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Betreuung (Recht)

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Allgemeiner Sprachgebrauch

Es gibt verschiedene Arten der Betreuung, im Beruf oder im Privatleben.

Betreuung bedeutet, sich um jemanden zu kümmern (für jem. da sein, aufpassen, helfen, unterstützen, bei Entscheidungen helfen), z.B. im Kindergarten die Betreuer um die Kinder, in der Schule die Lehrer um die Schüler. In einem Betrieb bedürfen Mitarbeiter und Auszubildende der Betreuung.

Rechtliche Betreuung in Deutschland

In Deutschland wurde durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz das Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuung geschaffen. Die rechtliche Betreuung ist an die Stelle der früheren Vormundschaft über Volljährige und der Gebrechlichkeitspflegschaft getreten. Sie ist in den §§ 1896 ff. BGB geregelt. Das gesetzgeberische Ziel der Reform war Betreuung statt Entmündigung, um den Betroffenen Hilfe zu einem frei selbstbestimmten Leben zu leisten. Dabei ist das Wohl des Betreuten der Maßstab des Handelns des Betreuers nach § 1901 und 1906 BGB. Das Wohl ist nach rechtsverbindlicher Auslegung durch den Bundesgerichtshof (BGH) vorrangig durch den Betroffenen selbst zu bestimmen.


Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Vormundschaftsgericht, das heißt der für Vormundschaftssachen zuständige Richter am Amtsgericht (Besonderheit in Baden-Württemberg: der zuständige Notar nach Maßgabe von § 37 des Landesgesetzes Baden-Württemberg über die freiwillige Gerichtsbarkeit) , für ihn auf seinen Antrag oder von Amts wegen einen Betreuer.


Ein Betreuer kann auch gegen den Willen des Betroffenen bestellt werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen und der Betreute nicht über einen freien Willen verfügt. Das Gericht entscheidet von Amts wegen, auf den Willen des Betroffenen kommt es weniger an, Maßstab ist ob der Betroffene aufgrund seiner Behinderung oder Erkrankung seine Angelegenheiten erledigen kann. Soweit der Betroffene seinen Willen frei und verantwortungsvoll äußern kann, dürfte - außer bei körperlich Behinderten auf deren Antrag hin-, gar keine Betreuung angeordnet werden. In der Praxis wird aber umso leichter die Voraussetzung der Betreuung bejaht, als das der Betroffene dieser zustimmt. Oft wir hier eine Einsichtigkeit des Betroffenen verlangt, die die höchstrichterliche Rechtssprechung nicht verlangt. Im Gegenteil, der Betroffene darf nicht zu sehr durch Dritte, also Ärzte oder Verwandte in der Willensbildung beeinflusst werden (BGH Urteil) Er muss lediglich Imstande sein zutreffend nach gewonnenen Einsichten handeln zu können, ist also nicht gezwungen nach diesen Einsichten zu handeln.


Ohnehin ist die Bestimmung eines freien Willens fragwürdig, da die Wissenschaft inzwischen davon ausgeht, dass der Mensch, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt einen freien Willen hat. Dennoch kann natürlich nicht grundsätzlich in Abrede gestellt werden, dass manche Erkrankungen und Behinderungen die Entscheidungenfähigkeit des Menschen so stark beeinflussen, dass er einer Betreuung bedarf. Problematisch ist allein die Grenzziehung zwischen "freiem Willen" und "natürlichen Willen". Aus verfassungsrechtlichen, ethitschen und methodischen Gründen ist es daher nicht zu rechtfertigen, dass Menschen die "nur" einen "natürlichen Willen" haben grundsätzlich anders behandelt werden dürften, als Menschen die über einen "freien Willen" verfügen. Auch daher ist das Betreuungsrecht dahingehend ausgelegen, dass das Wohl des Betreuten vorrangig durch den Betreuten selbst zu bestimmen ist, wie es das BGH mit dem Beschluss vom 17. März 2003 rechtsverbindlich getan hat.


Körperbehinderte erhalten nur auf ihren Antrag hin einen Betreuer.


