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Pfefferspray

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Demonstration des Einsatzes von Pfefferspray bei einem Sicherheitstraining

Das Pfefferspray ist ein Reizstoff der gegen Menschen und andere Säugetiere wirkt. Mit dem Begriff ist meist ein Sprühgerät mitsamt dem enthaltenem Wirkstoff Oleoresin capsicum (OC) gemeint.

Oleoresin capsicum ist ein Extrakt verschiedenener tropischer und subtropischer Chili-Pfefferpflanzen das sich aus den Hauptbestandteilen

zusammensetzt.

Da Pfefferspray bislang nicht dem deutschen Waffengesetz und dessen Prüfvorschriften unterliegt, ist es nur zur Tierabwehr zugelassen.

In Deutschland wurden die Polizeien des Bundes und der Länder teilweise mit Pfefferspray ausgerüstet, da nicht alle Menschen auf das normalerweise eingesetzte CS-Gas reagieren. Die polizeiliche Bezeichnung lautet Reizstoffsprühgerät (RSG-3, bzw. RSG-4).

Technische Ausführungen

Die im Handel erhältlichen Sprays können den Wirkstoff (kleine Kristalle) flüssig, als Schaum oder als Gel freisetzen. Das Sprühbild kann einem konischen Nebel oder einem Strahl entsprechen. Die Reichweite beträgt bei handelsüblichen Geräten 1,5 - 5m.

Wirkung einer Oleoresin capsicum-Freisetzung

RSG-3
Datei:RSG.jpg
Aufbau und Funktionsweise einer Pfefferspraydose

Der Reizstoff wirkt auf verschiedene Weise:

  • Augen: Eine Schwellung der Schleimhäute bewirkt das sofortige Schließen der Augenlider für ungefähr 5 bis 10 Minuten.
  • Atmung: Ein Einatmen des Pfeffersprays führt zu Husten und Atemnot
  • Haut: Die besprühten Stellen "brennen" und bewirken während 15 bis 30 Minuten einen Juckreiz.

Alle Symptome treten sofort oder nach wenigen Sekunden auf, jedoch gibt es auch Menschen, die gar nicht oder nur sehr schwach auf Pfefferspray reagieren.

Der medizinische Wirkmechanismus von Oleoresin capsicum beruht zum einen auf der heftigen Stimulation von Chemonozizeptoren (schmerzempfindende Sinneszellen) in afferenten Nervenzellen. Die Ausschüttung von Substanz P (eines Neurotransmitters) führt akut zu einer Membrandepolarisierung.

Die längerfristige Anwendung von Oleoresin capsicum führt zu einem Fehlen von Substanz P, dadurch kommt es zu der schmerzstillenden Wirkung, weil die Erregungsleitung blockiert wird. Zusätzlich wird durch Oleoresin capsicum eine Entzündungsreaktion ausgelöst. Für die Anwendung bei der deutschen Polizei wird ein 10-prozentiges OC-Wassergemisch in einer Sprühdose verwendet, als Treibmittel dient Stickstoff. Die Lösung lässt sich über eine Distanz von 3-5 Meter in einem feinen Strahl versprühen, dadurch ist eine zielgenaue Anwendung ohne Gefährdung anderer Personen möglich. Durch die Reichweite bis zu 5 Meter ergibt sich für die Polizei bei vielen klassischen Situationen mit gewalttätigen Personen ein Anwendungsbereich, der eine effektive Kontrolle des Gegners ermöglicht. In diesem Entfernungsbereich standen bisher keine vergleichbaren Möglichkeiten zur Verfügung; Ziel muss es schließlich sein, den Einsatz von Schusswaffen zu vermeiden (Verhältnismäßigkeit).

Augen

Am Auge führt Oleoresin capsicum zu einem heftigen brennenden Schmerz sowie zu einem krampfartigen Schluss der Augenlider. Daneben kommt es zu einer Rötung und Schwellung der Bindehaut und zu einem heftigen Tränenfluss. Vereinzelt sind Schädigungen des Hornhautepithels beschrieben, diese heilen jedoch folgenlos ab. Träger von Kontaktlinsen können vermehrte Reaktionen zeigen, weil sich zwischen der Kontaktlinse und der Hornhaut ein Wirkstoffdepot entwickeln kann. Das längere Einwirken von Oleoresin capsicum kann zu einer herabgesetzten Schmerzempfindlichkeit führen, die einen selteneren Lidschlag zur Folge haben kann.

