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Schlacht um Verdun

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Mémorial de Verdun

Die Schlacht um Verdun begann am 21. Februar 1916 und endete am 18. Dezember desselben Jahres, doch kam es vor Verdun bis 1918 zu weiteren Gefechten. Die Schlacht zählte zu den verlustreichsten des Ersten Weltkriegs.

Hintergrund

Wenige Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs erstarrte die Front im November 1914 in Westbelgien und Nordfrankreich. Beide Kriegsparteien errichteten ein komplexes System aus Schützengräben, das von der Nordseeküste bis zur Schweiz reichte. Der massive Einsatz von Maschinengewehren, schweren Geschützen und ausgedehnten Stacheldrahthindernissen begünstigte eine defensive Kriegsführung, was zum verlustreichen Scheitern sämtlicher Offensiven führte, ohne dass die Angreifer dabei nennenswerte Geländegewinne erzielen konnten. Im Februar 1915 versuchte man auf alliierter Seite erstmals, die gegnerischen Stellungen durch stundenlanges Geschützfeuer zu zerstören, um danach einen Durchbruch erzielen zu können. Die Gegner wurden jedoch durch das Trommelfeuer vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt, und stellten Reserven bereit. Zudem entstanden durch die explodierten Geschosse zahlreiche Granattrichter, welche den Vormarsch der angreifenden Soldaten erschwerten. Daher scheiterten sämtliche Offensiven, die im Kriegsjahr 1915 an der deutschen Westfront durchgeführt wurden.

Vor diesem Hintergrund ging man Ende 1915 auf deutscher Seite dazu über, eine neue Strategie auszuarbeiten. Da ein Durchbruch an der Westfront unmöglich erschien, plante General Erich von Falkenhayn, der Nachfolger von Generaloberst von Moltke als Chef der Obersten Heeresleitung, die Entfesselung einer Materialschlacht. Obwohl deutsche und österreichisch-ungarische Truppen im Kampf gegen Russland von Juli bis September 1915 größere Gebietsgewinne erzielt hatten, war Falkenhayn davon überzeugt, dass die deutschen Kräfte für einen entscheidenden Vorstoß aufgrund der gewaltigen Größe des russischen Zarenreiches nicht ausreichten. Der österreichisch-ungarische Generalstabschef Conrad von Hötzendorf schlug eine gemeinsame Großoffensive gegen Italien vor, was Falkenhayn jedoch ablehnte. Für ihn war die deutsche Westfront der entscheidende Kriegsschauplatz. Dort sollte die langsame Abnutzung der gegnerischen Truppen durch den enormen Einsatz von Kriegsgerät allmählich den deutschen Sieg herbeiführen. Ein Angriff auf die von britischen Truppen gehaltenen Frontabschnitte schied dabei für Falkenhayn aus, da er das industrielle Potenzial Großbritanniens als zu hoch einstufte. Er beabsichtigte, die im Vergleich zum deutschen Heer personell und materiell unterlegenen französischen Truppen angreifen zu lassen, ohne sich dabei mit Hötzendorf abzusprechen.

Um sicherzustellen, dass sich die französische Armee tatsächlich in schwere Kämpfe verwickeln lassen würde, wollte Falkenhayn einen für Frankreich besonders wichtigen Ort angreifen lassen. Dabei standen die beiden Festungen Belfort und Verdun zur Auswahl. Die OHL entschied sich für letztere. Nach den Plänen Falkenhayns sollten die französischen Kräfte vor Verdun "verbluten" und "zermalmt" werden. Verdun war zu dieser Zeit die stärkste Festung Frankreichs und von 40 Befestigungen umgeben, darunter 16 Forts und Zwischenwerke, die mit Maschinengewehren, gepanzerten Beobachtungs-, Geschütztürmen und Kasematten bestückt waren. Bereits vom 22.-25. September 1914 war es vor Verdun zu Kämpfen gekommen, welche den deutschen Vormarsch im Maas-Gebiet beendet hatten. In der Folgezeit verlegte die französische Armee diverse Geschütze aus den Festungswerken vor Verdun in andere Frontabschnitte, da sie nicht mit einem weiteren deutschen Angriff auf das stärkste Bollwerk Frankreichs rechnete. Aus dem selben Grund wurde die Ausbesserung der Befestigungsanlagen vernachlässigt.

Gemäß der von ihm geplanten Abnutzung der gegnerischen Kräfte beabsichtigte Falkenhayn nicht die Eroberung der für Frankreich moralisch wichtigen Festung Verdun. Die deutschen Truppen sollten dort nach einem heftigen Geschützfeuer lediglich die vordersten französischen Linien einnehmen, um erbitterte Gegenangriffe zu provozieren. Dabei ging Falkenhayn davon aus, dass die angreifenden Franzosen durch den massiven Einsatz von Geschützen und Maschinengewehren hohe Verluste erleiden werden, bis die völlige Erschöpfung der französischen Armee eintreten würde. Die Hauptlast des Angriffs wurde der deutschen Fünften Armee unter Kronprinz Wilhelm von Preußen übertragen. Kronprinz Wilhelm wurde jedoch nicht über die eigentlichen Ziele von Falkenhayns Vorhaben informiert, was fatale Folgen haben sollte. Da eine überraschende Einnahme von Verdun Falkenhayns Plänen einer langsamen Abnutzung widerstrebte, ordnete er an, dass der Angriff lediglich vom östlichen Maas-Ufer aus erfolgen sollte. Die Operation erhielt den Namen "Chi 45" - nach dem damals gültigen Geheimschlüssel die Bezeichnung für Gericht.

Verlauf

Im Januar 1916 begannen die Vorbereitungen für den Angriff. Auf engstem Raum wurden über 1.400 Geschütze zusammengezogen, während 1.300 Munitionszüge zweieinhalb Millionen Artilleriegeschosse an die Front transportierten. Fast 400.000 deutsche Soldaten wurden im Angriffsgebiet aufgeboten. Nächtelang hob man auf deutscher Seite Angriffsstellungen aus, die man vor Fliegereinsicht tarnte. Erst am 10. Februar erfuhren die Franzosen, dass ein Angriff unmittelbar bevorstand. Dieser war für den 12. Februar geplant, doch musste er aufgrund von Hagelschauern verschoben werden. Erst am 20. Februar klarte das Wetter auf.

Am 21. Februar 1916 begann mit einer 38 cm-Granate, die um Punkt 8.12 Uhr auf die Stadt Verdun abgeschossen wurde, der Angriff. Danach eröffneten über 1.200 deutsche Geschütze aller Kaliber das Feuer auf die die französischen Stellungen und auf das Hinterland. Sie schossen ein neues Zeitalter in der Kriegsführung ein. Um 13.30 Uhr wurde das Geschützfeuer durch 150 Minenwerfer intensiviert, die auf französischer Seite besonders schwere Verwüstungen anrichteten. Währenddessen warteten die Soldaten mehrerer deutscher Divisionen auf den Befehl zum Sturmangriff. Sie waren mit Gasmasken, mehreren eisernen Rationen und schwerem Schanzzeug zum Ausbauen der zerstörten feindlichen Stellungen ausgerüstet. Manche trugen bereits einen M1916-Stahlhelm.

Um 17:00 Uhr endete das schwere Trommelfeuer, woraufhin die deutschen Truppen auf Signal ihre Gräben verließen. Die erste Angriffswelle bestand aus Pionieren, von denen manche mit Flammenwerfern bewaffnet waren. Hinter ihnen rückte die breite Masse der restlichen Infanterie vor. Durch den schweren Geschützbeschuß waren zahlreiche französische Vorposten vernichtet worden, so dass die Deutschen ohne größere Probleme die vordersten gegnerischen Linien einnehmen konnten. Anstatt jedoch wie befohlen die eroberten Stellungen auszubauen und Gegenangriffe abzuwarten, setzten die deutschen Truppen ihren Vormarsch fort. Als General Schmidt von Knobelsdorf, Stabschef von Kronprinz Wilhelm, über die deutschen Anfangserfolge informiert wurde, ordnete er an: "Gut, denn man alles heute nehmen !" Falkenhayns Pläne traten somit in den Hintergrund und sollten indirekt dennoch in die Tat umgesetzt werden, wenn auch mit katastrophalem Ergebnis für beide Seiten.

