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Gallmannsweil

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Gallmannsweil
Gemeinde Mühlingen
Ehemaliges Wappen der Gemeinde Gallmannsweil
Koordinaten: 47° 55′ N, 9° 0′ OKoordinaten: 47° 55′ 24″ N, 8° 59′ 48″ O
Höhe: 667 (626–677,6) m ü. NHN
Eingemeindung: 1. Januar 1974
Eingemeindet nach: Mühlingen
Postleitzahl: 78357
Vorwahl: 07775

Gallmannsweil ist ein Ortsteil der baden-württembergischen Gemeinde Mühlingen im Landkreis Konstanz in Deutschland.

Geographie

Gemarkungsgrenze

Geographische Lage

Gallmannsweil liegt im Nordosten des Hegaus, am Übergang zur Schwäbischen Alb, etwa zwei Kilometer nordwestlich der Mühlinger Ortsmitte, auf einer Höhe von bis zu 677,6 m ü. NHN.[1]

Im Osten grenzt Gallmannsweil an den Mühlinger Ortsteil Mainwangen, im Süden an den Ortsteil Hecheln, im Nordwesten an den Schindelwald und im Norden an den zu Neuhausen ob Eck gehörenden Ortsteil Holzach im Landkreis Tuttlingen.

Die Grenze zum Landkreis Tuttlingen ist heute gleichzeitig die Kreisgrenze und war früher die Landesgrenze zwischen Baden und Hohenzollern. Rund 40 Grenzsteine im Bereich des Schindelwaldes bezeugen noch heute den Grenzverlauf.

Geologie

Im Wesentlichen liegt Gallmannsweil im Bereich der Überlinger Gletscherzunge des Rheingletschers; regionalgeologisch bedeutet das: am Nordrand der Äußeren Jungmoräne bzw. des voralpinen Molassebeckens.[2]

Schutzgebiete

In Gallmannsweil sind die drei Biotope „Gehölze und Magerrasen in Kiesgrube westlich Gallmannsweil“ (12.786 m²), „Verlandungsvegetation südlich Gallmannsweil“ (1.110 m²) und „Trockenmauer in Kiesgrube westlich Gallmannsweil“ (45 m²) ausgewiesen.[3]

Geschichte

Gallmannsweil ist eine Rodungssiedlung des 9./10. Jahrhunderts. Erstmals wurde es 1346 in einer Urkunde erwähnt: Am Samstag vor Sankt Thomas des Apostels Tag, der vor Weihnachten kommt (16. Dezember), verkaufte Eberhard von Schwandorf die Mannlehenschaft des Peterer Guts zu Garmanswiler und das Vogtrecht des Eggers Gut in Schwandorf für vier Pfund Pfennig Konstanzer Münz an die Brüder Bilgerin von Heudorf.[4]

Zunächst gehörte der Ort den Grafen von Nellenburg, später den Rittern von Heudorf und kam 1656 an das Fürstenhaus Fürstenberg. Die Mediatisierung aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses führte 1806 zur Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden, wo der Ort zunächst zum Bezirksamt Meßkirch gehörte. 1843 kam der Ort zum Bezirksamt Stockach, das 1939 in Landkreis Stockach umbenannt wurde. Bei der Auflösung des Landkreises Stockach im Zuge der baden-württembergischen Kreisreform 1973 kam das Dorf zum Landkreis Konstanz.

