Transaktionskostentheorie
Die Transaktionskostentheorie (oder Transaktionskostenansatz, TKA) ist eine Organisationstheorie, die zu der neuen Institutionenökonomik gezählt wird und den Vertrag als Organisationsform im Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses hat. Die Transaktionskostentheorie möchte erklären, warum bestimmte Transaktionen in bestimmten institutionellen Arrangements, also Organisationsformen des Tausches, mehr oder weniger effizient abgewickelt und organisiert werden. (vgl. Ebers, Gotsch: Institutioneneökkonomische Theorien der Organisation, in: Kieser, A., S.225) Sie geht davon aus, dass jegliches Handeln in einer Marktwirtschaft mit Kosten verbunden ist. Diese Theorie steht im Widerspruch mit der Vorstellung eines vollkommenen Marktes.
Der TKA hebt die Vernachlässigung von Institutionen im Verständnis der neoklassischen Theorie auf.
Grundbegriffe
Transaktionen sind die Grundeinheiten der Analyse der Transaktionskostentheorie und meint alle Übertragungen von Verfügungsrechten an Gütern und Dienstleistungen in Austauschbeziehungen zwischen mindestens zwei Vertragspartnern.
Als eine ökonomische Theorie sieht er die Effizienz der Transaktionen als einen wichtigen Treiber, also den möglichst sparsamen Einsatz von knappen Ressourcen. Knappe Ressourcen werden nach Williams nicht nur bei Erstellung des auszutauschenden Gutes/Dienstleistung verbraucht, wobei Produktionskosten anfallen, sondern auch für die Abwicklung und Organisation des Austauschs, hierbei fallen Transaktionskosten an.
Williamson (Williamson, 1975) differenziert noch weiter zwischen ex-ante Transaktionskosten, wie etwa Informations-, Verhandlungs- und Vertragskosten, also Kosten, die vor Zustandekommen des Vertrags anfallen und ex-post Transaktionskosten, wie Kosten der Kontrolle, Durchsetzung und nachträglicher Vertragsanpassungen, die nach Vertragsabschluss und Leistungsaustausch anfallen können.
Transaktionen sind dann effizient, wenn die Akteure eine Organisationsform wählen, die in Summe die geringsten Produktions- und Transaktionskosten aufweist.
Verhaltensannahmen
Die Transaktionstheorie unterstellt den Vertragspartnern
- Begrenzte Rationalität (engl. bounded rationality, Simon, 1959): aufgrund von begrenzter Wahrnehmung und Information wird dem Menschenbild ein nicht vollständig rationales Handeln zugrundegelegt
- Opportunismus: die Partner verhalten sich ihren Interessen folgend und werden versuchen durch List und Tücke ihren Nutzen zu maximieren
- Risikoneutralität: dies wird im Rahmen der Transaktionskostentheorie zur Vereinfachung angenommen
Transaktionscharakteristika
In der Transaktionskostentheorie beeinflussen drei Faktoren die Kosten:
- Unsicherheit: Williamson unterscheidet hier parametrische Unsicherheit, welche das Eintreten unvorhersehbarer Umwelteinflüsse in der Zukunft beinhaltet und die Verhaltensunsicherheit, welche auf dem möglichen oppertunistischen Verhalten der Vertragspartner basiert
- Transaktionsspezifische Investitionen: dies beschreibt die im Rahmen einer Transaktion notwendigen Investition in eine unternehmensspezifische Qualifikation oder produktionsspezifische Anlage
- Häufigkeit: mit zunehmender Anzahl identischer Transaktionen sinken Produktions- wie auch Transaktionskosten, es kann zu Skalen- und Synergieeffekten kommen
Merkmale institutioneller Arrangements
Williamson unterscheidet drei Arten von Vertragsbeziehungen, die institutionelle Organisationsformen begründen:
- klassische Verträge - Abwicklung von Transaktionen über den Markt: als Beispiel hierfür kann ein ganz normaler Kaufvertrag über ein Kleidungsstück herangezogen werden. Die Vertragsbedingungen sind vorab fix festgelegt, die Transaktion ist von kurzer Dauer und keiner der Partner rechnet mit nachträglichen Anpassungen des Vertrags.