Eine große Gruppe der unter Betreuung stehenden Menschen sind alte Menschen, die an Alzheimer erkrankt sind oder dessen Gehirnleistung nachgelassen hat (Cerebralsklerose; Umgangsprachlich = Verkalkung). Daneben benötigen geistig behinderte Kinder einen Betreuer. Auch Alkoholiker mit Gehirnabbau sind eine weitere unproblematische Gruppe. Häufig wird für psychisch Kranke Menschen Schizophrene, Manisch-Depressive, Borderline Syndrom ein Betreuer bestellt, weniger aber für Suchtkranke.


Die Betreuten empfinden die Hilfe eines Betreuers oftmals eher als Vorteil als Nachteil. Ein professioneller Betreuer ist besser in der Lage Sozialanträge wie Sozialhilfe und Haushaltshilfen durchzusetzen oder bei dementen Bewohnern dafür zu sorgen, dass die Medikamentengabe dem Wohl des Betreuten dient und nicht dem Ruhigstellen. Allerdings gibt es zahlreiche Betreuer, die das Wohl des Betreuten ganz der Auslegung des Arzt überlassen. Das ist nicht statthaft, da das Wohl vorrangig durch den Betreuten selbst zubestimmen ist. Gegen den Willen des Betreuten darf nur behandelt und gehandelt werden, wenn der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit oder Freiheit des Betreuten mit dem Schutz gleichrangiger Rechte des Betreuten oder Dritter zu rechtfertigen ist.


Die Bestellung erfolgt je nach Erfordernis für bestimmte Aufgabenkreise (z.B. Sorge für die Gesundheit, Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung (schließt den Antragsrecht auf Einweiung in einem Klinik ein). Es kann auch ein Betreuer für alle Angelegenheiten bestellt werden, dann erlischt nach dem Wahlgesetz das Wahlrecht des Betroffenen.


Die Einweisung in eine geschlossene psychiatrische Klinik und die Heilbehandlung gegen den Willen des Betroffenen (Unterbringung) ist auf Antrag des Betreuers im Rahmen des Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung nur mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung gestattet. Dies setzt aber eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit des Betroffenen voraus. Vermögensgefährdungen oder die Gefährdung anderer sind keine Begründung für eine Einweisung nach dem Betreuungsrecht. Ist die Gefährdung durch die geschlossene Unterbringung aufgehoben, darf nicht gegen den Willen des Betreuten behandelt werden.


Bei erhebliche Gefährungen anderer ist auf Antrag der Ordnungsbehörde nach den Gesetzen für psychisch Kranke (Psych-KG) der Länder zu verfahren. Ein Verfahren nach Psych-KG kann jeder anregen. Hinzukommen muß, das der Betroffene aufgrund der Krankheit nicht in der Lage sein muß, selbst eigenverantwortlich über seine Behandlung zu entscheiden. Dies ist häufig bei Erkrankungen des schizophrenen Formenkreis oder manisch depressivebn Erkrankungen der Fall.


Regelmäßige ambulante Zwangsbehandlungen sind nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ohne Unterbringung nicht zulässig. Es liegt jedenfalls dann kein geringerer Eingriff als eine Zwangsbehandlung mit Unterbringung in eine Klinik vor, wenn die Zwangsbehandlung auf Dauer angelegt ist, wie z.b regelmäßige Depotspritzen schizophren erkrankter Personen. Die Behandlung mit Depotspritzen ist aufgrund der Gefährlichkeit nach vereinzelter Rechtssprechung genehmigungspflichtig.


In der Praxis wird sich aber an die Gesetzeslage nicht immer genau gehalten, z.t wird eine abweichende Meinung vertreten, was erstaunlich ist, da die Rechtsauslegung durch den BGH Gesetzeskraft hat.


Die Betreuerbestellung ist keine "endgültige" Angelegenheit. Der Betreute kann immer Beschwerde gegen die Betreuung einlegen. Zuständig ist das Landgericht. Fällt der Handlungsbedarf für eine Betreuung weg, ist die Betreuung vom Gericht aufzuheben, was in der Praxis auch häufiger vorkommt. Ebenso kann der Betreuer gewechselt oder der Aufgabenkreis erweitert oder eingeschränkt werden. Hierzu bedarf es nur einer Anregung an das Gericht. Ein Wechel des Betreuers ist aber in der Regel schwer zu erreichen. Von sich aus prüft das Vormundschaftsgericht zumindest alle fünf Jahre, ob die Betreuung unverändert fortzuführen ist.


