Zum Inhalt springen

Anti-Pattern

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Mai 2006 um 16:48 Uhr durch Michael Hüttermann (Diskussion | Beiträge) ([[Organisation]]s- bzw. [[Prozess]]-Anti-Patterns). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Während Entwurfsmuster in der Software-Entwicklung allgemein übliche und bekannte Lösungsansätze sind, um Probleme zu lösen, sind Anti-Patterns Negativ-Beispiele von bereits durchgeführten Lösungen, die Hinweise geben, wie die Aufgabenstellung besser gelöst werden könnte und sollte.


Herkunft

Entwurfsmuster wurden der Allgemeinheit vor allem durch das Buch Design Patterns der Viererbande bekannt. Nachdem bei der Software-Entwicklung immer mehr von positiven Erfahrungen von erfolgreich abgeschlossenen Aufgabenstellungen profitiert wurde, konzentrierte man sich auch darauf die Negativbeispiele, also wiederkehrende Fehler bei der Software-Entwicklung, zu identifizieren und zu dokumentieren.

Kategorisierung

Mittlerweile werden Anwendungsbereiche der Anti-Patterns immer feiner unterschieden. So unterscheidet man Anti-Patterns bei der reinen Programmierung, beim Design, beim Projekt-Management und bei Unternehmensprozessen. Darüber hinaus können in der Praxis immer mehr sogenannte Meta-Patterns identifiziert werden. Diese vereinen einzelne Patterns zu einem neuen, abstrakteren Pattern oder führen eine weitere Dimension oder abstraktere Kategorisierung ein.

Projektmanagement-Anti-Patterns

  • „Rauch und Spiegel“ (englisch Smoke and mirrors): Nicht fertige Funktionen werden als fertig vorgetäuscht.
  • „Aufgeblähte Software“ (englisch Software bloat): Jede neue Version benötigt mehr Resourcen
  • „Erschleichung von Funktionalität“ (englisch Feature creep): Der Umfang der zu entwickelnden Funktionalität wird in einem Projektplan festgehalten. Der Kunde versucht nach der Erstellung des Projektplanes weitere Funktionalität in die Version mit unterzubringen. Führt zu Problemen wenn die in Arbeit befindliche Version nicht das notwendige Design aufweist, Termine nicht eingehalten werden können oder die Kosten über die planmässigen wachsen. Bei schwergewichten Prozessen sehr gefährlich, bei leichtgewichtigen wie XP müssen bei allen Beteiligten die Konsequenzen klar sein. Extreme, böswillige und grob fahrlässige Anwendung dieses Musters kann dadurch motiviert sein, dass der Auftragsteller, der immer neue Funktionalität fordert, das Produkt boykottieren möchte und dessen Abschluss zu verhindern sucht.
  • „Erschleichung weiterer Anwendungsbereiche“ (englisch Scope creep): wie Erschleichung von Funktionalität nur nicht auf Funktionalität bezogen sondern auf den Anwendungsbereich. Auch hier zeichnet sich der Auftraggeber dadurch aus, dass er geschickt und versteckt den Umfang der Software nachträglich erweitern möchte ohne dass er dies explizit zugibt. Beispiel: nicht diskutierte Anwendungsbereiche sind plötzlich sehr wichtig bzw. das Fehlen eines Bereiches wird sogar als Fehler dargestellt, der dringendst behoben werden muss.

Design-Anti-Patterns

  • „Außerirdische Spinnen“ (englisch Alien spiders): ein Design, welches den Namen nicht verdient. Sehr gesprächige, kommunikative Objekte, welche sich alle gegenseitig kennen. Überhaupt keine Nutzung von Entwurfsmuster. Bei n Objekten gibt es n*(n-1)/2 Kommunikationspaare.
  • „Gas-Fabrik“ (englisch Gas factory): Eine Gas-Fabrik ist ein unnötig komplexes System-Design für eine recht einfache Aufgabenstellung. Beispielhafte Nutzung: „Ich wollte eine Software Lösung haben, keine Gas Fabrik.“

Programmierungs-Anti-Patterns

  • „Doppelt überprüfte Sperrung“ (englisch doubled-checked locking): eine doppelte Überprüfung bevor eine Sperrung durchgeführt wird. Beispiel: in der Java-Welt, um ein Einzelstück (Singleton) zu erstellen.
  • „Zwiebel“ (englisch Onion): neue Funktionalität wird um (oder über) die alte gelegt. Häufig zu beobachten, wenn ein Entwickler ein Programm erweitern soll welches er nicht geschrieben hat. Der Entwickler möchte oder kann die bereits existente Lösung nicht komplett verstehen, und setzt seine neue Lösung einfach drüber. Dies führt mit einer Vielzahl von Versionen und unterschiedlichen Entwicklern über die Jahre zu einem Zwiebel-System.