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Karte des Schlachtfelds bei Verdun

Die Franzosen verschanzten sich in vorgeschobenen Widerstandsnestern, die sie zäh verteidigten, doch konnten sie den deutschen Vormarsch nicht aufhalten. Bereits am 22. Februar verstarb der Befehlshaber der französischen Truppen bei Verdun, Emile Diant, im Kampf um einen dieser Vorposten. Bis zum 24. Februar rückte die deutsche Fünfte Armee mehrere Kilometer vor und gelangte bis zum Festungsgürtel von Verdun, doch fehlte es ihr für einen entscheidenden, weiteren Vorstoß an Truppen. In voller Absicht hatte Falkenhayn nur wenige Reserveeinheiten bereitgestellt, da er die Einnahme Verduns nicht geplant hatte. Trotzdem stellte sich die Lage für die Verteidiger der Stadt äußerst schlecht dar, so dass General Herr - Gouverneur von Verdun - am 24. Februar die Räumung des rechten Maas-Ufers in Erwägung zog. Am selben Tag befahl der Oberbefehlshaber der französischen Armee, General Joffre, dass Verdun um jeden Preis zu halten sei - wie von Falkenhayn erwartet.

Am 25. Februar 1916 erreichten Soldaten des Brandenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 24 unter Hauptmann Haupt und Oberleutnant von Brandis das Fort Douaumont. Sie hatten den Befehl, sich etwa einen Kilometer vom Fort entfernt zu verschanzen. Nachdem sie sich unter schweren Verlusten an "den Douaumont" herangearbeitet hatten, ordnete Haupt eigenmächtig die Erstürmung des Forts an, obwohl dieses unter schwerem Geschützbeschuß lag. Tatsächlich gelang es den deutschen Soldaten, durch ein weggesprengtes Gitter in einen Schacht einzudringen, der direkt in das Fort führte. Dabei stießen sie auf keinerlei Widerstand, da sich die französische Garnison aufgrund des Geschützfeuers in die untersten Kasematten des Forts zurückgezogen hatte. Die 67 Franzosen wurden von den 19 deutschen Eindringlingen überrumpelt und zur Aufgabe gezwungen. Die Nachricht von der Eroberung des Douaumont wurde im Deutschen Reich als großer Sieg gefeiert. Zahlreiche Extrablätter erschienen, während man vielerorts die Kirchglocken läuten ließ.

Am 26. Februar wurde General Pétain zum neuen Oberbefehlshaber der französischen Streitkräfte bei Verdun ernannt. Pétain organisierte den Nachschub an Truppen und Kriegsgerät, der durch deutsches Artilleriefeuer stark erschwert wurde. Zur Versorgung von Verdun stand ihm nur die Strasse von Bar-le-Duc nach Verdun zur Verfügung, die in Frankreich als La Voie Sacrée ("Der heilige Weg") bekannt werden sollte. Über diese schmale Strasse gelangte ein endloser Strom an Transportfahrzeugen in die Stadt. Blieb ein Wagen mit technischen Defekten stehen, wurde er einfach zur Seite geschoben, um einen Stau zu verhindern. Der Nachschub über die "Voie Sacrée" sorgte dafür, dass die französische Armee den deutschen Angreifern in Bezug auf Kriegsgerät und Truppenstärke allmählich ebenbürtig wurde.

Nachdem die deutschen Truppen am 2. März das Dorf Douaumont in der Nähe des gleichnamigen Forts eingenommen hatten, weiteten sie das Kampfgebiet nach Westen aus. Ziel war dabei die Einnahme der "Höhe 304" und des "Toten Manns" (Le Mort Homme), da sich hinter diesen Anhöhen starke Artilleriestellungen der Franzosen befanden, die das Hauptkampfgebiet auf dem östlichen Maasufer unter Dauerbeschuß nahmen. Bereits am 7. März konnte die Höhe 304 von deutschen Truppen größtenteils erobert werden. Der "Tote Mann" wurde von den Deutschen bis zum 14. März teilweise erobert, war jedoch weiterhin schwer umkämpft. Beide Hügel wurden ununterbrochen von zahlreichen Geschützen unter Feuer genommen, so dass die Verluste unter den dort kämpfenden Einheiten enorm waren. Es war nahezu unmöglich, auf der Höhe 304 und dem Toten Mann einen Graben auszuheben, da tagsüber zahlreiche Scharfschützen aktiv waren, während die Erde im März Nachts gefror. Fiel ein Soldat im Kampf um einen der beiden Hügel, wurde seine Leiche durch das äußerst schwere Geschützfeuer innerhalb kurzer Zeit pulverisiert.

