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Tötungsdelikt Margarete Meußdoerffer

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Der Fall Meußdoerffer war ein Kriminalfall vom 4. November 1929 in Kulmbach, bei dem die 62 Jahre alte Margarete Meußdoerffer, Ehefrau eines angesehenen Fabrikanten, ums Leben kam. Wegen der Tat wurden zwei stadtbekannte Kriminelle verurteilt. Gegen den 67 Jahre alten Ehemann, Kommerzienrat Heinrich Meußdoerffer, bestanden Verdachtsmomente, die nicht ausgeräumt werden konnten. Er wurde zwei Tage nach der Tat in Untersuchungshaft genommen. [1] Die Ermittlungen gegen ihn wurden jedoch eingestellt. Es bestand der Verdacht, daß er auf das Verfahren Einfluss genommen hatte.[2]

Tathergang

Am späten Abend des 4. November 1929, gegen 22:50 Uhr, wollte der heimkehrende Meußdoerffer seine Ehefrau gefesselt und geknebelt und mit Würgemalen auf ihrem Bett im Schlafzimmer vorgefunden haben. Seinen Angaben zufolge löste er ihre Fesseln, entfernte jedoch nicht den Knebel. Danach habe er die Villa nach Einbrechern durchsucht. Bei seiner Rückkehr sei seine Frau tot gewesen. Er habe dann eine größere Menge Bier getrunken und erst mitten in der Nacht die beiden Hausangestellten Frieda Tauer und Margarete Ellner geweckt. Ein Arzt, ein Dr. Seidel, wurde erst am nächsten Morgen gegen 7:30 Uhr verständigt. Er konnte nur noch den Tod der Margarete Meußdoerffer feststellen, und verständigte die Kriminalpolizei. Die Bayerische Rundschau berichtete erst am 8. November von der Tat, die großes öffentliches Aufsehen erregte. Kommentatoren der Zeitung warfen der Presse Sensationsgier vor und wiegelten ab. Am 12. November äußerte sich Heinrich Meußdoerffer Verteidiger, Dr. Greifenstein, ausführlich. Er beschrieb ein harmonisches Ehe- und Geschäftsleben.

Ermittlungen

Ein Oberkommissar Hans Schiffner untersuchte den Tatort oberflächlich und meldete den Fall der Staatsanwaltschaft Bayreuth. Der leitende Oberstaatsanwalt (LOStA) von Rebey übernahm die Leitung der Ermittlungen. Er veranlasste eine gerichtsmedizinische Untersuchung der Leiche. Dabei kamen zwei Gutachten zu dem Schluss, daß das Opfer erstickt sei; Geheimrat Borst und Professor Kirch, Direktor des Pathologischen Instituts Erlangen, stellten jedoch einen Herzstillstand bei einer schon vorhanden gewesenen Herzschwäche als Todesursache fest. Am 5. November erwirkte von Rebey einen Untersuchungshaftbefehl gegen den Ehemann, der daraufhin vier Monate in Untersuchungshaft genommen wurde. Mehrere Haftbeschwerden blieben erfolglos.

Nach Ermittlungen von Oberkommissar Schiffner wurden jedoch Hans Popp und Fritz Schuberth, zwei wegen Einbruchdiebstahls vorbestrafte Personen, der Tat verdächtigt. Am 8. Januar 1930 wurden gegen sie Ermittlungen „wegen räuberischen Überfalls mit Todesfolge“ aufgenommen. Beide legten nach massiven Vernehmungen ein Geständnis ab. Die linksorientierte Bayreuther Zeitung Fränkische Volksbühne vermutete jedoch „Schiebung“. Sie zitierte am 3. Februar 1930 das Gerücht, Popp und Schuberth hätten von Meußdoerffer 6000 Mark dafür erhalten, daß sie sich der Tat bezichtigten. Beide widerriefen jedoch ihre Geständnisse. Anschließend kam es in ihrem Wohnhaus aus ungeklärten Gründen zu einer schweren Explosion, bei der die Mutter eines der Beschuldigten getötet wurde.

Prozess

Der 41 Verhandlungstage dauernde Prozess, der sich zum Missfallen von LOStA von Rebey von Anfang an auf die vermeintlichen Einbrecher Schuberth und Popp konzentrierte,[2] war durch einen heftigen Gutachterstreit geprägt. Das Gericht folgte schließlich dem dritten Gutachten, nach dem die bei einem durch Schuberth und Popp begangenen Einbruch erlittene Aufregung zum Tod des Opfers geführt hatte. Schuberth und Popp wurden wegen schweren Raubes mit Todesfolge zu einer Zuchthausstrafe von viereinhalb bzw. sechs Jahren verurteilt. Heinrich Meußdoerffer wurde „ausser Verfolgung“ gesetzt, was nicht als Freispruch angesehen wurde.

Rezeption

Auf Grund der zahlreichen ungeklärten Umstände um Tathergang, Ermittlungen und Prozess wird die Tat bis heute als ungeklärt angesehen. Die Tätigkeit der Ermittlungsbehörden wurde kontrovers dargestellt, es wurden Belastungseifer der Justiz gegenüber Meußdoerffer sowie private Einflussnahme auf die Ermittlungen diskutiert. Nach dem Prozess soll ein Buch mit einem Titel ähnlich wie „Die Wahrheit über den Fall Meußdoerffer“ erschienen sein, das auf Betreiben der Familie Meußdoerffer jedoch aus dem Verkehr gezogen wurde. Der pensionierte Kriminalbeamte Gotthold Lehnerdt veröffentlichte 1933 ein Buch, in dem er die Staatsanwaltschaft beschuldigte, einseitig zu Lasten Meußdoerffers ermittelt zu haben. Die Regionalpresse bezeichnete den Fall als Jahrhundertprozess. Die Villa ist noch heute in Kulmbach als „Mord-Villa“ bekannt.[3]

Literatur

  • Gotthold Lehnerdt: Der Fall Meußdoerffer, Berlin 1933.

Einzelnachweise

  1. Mord in der Villa. 31. Dezember 2009, abgerufen am 17. März 2017.
  2. a b Wolfgang Schoberth: Kulmbacher Mordfall Meußdoerffer ist ungelöst. Abgerufen am 17. März 2017.
  3. Rätsel um den Mord in der Villa. Abgerufen am 17. März 2017.