Zum Betreuer können Privatpersonen, Vereinsbetreuer (die bei einem Betreuungsverein beschäftigt sind), Behördenbetreuer (bei einer für Betreuungen zuständigen Behörde tätige Mitarbeiter), Berufsbetreuer, ein Betreuungsverein selbst oder die zuständige Behörde bestellt werden. Justische Personen außer Betreuungsvereinen oder Gesellschaften können nicht zum Betreuer bestellt werden.


Bei der Auswahl des Betreuers hat das Gericht folgende Rangfolge einzuhalten:

  • Wunsch des Betroffenen
  • Ehegatte, Eltern oder Kinder
  • weitere Verwandte oder Bekannte
  • andere ehrenamtliche Betreuer
  • Vereins- oder Berufsbetreuer
  • Betreuungsbehörde

Nur triftige Gründe rechtfertigen eine Abweichung. Der Vorschlag des Betroffenen darf auch dann nicht wiedersprochen werden, wenn etwa die Betreuungsbehörde einen geeigneteren Kandidaten vorschläg. In Form einer Betreuungsverfügung kann bereits ein Vorschlag für den Fall gemacht werden, dass die Betreuerbestellung unerwartet zu erfolgen hat. Dadurch kann ein eventueller Familienkonflikt verhindert werden.


In der Praxis wird auch die Reihenfoge eingehalten, so dass in den meisten Fällen die Betroffenen von nahen Angehörigen betreut werden.


Der Betreuer hat die Aufgabe, im Rahmen seines Aufgabenkreises die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen und diesen gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten.


Der Betreuer soll nach dem Gesetz für den Betroffenen eine Hilfe sein und diesen nicht bevormunden. Der Betreute soll auch weiterhin über seine Angelegenheiten selbst entscheiden, soweit dies verantwortet werden kann.


Der Vereins- und der Berufsbetreuer erhält eine Vergütung, die nach Zeitaufwand (ca. 30 Euro/Stunde) und Qualifikation des Betreuers abgerechnet wird. Der ehrenamtliche Betreuer erhält in der Regel (Vergütung nur bei sehr wohlhabenden Betreuten)lediglich Aufwendungsersatz. Entweder eine Kostenpauschale von derzeit 312 Euro jährlich oder wahlweise Ersatz der tatsächlich angefallenen Auslagen wie Fahrtkosten, Porto etc. aber keine Vergütung der Arbeitszeit). Die Vergütung und die Auslagenpauschale sind vom Betreuten zu zahlen und werden nur bei Mittellosigkeit des Betreuten von der Staatskasse getragen. Die Mittelosigkeit bestimmt sich nach dem sozialhilferechtlichen Grundsätzen, zur Zeit besteht ein Schonvermögen von etwa 2.300 €. Auch ein selbstbewohntes Einfamilienhaus bleibt unberücksichtigt.


Auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten hat die Anordnung der Betreuung als solche rechtlich keinen Einfluss, wenn auch tatsächlich der Rechtsverkehr meist die Zustimmung des Betreuers zum Rechtsgeschäft verlangt, denn die Betreuerbestellung ist häufig ein Indiz für eine fehlende Geschäftsfähigkeit.


Das Vormundschaftsgericht kann aber gesondert anordnen, dass der Betreute zu einer Willenserklärung (und damit zum Abschluss von Verträgen) im Rahmen des Aufgabenkreises des Betreuers dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB).


Eine wirksame Vorsorgevollmacht geht der Bestellung eines Betreuers vor (§ 1896 Abs. 2 BGB).


Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichts über die Betreuung ergeht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Sie setzt ein Gutachten eines Sachverständigen über die Notwendigkeit der Betreuung voraus. Ein ärztliches Zeugnis, ist nur dann außreichend, wenn d. Betroffene eine Betreuerbestellung selbst beantragt. In Eilfällen genügt gleichfalls ein ärztliches Zeugnis, die Begutachtung ist aber nachzuholen.


Der Betroffene ist ausnahmslos in jedem Falle persönlich vom Richter zu hören. Nur in sehr dringenden Eilfällen, kann auch ohne Anhörung vorläufig ein Betreuer bestellt werden, dann wird die Anhörung aber unverzüglich nachgeholt. Die Angehörigen sollen vorher gehört werden.


