Zum Inhalt springen

Otfrid Foerster

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. Juni 2004 um 11:49 Uhr durch Anathema (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Otfrid Foerster (* 9. November 1873 in Breslau; † 15. Juni 1941 in Breslau) war ein deutscher Neurowissenschaftler mit bahnbrechenden Beiträgen zur Neurologie und Neurochirurgie.

Datei:Foerster01.jpg
Otfrid Foerster

Otfrid Foerster wurde am 9. November 1973 in Breslau geboren. 1892 bestand er das Abiturentenexamen an Maria-Magdalenen-Gymnasium zu Breslau. In seiner Jugend zeigte er bald musische Neigungen, er lernte autodidaktisch Flöte und ging gerne ins Theater.

Er widmete sich dem Studium der Medizin (1892 - 1896) an den Universitäten Freiburg/Brsg., Kiel und Breslau. Im Tentamen Physikum bedauerte der Physiologe Rudolf Heidenhain, dass er selbst durch die Note sehr gut den Leistungen Foersters nicht gerecht werden konnte. 1897 legte er das medizinische Staatsexamen in Breslau ab, wo er im gleichen Jahr promovierte.

Auf Wenickes Vorschlag hin ging Foerster nach Vollendung seiner Doktorarbeit für zwei Jahre ins Ausland; der Winter verbrachte er in Paris bei Dejerine - wo er auch Pierre Marie und Joseph Babinski hören konnte - im Sommer war er bei H.S. Frenkel-Heiden in der Schweiz, um dort die Übungstherapie Nervenkranker zu studieren.

Otfrid Foerster wuchs in einer Zeit auf, in der sich die Neurologie gerade aus der Inneren Medizin (Charcot, Erb, Gowers) und der Psychiatrie (Wernicke) zu entwickeln begann. Foerster hat sich klar zur funktionell-lokalisatorischen Richtung der Neurologie bekannt. Aus der Zusammenarbeit mit Wernicke erwuchs sein großes Interesse an der Anatomie des Zentralnervensystems. Die beiden Forscher gaben 1903 einen Atlas des Gehirns heraus.

Die neurologischen Schulen waren im Wesentlichen auf die Diagnose ausgerichtet, in der Therapie aber zur Resignation neigten. Es war der Verdienst von Foerster, das Thema der Übungstherapie bei den Patienten mit neurologischen Störungen aufzugreifen. Aus dem praktischen Thema ergab sich für Foerster ein theoretisches Interesse an den Störungen im Ablauf der Bewegungen, d.h. der Koordination, der seine Habilitationsschrift (1902) gilt. Gerade jetzt gewinnt diese Arbeit im Zusammenhang mit der systematischen Einführung der Rehabilitation in die Medizin große Aktualität. Die Bedeutung des spinalen Reflexbogens in der Entstehung der Spastik legte eine mögliche Behandlung durch Unterbrechung des sensiblen Schenkels nahe, und Foerster empfiehlt 1908 die Hinterwurzel-Durchschneidung (Foerstersche Operation) zur Beseitigung der Spastik.

1915 berichtete er über die Ergebnisse seiner operatven Behandlung der Nervenschußverletzungen und in den folgenden Kriegsjahren erweitert er das Programm. Jetzt hat er sich auch der Hirn- und Rückenmarkverletzten angenommen und die notwendigen Opertionen selbst ausgeführt.

In der Nachkriegszeit von 1925 - 1935 wurde Breslau durch das Wirken von Foerster ein Anziehungsort für Neurologen und Neurochirurgen aus der ganzen Welt, vorwiegend jedoch für Amerikaner. Unter diese war es besonders Penfield, der später Foesters Lebenswerk der Analyse der Hirnrinde und der Erforschung der Epilepsie weitergeführt hat. Es kamen Percival Bailey, der die neue Klassifikation der Hirntumoren mitbrachte, Paul Bucy, der eine grunlegende Monographie über die motorische Rinde herausgab.

Auch zu den englischen Klinikern ergaben sich enge Beziehungen. 1935 wurde ihm anläßlich des 100.Geburtstges Jacksons die Jackson-Gedächtnis-Medaille verliehen.

Foersters führende Stellung in der Neurologie Deutschlands war seit 1924 festgelegt. Er stand dabei neben Nonne und war nach diesem bis 1932 acht Jahre lang der Vorsitzende der Gesellschaft Deutscher Nervenärzte. An seiner Heimat-Universität in Breslau hatte Foerster Schwierigkeiten gehabt, die seiner wissenschflichen Leistung entsprechende Stellung zu erreichen. Zwar war er mit 35 Jahren zum Außerordentlichen Professor ernannt worden, aber erst 1922 trug man seiner längst weltweit gewordenen Geltung durch die Ernennung zum Persönlichen Ordinarius Rechnung.

In dem Jahrzehnt von 1925 - 1935 wird die Foerstersche Schule wahrhaft analytisch. Systematisch untersuchte er elektrophysiologisch alle nur denkbaren klinischen Störungen. Es entstanden grundlegende Arbeiten über die elektrischen Phänomene bei den Reflexstörungen des Pyramidenbahnsyndrom, bei Pallidum-Läsionen u.s.w.

Mit Hilfe der Rockefeller- Stiftung und Unterstüzung vom Staat Preußen wurde 1934 ein neues "Neurologisches Forschungsinstitut" eröffnet (später als Otfrid-Foerster-Institut umbenannt).

Otfrid Foerster war, zusammen mit Ostwald Bumke, Mitherausgeber des monumentalen Werkes Handbuch der Neurologie, in dem er mehrere Kapitel selbst verfasste. Foerster starb am 15.Juni 1941. Letzte Wahrheit drückt der Satz aus, in dem Viktor von Weizsäcker - Foersters Nachfolger auf dem Breslauer Lehrstuhl und Direktor des "Otfrid-Foerster Institutes" - seinen Nachruf beschließt: "Die Uhr steht still, der Zeiger fällt. Patriae scientiae inservendo consumptus".

Aus der Bibliographie:
  • Physiologie und Pathologie der Coordination, Jena 1902
  • Atlas des Gehirns, herausgegeben von Carl Wernicke, Berlin 1903
  • Beiträge zur Hirnchirurgie, Berlin 1909
  • Die Kontrakturen bei den Erkrankungen der Pyramidenbahn, Berlin 1909
  • Über die operative Behandlung spastischer Lähmungen mittels Resektion der hinteren Rückenmarkswürzel, Berlin 1911
  • Zur Pathogenese und chirurgische Behandlung der Epilepsie, Leipzig 1925
  • Der Schmerz und seine operative Behandlung, Halle 1935