Fort Vaux bei Verdun

Parallel zu den schweren Gefechten auf dem linken Maas-Ufer waren deutsche Truppen seit dem 9. März gegen das südöstlich von Douaumont gelegene Fort Vaux angestürmt. Am selben Tag wurde die Falschmeldung verbreitet, das Fort sei gefallen. Als dem deutschen Generalstab dies bewusst wurde, befahl er die tatsächliche Einnahme von Fort Vaux. Am 10. März unternahmen die deutschen Truppen mehrere Sturmangriffe, die unter hohen Verlusten scheiterten. Im Heeresbericht fanden diese Ereignisse keine Erwähnung. In den darauf folgenden Wochen versuchten die Deutschen, über die Höhe 304 und den Toten Mann hinaus vorzustoßen, während die französischen Truppen zahlreiche erfolgslose Angriffe auf das Fort Douaumont unternahmen. Da die Zahl der Todesopfer bis zum April gewaltige Ausmaße angenommen hatte, bat Kronprinz Wilhelm die OHL um den Abbruch der Offensive. Falkenhayn lehnte dies strikt ab, da er von deutlich höheren Verlusten auf französischer Seite ausging und seine Strategie somit bestätigt sah. Aufgrund der erfolgreichen Verteidigung von Verdun wurde Pétain am 30. April zum Befehlshaber der französischen Heeresgruppe Mitte ernannt. Sein vorheriger Posten wurde von General Robert Nivelle übernommen.

Am 8. Mai kam es im Fort Douaumont, das von den Deutschen den Spitznamen "Sargdeckel" erhalten hatte, zu einem blutigen Zwischenfall. Zur Verteidigung des Südausgangs hatten die deutschen Soldaten zwei Flammenwerfer und einen Korb mit scharfgemachten Handgranaten bereitgestellt. Unter ungeklärten Umständen explodierte eine der Handgranaten, wodurch die Flammenwerfer entzündet wurden. Als daraufhin Soldaten mit rußgeschwärzten Gesichtern in das Fort liefen, wurden diese für französische Kolonialtruppen gehalten und mit Handgranaten beworfen. Diese wiederum brachten weitere Handgranaten in den Gängen und französische 210 mm Granaten zur Explosion. Die Detonation zeriss mehreren Hundert Soldaten die Lunge, während die Decke des Fort beschädigt wurde und die Wasservorräte ausliefen. Pioniere bargen die Überreste von insgesamt 679 Soldaten, welche sie in zwei Räume in einem Untergeschoß des Forts einmauerten. Am 16. Mai erschien Falkenhayn persönlich an der Front, um einem ersten Großangriff auf das Zwischenwerk Thiaumont beizuwohnen. Dieser scheiterte jedoch ebenso wie ein am 23. Mai erfolgter Versuch der Franzosen, Douaumont zurückzuerobern.

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Das Fort Douaumont unter französischem Artilleriebeschuss (Luftbild vom Mai 1916)

Ende Mai konnten deutsche Truppen nach fast dreimonatigem Kampf den "Toten Mann" vollständig besetzen, doch nutzten sie diesen Gebietsgewinn nicht aus. Die deutschen Angriffe konzentrierten sich Anfang Juni zum wiederholten Mal auf Fort Vaux. Das Fort wurde zu dieser Zeit von 600 französischen Soldaten unter Major Raynal verteidigt, von denen nur etwa 150 kampffähig waren. Bereits am 2. Juni gelang es deutschen Truppen, sich einen Zugang in das Fort zu verschaffen. Sie verschanzten sich zunächst in den oberen Geschossen des Forts, während die französische Garnison zunehmend unter Wassermangel zu leiden hatte. Zuletzt erhielt jeder Verteidiger des Forts nur einen Becher Wasser täglich, so dass sich Raynal am 7. Juni zur Kapitulation gezwungen sah. Kronprinz Wilhelm war von der zähen Verteidigung des Forts so beeindruckt, dass er Raynal in sein Hauptquartier einlud.