Atmung

Die Wirkung auf die Atemwege ist stark davon abhängig, in welchem Ausmaß der Wirkstoff in den Mund und die Atemwege gelangt; ein Hustenreiz tritt jedoch fast immer ein. Teilweise kann es bei Asthmatikern zu einer Verkrampfung des Bronchialsystems und zum Stimmritzenkrampf kommen. Insbesondere bei labiler Blutdrucklage oder vorbestehendem arteriellen Bluthochdruck können alle zuvor benannten Reaktionen zu massiven Kreislaufbeschwerden (siehe hypertensive Krise) führen. Die körperlichen Reaktionen sind dazu geeignet, getroffene Personen zusätzlich psychisch zu beeinflussen, sodass auch eine Verstärkung des aggressiven Verhaltens oder eine panikartige furchtsame Reaktion folgt.

Haut

Eine Histaminausschüttung führt zu einer Hautrötung und kann eine Quaddelbildung und Schwellung auslösen, selten kommt es zu Blasenbildung.

Die genannten Symptome klingen meist über einen Zeitraum bis 45 Minuten ab, die Reinigung der betroffenen Organe kann diese Zeit verkürzen.

Rechtliche Situation

Deutschland

Pfefferspray ist in Deutschland für jedermann als Tierabwehrspray ohne Altersbeschränkung erhältlich. Der Einsatz von Pfefferspray gegen Menschen kann bestraft werden (Gefährliche Körperverletzung, genau wie bei ungerechtfertigtem Einsatz von CS-Gas), soweit kein Rechtfertigungsgrund wie Notwehr oder Nothilfe vorliegt. Dagegen darf die deutsche Polizei Pfefferspray auch gegen Menschen einsetzen (Unmittelbarer Zwang). Fast alle Polizisten sind mit diesem Einsatzmittel ausgerüstet.

Schweiz

In der Schweiz dürfen Pfeffersprays der Giftklasse 3, 4 und 5 unter Altersausweisung erworben werden. Diese Pfeffersprays müssen durch ein gelbes Band mit Angabe einer BAG-T-Nummer versehen sein. Stärkere Pfeffersprays der Giftklasse 1 und 2 sind durch ein schwarzes Band markiert und unterliegen dem schweizer Waffengesetz. Weitere Regelungen finden sich im Bundesgesetz über den Verkehr mit Giften.

Behandlungshinweise

Betroffene sollten die besprühte Haut mit Pflanzenöl oder anderen fetthaltigen Flüssigkeiten abwaschen. Anschließend die betroffene Haut mit kaltem Wasser und Seife abwaschen, da sonst der Wirkstoff zusammen mit dem Fett über die Haut aufgenommen wird, und kühlen. Das Spülen mit Wasser allein hilft kaum, da Capsaicin fett- und nicht wasserlöslich ist. Reiben, Schrubben oder Kratzen sollte vermieden werden, da ansonsten die Substanzen noch intensiver in die Organe eindringen können. Es ist jedenfalls ein Arzt aufzusuchen.

Literatur

  • Kuckelkorn R.: Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Verätzungen und Verbrennungen der Augen. In: Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 3 A-104-109 (2000)
  • Füller: The human pharmacology of capsaicin. In: Arch Int Pharmacodyn Ther 303:147-156, 1990 (Engl.)
  • Busker RW, van Helden HPM (1998) Toxicologic Evaluation of Pepper Spray as a Possible Weapon for the Dutch Police Force. In: AmJ Forensic Med Pathol, vol. 19, No. 4:309-316 EPA R.E.D. FACTS; EPA-738-F-92-016 (Engl.)
  • Steffee CH, Lantz PE, Flannagan LM, Thompson RL, Jason DR: Oleoresin Capsicum (Pepper) Spray and "In-custody-Deaths". In: Am J Forensic Med Pathol, Vol. 6, No. 3:185-192, 1995 (Engl.)
  • Watson WA, Stremel KR, Westdorp Ej: Oleoresin Capsicum (CAP-STUN) Toxicity from Aerosol Exposure. In: The Annals of Pharmacotherapy, vol. 30:733-735, 1996 (Engl.)
Wiktionary: Pfefferspray – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen