Biogas
Biogas ist ein Gemisch aus den Hauptkomponenten Methan und Kohlenstoffdioxid. Der wertgebende Anteil, der energetisch genutzt wird, ist das Methan. Daneben enthält es je nach Ausgangsbedingungen geringe Mengen an Wasserdampf, Schwefelwasserstoff, Ammoniak, Wasserstoff, N2 (Luftstickstoff, bei biologischer Entschwefelung) und Spuren von niederen Fettsäuren und Alkoholen.
Allgemeines
Es entsteht bei der anaeroben (sauerstofffreien) Vergärung von organischem Material. Als Ausgangsstoffe für die technische Produktion von Biogas eignen sich:
- vergärbare, biomassehaltige Reststoffe wie Klärschlamm, Bioabfall oder Speisereste,
- Wirtschaftsdünger (Gülle, Mist),
- gezielt angebaute Energiepflanzen, auch NAWAROS (NAchWAchsendeROhStoffe) genannt.
Dabei stellt die Landwirtschaft mit den beiden letztgenannten Möglichkeiten das größte Potenzial für die Produktion von Biogas.
Je nach Herkunft wird nach
- Klärgas (aus Kläranlagen), (das Gas wird bei großen Kläranlagen nach Reinigung in Gasmotoren zur Stromerzeugung verwendet, mit dem zum Beispiel die Gebläse für die Belebtschlammbecken angetrieben werden),
- Deponiegas (aus Deponien) und
- Biogas (aus Biogasanlagen)
unterschieden .
Im Falle der unkontrollierten Entstehung durch natürliche Prozesse und der ungenutzten Entweichung in die Atmosphäre - aus Gewässern, Mist, Reisfeldern und tierischen Quellen wie dem Pansen von Wiederkäuern - nennt man das Gas im allgemeinen Faulgas oder Sumpfgas.
Biogas enthält stets auch unerwünschte Bestandteile wie Schwefelwasserstoff, der ihm vor der technischen Nutzung entzogen wird. Biogas wird als Brennstoff für Blockheizkraftwerke zur Stromerzeugung oder zu Heizungs
zwecken genutzt. In der Entwicklung ist derzeit die Aufbereitung auf Erdgas
qualität, um Biogas ins Gasnetz einzuspeisen bzw. in Erdgasfahrzeugen als Treibstoff zu nutzen.
Biogas aus Energiepflanzen
Analog zur Verwendung von Holz in Biomasseheizkraftwerken werden vermehrt Pflanzen gezielt zur Verfaulung in Biogasanlagen, d.h. zur Produktion von Biogas angebaut. Dies können im Prinzip alle ackerbaulich genutzten Früchte oder Gras sein. Aktuell (2004) ist die Nutzung von Mais, Getreide (Acker) und Gras (Wiese) am weitesten verbreitet.
Zur Abschätzung der Nutzung für die Stromproduktion:
- 1 ha Mais = ca. 2 kW elektr. Dauerleistung
- 1 ha Getreide = ca. 1,5 kW
- 1 ha Gras = ca. 1 kW
- Gülle von 1 Kuh = ca. 0,15 kW
Beispiel: Mit der Gülle von 4 Kühen bzw. von 32 Schweinen oder mit dem Ertrag von 6.000 Quadratmeter Silomaisfläche könnte man genügend Biogas herstellen, um einen Vier-Personen-Haushalt mit Strom zu versorgen.
Biogaserzeugung
Die Biogaserzeugung findet in einer Biogasanlage statt. In dem gesteuerten Prozess der Biogasentstehung sind verschiedenste Arten von anaeroben Mikroorganismen beteiligt, deren Mengenverhältnis zueinander durch Ausgangsstoffe, pH-Wert, Temperatur- und Faulungsverlauf beeinflusst wird. Aufgrund der Anpassungsfähigkeit dieser Mikroorganismen an die Prozessbedingungen können nahezu alle organischen Substanzen durch Verfaulen abgebaut werden. Lediglich höhere Holzanteile können durch das mikrobiologisch schwer zersetzbare Lignin schlecht verwertet werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Methanbildung ist ein Wasseranteil im Ausgangssubstrat von mindestens 50 %.