Am 20. Juli 1973 stimmte der Gallmannsweiler Gemeinderat mit 5:1 Stimmen bei einer Enthaltung dem Zusammenschluss mit Mühlingen, Mainwangen und Schwackenreute zu, zum 1. Januar 1974 erfolgte die Eingemeindung zu Mühlingen.[5]

Politik

Bürgermeister

bis 1844 Herr Sturm
1844 bis 1870 Josef Geiger
1870 bis 1874 Josef Riedmaier
1874 bis 1875 Leonhard Sturm
1875 bis 1883 Johann-Nepomuk Schmid
1884 bis 1885 Martin Joos
1885 bis 1900 Ferdinand Renner
1900 bis 1919 Hilarius Riedmaier

1919 bis 1928 Julius Renner
1928 bis 1945 Johann Honold
1945 bis 1946 Karl Kramer (* 1881)
1946 bis 1947 Gebhard Riedmaier (* 1905)
1947 bis 1954 Arnold Joos
1956 bis 1961 Albert Schmid (* 1899; † 4. März 1962)
1961 bis 1973 Josef Renner (* 1925)

Am 1. April 1954 wurde das Jahresgehalt des Bürgermeisters auf 650 DM erhöht.
Am 18. Januar 1970 beschließt der Gallmannsweiler Gemeinderat die Erhöhung der Besoldung des ehrenamtlichen Bürgermeisters auf den Höchstsatz von 355 DM. Der Beschluss war erforderlich, damit der Bürgermeister sozialversichert werden konnte.[6]

Einwohnerentwicklung

Tabelle: Wohngebäude, Familien und Einwohner Gallmannweils

Jahr 1584 1778 1800 1813 1850 1851 1852 1900
1945
1950 1960 1970 1996[7]
Wohngebäude
28
40
Familien
45
42
Einwohner
~ 150
~ 170
190
189
219
222
225
184
201
200
202
224
335
Religion
kt. 197
ev. 4

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Kirche St. Barbara

1359 wurde erstmals eine Unserer Lieben Frau geweihte Kirche in Gallmannsweil genannt. Die Pfarrei Gallmannsweil bestand spätestens 1479, Filialen oder Kapellen gab es nicht. Wahrscheinlich erfolgte die Änderung des Patroziniums in St. Barbara erst 1740.

Der heutige spätgotische Kirchenbau stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert, der Turm reicht in seinem unteren Teil mindestens bis in das 13. Jahrhundert zurück. Er erhielt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein neues Glockengeschoss mit gotischen Schallöffnungen sowie sein charakteristisches Satteldach mit den Staffelgiebeln.[8]

Pfarrer in Gallmannsweil

???? bis 1479 Johannes Glatterer
1479 bis ???? Paulus von Scharpffenstain
???? bis ???? Sebastianus Brändlin, Johannes Schuehmacher, Johannes Spech,
Balthasar Schueler, Petrus Schreiber, Georg Riede,
Jacob Leen, Georg Beck
1634 bis 1657 Martin Stahel
1657 bis 1661 Pfarrverweser ??
1661 bis 1668 Johann Conrad Stöcklin
1668 bis 1673 Georg Elias Seiz
1673 bis 1681 Caspar Umach
1681 bis 1711 Michael Jos
1711 bis 1733 Johann Hugo Jung
1733 bis 1735 Conrad Megerle
1735 bis 1744 Johannes Martin Rimelin
1744 bis 1746 Dominicus Schilling
1746 bis 1748 Jacob Brugger
1748 bis 1754 Johann Bartholomäus Degen
1754 bis 1786 Joseph Anton Schmid
1786 bis 1795 Chrysostomus Seitz
1795 bis 1828 Johann Nepomuk Henninger
1828 bis 1830 Pfarrer Hozhey (Mainwangen)

1830 bis 1836 Benedict Ganter
1837 bis 1841 Pfarrverweser J. B. Staiger und Rösch
1841 bis 1846 Wendelin Bury
1847 bis 1851 Johann Baptist Schmid
1851 bis 1853 Pfarrverweser Andreas Mayer (Boll)
1853 bis 1854 Pfarrverweser J. W. Ammann
1854 bis 1857 Pfarrverweser Andreas Mayer
1857 bis 1859 Pfarrverweser Franz Hausmann
1859 bis 1860 Pfarrverweser Andreas Mayer
1860 bis 1861 Pfarrverweser Th. Ecker
1861 bis 1895 Adolph von Briel
1895 bis 1898 Pfarrverweser H. G. Kaiser
1898 bis 1900 Pfarrverweser Gebhard Weber
1900 bis 1914 Gebhard Weber
1914 bis 1916 Pfarrverweser E. W. Widmann
1916 bis 1917 Pfarrverweser Joseph Erdrich
1917 bis 1952 Joseph Erdrich
1952 bis 1956 Pfarrverweser Friedrich Dezenter
1956 bis 1992 Friedrich Dezenter
1992 bis 2001 Pfarrer der Gesamtgemeinde Hartwig-Michael Benz

