Der Verschiebungssatz (auch Satz von Steiner genannt) ist eine Rechenregel für die Ermittlung der Summe quadratischer Abweichungen vom arithmetischen Mittel.
Kurzgefasst besagt er, dass für
Zahlen
und deren arithmetisches Mittel
gilt:
.
Der Verschiebungssatz erleichtert beispielsweise die Berechnung der empirischen Varianz, wenn Messwerte fortlaufend anfallen. Es ist dann weder nötig, alle
abzuspeichern (Speicher), noch nochmals alle Summanden durchzulaufen (Rechenzeit). Bei Verwendung dieser Formel mit begrenzter Rechengenauigkeit kann es jedoch zu einer numerischen Auslöschung kommen, wenn
erheblich größer ist als die Varianz.
Erläuterung am Fall einer endlichen Folge von Zahlen: Das Stichprobenmittel
Der Verschiebungssatz wird zunächst am einfachsten Fall vorgeführt: Es ist eine Folge von reellen Zahlen xi gegeben, beispielsweise eine Stichprobe. Es wird die Summe Q der quadratischen Abweichungen der Einzelwerte xi vom arithmetischen Mittel dieser Werte gebildet:

wobei

das arithmetische Mittel der Zahlen ist.
Der Verschiebungssatz ergibt sich aus[1]

.
Beispiel
Im Rahmen der Qualitätssicherung werden fortlaufend Kaffeepäckchen gewogen. Für die ersten vier Päckchen erhielt man die Werte (in g) xi

Das durchschnittliche Gewicht beträgt

Es ist

Für die Anwendung des Verschiebungssatzes berechnet man

und


Man kann damit beispielsweise die empirische Varianz bestimmen:

im Beispiel

Kommt nun ein weiteres Päckchen in die Stichprobe, so reicht es zur Neuberechnung der Stichprobenvarianz mit Hilfe des Verschiebungssatzes, lediglich die Werte für
und
neu zu berechnen. Beim fünften Päckchen werde das Gewicht 510 g gemessen. Dann gilt:

sowie

Die Stichprobenvarianz der neuen, größeren Stichprobe ist dann

Anwendungen
Zufallsvariable
Varianz
Die Varianz einer Zufallsvariablen

lässt sich mit dem Verschiebungssatz auch angeben als [2]

Dieses Resultat wird auch als Satz von König-Huygens bezeichnet. Es ergibt sich aus der Linearität des Erwartungswertes:

- Man erhält bei einer diskreten Zufallsvariablen
mit den Ausprägungen
und der dazugehörigen Wahrscheinlichkeit
dann für

- Mit der speziellen Wahl
ergibt sich
und die obige Formel

- Für eine stetige Zufallsvariable
und der dazugehörigen Dichtefunktion
ist

- Man erhält hier mit dem Verschiebungssatz

Kovarianz
Die Kovarianz zweier Zufallsvariablen
und

lässt sich mit dem Verschiebungssatz als

angeben.
Für diskrete Zufallsvariablen erhält man für

entsprechend zu oben

mit
als gemeinsamer Wahrscheinlichkeit, dass
und
ist.
Bei stetigen Zufallsvariablen ergibt sich mit
als gemeinsamer Dichtefunktion von
und
an der Stelle
und
für die Kovarianz

entsprechend zu oben

Stichprobenkovarianz
Für die Stichproben-Kovarianz zweier Merkmale x und y benötigt man

Hier ergibt der Verschiebungssatz

Die korrigierte Stichprobenkovarianz berechnet sich dann als

Einzelnachweise
- ↑ Hans-Friedrich Eckey, Reinhold Kosfeld, Christian Dreger: Statistik: Grundlagen — Methoden — Beispiele, S.86
- ↑ Ansgar Steland: Basiswissen Statistik, S.116