Man unterscheidet nach dem heutigen Erkenntnisstand vier parallel bzw. nacheinander ablaufende und ineinandergreifende biochemische Einzelprozesse, die den anaeroben Abbau biogener Substanzen ermöglichen:
- Während der Hydrolyse werden die Biopolymere in monomere Grundbausteine oder andere lösliche Abbauprodukte zerlegt. Hierbei kann festgestellt werden, dass Fette in Fettsäuren, Kohlenhydrate, wie z.B. Polysaccharide in Mono- oder Oligosaccharide und Proteine, wie Eiweiße in Peptide bzw. Aminosäuren zerlegt werden. Diese Reaktion wird durch fakultativ anaerobe Mikroorganismen katalysiert, wobei diese durch Ausschüttung von Exoenzymen die Hydrolyse der Edukte vollziehen. Dieser Reaktionsschritt ist aufgrund der Komplexität des Ausgangsmaterials der Geschwindigkeitsbestimmende.
- Im Rahmen der Acidogenese (allgemeinsprachlich auch als Fermentation bezeichnet) - die zeitgleich zur Hydrolyse stattfindet - werden die monomeren Interdukte einerseits in niedere Fett-/Karbonsäuren, wie z.B. Butter-, Propion- und Essigsäure, andererseits in niedere Alkohole, wie z.B. Ethanol, umgesetzt. Bei diesem Umsetzungsschritt verzeichnen die fakultativ anaeroben Mikroorganismen erstmals einen Energiegewinn. Bei dieser Umsetzung werden bereits bis zu 20 % des Gesamtanteils an Essigsäure gebildet.
- Während der Acetogenese werden die niederen Fett- und Karbonsäuren sowie die niederen Alkohole durch acetogene Mikroorganismen primär zu Essigsäure, bzw. dessen gelöstem Salz, dem Acetat umgesetzt.
- In der letzten, obligat anaerob ablaufenden Phase - der Methanogenese - wird die Essigsäure durch entsprechend acetoclastische Methanbildner in Methan und Kohlenstoffdioxid sowie Wasserstoff umgewandelt.
Zurück bleibt ein Gemisch aus schwer abbaubarem organischen Material beispielsweise Lignin und anorganischen Stoffen wie zum Beispiel Sand oder andere Mineralien.
Der mikrobiologische Prozess der Biogaserzeugung, läuft bis heute noch als sogenannte "Black Box" ab, was heißt, man weiß zwar, was in den Reaktor hinein- und was herauskommt, aber der mikrobiologische Prozess dazwischen ist weitgehend noch nicht erforscht. So ist es schwierig, Steuerungsparameter für eine geregelten und auf maximale Methanausbeute ausgelegten Ablauf zu finden - meist beruhen diese auf Erfahrung, das Zusammenspiel der Mikroorganismen ist aber nur unzureichend bekannt. Forschungsprojekte zur Erklärung des genauen Ablaufs und der Charakterisierung der mikrobiologischen Populationen bzw. Gemeinschaften werden aber bald Aufschluss über den genauen Verlauf geben können.
Zur Aufrechterhaltung des Faulprozesses wird etwa die Hälfte der Abwärme aus der Stromproduktion mit Biogas benötigt. Die verbleibende Wärme kann für andere Heizzwecke verwendet werden. Für den Gesamtwirkungsgrad einer solchen Anlage ist daher die optimale Nutzung der Abwärme und eine Temperaturregelung im Prozess entscheidend.
Zusammensetzung von Biogas
Die in der Literatur zu findenden Angaben zur Zusammensetzung von Biogas schwanken stark. Generell gilt, dass die Gaszusammensetzung von diversen Parametern, wie Substratzusammensetzung und Betriebsweise des Fermenters, abhängen. Die folgende Tabelle zeigt Anhaltswerte für die wichtigsten enthaltenen Gase nach der neuesten DVGW-Studie.
