Zum Inhalt springen

Dunkle Jahrhunderte (Mittelalter)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 8. Mai 2006 um 14:12 Uhr durch 153.96.228.2 (Diskussion) (Das 12. und frühe 11. Jahrhundert v. Chr. (Späthelladisch III C)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Dunkle Jahrhunderte oder Dunkle Zeitalter (engl.: dark ages) werden längere Zeiträume bezeichnet, in denen die Geschichte einer bestimmten Region mangels Schriftquellen, oder archäologischer Funde wenig bis gar nicht erforscht ist. In der Regel gehen diesen Dunklen Jahrhunderten Hochkulturen oder Zeitabschnitte, die relativ besser bekannt sind voraus.

In der Altertumsforschung wird der Ausdruck "Dunkle Jahrhunderte" vor allem für die griechischen und die anatolischen Dunklen Jahrhunderte angewendet. Häufig werden auch das europäische Frühmittelalter, besonders aber das sich an den Rückzug der Römer aus der Provinz Britannia anschließende Zeitalter als Dunkles Zeitalter bezeichnet.

Griechenland

Mit dem Dunklen Zeitalter Griechenlands ist die Zeit zwischen dem Ende der mykenischen Kultur etwa um 1200 v. Chr. und dem Aufschwung in der orientalisierenden Zeit etwa ab 750 v. Chr. gemeint. Weil man aus diesem Zeitraum keine Schriftquellen und - von Keramik abgesehen - kaum archäologische Funde kennt, gilt die Zeit als "Dunkles Zeitalter". Klar ist, dass Griechenland nach der Zerstörung der mykenischen Zentren für einige Jahrhunderte in schriftloser Vorgeschichte versank, sich aber während dieser Zeit das "Griechentum" (gemeint ist die griechische Kultur der archaischen und klassischen Zeit) herausbildete. In den letzten 30 Jahren wurden Entdeckungen gemacht, die etwas Licht in die "Dunklen Jahrhunderte" brachten. Besonders das 12. Jahrhundert v. Chr. und das frühe 8. Jahrhundert v. Chr. sind nun etwas besser erforscht, so dass nur für die Periode zwischen circa 1050 v. Chr. und 800 v. Chr. von "Dunklen Jahrhunderten" gesprochen werden kann.

Das 12. und frühe 11. Jahrhundert v. Chr. (Späthelladisch III C)

Eine der wichtigen Erkenntnisse war, dass die mykenische Kultur noch circa 150 Jahre lang die Umbrüche von 1200 v. Chr. überdauerte. Um 1200 v. Chr. wurden viele mykenische Siedlungen, vor allem aber deren Paläste, zerstört. Einher damit ging der Zusammenbruch der Strukturen, in denen die Wirtschaft von mächtigen Herrschern (Wanax) zentral gelenkt war. Zwar waren die Umwälzungen gravierend, sie bedeuteten jedoch nicht das sofortige Ende der mykenischen Kultur. Viele Zentren wurden wiederbesiedelt und die mykenische Keramik knüpft ohne klaren Bruch an die der Palastzeit an. Auch Fernhandel wurde in der Phase, die als Spätmykenisch C (oder Späthelladisch III C) bezeichnet wird, weiter betrieben. In Tiryns wurde die Oberstadt teilweise wiederaufgebaut und innerhalb des darniederliegenden alten Palastes wurde ein neuer Bau errichtet, dessen Wände man mit Fresken verzierte und der von einer neuen aristokratischen Schicht bewohnt wurde. Zentren, wie Pylos, wurden nach der Zerstörung um 1200 v. Chr. aber nie mehr besiedelt, andernorts sank die Bevölkerungszahl.

Trotzdem war das 12. Jahrhundert v. Chr. im wirtschaftlichen und demographischen Bereich von einer starken Rezession geprägt. Es kommt auch im Verlaufe der Spätmykenisch-C-Phase lokal immer wieder zu Zerstörungen. Da Schriftfunde aus dieser Phase fehlen wird vermutet, dass mit dem Zusammenbruch der Palastwirtschaft auch die Kenntnis der Schrift verloren ging. Vasen mit Schiffsdarstellungen belegen jedoch, dass die Schifffahrt offenbar noch eine große Rolle spielte. Im Laufe des 11. Jahrhunderts v. Chr. verändert sich nicht nur die Keramik (Übergang zur Protogeometrischen Keramik, auch in den Bestattungsriten treten Änderungen. Es wird vermutet, dass in dieser Zeit (ca. 1050 v. Chr.) die Dorische Wanderung begann, bzw. dass sich die Zeusreligion, deren Aufkommen laut Mythos mit schweren Kämpfen verbunden gewesen zu sein scheint, sich zu dieser Zeit etablierte.