Derzeit (2004) wird das Betreuungsrecht reformiert, da die Kosten insbesondere durch die aus dem Justizfiskus zu zahlenden Betreuervergütungen in den vergangenen Jahren explodiert sind.


Dies liegt zum großen Teil an einer zunehmenden Verrechtlichung der Gesellschaft. Die Rechtsprechung verlangt z.B., dass die Patienten über die Behandlungsmaßnahmen mit allen Risiken aufgeklärt werden müssen, ob sie es verlangen oder nicht. Auch Betreute müssen durch den behandelnden Arzt aufgeklärt werden, was aber häufig unterbleibt. Soweit ein Patient dem geistig nicht ganz folgen kann, wird zur rechtlichen Absicherung die Bestellung eines Betreuers verlangt.


Aber auch Pflegeheime, Rententräger, Behörden und Sozialleistungsträger erfordern zur rechtlichen Absicherung Mitwirkungspflichten, die die Betroffenen nicht erfüllen können. Oft führt ein einzelnes Bettgitter zurecht zur Betreuerbestellung.


Auf der anderen Seite haben sich genügend Dienstleister etabliert, die diese Leistungen anbieten und die Nachfrage erfüllen. Eine Betreuungsindustrie ist entstanden. Auch wird vorgetragen, dass die Liberalisierung des Betreuungsrechts die Akteure leichtfertiger einen Betreuer bestellen läßt, da die Eingiffe in die Rechte des Betroffenen nicht mehr so umfassend sind, wie vor 1992. Es gibt Meinungen (siehe unten die Linkliste), die die Arbeit der berufsmäßig tätigen Betreuer als entmündigend für den Betroffenen ansehen. Andere halten dagegen, dass diese ohne die Hilfe ihrer Betreuer eher der Willkür ihrer Umgebung ausgeliefert seien, als mit Betreuer. Beide Haltungen sind richtig, da die Ausübung des Betreueramts sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Letzlich kommt es auch auf die "Chemie" zwischen Betreuten und Betreuer an.


Der Betreuer hat dafür zu sorgen, dass der Betreute seine Grundrechte möglichts weitgehend wahrnehmen kann. Das Grundgesetz garantiert jedem Menschen ein Leben in Würde. Selbstbestimmung, Freiheit der Person, körperliche Unversehrtheit und Gleichheit vor dem Gesetz gehören zu den wichtigsten Grundrechten. In diese Grundrechte darf per Gesetz eingegriffen werden, der Wesenskern muss aber erhalten bleiben. Daher ist das Wohl des Betreuten vorrangig durch ihn selbst zu bestimmen. In diese Grundrechte darf nur eingeriffen werden, wenn Rechte des Betreuten oder Dritter von gleichen Rang gefährdet sind. Hierin sind die Grenzen der "Freiheit zur Krankeit" zu sehen, die das Bundesverfassungsgericht bislang nicht eindeutig gezogen hat (BVerfGE 58, 208, 224ff)

Zusammenfassung der wichtigsten Rechtsgrundlagen in Deutschland

Voraussetzung für die Betreuerbestellung

1. Kann ein Betroffener seine Angelegenheiten selbst besorgen, ist eine gesetzlich bestellte Betreuung gegen seinen Willen nicht zulässig, da die Voraussetzungen nach § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfüllt sind.


2. Die Bestellung eines Betreuers ist nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen ebensogut durch einen Bevollmächtigten und/oder durch andere Hilfsangebote besorgt werden können (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Ein gesetzlicher Betreuer ist nichts weiter als ein vom Gericht eingesetzter Bevollmächtigter. (Siehe auch: Vorsorgevollmacht)


3. Wer seinen Willen frei bestimmen kann, darf keinen gesetzlichen Betreuer gegen seinen Willen bestellt bekommen. Diese Rechtslage wurde durch höchstrichterliche Urteile klargestellt (z.B. BayObLG FamRZ 1995, 510). In der Urteilsbegründung heißt es: "Der Staat hat nicht das Recht, den Betroffenen zu erziehen, zu bessern, oder zu hindern, sich selbst zu schädigen."