Der Druck auf das deutsche Heer hatte sich inzwischen gewaltig erhöht. Ohne sich mit der OHL abzusprechen, hatte der österreichisch-ungarische Generalstabschef Hötzendorf einen Großangriff auf die italienischen Stellungen angeordnet, mit dem am 14. Mai begonnen wurde. Da deshalb zahlreiche österreichisch-ungarische Einheiten von der Ostfront abgezogen wurden, nutzte die russische Armee diese Situation aus und führte seit dem 4. Juni die nach dem zuständigen General benannte Brussilow-Offensive durch. Der österreichisch-ungarische Widerstand brach an großen Frontabschnitten völlig zusammen, weshalb Falkenhayn Truppen vor Verdun abziehen musste, um die Ostfront zu stabilisieren. Trotzdem wurde die deutsche Offensive vor Verdun nicht vorzeitig beendet.

Am 23. Juni konnten die Deutschen nach einer starken Artillerievorbereitung mit Phosgen-Gasgranaten ("Grünkreuz") einen großen Geländegewinn erzielen. Dabei wurde sowohl das Zwischenwerk Thiaumont als auch das Dorf Fleury erstürmt. In heftigen Kämpfen wechselte Fleury vier mal den Besitzer und existiert heute nicht einmal mehr in Form von Grundmauern. Am darauf folgenden Tag leiteten britische und französische Truppen mit einem gewaltigen Geschützfeuer die Schlacht an der Somme ein. Das deutsche Heer musste deshalb weitere Truppen vor Verdun abziehen, führte aber nach wie vor Angriffe durch. Für die deutschen Frontsoldaten hatte der personelle Druck auf das Heer fatale Folgen. Wurden die bei Verdun kämpfenden Einheiten zunächst regelmäßig abgelöst, ging man seit dem Sommer dazu über, sie bis zu ihrer Vernichtung dort einzusetzen.

Das Schlachtfeld bei Verdun hatte sich aufgrund des massiven Einsatzes von Geschützen auf engem Raum innerhalb weniger Monate in eine Kraterlandschaft verwandelt, in der von Wäldern oftmals nur Baumstümpfe verblieben. Durchschnittlich 10.000 Granaten und Minen gingen stündlich vor Verdun nieder und erzeugten eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse. Bei Regen glich das Kampfgebiet einem Schlammfeld, wodurch das Vorrücken von Truppen stark erschwert wurde. Aufgrund des allgegenwärtigen Geschützfeuers mussten viele Tote und Verletzte im Niemandsland zwischen den Fronten liegen gelassen werden, weshalb insbesondere in den Sommermonaten ein schwerer Leichengestank über dem Schlachtfeld hing. Zudem war es im permanenten Geschoßhagel oftmals nicht möglich, die Frontsoldaten ausreichend mit Nachschub zu versorgen oder sie abzulösen. Bereits auf dem Weg zur vordersten Linie verloren zahlreiche Einheiten weit über die Hälfte ihrer Männer. Die Soldaten mussten häufig stundenlang ihre Gasmasken tragen und mehrere Tage ohne Nahrung auskommen. Der Durst trieb viele von ihnen dazu, Regenwasser aus Granattrichtern zu trinken. Sowohl den französischen als auch den deutschen Soldaten graute es vor dem Fronteinsatz bei Verdun. Das Schlachtfeld wurde von ihnen als "Blutpumpe", "Knochenmühle" oder schlichtweg "die Hölle" bezeichnet.

Am 11. Juli unternahmen die deutschen Streitkräfte einen letzten Versuch, nach Verdun vorzustoßen. Nachdem auch dieser Angriff trotz geringer Anfangserfolge gescheitert war, flauten die Kämpfe vor Verdun für einige Wochen ab. Am 15. August zog Falkenhayn in einem Schreiben an Kronprinz Wilhelm erstmalig den Abbruch der Schlacht in Erwägung, da "Sparsamkeit in der Ausgabe von Menschen und Munition" geboten sei. Wilhelms Stabschef Schmidt von Knobelsdorf beharrte jedoch auf der Ansicht, dass man die Offensive beliebig weiterführen könne. Daher bat der Kronprinz seinen Vater, Kaiser Wilhelm II., um die Abberufung von Knobelsdorf. Am 23. August entsprach Wilhelm II. dieser Bitte und leitete darüber hinaus die Ablösung Falkenhayns in die Wege, die sechs Tage später erfolgte. An Falkenhayns Stelle traten Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und General Erich Ludendorff. Hindenburg ordnete sofort die Beendigung der Kämpfe an.