- neoklassische Verträge - Abwicklung über langfristige Verträge: hier handelt es sich um Transaktionen, bei denen die Vertragspartner nicht vorweg sämtliche Bedingungen in Verträgen festlegen können und deshalb mit Anpassungsbedarf rechnen. Dies erfolgt durch Sicherungs-, Anpassungs- und Garantieklauseln. Als Beispiel können Joint-Ventures oder Franchising genannt werden. Williamson nennt dieses institutionelle Arrangement die hybride Form.
- relationale Vertragsbeziehungen - Abwicklung in Organisationen: diese Vertragsbeziehung beschreibt eine komplexe soziale Beziehung, die gemeinsame Entscheidungen der Transaktionspartner und abgestimmte Anpassungen und Entwicklung erfordern. Williamson nennt hier als Beispiel die Abwicklung von Transaktionen in Organisationen selbst, also Leistungserstellung im Unternehmen.
Hauptaussagen
Ein Güter- bzw. Leistungsaustausch, der geringe Unsicherheit aufweist und mit keinen transaktionsspezifischen Investitionen verbunden ist, wird über das institutionelle Arrangement Markt abgewickelt werden, denn durch die Vielzahl der vorhandenen Konkurrenten und seiner starken Anreizintensität wird opportunistisches Handeln des Vertragspartners eingeschränkt. Auch eine nachträgliche Vertragsanpassung ist mit geringen Kosten verbunden und kann auch nur von einem Vertragspartner autonom durchgesetzt werden, indem er sich zum Beispiel einfach einen neuen Anbieter sucht.
Bei zunehmender Abhängigkeit der Vertragspartner durch hohe transaktionsspezifische Investitionen, zum Beispiel in eine neue Fertigungsanlage, steigt der Anreiz der Vertragspartner zu opportunistischem Handeln, um sich somit seine Quasi-Rentenanzueignen.(hochgradig spezifisch sind Investitionen, wenn die "assets", in die investiert wird, nur für den (einen) Verwendungszweck (optimal) genutzt werden können.) Unter diesen Umständen ist eine hybride Organisationsform die geeignetste, in der sich die Vertragspartner durch Vereinbarung von Informationspflichten oder Sanktionen bei Nicht-Vertragserfüllung vor oppertunistischem Verhalten schützen und mögliche anfallende Nachverhandlungs oder Anpasssungskosten vorwegnehmen.
Eine organisationsinterne Leistungserstellung ist bei sehr großer Unsicherheit und großen transaktionsspezifischen Investitionen das kostengünstigste institutionelle Arrangement. Es können vorweg Transaktionskosten wie Informationsbeschaffung, Verhandlungs- und Vertragskosten eingespart werden und auch spätere Anpassungen sind intern wesentlich leichter abzuwickeln. Durch ein eigenes Steuerungs- und Kontrollsystem in der Organisation kann opportunistisches Verhalten möglicherweise ganz ausgeschaltet werden.
Ziel: Wahl der Organisationsform, bei der die Transaktionskosten der Koordination (Information und Kommunikation) minimal sind und die größt mögliche Effizienz des Austausches und die Absicherung der Investitionen gewährleistet ist.
Der Erfolg der Transaktion hängt im Wesentlichen von der Neigung der Akteure zum Opportunismus ab. Je kleiner die Anzahl der Akteure, desto größer ist die Neigung zum Opportunismus wegen der Machtausübung (small numbers problem).
Die folgende Grafik zeigt anschaulich die Zusammenhänge zwischen den mögliche institutionellen Arrangements und der Faktorspezifiztät. Hier werden interne Leistungserstellung, also die Form der relationalen Vertragsbeziehung als Hierarchie betitelt und die hybride Organisationsform als Netzwerk.

Nach Williamson sind Transaktionen mit hoher Spezifität besser in Hierarchie, mit niedriger – in Markt abzuwickeln (vgl. Abb.). Über die Einordnung der Unternehmensnetzwerke (eigenständige Organisationsform zwischen Markt und Hierarchie oder eine intermedäre Form) brennt ein Dauerstreit. Powell kritisiert sowohl die dichotomische Sicht auf Markt, Hierarchie und Netzwerk, als die Idee des Kontinuums. Sydow begreift Unternehmensnetzwerke als hybride, Intermediäre Organisationsform zwischen Markt und Hierarchie auf der Basis neoklassischer Verträge. Bei NW lassen sich immer Merkmale der beiden Formen finden, ähnliche Instrumente werden im unterschiedliche Ausmaß eingesetzt. Teubner ...(kommt noch, vielleicht soll der Teil zur Institutionenökonomik)
Anwendungsbereiche
- Make- or Buy-entscheidungen: Die Transaktionskostentheorie ist oft empirisch in Zusammenhang mit der Entscheidung zwischen Eigen- oder Fremderstellung untersucht worden, vor allem in der Automobilindustrie, wenn es um den Ankauf oder sogar die Integration ganzer Unternehmungen geht.
