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Julian Reichelt

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Julian Reichelt (* 15. Juni 1980 in Hamburg) ist ein deutscher Journalist.

Leben

Reichelt stammt aus einer „Journalistenfamilie“, beide Elternteile arbeiteten in diesem Beruf.[1] Sein Vater Hans-Heinrich Reichelt arbeitete unter anderem für die Verlage Gruner + Jahr, Bauer und Burda sowie im Axel-Springer-Verlag als stellvertretender Redaktionsleiter für die Berlin-Ausgabe der Bild.[2] Julian Reichelt ist nach eigenen Angaben mit einer Frau liiert, die er „auf dem Weg in diesen Beruf kennengelernt“ hat.[3]

Reichelt war von 2002 bis 2003 Volontär bei der Bild-Zeitung. Er berichtete u. a. aus Afghanistan, Georgien, Thailand, dem Irak, Sudan und Libanon, teilweise als Kriegsberichterstatter.[4] 2007 wurde er Chefreporter. Seit Februar 2014 ist er Chefredakteur des Internet-Ablegers „Bild.de“ als Nachfolger von Manfred Hart.[5] Er bezeichnet Kai Diekmann als sein Vorbild.[6] Im Februar 2017 gab der Springer-Verlag bekannt, dass Reichelt zukünftig als Nachfolger von Diekmann Vorsitzender der Chefredaktion wird und damit die redaktionelle Gesamtverantwortung für die Bild trägt.[7]

Positionen und journalistischer Stil

Reichelt bezieht regelmäßig zu allen möglichen Themen Position. Neben Kommentaren in „Bild“ und „Bild-Online“ nutzt er dazu auch Talkshow-Auftritte u. a. bei Günther Jauch, Beckmann, Anne Will, Hart aber fair und im Presseclub. Darüber hinaus publizierte er zwei Bücher und er betreibt seit 2009 ein Benutzerkonto im Kurznachrichtendienst Twitter, über welches er sich für gewöhnlich mehrmals am Tag öffentlich äußert[8].

Wenn Reichelt sich zu politischen Themen einlässt, vertritt er in der Regel die Position eines konservativen Hardliners. 2010 sorgte er mit einem Kommentar in der Bild-Zeitung unter der Überschrift „Frieden schaffen mit Atomwaffen!“ für Aufsehen, in dem er „Lieber 8000 amerikanische Bomben als eine einzige iranische“ forderte und die Vorstellung von einer Welt ohne Atomwaffen bezeichnete als „naiver Traum, mit dem sich friedensbewegte Wähler fangen lassen“[9], wobei er Letztere als „Abrüstungs-Groupies“ titulierte. 2013 bezeichnete er an gleicher Stelle Edward Snowden als „Held für all jene, die in Berlin, Madrid, London Busse in die Luft sprengen wollen“[10]. Er plädiert für Vorratsdatenspeicherung und besseren Austausch unter den Sicherheitsbehörden („ALLE in Europa müssen ALLES über ALLE bekannten Islamisten wissen“[11]), ist aber gegen die Abschaffung von Bargeld („Wir machen es unmöglich zu sagen: Fuck you, ich mach, was ich will.“[12]).

Im August 2015 widersetzte sich Reichelt in seiner Position als Chefredakteur einer Akkreditierungsabsprache, die angeklagten mutmaßlichen IS-Kämpfer in einem Prozess vor dem Oberlandesgericht Celle nur verpixelt zu zeigen, da deren Schuld noch nicht bewiesen wurde. In Folge dessen wurde der Berichterstatter vor Ort ausgeschlossen.[13]

Julian Reichelt äußerte im nachfolgend beschriebenen Fall, der Presserat würde sich zum "Handlanger der Kreml-Propaganda ... machen".[14] Der Presserat monierte die Falschdarstellung russischer Militäroperationen in Syrien durch BILD online im Februar 2016. BILD online hatte getitelt: „Putin und Assad bomben weiter“. Der Bezug war eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand binnen einer Woche. Der Beitrag erwecke wahrheitswidrig den Eindruck, dass der gerade beschlossene Waffenstillstand durch Russland gebrochen wurde. Presseethisch bewertet der Ausschuss den Verstoß gegen die publizistischen Grundsätze als so schwerwiegend, dass er gemäß § 12 der Beschwerdeordnung eine Missbilligung aussprach.[15]

Kritik und öffentlicher Disput

Reichelt wird wiederholt öffentlich kritisiert, er gilt aber auch selbst als „außergewöhnlich streitlustig“[16].

