen". Die Tätigkeit der Stiftung bestand aber nicht nur aus Forschung und Lehre, sondern beinhaltete auch konkrete Projekte, die sie in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsdienst "Inter-Acción" durchführte. So ist die Stiftung nicht nur in Spanien, sondern ebenfalls in zahlreichen lateinamerikanischen Ländern, wie insbesondere in Nicaragua und Kolumbien, tätig geworden. Eine Übersicht über diese Projekte findet sich in dem Buch "FUNDACIÓN NAVAPALOS, INTER-ACCION ONGD ECO-CENTRO NAVAPALOS PLAN 2003 – 2010, Bd. 1"[2]
Geschichte
Die Stiftung Navapalos ging aus dem 1985 gegründeten, spanischen ECO-Centro Navapalos hervor, das wiederum von dem Entwicklungsdienst “Inter-Acción” (NGO) ins Leben gerufen wurde, einem am 6. Dezember 1982 gegründeten "Verein der Freunde der einheimischen, spanischen Architektur und der traditionellen, spanischen, volkstümmlichen Bauweisen"[3] . Hatte sich der Verein "Inter-Acción" in seiner Gründungsstunde den Erhalt und Schutz der traditionellen spanischen Architektur zur Aufgabe gemacht, so erweiterten sich im Laufe der Zeit die Betätigungsfelder des Dienstes bzw. der Stiftung: Zu ihnen gehörte in den letzten 30 Jahren sowohl die Erforschung traditioneller Bautechniken (insbesondere Lehmbau), als auch die Erforschung erneuerbare Energie, die Entwicklung von Low-Cost-Housing-Strategien, der Technologie-Transfer und darüber hinaus die Durchführung konkreter Entwicklungsprojekte. Seit 1985 dient das Dorf als Forschungs-und Bildungsstätte, sowie als Zentrum für die Demonstration von erneuerbarer Energie und innovativer Bautechnik. Die Stiftung (bzw. "Inter-Acción")) hat mehr als zwanzig internationale Großkongresse in Navapalos[4] durchgeführt.
Bereits 1993 erklärte sich der bedeutendende, spanische Anthropologe, Historiker und Essayist Julio Caro Baroja bereit, die Schirmherschaft über die Stiftung zu nehmen.[5] Um das Andenken an ihren Ehrenpräsidenten zu bewahren, führt die Stiftung seit dem Tod Barojas im Jahre 1995 alle zwei Jahre eine “Aula Julio Caro Baroja” in Zusammenarbeit mit der Universität Valladolid durch, auf der anthropologische Fragen und das Mensch-Natur-Verhältnis diskutiert werden. Die letzte Aula Julio Caro Baroja fand im Jahr 2006 statt.
Die Stiftung verdankt ihren Namen dem historischen, verlassenen Dorf Navapalos in der Provinz Soria im Norden von Madrid. Die geschichtliche Bedeutung des Dorfes wird nicht zuletzt darin ersichtlich, dass es schon im ältesten bekannten Text in spanischer Sprache – dem Cantar de Mio Cid (ca. Ende des 12. Jahrhunderts) – als “Nava de Palos“ erwähnt wird. Das Dorf besteht aus 18 Häusern, zwei arabischen Wachtürmen und einer Kirche, die zu Seminarräumen mit Kabinen für die Simultanübersetzung umgebaut ist. In unmittelbarer Nähe des Dorfes befinden sich bedeutende spanische Sehenswürdigkeiten wie das Castillo de Gormaz - eine der ältesten und am weitesten nördlich gelegenen, arabischen Festungen in Spanien - und die Kleinstadt El Burgo de Osma-Ciudad de Osma, die zwölf Kilometer von Navapalos entfernt ist. Die Stadt ist Sitz des römisch-katholischen Bistums Osma-Soria, das seinerseits wiederum zum Erzbistum Burgos gehört. Seit 1962 ist El Burgo de Osma als Ort besonderen touristischen Interesses (Villa de Interés Turístico) anerkannt und seit 1993 ist der mittelalterliche Ortskern als Kulturgut (Bien de Interés Cultural) in der Kategorie Conjunto histórico-artístico klassifiziert. Von besonderem historischen Interesse ist die Kathedrale "Catedral de la Asunción de El Burgo de Osma", deren Bau bereits im Jahre 1232 begonnen wurde.
Auszeichnungen
Im Laufe der letzten 30 Jahre erhielten die Siftung und der Entwicklungsdienst zahlreiche bedeutende Würdigungen für ihre Arbeit bzw. Projekte. Hervorzuheben sind die Preise der Vereinten Nationen:
- 1998; UN-HABITAT, Auszeichnung der ECO-Zentrums Navapalos als seines der besten Projekte der Welt auf dem Gebiet Entvölkerung/Nachhaltige Entwicklung, Nairobi, Kenia.
- 2001, UN-HABITAT, Note “BEST” für ein Projekt in Pompayan, Kolumbien.
- 2002, UN-HABITAT; Note “BEST”, für ein Projekt in Telpaneca, Nicaragua.
