Formatfaktor
Der Brennweitenverlängerungsfaktor (auch "Brennweitenfaktor" und "Bildwinkelfaktor", fälschlich für "Formatfaktor" bzw. "Crop-Faktor") wird oftmals bei digitalen Kameras, insbesondere digitalen Spiegelreflexkameras (D-SLR), angegeben. Er gibt den Wert an, mit dem man die Brennweite eines Objektives an dieser Kamera multiplizieren muss, um zu bestimmen, welche Brennweite ein Objektiv an einer Kamera im Kleinbild-Format hätte, das den gleichen Bildausschnitt bei gleicher Entfernung zum Motiv zeigen würde.
Details
Tatsächlich ändert sich die Brennweite des verwendeten Objektivs an der Digitalkamera nicht, sondern lediglich der genutzte Bildwinkel. Somit ist der Begriff "Brennweitenverlängerungsfaktor" zwar gängig, aber falsch, auch wenn er gelegentlich in den Prospekten der Kamerahersteller verwendet wird. Der korrekte Begriff ist der "Formatfaktor", denn der Effekt unterschiedlicher effektiver Bildwinkel bzw. Bildfelder bei gleicher Brennweite beruht auf den verschieden großen Aufnahmeformaten und ist proportional zur Größe derselben.
An einer Kamera, deren Sensorfläche kleiner als das gewohnte Kleinbildformat ist, ergibt sich bei gleicher Brennweite ein kleinerer effektiver Aufnahmewinkel als beim Kleinbildformat und damit auch ein kleinerer Bildausschnitt. Für Digitalkameras – deren Sensorfläche in der Regel kleiner ist als das Kleinbildformat – wird hier oftmals der Anglizismus "Crop-Faktor" (engl. crop factor, von to crop = beschneiden) benutzt, zu deutsch "Faktor des Beschnitts des Blickfelds". Es entsteht der gleiche Effekt wie bei einer Ausschnittvergrößerung in der analogen Fotografie.
Der gelegentlich anzutreffende Begriff "Bildwinkelfaktor" ist ein Versuch, der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es nicht die Brennweite ist, die sich mit dem Aufnahmeformat ändert, sondern der genutzte Bildwinkel. Diese Praxis ist jedoch irreführend: Anders als der fest angegebene Wert vorspiegelt, ist der effektive Bildwinkel nicht über alle Brennweiten linear proportional zum Aufnahmeformat. Die Ursache liegt im Zusammenhang zwischen Brennweite und Bildwinkel über die Tangensfunktion. Das heißt, beim Übergang von einer Kleinbildkamera zu einer D-SLR mit einem kleineren Sensor ändert sich z. B. der genutzte Bildwinkel eines 20-mm-Weitwinkelobjektives um einen geringeren Faktor als etwa der eines 400-mm-Teleobjektives.
Ein ähnliches Phänomen tritt beim Übergang von Groß- und Mittelformat- zu Kleinbildkameras auf – allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen. Statt einen "Verlängerungsfaktor" anzugeben, klassifiziert man sinnvollerweise die Kameraobjektive anhand ihrer Bildwinkel im jeweiligen Format als Weitwinkel-, Normal- und Teleobjektiv (wobei die Telekonstruktion allein nicht den Bildwinkel beeinflusst, aber häufig Objektive mit geringem Bildwinkel und langer Brennweite Telekonstruktionen sind). Dabei entspricht die Brennweite des Normalobjektivs ungefähr der Diagonale des jeweiligen Aufnahmeformats.
Beispiel
Der Bildsensor vieler gängiger digitaler Spiegelreflexkameras ist um den Faktor 1,5 bis 1,6 kleiner als das gewohnte Kleinbildformat (24 mm × 36 mm), also z. B. 15,7 mm × 22,7 mm. Bei einem Objektiv mit 50 mm Brennweite "sieht" der Bildsensor nur einen Ausschnitt dessen, was der Kleinbildfilm sehen würde. Schaut man sich jeweils das gedruckte Foto (z. B. 9 × 13 cm²) von der analogen und digitalen Kamera an, so wirkt es, als sei das Bild aus der Digitalkamera mit einer längeren Brennweite entstanden. Möchte man mit der analogen Kamera den gleichen Ausschnitt wie mit der digitalen Kamera erzielen, so muss eine um den Formatfaktor längere Brennweite, hier also 50 mm × 1,6 = 80 mm verwendet oder eine entsprechende Ausschnittsvergrößerung angefertigt werden.