Die Schlacht bei Verdun hatte damit aber noch nicht geendet. General Nivelle plante eine großangelegte Gegenoffensive, die am 19. Oktober mit einem mehrtägigen Geschützfeuer begann. Am 24. Oktober gingen die französischen Truppen zum Angriff über, wobei ihnen in verlustreichen Kämpfen die Rückeroberung von Thiaumont, Douaumont und Fleury gelang. Nach einem weiteren französischen Vorstoß sah sich die deutsche Besatzung von Fort Vaux am 2. November zum Rückzug gezwungen. Deutsche Pioniere sprengten Teile des Forts. Am 15. Dezember erfolgte ein letzter französischer Großangriff auf dem rechten Ufer der Maas, der bis zum 18. Dezember einen Frontverlauf herbeiführte, welcher dem des Jahresbeginns 1916 annähernd glich.

1917 konzentrierten sich die Kriegsparteien auf andere Frontabschnitte, doch kam es auch vor Verdun noch mehrfach zu Gefechten, auch wenn diese nicht dieselben Ausmaße wie im Vorjahr annahmen. Insbesondere die Höhe 304 und der Tote Mann wurden seit Juni 1917 wieder heftig umkämpft. Bis zum 29. Juni gelang es deutschen Einheiten, die Höhe 304 vollständig zu besetzen. Im August führten französische Angriffe zur endgültigen Räumung der Höhe 304 und des Toten Mannes durch die Deutschen. Es folgten weitere Aktionen, doch sollte das Maas-Gebiet erst gegen Ende des Kriegs wieder zum Schauplatz von größeren Angriffen werden. Durch einen Vorstoß US-amerikanischer Truppen unter General Pershing wurde die deutsche Front südöstlich von Verdun am 30. August 1918 um mehrere Kilometer eingedrückt. Am 25. September folgte eine von Verdun ausgehende, amerikanisch-französische Offensive, welche die Deutschen bis Anfang November aus den Argonnen zurückdrängte. Am 11. November trat der Waffenstillstand in Kraft.

Resultat

Der Kampf um Verdun zählt zu den blutigsten Schlachten der Weltgeschichte. Insgesamt wurden von 1916-1918 über 400.000 Soldaten vor Verdun getötet und etwa 800.000 verletzt. Entgegen den Erwartungen von Falkenhayn waren die Verluste auf französischer Seite nur geringfügig höher als auf deutscher. Die französische Armee wurde durch die Schlacht um Verdun stark geschwächt, doch stellte sich die Situation auf deutscher Seite ähnlich dar. Das Konzept der Abnutzungsschlacht, das auch auf alliierter Seite von Juli - November 1916 mit der noch verlustreicheren Somme-Schlacht verfolgt wurde, erwies sich als ineffektiv und führte zu einem äußerst bedenkenlosen Umgang der militärischen Befehlshaber mit dem Leben ihrer Soldaten. Nicht die Minimierung von eigenen Verlusten, sondern der Verbrauch gegnerischer Resourcen trat in den Vordergrund. Während die deutsche Armee aufgrund der verlustreichen Kämpfe von 1916 zu einer defensiven und flexibleren Taktik an ihrer Westfront überging, starteten die Alliierten im Kriegsjahr 1917 weitere Großoffensiven in Flandern und an der Aisne. Auch dabei kam es zu hohen Verlusten, mit denen der Frontverlauf letztendlich nicht verändert werden konnte.

