Elastizitätsmodul
Physikalische Größe | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Name | E-Modul | |||||||||
Formelzeichen | E | |||||||||
| ||||||||||
Siehe auch: Spannung (Mechanik) Druck p |
Der Elastizitätsmodul (auch Zugmodul, Elastizitätskoeffizient, Dehnungsmodul, E-Modul[1] oder Youngscher Modul; Plural Elastizitätsmoduln[2]) ist ein Materialkennwert aus der Werkstofftechnik, der den Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung bei der Verformung eines festen Körpers bei linear-elastischem Verhalten beschreibt.
Der Elastizitätsmodul wird mit E-Modul oder als Formelzeichen mit E abgekürzt und hat die Einheit einer mechanischen Spannung.
Der Betrag des Elastizitätsmoduls ist umso größer, je mehr Widerstand ein Material seiner elastischen Verformung entgegensetzt. Ein Bauteil aus einem Material mit hohem Elastizitätsmodul (z. B. Stahl) ist also steifer als ein Bauteil gleicher Konstruktion (gleichen geometrischen Abmessungen), welches aus einem Material mit niedrigem Elastizitätsmodul (z. B. Gummi) besteht.
Der Elastizitätsmodul (bzw. in anderer Notation direkt proportional[3] zur Federkonstante) ist die Proportionalitätskonstante im Hookeschen Gesetz. Bei anisotropen, insbesondere bei kristallinen Materialien ist der Elastizitätsmodul jedoch richtungsabhängig und muss durch den Elastizitätstensor beschrieben werden, dessen Komponenten durch die elastischen Konstanten vereinfacht dargestellt werden. Die elastischen Konstanten sind Materialkonstanten, diese variieren innerhalb von realen Festkörpern, da reale Festkörper weder perfekt homogen sind (insbesondere Beton) noch konstante physikalische Eigenschaften (z. B. Temperatur) haben.
Definition

Der Elastizitätsmodul ist als Steigung des Graphen im Spannungs-Dehnungs-Diagramm bei einachsiger Belastung bei infinitesimaler Verzerrungsänderung bei Spannungsfreiheit definiert. Die meisten Materialien haben einen (zumindest kleinen) linearen Bereich, dieser wird auch als Hookescher Bereich bezeichnet.
Dabei bezeichnet (=Kraft/Fläche) die mechanische Spannung (Normalspannung, nicht Schubspannung) und die Dehnung. Die Dehnung ist das Verhältnis von Längenänderung zur ursprünglichen Länge . Die Einheit des Elastizitätsmoduls ist die einer Spannung:
- E in , in SI-Einheiten: E in (Pascal)
Der Elastizitätsmodul wird als Materialkonstante bezeichnet, da mit ihm und den Querkontraktionszahlen das Elastizitätsgesetz aufgestellt wird. Der Elastizitätsmodul ist aber nicht bezüglich aller physikalischen Größen konstant. Er hängt von verschiedenen Umgebungsbedingungen wie z. B. Temperatur oder Feuchte ab.
Anwendung
Bei ideal linear-elastischem Werkstoffgesetz (Proportionalitätsbereich im Spannungs-Dehnungs-Diagramm) ergibt sich die Federkonstante c eines geraden Stabes aus seiner Querschnittsfläche A, seiner Länge und seinem Elastizitätsmodul E:
- .
Mit den Ausdrücken für die Spannung und für die Dehnung erhält man aus obiger Gleichung das Hookesche Gesetz für den einachsigen Spannungszustand
und daraus den E-Modul
Typische Zahlenwerte
Einheitenumrechnung:
- 1 N/mm² = 1 MPa
- 1 kN/mm² = 1 GPa
Material | E-Modul in GPa | Material | E-Modul in GPa |
---|---|---|---|
Metallische Werkstoffe bei 20 °C | Nichtmetallische Werkstoffe bei 20 °C | ||
Baustahl | 210[4] | Glas | 40…90[4] |
V2A-Stahl | 180[5] | Beton | 20…40[4] |
Gusseisen | 90…145[4] | Keramik | 160…440[6] |
Messing | 78…123[7] | Holz | 10…15[4] |
Kupfer | 100…130[8][9] | Polypropylen | 1,3…1,8[10] |
Titan | 110[4] | Kautschuk | bis 0,05[4] |
Aluminium | 70[4] | Graphen | ca. 1000[11] |
Magnesium | 44[7] | Diamant | ca. 800[12] |
Blei | 19[7] | Marmor | 72[4] |
Gold | 78[4] | Eis (-4 °C) | 10[4] |
Nickel | 195-205[4] | Hartgummi | 5[4] |
Wolfram | 405[4] | Klinker | 27[4] |
Beziehungen elastischer Konstanten
Neben dem Elastizitätsmodul wird der Schubmodul, auch Scher- oder G-Modul genannt, verwendet, der bei Schub gemessen wird und je nach Querkontraktionszahl für nicht-auxetische Materialien das 0,33- bis 0,5-fache des Elastizitätsmoduls beträgt.[13] Bei steifen Materialien wird meistens der Elastizitätsmodul gemessen, bei weichen (Gele, Polymer-Schmelzen) der Schubmodul, da sich der Elastizitätsmodul bei solchen Systemen meist nicht mehr gut messen lässt, weil sich die Probe unter ihrem eigenen Gewicht verformt (das sog. Sagging).