Schwankungsbreite | Durchschnitt | |
Methan | 45-70 % | 60 % |
Kohlendioxid | 25-55 % | 35 % |
Wasserdampf | 0-10 % | 3,1 % |
Stickstoff | 0,01-5 % | 1 % |
Sauerstoff | 0,01-2 % | 0,3 % |
Wasserstoff | 0-1 % | < 1% |
Ammoniak | 0,01-2,5 mg/m³ | 0,7 mg/m³ |
Schwefelwasserstoff | 10-30.000 mg/m³ | 500 mg/m³ |
Wertvoll im Biogas ist das Methan. Je höher dessen Anteil ist, desto energiereicher ist das Gas. Nicht nutzbar sind das Kohlen(stoff)dioxid und der Wasserdampf. Problematisch im Biogas sind vor allem der Schwefelwasserstoff und der Ammoniak
anteil, die vor dem Verbrennungsvorgang entfernt werden müssen, um die Gasmotoren vor diesen chemisch aggressiven Substanzen zu schützen.
Reinigen und Aufbereitung von Biogas
Wie im Abschnitt vorher (Zusammensetzung von Biogas) schon angedeutet wirken sich die Verunreinigungen durch Schwefelwasserstoff und Ammoniak negativ auf die Nutzung von Biogas aus. Es ist daher fast immer notwendig eine Reinigung und Aufbereitung vorzunehmen. Im wesentlichen sind das vier Verfahrensschritte
Biogasentschwefelung
Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Gegebenfalles sind mehrere Stufen nötig wie Grob-, bzw Feinentschwefelung.
- Die Reinigung nach der Gasproduktion durch Entschwefelungsfilter. Hier wird das Gas durch eisenhaltiges Filtermaterial geleitet. Das Filtermaterial muss ausgetauscht werden wenn das Füllmaterial gesättigt ist.
- Die Reinigung im Gasraum durch Zugabe von Sauerstoff. Das H2S (Schwefelwasserstoff) wird in elementaren Schwefel umgewandelt. Der Schwefel lagert sich im Gasraum ab. Dies ist bisher die gängigste Methode, hat aber den Nachteil, dass der Schwefel die Biogasanlage nicht verlassen kann, daher ist das Verfahren nur für sehr geringe Konzentrationen von Schwefelwasserstoff geeignet.
- Bei hohen Proteinanteilen im Ausgangssubtrat können die Schwefelwasserstoffkonzentrationen schon 20000 ppm übersteigen. Hier ist jeder Filter überfordert. Die Zugabe von Eisen-II-ionen hilft hier die Bildung von Schwefelwasserstoff im Fermenter wegen der hohen Affinität zum Eisen zu verhindern. Das Eisen verbindet sich mit Schwefel zu unlöslichen Eisensulfid (FeS). Das Eisensulfid verbleibt in der Gülle.
Biogasverdichtung
Die Verdichtung von Biogas ist meist dann notwendig, wenn Biogas, nach dessen Aufbereitung, in das Erdgasnetz eingespeist werden soll. Die hier vorhandenen Drücke machen oft eine mehrstufige Verdichtung notwendig.
Biogastrocknung
Biogas wird durch die Kühlung des Gases im Erdreich oder durch Kompressorkälte entfeuchtet. Die Unterschreitung der Taupunkttemperatur des Wasserdampfes läßt das Wasser kondensieren (von der gasförmigen in die flüssige Phase übergehen). Dann kann das Wasser in Tiefpunkten der meist erdverlegten Biogasleitung gesammelt und abgeleitet werden. Bei einer Kühlung durch Kältemaschinen fällt das Wasser im Biogas an den Kälteregistern aus und kann dort gesammelt und abgeleitet werden.