Verdun als Mythos

In Frankreich wurde die Verteidigung Verduns gegen die scheinbar übermächtigen deutschen Streitkräfte als Heldentat verklärt. Die Festung Verdun wurde als unüberwindbares Bollwerk betrachtet, das den Fortbestand der französischen Nation garantiert hatte. Für das Grab des unbekannten Soldaten beim Arc de Triomphe in Paris exhumierte man die Leiche eines vor Verdun gefallenen Franzosen. General Pétain wurde von den Franzosen als Nationalheld gefeiert und 1918 zum Marschall von Frankreich ernannt. Ihm zu Ehren wurde nach dem Krieg eine Statue auf dem Schlachtfeld vor Verdun errichtet, auf deren Sockel der zentrale Satz des französischen Verdun-Mythos zu lesen ist: Ils n'ont pas passé. ("Sie sind nicht vorbeigekommen"). Die Verklärung der Verdun-Schlacht zur erfolgreichen Behauptung einer unbezwingbaren Festung sollte im Zweiten Weltkrieg verheerende Folgen für Frankreich haben. Obwohl die Kriegsjahre 1917 und 1918 gezeigt hatten, dass die zukünftige Kriegsführung eine offensive, auf Schnelligkeit ausgelegte Taktik begünstigen würde, errichteten die Franzosen in den dreißiger Jahren ein aus zahlreichen Bunkern und Feldbefestigungen bestehendes Verteidigungssystem, die Maginot-Linie. Als die deutsche Wehrmacht 1940 in Frankreich einfiel, umging sie jedoch in einer "Blitzkrieg"-Taktik erfolgreich die Maginot-Linie. Pétain fiel im weiteren Verlauf des Krieges beim französischen Volk in Ungnade, da er als Machthaber des Vichy-Regimes mit dem Dritten Reich kooperierte. Er wurde im August 1945 zum Tode verurteilt, doch hatte er es wahrscheinlich seinen Verdiensten in der Schlacht um Verdun zu verdanken, dass seine Strafe in lebenslängliche Haft umgewandelt wurde.

Da die Offensive an der Maas weder zur Einnahme Verduns noch zur völligen Abnutzung der französischen Armee geführt hatte, konnte man die Schlacht im Deutschen Reich nicht als Sieg betrachten. Trotzdem handelten die meisten deutschen Kriegsromane, die zu Zeiten der Weimarer Republik erschienen, von der Schlacht um Verdun. "Verdun" wurde dabei zum Sinnbild des modernen, vollständig industrialisierten Krieges. Dabei ging es nicht mehr um Sieg oder Niederlage, sondern um die Erfahrung der Materialschlacht. Auch die Frage nach dem Sinn der blutigen Stellungskämpfe wurde angesichts der gewaltigen Zerstörungskraft des modernen Kriegsgeräts als nebensächlich eingestuft. Nicht die kritische Nachbetrachtung, sondern das Erleben der Schlacht stand im Mittelpunkt des deutschen Verdun-Mythos. Eine zentrale Rolle übernahm dabei der Verdun-Kämpfer, der als neuer Typus des Soldaten betrachtet wurde. Dieser wurde als charakterlich entleert, kalt und hart beschrieben und verdrängte frühere, romantisch verklärte Idealbilder, wie sie insbesondere im bürgerlichen Milieu vorherrschten.

Das Schlachtfeld heute

Auf dem umkämpften Gebiet explodierten über 20 Millionen Geschützgranaten und Minen - etwa 2 pro Quadratmeter. Die Landschaft wurde mehrfach durchpflügt, wovon sie sich bis heute nicht vollständig erholt hat. Nach wie vor befinden sich zahlreiche Blindgänger, Gewehre und Helme im Erdreich des Schlachtfelds. Die ehemals umkämpften Forts und Zwischenwerke wie Douaumont und Vaux wurden schwer beschädigt, können jedoch besichtigt werden. Im Umland von Verdun befinden sich zahlreiche Friedhöfe und Beinhäuser. Im Beinhaus von Douaumont werden die sterblichen Überreste von etwa 130.000, nicht identifizierten deutschen und französischen Soldaten verwahrt. Bei Fleury befindet sich das Mémorial de Verdun, wo damals verwendetes Kriegsgerät ausgestellt wird.

Literatur

  • German Werth: Die Schlacht und der Mythos, Bergisch Gladbach 1979
  • Arnold Zweig: Erziehung vor Verdun, Aufbau Verlag, Taschenbuch, ISBN 3746652111 (Ein Antikriegs-Roman über die psychischen Schäden, die durch die Schlacht um Verdun bei vielen Soldaten verursacht wurden)

Siehe auch: Liste von Schlachten, Liste von Kriegen