4. Das Gericht hat den Betreuer zu bestellen, den der Betroffene vorschlägt, solange keine gewichtigen Gründe dagegen sprechen. Es ist nicht zulässig, einen vom Betreuten vorgeschlagenen Betreuer abzulehnen, weil ein geeigneterer Betreuer von Dritten vorgeschlagen wird.

Ärtzliche Behandlung

1. Jede ärztliche Behandlung ist nach durchgehender Rechtsauffassung eine Körperverletzung. Sie ist nur dann nicht rechtwidrig, wenn in die Behandlung eingewilligt wird.


2. Da der Bundesgerichtshof rechtsverbindlich festgestellt hat, das der Betreute sein Wohl vorrangig selbst zu bestimmen hat, ist es fraglich, ob gegen den Willen des Patienten behandelt werden darf, wenn die Verletzung des Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit nicht durch den Schutz eines Rechtsguts von gleichem Rang begründet werden kann. Eine Patientenverfügung ist für Arzt und Betreuer bindent (BGH Beschluss XII ZB 2/03 vom 17. März 2003)


3. Häufig wird ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt, weil der Betroffene die ihm verordneten Medikamente nicht nimmt oder anderen Behandlungsmaßnahmen (Klinikaufenthalt) nicht zustimmt. Der Betreute darf aber zur Medikamenteneinnahme und zu Behandlungsmaßnahmen nicht gezwungen werden, wenn er seinen Willen frei bestimmen kann (Knittel § 1904 Rz. 5; Kern MedR 1991, 68). Ein Betreuter der Einwilligungsfähig ist, darf nicht gegen seinen Willen behandelt werden. Einwilligungs-Unfähig ist nur, wer Art, Bedeutung und Tragweite (Risiken) der Maßnahme nicht erfassen kann (BGH NJW 1972, 335; OLG Hamm FG Prax 1997, 64). Eine ambulante Zwangsbehandlung gegen den Willen des Betreuten ist nicht zulässig (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2000 - XII ZB 69/00 - OLG Hamm, LG Bielefeld, AG Bielefeld).


4. Ein Arzt kann nur in zwei Fällen ohne Einwilligung des Patienten/Betreuers/Bevollmächtigten selbst handeln. Nach § 34 StGB (Nothilfe) und nach § 32 StGB (Notwehr). Einwillgung durch den Betreuer/Bevollmächtigten in gefährliche und freiheitsentziehende Unterbringungen (auch auf "halbgeschossenen" Stationen) sind nach § 1904 BGB und § 1906 BGB durch das VormundschaftsGericht zu genehmigen. Bettgitter, Fixierungen und die Freiheit einschränkende medikamentöse Therapien sind extra zu genehmigen. Die Genemigung des Vormundschaftsgericht ist kein "Freibrief". Die in Punkt 3. genannten Bedigungen bedürfen der stätigen Überprüfung, da sonst Arzt und evtl. Betreuer sich wegen Körperverletzung und Freiheitsheitsberaubung strafbar machen.

Maßstab für das Betreuerhandeln

Maßstab des Handelns des Betreuers nach § 1901 BGB und § 1906 BGB ist das Wohl des Betreuten. Das Wohl des Betreuten ist vorrangig durch den Betreuten selbst zu bestimmen (subjektive Auslegung) (BGH Beschluss XII ZB 2/03 vom 17. März 2003). Kommt es zu einem Konflikt zwischen Betreuer und Betreuten, ist nur dann gegen den Willen des Betreuten zu entscheiden, wenn dies nach Maßgabe des § 34 StGB verhältnismäßig ist. Das verletzte Rechtsgut des Betreuten darf keinen höheren Rang haben als das gefährdete Rechtsgut des Betreuten oder Dritter. Die Freiheit der Person und die körperliche Unversehrtheit haben, wie auch das Selbstbestimmungsrecht und die Würde des Menschen, verfassungsrang.