Kriegerdenkmal

Kriegerdenkmal

Durch Abstimmung unter den Bürgern – von 26 Bürgern waren 18 dafür – wurde am 22. Oktober 1954 bestimmt, dass das Kriegerdenkmal einen anderen Platz erhalten soll, und zwar auf dem freien Platz unterhalb der Kirche. Am 22. November 1987 wurde das wieder errichtete Denkmal durch Herrn Pfarrer Friedrich Dezenter eingeweiht.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Die Gallmannsweiler Bürger lebten früher hauptsächlich von der Landwirtschaft. Erst im 19. Jahrhundert nahm die zuvor unbedeutende Viehwirtschaft zu.

Tabelle: Viehstand[9]

Jahr um 1850 um 1900 1925
Pferde
45
42
29
Rinder
161
287
294
Schweine
30
161
122
Ziegen
10
-
1

Seít der Wende zum 20. Jahrhundert gab es im Dorf einen „Konsum- und Bauernverein“ sowie die „Gallmannsweiler Zuchtgenossenschaft“, ab den 1920er Jahren bis 1934 eine Milchgenossenschaft.

1945 führte die französische Besatzungsmacht eine erste Bodennutzungserhebung durch: Die 311 ha 56 a umfassende Wirtschaftsfläche Gallmannweils war damals unter anderem in 140 ha Acker- (davon 65 ha Getreide) und 6 ha Gartenland mit Baumschulen und Obstplantagen, 119 ha Wiesen, 28 ha Forste und Holzungen, 4 ha Viehweiden sowie 2 ha Ödland und 3 ha Gebäude- und Hofflächen aufgeteilt.

Handwerk und Dienstleistung

Aufgrund eines 1584 erhobenen Ungelds, eine seit dem 13. Jahrhundert zu zahlende Verbrauchssteuer, wird angenommen, das es schon damals eine Wirtschaft in Gallmannsweil gegeben haben muss.
1778 betreiben je ein Hufschmied, Korbmacher, Sattler und Wirt sowie vier Weber ihr Handwerk im Dorf. Die Handwerkskammer zählte 1929 je einen Frisör, Metzger, Schmied, Schuhmacher und Zimmerer sowie eine Schneiderin. 1945 waren es nur noch drei Betriebe: eine Huf- und Wagenschmiede, ein Lebensmittelgeschäft und eine Wagnerei.

Infrastruktur

Trinkwasserversorgung

Trinkwasser-Hochbehälter an der 'Waldgaß'

1862 wurden die Bewohner Gallmannsweils durch einen Privat- und den Gemeindebrunnen mit „sehr gutem Trinkwasser“ versorgt. Im Herbst 1901 wurde die Gallmannsweiler Wasserleitung mit 14 Hydranten hergestellt, unter anderem mit Hilfe von etwa zwanzig italienischen Erdarbeitern.[10]

Die Inbetriebnahme des auf 668 m ü. NHN am Rande des Schindelwalds liegenden Gerhardsbrunnens hatte für Gallmannsweil große Bedeutung. Nach ersten, bis zu 34 Meter tiefen Probebohrungen im Jahr 1964 und Pumpversuchen 1966 (max. tägliche Schüttung: 691.000 Liter) wurde 1972 die Satzung des Zweckverbandes „Wasserversorgung Gebhardsbrunnen“ veröffentlicht. Heute versorgt der Gebhardsbrunnen den Großteil der Gemeinde Mühlingen mit Trinkwasser.[11]

