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American Indian Movement

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American Indian Movement (englisch / amerikanisch für: "Amerikanische Indianische Bewegung"), kurz AIM, ist eine indianische Widerstandsbewegung in den USA.

AIM wurde 1968 in Minneapolis von den Brüdern Vernon und Clyde Bellecourt sowie von Dennis Banks und anderen gegründet. Sie waren Fürsprecher der Indianer in Minneapolis/St. Paul. An der Gründung waren ca. 250 Mitglieder, meist Chippewa-Indianer, beteiligt, die zuerst für den Namen Concerned Indians of America (CIA) stimmten. CIA wurde aber kurz darauf in das besser klingende AIM umbenannt. Minneapolis und St. Paul hatten, anders als viele andere amerikanische Großstädte, einen nicht unbedeutenden indianischen Bevölkerungsanteil. Schnell gab es Ortsvereine auch in Cleveland, dort von Russell Means gegründet, und in weiteren Städten. Zwar war die Bewegung zunächst ohne echte Verbindungen zu den Reservationen aus städtischem Umfeld entstanden, aber ihre Reputation unter Indianern aller Bereiche wuchs in den frühen 1970ern.

AIM propagierte ein neues Selbstbewusstsein der nordamerikanischen Indianer, die Wiederbelebung traditioneller kultureller Werte der indianischen Stämme, sowie mehr Selbstbestimmung bis hin zu einem autonomen Status in den Reservationen. Damit protestierte die Organisation auch gegen die Jahrzehnte lange Unterdrückung der indianischen Religionen und Kulturen seit ihrer letztlichen militärischen Unterwerfung Ende des 19. Jahrhunderts durch die USA.

1970 stieß zu AIM unter anderen John Trudell, der an der Besetzung der ehemaligen us-amerikanischen Gefängnisinsel Alcatraz 1969/70 durch die Indians of All Tribes (engl.: Indianer aller Stämme) teilgenommen hatte, einer Gruppe von jungen Indianern verschiedenster Herkunft, deren Zusammensetzung während der Besetzung stark variiert hatte.

1972 veranstaltete AIM den Trail of Broken Treaties (engl.: Pfad der gebrochenen Verträge), um an die vielen vergangenen Vereinbarungen zwischen Indianern und US-amerikanischen Unterhändlern zu erinnern, die von amerikanischer Seite später ignoriert worden waren. Anschließend besetzten sie das Verwaltungsbebäude des Bureau of Indian Affairs (BIA - Büro für Indianerangelegenheiten) und erklärten sie zur Botschaft der amerikanischen Ureinwohner (Native American Embassy).

Die spektakulärste Aktion war die Besetzung von Wounded Knee in der Pine Ridge Reservation 1973. Wounded Knee war der symbolträchtige Ort, an dem am 29. Dezember 1890 bei einem Massaker der US-Armee etwa 200 Lakota (Sioux)-Indianer umgebracht worden waren. Dieses Massaker markierte auch das Ende der Indianerkriege des 19. Jahrhunderts.

Von alten traditionalistischen Oglala-Lakota um Hilfe gegen den gewählten Stammesführer Dick Wilson und seine Schlägertrupps gebeten, verschanzten sich AIM-Mitglieder in Wounded Knee, belagert von der U.S.-Bundespolizei und der US-Army. Sie riefen die unabhängige Oglala-Nation aus. Nach mehr als zweimonatiger Besetzung mit Feuergefechten, die zum Tod des Oglala Buddy Lamont geführt hatten, gaben die Besetzer ihre im Verhältnis zur Ausrüstung von Polizei und Armee unbedeutenden Waffen ab, weil die Regierung eine Untersuchungskommission zu den Zuständen der Reservation und dem Verhalten von Dick Wilson zugesichert hatte.

Die Regierung erhob gegen viele Beteiligte der Besetzung und deren Unterstützer Anklage. Einige Angeklagte wurden zu Haftstrafen verurteilt. Vor allem aber war die Bewegung durch die Gerichtsverfahren in Anspruch genommen. Es stellte sich heraus, dass einige Mitglieder Informanten des FBI waren.

Nach Wounded Knee war der Höhepunkt von AIM überschritten, aber die Organisation existiert weiterhin, allerdings als nicht militante Widerstandsorganisation.

Die spektakulären Aktionen des AIM in den 1970er Jahren bescherte der Indianerbewegung auch eine internationale Öffentlichkeit. Neue soziale Bewegungen solidarisierten sich mit den Forderungen der Indianer. In diesen Alternativbewegungen der westlichen Industriestaaten wuchs auch ein neues Interesse an religiösen und sozialen Aspekten der indianischen Kultur, die bald auch von esoterischen Kreisen kommerziell vermarktet wurde. In der Esoterik wurden auch verschiedene indianische Bräuche mit Versatzstücken aus anderen Kulturen, Religionen, der Astrologie u.a. vermischt und so auch verfremdet. Unter denen, die diese Marktnische für sich entdeckten, waren auch ein paar wenige geschäftstüchtige Indianer, die selbst mit dem AIM nicht viel zu tun hatten, aber durch ihre indianische Identität auf dem esoterischen Markt erfolgreich waren.

Mit durch diese Vermarktung gingen die politischen Forderungen des AIM im Lauf der Jahre etwas unter. Der der Indianerbewegung nahestehende philosophische Schriftsteller Vine Deloria Jr., selbst Lakota-Oglala, grenzt sich in seinen teils provokativen Büchern von der in seinen Augen neuen kulturimperialistischen Vereinnahmung der indianischen Kulturen durch durch die genannten Bewegungen, insbesondere der esoterischen Kreise ab.

Literatur

  • Paul Chaat Smith and Robert Allen Warrior: Like a Hurricane - The Indian Movement from Alcatraz to Wounded Knee, New York: The New Press, 1996; ISBN 1-56584-316-9
  • Claus Biegert: "Seit 200 Jahren ohne Verfassung - USA: Indianer im Widerstand", Rowohlt Taschenbuch-Verlag 1976
  • Vine Deloria Jr.: "Gott ist rot - Eine indianische Provokation", New York 1973, deutsche Ausgabe bei Dianus-Trikont Buchverlag 1984; ISBN 2-88167-109-9