Es gilt für ein linear-elastisches, isotropes Material folgender Zusammenhang zwischen dem Schubmodul G, dem Kompressionsmodul K und der Poissonzahl ν:
Häufige Missverständnisse
„Bezug E-Modul zu anderen Materialkonstanten?“
Häufig wird der Elastizitätsmodul mit anderen Materialkennwerten in Verbindung gebracht. Dies ist jedoch nicht einfach:
- Der E-Modul hat keinen strengen Bezug zur Härte des Materials
- Der E-Modul hat keinen strengen Bezug zur Streckgrenze des Materials
- Der E-Modul hat keinen strengen Bezug zur Zugfestigkeit des Materials
Ein einfacher Baustahl hat fast den gleichen E-Modul wie ein hochlegierter, hochfester rostfreier Edelstahl, d. h. beide verformen sich bei gleicher Belastung nahezu gleich. Allerdings kann der „bessere“ Werkstoff deutlich höher belastet (und dabei natürlich auch stärker verformt) werden, als der „einfache“, bis es zur plastischen Verformung (siehe auch Streckgrenze) oder zum Bruch kommt.
Es gibt aber einen generellen Trend:
- Der E-Modul eines Metalls steigt mit seiner Schmelztemperatur.
Wolfram hat einen höheren E-Modul als Eisen, als Kupfer, als Aluminium, als Blei.
Außerdem gilt:
- Der E-Modul von kubisch raumzentrierten Metallen ist (bei vergleichbarer Schmelztemperatur) höher als der von kubisch flächenzentrierten.
Der Zusammenhang auf atomarer Ebene besteht darin, dass sowohl der E-Modul als auch die Schmelztemperatur der Metalle von der Kraft-Abstands-Kurve der Atome abhängig sind.
„Spannungsreduktion durch besseres Material?“
Spannungen im Material hängen bei statisch bestimmten Systemen nur von der Last (einwirkende Kräfte) und der Geometrie ab (Kraft pro Fläche), während die Dehnung vom E-Modul des Materials abhängt.
Dies gilt jedoch nur im linear-elastischen Bereich. Wenn das Material nachgibt und sich dauerhaft (plastisch) verformt, werden dadurch die Spannungen teilweise abgebaut.
In Fällen „statischer Überbestimmtheit“ (z. B. Durchlaufträger, behinderte Wärmeausdehnung, Schiffsrumpf im Wellengang oder im Tidenhub) sind die wirkenden Kräfte und induzierten Spannungen abhängig von der Steifigkeit des statischen Systems. In solchen Fällen können nachgiebige Werkstoffe mit niedrigerem Elastizitätsmodul dazu führen, dass Bauteilspannungen reduziert werden, da sich diese flexibler den Gegebenheiten anpassen, während sich steife Werkstoffe der elastischen Verformung widersetzen, so dass Spannungsspitzen entstehen können.
„E-Modul ≠ Steifigkeit“
Die Biegesteifigkeit eines Bauteils ist das Produkt aus dem Elastizitätsmodul des Werkstoffs und dem Flächenträgheitsmoment. Das Flächenträgheitsmoment wird vor allem von der Konstruktion des Bauteils bestimmt. Ein Fachwerkträger ist aufgrund seiner Geometrie wesentlich steifer gegenüber Biegung und Druck als ein gleich schwerer Balken aus gleichem Material (nicht jedoch gegenüber Zug). Der Versagensfall drückt sich meistens durch das Knicken von Fachwerkstäben aus.
Das Flächenträgheitsmoment hängt von der Geometrie und der Verarbeitung des Bauteils. Durch die richtige Konstruktion des Bauteils lässt sich die Festigkeit des Werkstoffs gegenüber Belastung auf Zug, Druck, Torsion und Biegung optimal ausnutzen und die Sicherheit gegenüber Knicken und Beulen erhöhen.
Beim Zugstab ist die Dehnsteifigkeit im linear-elastischen Bereich das Produkt aus E-Modul und Querschnittsfläche.
Bei Seilen ist die Steifigkeit außer vom Material auch von der Flechtart und den mechanischen Eigenschaften der Seele abhängig.
Das E-Modul des verwendeten Materials ist also nur einer der beiden Faktoren, welche die Steifigkeit eines Bauteils bestimmen.