Energieversorgung

In den 1920er Jahren wurde Gallmannsweil in das Versorgungsnetz des Badenwerks – heute die EnBW – eingegliedert. Im August 1958 bzw. Januar 1962 wurde mit der Badenwerk AG ein sogenannter „B-Vertrag“ abgeschlossen, das heißt, dass die Gemeinde direkt vom Badenwerk beliefert wurde.[12]

Verkehr

Gallmannsweil ist über die Kreisstraße 6110 an die Bundesstraßen 14 (StockachTuttlingen) im Westen und 313 (Sauldorf–Stockach) im Osten in das Fernstraßennetz eingebunden.

Öffentlicher Personennahverkehr

Der Verkehrsverbund Hegau-Bodensee (VHB) fährt Gallmannsweil mehrmals täglich über die Buslinie Stockach–Zoznegg–Mühlingen–Hecheln an.[13]

Wanderwege

Durch Gallmannsweil verläuft neben einigen von der Gemeinde Mühlingen ausgeschilderten Wanderwegen auch der über 185 Kilometer von Spaichingen auf der westlichen Schwäbischen Alb durch Oberschwaben und entlang des Bodensees bis zum Schwarzen Grat im Württemberger Allgäu führende „Heuberg-Allgäu-Weg“.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Wolfgang Kramer (Hrsg.): Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg. Hegau-Bibliothek Band 135. MARKORPLAN Agentur & Verlag GbR, Singen (Hohentwiel) 2007, ISBN 978-3-933356-48-2.
  • Josef Renner: 650 Jahre Gallmannsweil - Chronik der Gemeinde. Druckerei Dambacher-Binding, Eigeltingen 1997.
  • Manfred Jüppner und Josef Renner: 650 Jahre Gallmannsweil 14.-16. Juni 1997, Festschrift zum Gemeindejubiläum. Druckerei Riester, Mühlingen 1997.
Commons: Gallmannsweil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Top25 Viewer - [Top. Karte 1:25000 Baden-Württemberg (Süd)]
  2. Matthias Geyer: Landschaft und Geologie um Mühlingen in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seiten 12 bis 17
  3. Onlinedienst der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW); abgerufen am 7. August 2016
  4. Wolfgang Kramer: Ein kurzer Streifzug durch die 650-jährige Geschichte von Gallmannsweil in Festzeitschrift „650 Jahre Gallmannsweil, 14. bis 16. Juni 1997“, Seite 13
  5. Manfred Jüppner: Die Gemeindereform und die Entwicklung der modernen Gemeinde Mühlingen; „Gallmannsweil stimmt schließlich dem Zusammenschluss zu“ in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seiten 246f
  6. Josef Renner: 650 Jahre Gallmannsweil - Chronik der Gemeinde. Druckerei Dambacher-Binding, Eigeltingen 1997.
  7. Eine Gemeinde stellt sich vor – Die Imagebroschüre der Gemeinde Mühlingen, Seite 13; Mühlingen, 1996
  8. Franz Hofmann: Die Kirchen und Kapellen – Bau- und Kunstgeschichte in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seiten 118 bis 122
  9. Hildegard Bibby:An der Grenze von Bezirk und Land gelegen – Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg 1805–1947 in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seite 173
  10. Hildegard Bibby:An der Grenze von Bezirk und Land gelegen – Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg 1805–1947; „Infrastruktur: Die Straßen und Wege sind bei uns nicht rühmlich“ in „Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg“, Seite 196
  11. Trinkwasser auf www.muehlingen.de; abgerufen am 6. August 2016
  12. Fusion der Energieversorger: wichtigster Impuls war die Privatisierungswelle bei Landeskunde Baden-Württemberg; abgerufen am 11. August 2016
  13. Fahrplan des VHB, abgerufen am 6. August 2016