Geschäfts- und Verfahrensfähigkeit des Betreuten

In Betreuungsrechtsangelegenheiten ist der Betreute immer verfahrensfähig. Er kann immer Beschwerde bei Gericht einreichen. Reicht der Betreute eine Beschwerde gegen die Betreuerbestellung ein, ist dabei keine Frist zu beachten. Zuständig ist das Landgericht. Solange kein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist, ist der Betreute voll geschäftsfähig, was wiedersprüchlich ist, da die Geschäftsfähigkeit (§ 104 BGB) den freien Willen vorraussetzt. Das wiederum müsste zu einer Aufhebung der Betreuung führen. Im Zweifel riskiert der Betreute mit dieser Argumentation aber einen Einwilligungsvorbehalt, der bislang nur für ganz wenige Betreute angeordnet wird. Ist der Betreute geschäftsfähig, darf ihm nicht ohne weiteres die Kontoführung untersagt werden. Allerdings hat die Bank ein Haftungsrisiko, wenn sie dem Betreuten im Zustand seiner Geschäftsunfähigkeit Geld auszahlt. Daher scheint es ratsam im Zweifel den alleinigen Zugang des Betreuten zu großen Geldbeträgen zu unterbinden. Dann müsste auch die Bank dazu verpflichtet sein, dem Betreuten die Kontoführung zu gestatten. Hat der Betreute Schwirigkeiten, das Geld einzuteilen, ist zu empfehlen eine Sparkonto mit Sparkard einzurichten. Manche Banken bieten die Möglichkeit der täglichen Überweisung. Für das Internetbanking durch den Betreuer benötigt die Bank eine Haftungsverpflichtung des Betreuers.

Zivil- und Srafrechtliche Haftung des Betreuers

Der Betreuer kann für Schäden, die der Betreute verursacht, haftbar gemacht werrden. Es empfhielt sich daher eine Hapftplichtversicherung sowohl für den Betreuer als auch für den Betreuten abzuschließen. Betreuungsvereine bieten oft kostenlose Versicherungen. Straf- und Zivilrechtlicht macht sich der Betreuer eines Vergehens schuldig, wenn er den Aufgabenkreis der Vermögenssorge hat und Sozialbetrug des Betreuten toleriert. Wenn er nicht diesen Aufgabenkreis hat, oder es sich um Straftaten wie Besitz illegaler Drogen handelt, ist der Betreuer nicht verpflichtet, diesen Umstand zu verhindern. Denn nur schwere Straftaten, angefangen von der Vorbereitung eines Angriffkriegs über Raub und Geldfälschung bis hin zur Bildung einer Terroristischen Vereinigung müssen angezeigt werden. Dazu sind auch Personen verpflichtet, die der Schweigepflicht unterliegen. Unklar ist, ob der Betreuer strafrechtlich verfolgt werden kann, wenn er in eine Behandlung des Betreueten einwilligt, die als Körperverletzung strafbar ist, da sie gegen den Willen des Betreuten zuunrecht durchgeführt wurde. Zimmermann vertritt den Standpunkt, das das Risiko allein bei dem behandelnden Arzt liegt. Der Bundesgerichtshof spricht aber von einer rechtlichen Verantwortung des Betreuers (BGH Beschluss)

Keine Schweigepflicht - Kein Zeugnisverweigerungsrecht

Der Betreuer unterliegt nicht der Schweigepflicht (§ 203 StGB). Das ist problematisch, da er Informationen über den Betreuten von Personen bekommen darf/muß, die eigentlich die Schweigepflicht zu wahren haben. Verstöße sind mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu ahnden. Nach Rechtslage hat der Betreute keinerlei Datenschutz und keinerlei Intimsphäre. In Strafverfahren gegen den Betreuten muss der Betreuer aussagen.

Literatur

Walter Zimmermann: Betreuungsrecht - Hilfe für Betreute und Betreuer. 6. Auflage, 2004. ISBN 3423056045

Tobias Fröschle: Maximen des Betreuerhandelns und die Beendigung lebenserhaltender Eingriffe in: Juristenzeitung - Heft 2, 2000

Georg Dodegge, Dr. Bernhard Knittel in: Zusammenstellung der Stellungsnahmen der Sachverständigen zur Betreuungsrechtsreform. Deutscher Bundestag; Rechtsausschuss; Berlin 2004

Prof. Dr. Walter Zimmermann: Betreuungsrecht von A-Z. 2. Auflage; Beck-Rechtsberater im dtv; u.a. München 2001

Siehe auch: Betreuungsrecht, Vormund