Für komplexe Geometrien lässt sich im Allgemeinen kein einfacher Ausdruck für die „Steifigkeit“ formulieren. Mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode lassen sich diese mittels einzelner Elemente nachbilden und mit einer hierfür aufgestellten Gesamtsteifigkeitsmatrix lösen.
„σ = E ⋅ ε“
Die Beziehung gilt in der Matrixschreibweise. In der skalaren Schreibweise gilt sie jedoch nur für querdehnungsfreie Materialien oder für den einachsigen Spannungszustand (z. B. einachsigen Zug). Im allgemeinen 2D- oder 3D-Spannungszustand muss das Hookesche Gesetz in seiner allgemeinen Form angewandt werden – hier kommen mehrere Spannungen in jeden Dehnungsterm (und mehrere Dehnungen in jeden Spannungsterm), z. B.
- .
Hier bezeichnet die Poissonzahl.
Eine Bestimmung der Dehnungen, z. B. mittels Dehnungsmessstreifen oder Speckle-Interferometrie, ist eine Bestimmung der Spannungen im Bauteil, sofern man alle Verzerrungen ermittelt und somit den Spannungstensor (und Kräfte) ermittelt () und zusätzlich die Temperaturverzerrungen eliminiert.
Zweiachsige Spannungszustände
Beim Übergang vom einachsigen (uniaxialen) in den zweiachsigen (biaxialen) Spannungszustand können für homogene, isotrope Materialien zwei einfache Sonderfälle unterschieden werden. Dabei wird aufgrund der Beeinflussung der Querkontraktion für nicht-auxetische Materialien mit einer Poissonzahl echt größer Null stets ein höherer Modul in der Belastungsrichtung gemessen.
Infolge einer verhinderten Querkontraktion (εy = 0, ebener Verzerrungszustand) ergibt sich dieser zu
- .
Liegt in Quer- bzw. y-Richtung zusätzlich eine Belastung in der Höhe σy = σx vor, so ist der „biaxiale E-Modul“
- .
Letzterer hat z. B. Bedeutung für die laterale Steifigkeit haftender Schichten, etwa bei Unterschieden im thermischen Ausdehnungsverhalten zwischen Schicht und Substrat. Der Erstgenannte kommt in dickwandigen Bauteilen oder sehr breiten Balken zum tragen.
Da der E-Modul und die Poissonzahl im ursprünglichen Sinn Werkstoffkonstanten sind, dürfen sie nicht von der Art der Messung abhängig sein, weshalb es sich hier streng genommen nicht mehr um den E-Modul handelt.
Umrechnung
Umrechnung zwischen den elastischen Konstanten isotroper Festkörper
Der Modul… | …ergibt sich aus:[14] | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Kompressionsmodul | |||||||||||
Elastizitätsmodul | |||||||||||
1. Lamé-Konstante | |||||||||||
Schubmodul bzw. (2. Lamé-Konstante) |
|||||||||||
Poissonzahl | |||||||||||
Longitudinalmodul |
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Elastizitätsmodul, der. In: Normdaten (Sachbegriff). Deutsche Nationalbibliothek, abgerufen am 21. Juli 2013.
- ↑ Duden. Abgerufen am 5. März 2017.
- ↑ Federkonstante#Berechnung
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o Horst Kuchling: Taschenbuch der Physik. Carl Hanser, 2011, ISBN 978-3-446-42457-9, S. 624 f.
- ↑ engineeringtoolbox.com
- ↑ Tietz, Horst-Dieter: Technische Keramik: Aufbau, Eigenschaften, Herstellung, Bearbeitung, Prüfung. Hrsg.: Springer-Verlag. 2013, S. 5 (google.at).
- ↑ a b c Horst Czichos, Manfred Hennecke (Hrsg.): Hütte: Das Ingenieurwissen. Springer, 2004, ISBN 3-540-20325-7, S. E 66.
- ↑ Buildingmaterials.de: Kupfer ( vom 15. November 2009 im Internet Archive)
- ↑ Baustoffsammlung der Fakultät für Architektur der TU München: Metalle - Kupfer
- ↑ Wolfgang Weißbach: Werkstoffkunde: Strukturen, Eigenschaften, Prüfung. Springer-Verlag, 2012, ISBN 3-8348-8318-2, S. 268.
- ↑ Changgu Lee, Xiaoding Wei, Jeffrey W. Kysar, James Hone: Measurement of the Elastic Properties and Intrinsic Strength of Monolayer Graphene. In: Science. Band 321, Nr. 5887, 2008, S. 385–388, doi:10.1126/science.1157996.
- ↑ M. F. Ashby, D. R. H Jones: Engineering Materials. I, 2. Auflage. 1996, Fig 3–5, S. 35.
- ↑ Schubmodul #Zusammenhang mit anderen Materialkonstanten
- ↑ G. Mavko, T. Mukerji, J. Dvorkin: The Rock Physics Handbook. Cambridge University Press, 2003, ISBN 0-521-54344-4 (paperback).