Das späte 11. bis 9. Jahrhundert v. Chr.

Die folgende Phase der griechischen Antike, ist die Periode über die am wenigsten bekannt ist. Die meisten Funde sind Tongefässe nach deren Verzierung die Zeit bis ca. 900 v. Chr. die protogeometrische heißt, (die Zeit zwischen ca. 900 und 700 v. Chr. heißt geometrische Zeit). Sie stammen fast ausschließlich aus Gräbern. Siedlungen sind nur wenige entdeckt worden. Eine typische Siedlung der Phase ist Nichoria in Messenien, eine kleine Siedlung mit kleinen, einstöckigen rechteckigen Gebäuden. Ovale oder apsidenförmige Gebäude sollten die Kultbauten gewesen sein. In einem etwas größeren, aber sehr schlichten Bau wohnte die Führungsfamilie. In ihm wurden offenbar auch Versammlungen und Feiern abgehalten. Die materielle Hinterlassenschaft zeugt nicht von größerem Wohlstand. Artefakte, die auf intensiven Fernhandel schließen lassen, fehlen. Es wurde mehr Viehhaltung und Jagd betrieben als in mykenischer Zeit, in der der Schwerpunkt auf dem Ackerbau lag. Eisen wurde erstmals in nennenswertem Umfang als Werkstoff genutzt, war aber noch sehr kostbar.

Der Eindruck, dass die Periode ein niedriges Kulturniveau hatte und Griechenland isoliert war, wird durch andere Siedlungsfunde verstärkt. Daher waren Entdeckungen auf Euböa ab Ende der 1970er Jahre sensationell. Bei Lefkandi wurde eine Siedlung ausgegraben, die ein anderes Bild lieferte. In den Nekropolen des 10. und 9. Jahrhunderts v. Chr. wurden die Toten oft mit kostbaren Beigaben bestattet, die Wohlstand und Handel bezeugen. Noch eindrucksvoller sind die Reste eines 45 m langen apsisförmigen Gebäudes, in dem wohl der Fürst von Lefkandi mit seiner Frau bestattet wurde. Neben vier Pferden wurden den Toten ein Messer, ein Schwert aus dem damals neuartigen Material Eisen, sowie Gegenstände und teilweise reich verzierter Schmuck aus Gold, Elfenbein und Fayence mit ins Grab gegeben. Vieles stammte aus Ägypten und dem Vorderen Orient. Die Funde von Lefkandi stehen in Kontrast zu den übrigen Fundstellen in Griechenland. Offensichtlich gab es im 10. und 9. Jahrhundert v. Chr. Gegenden in denen die Bevölkerung (auch) durch intensiven Handelsaustausch zu Wohlstand gekommen war.

Das späte 9. und frühe 8. Jahrhundert v. Chr.

Zwar brachten es die Bewohner Euböas bereits im 10. Jahrhundert v. Chr. zu Wohlstand, ein allgemeiner Aufschwung setzte in Griechenland jedoch erst Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. ein, als in großem Umfang orientalische Einflüsse nach Griechenland gelangten. Gleichzeitig begann die erste große Griechische Kolonisation - größere Tempel entstanden und Homer und Hesiod verfassten ihre Werke, die sich über die mittlerweile wieder überall benutzte Schrift schnell verbreiteten.

Die Bildung von Stadtstaaten (poleis) wird abgeschlossen und es entstehen unterschiedliche Verfassungen. Die Saat dieses rapiden Aufstiegs in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. wurde aber schon in den späten "Dunklen Jahrhunderten" gelegt. Es gab griechische Handelsstationen auf Zypern (vor allem Kition) und in Syrien (Al Mina). Dort kann intensiver Handel mit Griechenland ab dem frühen 8. Jahrhundert v. Chr. nachgewiesen werden. Kontakte insbesondere zu den Phöniziern gab es aber vermutlich bereits im späten 9. Jahrhundert v. Chr.. Vermutlich noch im 9. Jahrhundert v. Chr. übernahmen die Griechen das Alphabet von den Phöniziern. Durch Kontakte mit dem Nahen Osten gelangten nicht nur materielle Güter und künstlerische Anregungen nach Griechenland, sondern auch gesellschaftliche und mythologische Einflüsse. All das führte zu höherem Lebensstandard, einem Anwachsen der Siedlungen und zu wirtschaftlichem und politischem Aufschwung.

