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Morsecode

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Übermittlung von Morsecode mittels Lichtzeichen in der Seefahrt

Der Morsecode oder Morsekode ist ein Verfahren zur Übermittlung von Buchstaben und Zeichen. Dabei wird ein konstantes Signal ein- oder ausgeschaltet.

Der Code kann als Tonsignal, als Funksignal, als elektrischer Puls über eine Telefonleitung, mechanisch oder optisch (etwa mit blinkendem Licht) übertragen werden – oder auch mit jedem sonstigen Medium, mit dem zwei verschiedene Zustände (wie etwa Ton oder kein Ton) eindeutig darstellbar sind. Man spricht auch von Morsetelegrafie.

Das manchmal bei Notfällen beschriebene Morsen durch Klopfen an metallischen Verbindungen erfüllt diese Forderung daher nur bedingt, ist aber mit einiger Übung aufgrund des charakteristischen Rhythmus von Morsezeichen verständlich. Diese Hörtechnik ist quasi abgeleitet von den "Klopfern" aus der Anfangszeit der Telegrafentechnik, bestehend aus einem kräftigen Relais in einem akustischem Hohlspiegel, der den Klang der Morsezeichen schon vor der Erfindung des Lautsprechers selbst in größeren Betriebsräumen hörbar machte.

Geschichte

Nachdem Samuel Morse 1833 den ersten brauchbaren elektromagnetischen Schreibtelegrafen gebaut hatte, fand der erste Testbetrieb 1837 statt. Der verwendete Code umfasste damals nur die zehn Ziffern; die übertragenen Zahlen mussten mit Hilfe einer Tabelle in Buchstaben und Wörter übersetzt werden.

Alfred Lewis Vail, ein Mitarbeiter Morses, entwickelte ab 1838 den ersten Code, der auch Buchstaben umfasste, er bestand aus Zeichen von drei verschiedenen Längen und unterschiedlich langen Pausen. Dieser Code wird ab 1844 betrieblich eingesetzt (als »Morse Landline Code« oder »American Morse Code« bei amerikanischen Eisenbahnen und den Telegrafenunternehmen bis in die 1960er).

Die unterschiedlich langen Pausen stellten eine Unzulänglichkeit des Codes dar, so dass Friedrich Clemens Gerke ihn 1848 zur Inbetriebnahme der elektromagnetischen Telegrafenverbindung zwischen Hamburg und Cuxhaven umschrieb. Dieser Code wurde nach einigen weiteren kleinen Änderungen 1865 auf dem Internationalen Telegraphenkongress 1865 in Paris standardisiert und später mit der Einführung der drahtlosen Telegrafie als Internationaler Morsecode von der International Telecommunication Union (ITU) genormt.

Der Morsecode wurde mit der Einführung von Fernschreibern aus den Telegrafennetzen verdrängt. Im Funkbetrieb behielt er auf Grund seiner Einfachheit lange Zeit Bedeutung, bis er auch hier nach und nach durch andere Verfahren ersetzt wurde. Ein großes Einsatzfeld hatte er noch im Seefunkverkehr, bis er dort mit Einführung des weltweiten Seenot- und Sicherheitsfunksystem GMDSS zum 1. Februar 1999 seine Bedeutung verlor. Eingesetzt wird er noch im Amateurfunk, wo Morsekenntnisse noch bis 2003 vorgeschrieben waren, um am Funkbetrieb auf Kurzwellenfrequenzen unterhalb 30 MHz teilzunehmen.

Heute findet man den Morsecode nur noch zu Unterrichtszwecken bei angehenden Fernmeldetechnikern und beispielsweise in verschiedenen Melodien:

  • die Erkennungsmelodie der ZDF-Nachrichten enthielt früher den Code für „heute“ (···· · ··− − ·)
  • das Ende-Signal des Wetterberichts bei der ARD-Tagesschau enthielt früher den Code für QAM („Wettervorhersage“) (−−·− ·− −−)
  • der typische SMS-Signalton bei Nokia-Handys entspricht dem Code für „SMS“ (··· −− ···)

In Spielfilmen (z.B. Der_Staatsfeind Nr. 1) werden immer wieder Szenen mit modernen, "stummen" Kommunikationsmitteln – wie etwa Spionagesatelliten – mit Morsecode-Tonspuren versehen.

Geübte Funker können oft Geschwindigkeiten von 300 Buchstaben pro Minute direkt verstehen und auch geben (s.u.).

Morsecodes werden heute noch in der Fliegerei verwendet, um VOR (siehe Funkfeuer) zu identifizieren. Diese senden neben dem eigentlichen Navigationssignal auch ein hörbares Morsesignal aus, das aus der 3-Buchstaben-Kennung des Funkfeuers besteht. So sendet z. B. das VOR Barmen seine Kennung BAM (−··· ·− −−).