Organisations- bzw. Prozess-Anti-Patterns

  • „Goldener Hammer“ (englisch Golden hammer): Ein bevorzugter Lösungsweg wird als universell anwendbar angesehen.
  • „Das Rad neu erfinden“ (englisch Reinventing the wheel): stetige Neuerstellung von Software ohne bestehende Lösungen oder Rahmenwerke zu nutzen. Keine Wiederverwendung, was zu unstabiler, unreifer, teurer Software führt.
  • „Das Quadratische Rad neu erfinden“ (englisch Reinventing the square wheel): eine schlechte Lösung bereitstellen wenn eine gute bereits existiert. Beispiel aus der Java Welt: eigene Entwicklung einer Persistenz-Schicht, obwohl es hier reife, verbreitete, durchgetestete de facto Standards gibt wie Hibernate.
  • Body ballooning: der Vorgesetzte handelt ausschließlich aus der Bestrebung heraus, seine Machtposition auszubauen, die sich entweder aus der Unternehmensstruktur oder auch rein subjektiv, aus der Anzahl der Mitarbeiter unter sich definiert. Dies kann dazu führen, dass er bewusst arbeitsintensivere Lösungen und Arbeitstechniken den effektiveren, effizienteren vorzieht.
  • „Warmer Körper“ (englisch Warm body): Eine Person welche einen zweifelhaften oder keinen Beitrag zu einem Projekt leistet. Beispiel: in frühen Entwicklungsphasen sollten wenige Spezialisten das System entwerfen, erst anschließend können mehr Entwickler in einer größeren Anzahl das System umsetzen. Zuviele Entwickler in frühen Phasen sind warme Körper.
  • Single head of knowledge: Ein Individuum besitzt zu einer Software, zu einem Werkzeug oder ein anderes eingesetzten Medium als einziger unternehmensweit das Wissen. Zeugt häufig von fehlendem Wissensmanagement, mangelndem Austausch zwischen den Kollegen oder rudimentären Defiziten in der Organisation kann aber auch von dem Individuum bewusst angestrebt worden sein. Wenn das Individuum die Unternehmung verlässt nimmt er bildlich gesprochen das Wissen mit was für die Unternehmung sehr gefährlich ist, es blutet förmlich aus (bleeding). Muster kann durch Maßnahmen verhindert werden, z.B. durch Entwicklung nach XP zusammen mit Mitarbeiterbindung, -Motivation und Förderung der Identifikation mit der Unternehmung, um die Fluktuation zu minimieren.

Meta-Patterns

  • „Verklumpung erfahrener Programmierer“ (englisch Programmer Experience Clumping): Unerfahrene Programmierer sind bereit für eine relativ geringe Vergütung für eine Unternehmung zu arbeiten, um dort Erfahrung zu sammeln während erfahrene Spezialisten sehen was passiert, können dies objekt, kritisch einschätzen, und den Arbeitsplatz wechseln, um eine Herausforderung anzunehmen, in der die Programmierung besser verstanden und gute Arbeit gewürdigt wird. Dies produziert ein Gruppierungseffekt wo sich unerfahrene Programmierer in einer Unternehmung gruppieren bzw. dort verbleiben, und die erfahrenen Leute sich woanders gruppieren.
  • „Zersetzung“ (englisch Corrosion): gewollte oder ungewollte Nutzung einer Vielzahl von Anti-Patterns aus allen Bereichen. Geht einher mit konsequenter Verteidigung des Vorgehens. Meist unsachlich und brachial, ohne Diskussion. Führt unweigerlich zu der Vermutung, der Anwendende möchte der Unternehmung oder dem Softwareprodukt grob fahrlässig Schaden zufügen bzw. dessen erfolgreiche, kostengünstige Einführung verhindern. Kann auch dadurch motiviert sein, dass der Anwendende eine andere involvierte Partei schaden möchte.

Literatur

  • Fowler, Martin (1999). Refactoring. Improving the Design of Existing Code. Addison-Wesley. ISBN 0201485672.
  • Kerievsky, Joshua (2004). Refactoring to Patterns. Addison-Wesley. ISBN 0321213351.
  • Tate, Bruce A. (2002). Bitter Java. Manning. ISBN 193011043X.
  • Tate, Bruce A. et al. (2003). Bitter EJB. Manning. ISBN 1930110952.