siehe auch: Antikes Griechenland

Anatolien

Anatolische dunkle Jahre bezeichnet dieselbe Zeitspanne (ca. 1200 v. Chr. bis 750 v. Chr.) wie in Griechenland und wurde vom türkischen Archäologen Ekrem Akurgal in Anlehnung an diese geschaffen. Über die Entwicklungen in dieser Zeit wissen wir - von Ostanatolien und den griechisch besiedelten Küstenstreifen abgesehen - sehr wenig. Das liegt auch hier daran, dass es aus diesem Zeitraum keine Schriftquellen und nur sehr wenige archäologische Funde gibt

Die dunklen Jahre Anatoliens setzen mit dem Zusammenbruch des Großreichs der Hethiter ein. Wie es dazu kam, wissen wir nicht, denn die jüngsten Schriftquellen aus der Hauptstadt Hattuscha datieren einige Jahre vor der Zerstörung der Stadt. Die Ursachen waren wahrscheinlich multikausal: Autoritäts- und Legitimierungs-Schwierigkeiten des Herrschers Suppiluliuma II., zu viele Feldzüge in zu kurzer Zeit, die sicher die militärische Kraft schwächten, eine Hungersnot, die für ca. 1200 v. Chr. in Kleinasien nachgewiesen ist. Zypern und das wichtige Handelszentrum Ugarit in Syrien wurden vermutlich von den Seevölkern erobert. Letztendlich ist aber unklar ob äußere oder innere Wirren für den Zusammenbruch verantwortlich sind. Es entstand ein Machtvakuum in Anatolien.

Im Laufe des 12. Jahrhunderts v. Chr. ziehen die Kaskäer von Nord- nach Ost-Anatolien. Phrygische Elemente breiten sich von der Troas über West- und Zentralanatolien aus. Hethitische Staaten bestehen in Ost- und Südostanatolien aber bis ins 8./ 7. Jahrhundert v. Chr. weiter. Möglicherweise existieren auch in anderen Randregionen eine Zeit lang hethitische Kleinstaaten. Im südlichen Anatolien wurde jedenfalls die Stele eines hethitischen Herrschers gefunden, der sich in der Tradition des Großreichs sieht. Dieser Fund steht bisher isoliert und man kann nicht mehr sagen, als dass die Stele während der Dunklen Jahre entstand.

Die Städte Zentalanatoliens werden entweder verlassen oder im Laufe des 12. Jahrhunderts v. Chr. (Hattuscha, Gordion) von neuer Bevölkerung wiederbesiedelt, bei denen es sich vermutlich um Phryger und Kaskäer handelt. Architektur und Keramik der Neubesiedlungen sind grundverschieden gegenüber der hethitischen. Die Keramik ist handgemacht und die Gebäude sind klein und schlicht. Gegen Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. wird dann ein mächtiges Phrygerreich fassbar, das weite Teile Anatoliens beherrscht. Wie es zur Herausbildung dieses Reichs kam, ist unbekannt. Ab ca. 750 v. Chr. gibt es auch wieder viele archäologische Funde und die Geschichte Anatoliens tritt wieder aus dem Dunkel.

Literatur

Die Standardwerke zu den "Dunklen Jahrhunderten" aus den 1970er Jahren von Snodgrass und Desborough sind mittlerweile veraltet. Ein neues, umfassendes Werk zu dieser Epoche ist noch nicht erschienen.

  • K.H. Welwei, Die Griechische Polis, 2. Aufl. 1998, S. 28 ff. und Nachtrag S. 281 ff.
  • P. Blome, Die Dunklen Jahrhunderte aufgehellt, in: Joachim Latacz (Hrsg.), 200 Jahre Homerforschung, Colloquium Rauricum Bd. 2 (1991). Aus Sicht der Homerforschung aber sehr gute Zusammenfassung.
  • Popham - Sackett - Themelis, Lefkandi Bd. 1, 1980. (zu den Funden in Lefkandi)