CO2-Abtrennung
Die Aufbereitung des Biogases umfasst neben den bereits geschilderten Verfahren zur Entschwefelung und zur Reduzierung des Ammoniak-Anteils vor allem die Reduzierung des CO2- und O2-Anteils. Die derzeit gängigen Verfahren der Methananreicherung durch CO2-Abtrennung sind Gaswäschen wie z.B. die Druckwasserwäsche(Absorptionsverfahren mit Wasser oder speziellen Waschmitteln) und die Druckwechseladsoption (Adsorptionsverfahren an Aktivkohle). Daneben sind weitere Verfahren wie eine kryogene Gastrennung (mittels tiefen Temperaturen) oder eine Gastrennung durch eine Membran in der Entwicklung für eine allgemeine Anwendung im Biogasbereich.
Biogas in Deutschland
In Deutschland gibt es inzwischen ca. 2700 Biogasanlagen mit einer installierten elektrischen Leistung von 650 MW. Im Jahr 2005 wurden 3200 GWh Strom erzeugt, das entspricht 0,5 % des Gesamtstromverbrauchs in Deutschland. Damit wird jährlich die Emission von 2,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid vermieden. Allein für Niedersachsen wird das Potential auf mindestens 1.500 Anlagen geschätzt, die zusammen mit 2,6 Milliarden kWh mindestens 5 Prozent des Gesamtstromverbrauches in Niedersachsen decken könnte.
Aufgrund der Unabhängigkeit von Wind oder Sonneneinstrahlung trägt die Biomasse und damit auch Biogas sinnvoll dazu bei, eine Ergänzung im Energiemix der Erneuerbaren Energieträger einzunehmen.
Biogas in der Schweiz
In der Schweiz betreibt ein großer Anbieter Biogasanlagen, welche aus Grünabfällen Biogas gewinnt. Dieser Anbieter betreibt zudem 22 von 83 Gastankstellen in der Schweiz. In der Schweiz wird häufig von Kompogas gesprochen, wenn Biogas gemeint ist.
Siehe auch
Literatur
- Biogas: Strom aus Gülle und Biomasse. Planung, Technik, Förderung, Rendite. Top agrar, Das Magazin für moderne Landwirtschaft. Landwirtschaftsverlag, o.O. 2000, ISBN 3-7843-3075-4
- Heinz Schulz, Barbara Eder: Biogas-Praxis. Grundlagen, Planung, Anlagenbau, Beispiele. Ökobuch, o.O. 2005, ISBN 3-922964-59-1
- Das Buch vermittelt die Grundlagen der Biogasentstehung bzw. -erzeugung und behandelt die Anlagentechnik (Behälter, Rührwerke, Gasspeicher) und die zugehörigen Betriebseinrichtungen. Ein eigenes Kapitel ist der Cofermentation organischer Reststoffe (z.B. aus der Lebensmittelverarbeitung) gewidmet, welche die Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen verbessern kann. Mit einer Übersicht über Beratungsstellen und einem ausführlichen Lieferantenverzeichnis.
- Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUGV): Biogas Handbuch Bayern. München, 15. November 2004. [1]
- Die kostenlose Broschüre (50 Seiten) enthält Grundlagen und Techniken zur Biogasgewinnung sowie Informationen zu Genehmigungsverfahren. Der 500-seitige Materialband kann unter der Web-Adresse [2] heruntergeladen werden.
- Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.: Frank Hofmann, André Plättner, Sönke Lulies, Dr.Frank Scholwin, Dr.Stefan Klinski, Klaus Diesel: Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz; Leipzig 2006; ISBN 3-00-018346-9 [3]
Weblinks
- www.fnr-server.de - Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR), viel kostenloses Material/Literatur zu Biogas
- Forschung und Entwicklung
- www.bine.info - Portal zur Energieforschung: Thema Biomasse
- www.uni-hohenheim.de - Forschungsprojekte zu Biogas an der Universität Hohenheim
- www.iset.de - FuE Energetische Biomassenutzung des ISET e.V. Kassel
- Bioenergiedorf Jühnde - Aktionsforschungsprojekt "Das Bioenergiedorf": Ein ganzes Dorf deckt mit Biogas seinen Bedarf an Strom und Wärme.
- www.bfcnet.info - Forschungsprojekte Biogas und seine Verwendung in Brennstoffzellen
- www.seilnacht.tuttlingen.com - ein Chemie-Referat zum Thema