Andere Werte, wie z. B. die Schärfentiefe (bezogen auf das 9 × 13-cm²-Foto), ändern sich analog, wenn man mit dem gleichen Objektiv aufnimmt, aber die Abbildungsfläche verändert.
Formatfaktoren gängiger Sensorgrößen relativ zum Kleinbildformat
Faktor (1) | Sensorgröße | Typische Auflösung | Diagonale |
---|---|---|---|
8,7 | 1/3,2" | ca. 2 - 3 Megapixel | 5 mm (2) |
7,2 | 1/2,7" | ca. 3 - 5 Megapixel | 6 mm (2) |
6,8 | 1/2,5" | ca. 3 - 5 Megapixel | 6,4 mm (2) |
4,9 | 1/1,8" | ca. 4 - 8 Megapixel | 8,9 mm (2) |
4 | 2/3" | ca. 8 Megapixel | 11 mm (2) |
2 | 4/3" entsp.Four Thirds | ab 5 Megapixel | 21,3 mm (2) |
1,6 | entsprechend APS-C | ab 6 Megapixel | 27,1 mm |
1,5 | entsprechend APS-C | ab 6 Megapixel | 28,3 mm |
1,3 | entsprechend APS-H | ab 8 Megapixel | 34,7 mm |
1 | Vollformat | ab 6 Megapixel | 43,3 mm |
(1) Der Formatfaktor entspricht dem Verhältnis der Diagonale des Kleinbildformates zur Diagonale der lichtempfindlichen Fläche des Bildsensors. Manche Autoren beziehen diesen stattdessen auf die größere Seite des Aufnahmeformats, um den unterschiedlichen Seitenverhältnissen (2:3 bei Kleinbild, 3:4 bei den meisten Sensoren) gerechter zu werden.
(2) Die Sensorgrößen in Zoll-Bruchteilen beziehen sich traditionell auf die nutzbare Fläche von Video-Aufnahmeröhren. Eine Ein-Zoll-Vidicon-Bildröhre hat zwar 25,4 mm Außendurchmesser, jedoch nur eine nutzbare Bilddiagonale von etwa 16 mm.
Zusammenfassung
Bezogen auf das gedruckte Foto gilt:
- Brennweite
- bleibt konstant. Die tatsächliche Brennweite eines Objektivs ändert sich nicht.
- Blende (Belichtung)
- bleibt konstant.
- Bildausschnitt
- Ändert sich dem Formatfaktor entsprechend. 50 mm Brennweite bei einem Formatfaktor von 1,6 ergeben einen Bildausschnitt wie 80 mm bei einer Kleinbildkamera.
- Bildwinkel
- Der genutzte Bildwinkel ändert sich in Richtung des Formatfaktors, aber nicht proportional zu diesem über verschiedene Brennweiten. Je kürzer die Brennweite, desto geringer die Veränderung des genutzten Bildwinkels. Der maximal nutzbare Bildwinkel des Objektivs (Bildkreis) bleibt konstant.
- Schärfentiefe
- Ändert sich dem Formatfaktor entsprechend.
Bei einem Formatfaktor von 1,6 und Blende 2 ist die Schärfentiefe bei gleichem Bildwinkel – also bei einer entsprechend kürzeren (äquivalenten) Brennweite – und gleicher Distanz, also gleichem Abbildungsmaßstab, ebenso groß wie bei Blende 3,2 (eingestellter Blendenwert mal Formatfaktor) an einer Kleinbildkamera. Die Belichtung bleibt unverändert (also Blende 2)!
- Verwackeln
- Die Faustregel für Kleinbild "1/Brennweite (Sekunde) geht noch" muss ergänzt werden: "1/(Brennweite * Formatfaktor) geht noch". Wobei hier zu beachten ist, dass diese Regel auch ursprünglich nur als Faustregel für etwa 10 × 15 cm² große Abzüge gedacht war. Wer digitale Bilddateien bei 100 % am Monitor betrachtet, muss je nach körperlicher Fähigkeit kürzere Zeiten verwenden.
siehe auch
Weblinks
- http://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=196926#post196926 ausführliche Erklärung
- http://tamron.de/Brennweitenvergleich.238.0.html?dum=0&L=0 guter Vergleich zwischen Brennweiten und digitalen/analogen Kameras
- http://www.dpreview.com/learn/?/Glossary/Camera_System/Sensor_Sizes_01.htm dpreview: englisch