Eine besondere Ehre für die Stiftung und den Entwicklungsdienst stellte ferner die feierliche Eröffnung der Ausstellung "Arquitectura con tierra" in der "Escuela Técnica Superior de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos de Madrid" durch die Königin von Spanien, S.M. Sophia von Griechenland dar. Die Ausstellung, deren Kurator Erhard Rohmer war, fand im Rahmen des XIII. Weltkongresses von ICOMOS statt. Bei der Eröffnung waren ebenfalls der internationale Ehrenpräsident von ICOMOS, Michael Petzet, sowie der damalige Bürgermeister von Madrid, José María Álvarez del Manzano, anwesend. Bereits im Jahr 1992 hatte der Sohn der spanischen Königin - damaliger "Fürst von Asturien" und heutiger König von Spanien S.M. Felipe VI. - die Schirmherrschaft über das "VIII. Internationale Arbeitstreffen" des Zentrums Navapalos übernommen.[6] Im spanischen Kontext ist ferner die Auszeichnung des Projektes Navapalos als bedeutender "Beitrag zur Entwicklung der bioklimatischen Architektur und zum Umweltschutz" durch die Landesregierung Castilla y León hervorzuheben.
Zukunft der Stiftung Navapalos
Die weitere Zukunft der Stiftung Navapalos ist unklar. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Spanien seit Beginn des 21. Jahrhunderts musste im Laufe der letzten Jahre ein Großteil der Aktivitäten der Stiftung eingestellt werden. Auch hat der unbestreitbare Erfolg einiger der zentralen Stiftungsideen - wie z. B. die Rehabilitierung des Lehms als Baumaterial und die Ersetzung konventioneller Energieträger durch erneuerbare Energien - der Arbeit der Stiftung den Charakter der Pionierarbeit genommen: Während der Gedanke, man könne ein ganzes Dorf allein mit Windenergie und Sonnenenergie hinreichend versorgen, noch in den 80-ger Jahren des letzten Jahrhunderts entweder als "revolutionär" aufgefasst oder als "Don Quijoterie" einfach abgetan wurde, sind heute die erneuerbaren Engergien - insbesondere Wind und Strom - weltweit anerkannt. Allerdings ist insbesondere die wissenschaftliche Tätigkeit der Siftung Navapalos stets weit über die rein praktische Frage nach dem Sinn (oder Unsinn) der Anwendung erneuerbarer Energien bzw. des Lehms als Baumaterial hinausgegangen. Gerade in der Person Julio Caro Barojas als Ehrenpräsidenten und langjährigem Förderer der Stiftung wird ersichtlich, dass philosophische, anthropologische und kulturphilosophische Fragestellungen stets ebenso zentral für die Stiftung waren, wie die praktische Dimension. Der Philosoph Stascha Rohmer, der sich seit 1987 für das Projekt engagiert, möchte daher angesichts des hohen symbolischen Werts der bereits geleisteten Arbeit und der historischen bzw. kulturellen Bedeutung des Dorfes Navapalos versuchen, die philosophisch-anthropologische Ausrichtung der Stiftungsarbeit zu intensivieren und das Konzept der Sommerakademien wiederzubeleben. Die inzwischen zu einer Realität gewordene ökologische Katastrophe, die u. a. im Artensterben und im Klimawandel manifest wird, erfordert aus Stascha Rohmers Sicht ein transdisziplinäres Denken jenseits aller gängigen akademischen Zwänge. Aus Rohmers Sicht ist es jedoch charakteristisch für die Situation in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts, dass es immer weniger Freiräume und Nischen für Menschen gibt, die noch konstruktiv, innovativ und unabhängig denken könnnen, wie es auch immer weniger Orte auf der Welt gibt, an denen sich solche Menschen begegnen und miteinander austauschen können. Um so wichtiger ist der Erhalt des Dorfes und der mit ihm unmittelbar verbundenen gemeinnützigen Siftung Navapalos.
Weblinks
- Webseite der Stiftung Navaplos (z.Z. im Umbau):http://navapalos.com
- Seite zur Geschichte, Geographie und demoskopischen Entwicklung des Dorfes; s.a. spanisches Wikipedia: https://es.wikipedia.org/wiki/Navapalos
Einzelnachweise
- ↑ Das oben stehende Portal-Foto des Dorfes ist von dem spanischen Fotografen Faustino Calderón, der sich auf die Fotografie von verlassenen Dörfern spezialisiert hat: http://lospueblosdeshabitados.blogspot.com.co/2012/10/navapalos-soria.html
- ↑ http://navapalos.com/wp-content/uploads/2011/05/np_T1_parte01.pdf
- ↑ "Asociación Amigos de la Arquitectura Autóctona y de las Tradiciones Populares de España"
- ↑ Siehe z. B. das Programm "VII Internationales Arbeitstreffen" in Navapalos im Jahre 1992:http://stascha-rohmer.de/wp-content/uploads/2017/02/NAVAPALOS-1992.pdf
- ↑ Handschriftlicher Brief Julio Caro Barojas, in dem er sich bereit erklärt, als Schirmherr der Stiftung zu fungieren: http://stascha-rohmer.de/?page_id=382
- ↑ Handschriftlcher Brief des spanischen Königs S.M. Felipe VI., in dem er sich bereit erklärt, die Schirmherschaft über das "VIII Encuentro Internacionla de Trabajo" zu übernehmen: http://stascha-rohmer.de/?page_id=421