Internationaler Morsecode

Da der Morsecode nur ein einfaches stetiges (unmoduliertes) Signal als Basis verwendet, benötigt er weniger Hardware zum Senden und Empfangen als andere Formen der Funkkommunikation, kann auch bei einem sehr ungünstigen Signal-Rausch-Verhältnis noch arbeiten und benötigt nur geringe Bandbreite und Sendeleistung. Wegen der unmodulierten Form des Funksignals sind Morsezeichen in üblichen Empfängern für AM nur schwierig aufzunehmen; man muss einen Telegrafie-Überlagerer BFO zuschalten, um einen klaren Ton zu hören.

Zeitschema und Darstellung

Der Code verwendet drei Symbole, die Punkt, Strich und Pause genannt werden, oder in Lautform: dit, dah und Schweigen. Die Länge eines dit bestimmt die Geschwindigkeit, mit der gesendet werden kann und ist die grundlegende Zeiteinheit. Dazu ein Beispiel:

-- --- ·-· ··· ·   /      -·-· --- -·· ·
M  O   R   S   E  (space) C    O   D   E

Hier stellt ein '–' ein dah dar und '·' repräsentiert ein dit. Dies ist eine schematische Darstellung. Will man die zeitliche Einteilung genauer angeben, so muss man wissen, dass folgendes gilt:

  • ein dah ist üblicherweise dreimal so lang wie ein dit,
  • die Pause zwischen zwei gesendeten Symbolen ist ein dit lang,
  • zwischen Buchstaben in einem Wort wird eine Pause von dah (= 3 dit) Dauer eingeschoben, und
  • zwischen Wörtern wird eine Pause von sieben dits gemacht.

Daraus ergibt sich dann dieses Zeitschema (ein „=“ bedeutet Signal an, „.“ bedeutet Signal aus):

===.===...===.===.===...=.===.=...=.=.=...=.......===.=.===.=...===.===.===...===.=.=...=
   ^           ^        ^       ^             ^
   |           dah      dit     |             Wortabstand
   Symbolabstand                Buchstabenabstand


Wenn man Morsecode »sprechen« will, verwendet man im Allgemeinen auch hier die dahdidahdit-Sprechweise: Aus – – – – – ·–· ··· · / –·–· – – – –·· · wird dann DahDah DahDahDah DiDahDit DiDiDit Dit, DahDiDahDit DahDahDah DahDiDit Dit.

Standard-Codetabelle

Siehe auch: Morseschrift, Morse-Merkregel

Hier ist eine Tabelle mit dem vollständigen Alphabet und anderen gebräuchlichen Zeichen. Es gibt im Morsealphabet keine Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben. Die "Null" wird im Handschriftlichen zur Unterscheidung durchgestrichen (wie das Zeichen für Durchschnitt).

Lateinische Buchstaben, Zahlen, Sonder- und Satzzeichen, Signale

Lateinische Buchstaben
Buchstabe Code
A
B
C
D
E
F
G
H
I
J
K
L
M
N
O
P
Q
R
S
T
U
V
W
X
Y
Z
Zahlen
Zahl Code
1
2
3
4
5
6
7
8
9
0
Sonder- und Satzzeichen
Zeichen Code
Á, Å
Ä
Ö
Ü
ß
CH
Ñ
. (AAA)
, (MIM)
:
;
? (IMI)
-
(
)
'
=
+
/
@ (AC)
Signale
Zeichen Code
KA
(Spruchanfang)
BT
(Pause)
AR
(Spruchende)
VE
(verstanden)
SK
(Verkehrsende)
SOS
(internationaler
Seenotruf)
IRRUNG
(Wiederholung
ab letztem
richtigem Wort)

Q-Gruppen

Durch die Verwendung der sog. Q-Gruppen (Q-Code) wurde die Übertragung beschleunigt. Auch sind dadurch internationale QSOs möglich, ohne dass man die jeweilige Sprache versteht.

SOS

Seit 1904 benutzten Funker der Firma Marconi das Kürzel CQD (CQ ausgesprochen als „Seek you“, was soviel wie „an alle“ heißt und D für Distress) als Notrufzeichen. Als umgangssprachliche Auslegung und Eselsbrücke wurde dies als „Come quick – Danger!“ (wörtlich: „Kommt schnell – Gefahr!“) („An Alle: Gefahr!“) interpretiert.

Zu der Zeit herrschte eine Konkurrenzsituation der Funksystemehersteller und Monopolisten Marconi und Telefunken. So war es den Schiffsfunkern nicht erlaubt, Funk- und sogar Notrufe von Schiffen mit dem jeweils anderen System anzunehmen.

Um diesen Zustand zu beenden wurde auf der Internationalen Funkkonferenz in Berlin am 3. Oktober 1906 SOS (drei kurz, drei lang, drei kurz: ···−−−···) als internationales Notrufzeichen festgelegt.

SOS war einprägsam und auch für ungeübte Funker leicht aus anderen Signalen herauszuhören. Der SOS-Ruf besteht nicht aus drei Einzelbuchstaben, wie meist angenommen wird. Vielmehr wird der SOS-Code in einem gesendet, d.h. es werden keine Zeichenpausen zwischen den Buchstaben gemacht: ···−−−··· und nicht ··· −−− ···.

