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Erwin Schulhoff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Erwin Schulhoff (* 8. Juni 1894 in Prag; † 18. August 1942 in Wülzburg bei Weißenburg in Bayern) war ein tschechischer Komponist und Pianist.

Erwin Schulhoff gehört zu jenen Komponisten, die in Vergessenheit geraten sind, obwohl sie eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Musikgeschichte einnahmen. So galt Schulhoff in den zwanziger Jahren als ein bedeutender Klaviervirtuose, den Konzertreisen nicht nur durch Deutschland sondern bis nach Frankreich und England führten. Er gehörte zu den ersten europäischen Komponisten, die den Jazz in ihre Komposititionen integrierten. Er setzte sich mit dem Werk der Komponisten der entstehenden Moderne, wie Arnold Schönberg und Alban Berg, für dessen Aufführungen er sich in Deutschland einsetzte, ebenso auseinander wie mit der Bewegung des Dadaismus, welche er, durch die Verknüpfung mit Jazzelementen, gewitzt umsetzte. Aus Hans Arps Gedichtband Die Wolkenpumpe vertonte er vier Gedichte für Bariton und Kammerensemble, den Vortragsstücken für Kontrafagott Bassnachtigall fügte er einen gesprochenen Epilog hinzu, der die 'intellektuellen Hornbrillenträger' im Publikum verhöhnte. Später war sein kompositorischer Stil weiterhin sehr spielerisch und dürfte durch seine traditionelle Verhaftung dem Neoklassizismus zugerechnet werden.

Er studierte in Prag (dort auf Empfehlung von Antonín Dvořák, den das Klavierspiel des 7jährigen Schulhoff begeisterte), Wien und Leipzig (bei Max Reger), wandte sich nach dem Ersten Weltkrieg avantgardistischen Strömungen des Jazz und Dadaismus zu und war ein besonders in der Tschechoslowakei und Deutschland gefeierter Pianist.

In den 30er Jahren stieß Schulhoff zunehmend auf Schwierigkeiten: wegen seiner jüdischen Abstammung und seiner sowjetischen Gesinnung konnte er in Deutschland nicht mehr auftreten. Er zog 1923 zurück nach Prag, doch nach der Annektierung erschwerte sich auch dort seine Situation. Zudem schloß er sich dem Kommunismus an, was auch in seinen Werken sichtbar wurde: er schrieb Kampflieder, widmete Kompositionen spanischen Freiheitskämpfern und verfasste eine Kantate auf das Manifest von Marx und Engels.

Nach 1933 wurde die Aufführung seiner Werke in Deutschland verboten und in Prag konnte er sich mit Bearbeitungen für den Rundfunk nur noch den allernötigsten Lebensunterhalt verdienen. Nach 1939 konnte er - mittlerweile im mährischen Ostrau ansässig, nur unter einem Pseudonym als Jazz-Pianist überleben. 1941 erhielt er die sowjetische Staatsangehörigkeit, es gelang ihm jedoch nicht, sich in die Sowjetunion abzusetzen. Neun Tage, nachdem er die Ausreisegenehmigung in die Sowjetunion erhalten hatte (im Juni 1941), wurde er verhaftet und ins Gefangenlager Wülzburg deportiert. Dort starb er am 18. August 1942 an den Folgen einer Tuberkulose.

Werke

  • 6 Sinfonien und 2 Sinfonieskizzen
  • Flammen (Oper)
  • 2 Klavierkonzerte
  • Die Wolkenpumpe - Ernste Gesänge für eine Baritonstimme mit vier Blasinstrumenten und Schlagzeug nach Worten des Heiligen Geistes, Op. 40 (1922, Text von Hans Arp)
  • Suite für Kammerorchester
  • Divertissement für Oboe, Klarinette und Fagott
  • Streichquartette und ein Streichsextett
  • 3 Klaviersonaten
  • Bassnachtigall, Drei Vortragsstücke für Kontrafagott (1922)
  • Sonata Erotica für Solo-Muttertrompete (1919)
  • Orchesterlieder
    • "Landschaften". Sinfonie für Mezzosopran und Orchester, op. 26 (1912)
    • "Menschheit". Eine Sinfonie für eine Altstimme und Orchester, op. 28 (1919)

Literatur

Siehe auch: In der Zeit des Nationalsozialismus verfolgte Komponisten