So lieferte er sich 2015 ein öffentliches Streitgespräch mit dem als „Snowden-Enthüller“ bekannt gewordenen Journalisten Glenn Greenwald, infolgedessen Greenwald Reichelt unterstellte, etwas stimme nicht mit ihm („There's something wrong with you.“) und Reichelt Greenwald als „pöbelnden Ideologen“ bezeichnete[17][18].

Die taz veröffentlichte 2015 unter der Überschrift „What a Man“ einen sogenannten „Liebesbrief“, in dem Reichelt in ironisch überspitzter Weise als „wahrer Verteidiger der Pressefreiheit“ und „der hartnäckigste Hund von uns allen“ bezeichnet wird, dem „jede Ideologie fremd“ sei und der „dabei noch hammer-geil“ aussehe[19].

Mehrmals lieferte sich Reichelt, insbesondere über den Kurznachrichtendienst Twitter, einen öffentlichen Disput mit Bildblog. So warf er den Bildblog-Machern nach Kritik an seiner Celle-Entscheidung vor, „Mitgefühl für Mörderbanden“ zu haben[20] oder bezeichnete sie als „Betonkopfverein“[21][22]. Während das „frühe Bildblog“ die Bild-Zeitung teilweise positiv beeinflusst habe, hält er „das heutige Bildblog [...] dagegen für ideologischen Quatsch“[23].

Auszeichnung

Schriften (Auswahl)

  • Kriegsreporter. Ich will von den Menschen erzählen. Bastei Lübbe, Köln 2010, ISBN 978-3-404-61669-5.
  • Mit Jan Meyer: Ruhet in Frieden, Soldaten! Wie Politik und Bundeswehr die Wahrheit über Afghanistan vertuschten. Fackelträger, Köln 2010, ISBN 978-3-7716-4466-6.

Einzelnachweise

  1. http://www.bild.de/politik/2009/der-kriegsreporter-7517852.bild.html
  2. http://www.wunderbare-jahre-verlag.de/%C3%BCber-uns/hans-heinrich-reichelt/
  3. https://www.audimax.de/karriere/thema/leben-als-kriegsreporter-interview-mit-julian-reichelt/
  4. Julian Reichelt, Reporter-Forum, abgerufen am 25. August 2014.
  5. Manfred Hart wird Chefredakteur für digitale Entwicklungsprojekte bei BILD/ Julian Reichelt übernimmt Chefredaktion von BILD.de, axelspringer.de, 19. November 2013
  6. http://meedia.de/2016/04/12/das-heutige-bildblog-halte-ich-fuer-ideologischen-quatsch-julian-reichelt-im-meedia-gespraech-2/
  7. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/bild-zeitung-julian-reichelt-wird-vorsitzender-der-chefredaktionen-a-1133306.html
  8. https://twitter.com/jreichelt
  9. http://www.bild.de/news/standards/kommentar-11527446.bild.html
  10. http://www.bild.de/news/standards/onlineueberwachung/snowden-ist-kein-held-31170614.bild.html
  11. http://www.bild.de/news/standards/julian-reichelt/schuetzt-uns-vor-dem-terror-45054154.bild.html
  12. http://www.bild.de/geld/wirtschaft/bargeld/julian-reichelt-warum-ich-keine-welt-ohne-bargeld-will-44257292.bild.html
  13. kue/dpa: „Bild“-Reporter von IS-Prozess ausgeschlossen faz.net, 4. August 2008
  14. http://meedia.de/2016/06/17/presserat-weist-vorwuerfe-von-bild-de-chef-reichelt-zurueck-geht-in-eine-gesinnungspolitische-richtung/
  15. http://www.presserat.de/fileadmin/user_upload/Thema_des_Monats/Entscheidung-0160_16.pdf
  16. http://meedia.de/2016/04/12/wir-haben-mit-bild-plus-die-groesste-abo-zeitung-deutschlands-geschaffen-julian-reichelt-im-meedia-gespraech-1/
  17. https://twitter.com/jreichelt/status/614008527422685185?ref_src=twsrc^tfw
  18. http://meedia.de/2015/06/25/poebelnder-ideologe-sleazy-tabloid-editor-bild-de-chef-julian-reichelt-und-glenn-greenwald-zoffen-sich-bei-twitter/
  19. http://www.taz.de/!5217454/
  20. https://twitter.com/jreichelt/status/628219372927086592
  21. https://twitter.com/jreichelt/status/658258250891206656?ref_src=twsrc^tfw
  22. http://www.bildblog.de/73215/der-bild-mann-und-wir-brandstifter/
  23. http://meedia.de/2016/04/12/das-heutige-bildblog-halte-ich-fuer-ideologischen-quatsch-julian-reichelt-im-meedia-gespraech-2/