Die Bedeutung von SOS als Abkürzung für Save our Souls oder Save Our Ship („Rettet unsere Seelen” oder „Rettet unser Schiff”) wurden erst später in das Signal hineininterpretiert.

Das erste Mal wurde SOS von dem Passagierschiff Slavonia am 10. Juni 1909 gesendet, als sie vor den Azoren Schiffbruch erlitt.

Der Untergang der Titanic – dessen Funker sandte zunächst CQD und nach dem Hinweis eines Kollegen auch SOS aus – zeigte, dass neben einem einheitlichen Signal und einer Standardnotruffrequenz auch ein regelmäßiges Abhören dieser Frequenz notwendig war. Denn bei einem Schiff in der unmittelbaren Nähe der Untergangsstelle, war die Funkstation zur Unglückszeit nicht besetzt. So wurde es 1912 Vorschrift, die Notruffrequenzen mindestens alle halbe Stunde abzuhören.

Analog dazu legte man sich bei Einführung des Sprechfunkes auf den Notruf „Mayday” fest. Hier war man offensichtlich überzeugt, dass dieses Wort im Falle von Gefahr und hilferufend hektisch ausgesprochen sich von normal gesprochenem Text deutlich abhebt.

@-Zeichen (Klammeraffe)

Das At-Zeichen (@), auf deutsch auch Klammeraffe genannt, wurde dem internationalen Morsealphabet erst im Mai 2004 von der International Telecommunications Union (ITU) hinzugefügt, damit kann man nun auch ohne inoffizielle Umwege E-Mail-Adressen morsen. Es wird als A ohne Pause gefolgt von C gegeben: ·--·-·. Dies ist die zweite Aktualisierung des Morsecodes seit etwa 40 Jahren, und sie geschah anlässlich des 160-jährigen Bestehens. Die erste Aktualisierung war die notwendig gewordene Unterscheidung zwischen Klammer auf und Klammer zu (davor gab es nur "KK", also -.--.-), die um 1960 herum eingeführt wurde. (Dadurch bekam das bei Funkamateuren beliebte inoffizielle "KN" offiziell eine andere Bedeutung.)

Quelle: [1]; Englischsprachige Quellen: [2] und [3])

Betriebstechnik

Siehe auch: Betriebstechnik (Amateurfunk)

Bei einem allgemeinen Anruf wird anstatt des Rufzeichens des Gerufenen ein "CQ" ("see kju" ⇒ "seek you", "suche dich") gegeben.

Anruf (Beispiel):

< cq de da0rc cq de da0rc cq de da0rc

> da0rc de db1sd pse k

< db1sd de da0rc KA name anton qth baunatal ... (und so weiter)

Übertragungsrate

Die Übertragungsrate beim Morsen wird in Wörtern pro Minute (WPM) gemessen. Als Standardwort dient PARIS. Es besteht aus 50 dits (s. o., Beispiel: das E besteht aus zwei dits: Punkt + Pause). Je höher die Übertragungsrate, desto kürzer die dits. 1 WPM entspricht 50 dits, folglich: 1 dit = 60000/(50·WPM) ms

 1 WPM: 1 dit= 1200 ms
 5 WPM: 1 dit=  240 ms
10 WPM: 1 dit=  120 ms
20 WPM: 1 dit=   60 ms

Anfänger kommen kaum über 5 WPM hinaus. Das liegt daran, dass Buchstaben und Zeichen nicht als Einheit wahrgenommen werden, vergleichbar einem Lese-Anfänger, der sich die Wortbedeutungen mühsam über den Klang einzelner Buchstaben erschließt. Die Prüfungsgeschwindigkeit für Funkamateure betrug 12 WPM. Mit viel Übung überschreitet man die 20 WPM-Marke, sehr gute Funker schaffen 40 WPM. Der Weltrekord beim Morsen liegt bei 75,1 WpM (375,5 Buchstaben pro Minute). Zum Vergleich: ein Nachrichtensprecher übermittelt 100-200 Wörter pro Minute, eine ISDN-Datenleitung ca. 50 000 Wörter pro Minute.

Der Wert von ca. 50 WPM entspricht der maximalen Verarbeitungskapazität des Menschen, die bei ca. 40 Bit/s liegt: 40 Bit/s == 40 dit/s = 2400 dit/Min == 48 WPM.

Tonbeispiel

Morse-Tonbeispiel/? (20 WPM), Text und Code:

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Siehe auch

Literatur

  • OKW: Vorschrift H.Dv. 426, L.Dv. 407 – Anleitung für die Ausbildung im Morsen – 1941
  • "Die Kunst der Radiotelegrafie", Originaltitel: "The Art & Skill of Radio-Telegraphy", Ein Handbuch rund um die Telegrafie von William G. Pierpont, N0HFF, (dritte überarbeitete Auflage, Juli 2001). Dieses Buch darf frei verbreitet werden (siehe Vorwort).
  • Rudolf Grötsch: Richtig morsen - Ein Leitfaden für den Morseunterricht. Jakob Schneider Verlag Berlin-Tempelhof. (11. erweiterte Auflage - 1964)