- Internationalisierungsstrategien multinationaler Unternehmungen: Hierbei wurde vor allem die institutionelle Gestaltung von internationalen strategischen Allianzen untersuche, wie Joint Ventures etc.
- Gestaltung von Beschäftigungsverhältnissen: Untersuchungen von Arbeitsverträgen, Mitbestimmungsrechten und Kündigungsschutz im Blickwinkel der Transaktionskostentheorie
Soziale Kontrollmechanismen
Vertrauen
- Effizienzsteigerndes Mittel
- Senkung der Kontrollkosten
- Verkürzung der Verhandlungsdauer
- Vertrauen als Risikoverständnis
In den Spielräumen entstehen sowohl Chancen als auch Gefahren der Kooperation, faire Ausfüllung von Spielräumen stellt eine wesentliche Bedingung der Kooperation.
Kultur Gemeinsamkeiten in Präferenzen, Werten, Zielen und Kompetenzen minimieren Koordinationskosten. Dies erleichtert gegenseitige Abstimmung und Lernen. Die Effizienzaspekte dominieren, sie werden jedoch von der homogenen Kultur untergraben: längerfristige Beziehungen rufen oft bei homogenen Kulturen transaktions-spezifische Investitionen hervor, die Abhängigkeiten erhöhen und es erlauben, die schwächeren auszunutzen und sich opportunstisch zu verhalten. Dadurch entstehen Koordinationskosten, die die Effizienzvorteile untegraben.
Reputation Reputation lässt sich als spezifisches Kapital deuten, das es zu verteidigen gilt, je mehr Möglichkeiten zum Opportunismus bestehen. Gute Reputation senkt den Anreiz zum opportunistischen Verhalten und aus diesem Grund verringern sich Informations- und Verhandlunskosten.
Geschichte
Ausgangspunkt der Transaktionskostenökonomik ist die 1937 erschienene Arbeit The Nature of the Firm von Ronald Coase, der 1991 dafür den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. In diesem Aufsatz leitet Coase aus der Existenz von Transaktionskosten eine Begründung dafür her, dass es Unternehmen gibt und nicht alle zur Erstellung von Gütern notwendigen Transaktionen über den Markt abgewickelt werden. Weitere wichtige theoretische Arbeiten stammen aus dem Jahre 1969 von Kenneth Arrow, der sich mit den Transaktionen bzw. Transaktionskosten beschäftigte. Anfang der 1970er wird die Institutionenökonomik als Transaktionskosten-Ansatz interpretiert. Schließlich legte Oliver Williamson 1985 mit The Economic Institutions of Capitalism: Firms, Markets, Relational Contracting eine Abhandlung vor, die eine zusammenfassende und detaillierte Beschreibung der Transaktionskostentheorie bildete.
Der Transaktionskosten-Ansatz wurde auch auf die Politikwissenschaft, genauer der politischen Ökonomie angewandt, wobei die ausgetauschten Güter nicht so klar definierbar sind. Beim Austausch von Wählerstimme gegen Wahlversprechen durch Politiker entstehen etwa Transaktionskosten, in diesem Fall Informationskosten.
Vor- und Nachteile
Die Transaktionskostentheorie hilft zu erklären warum es überhaupt Organisationen gibt und zeigt an worin die Vorteile liegen bestimmte Arten von Transaktionen in bestimmen institutionellen Arrangements abzuwickeln und zu organisieren.
Sie bietet auch eine Analyse der Organisationsformen, die zwischen Unternehmen ausgestaltet sind. In empirischen Untersuchungen haben sich die Thesen der Transaktionskostentheorie überwiegend bewährt (Shelanski/Klein 1995).
Wenig Aussage macht die Theorie über äußere relevante Einflussfaktoren, wie zum Beispiel die Machtverteilung der beiden Transaktionspartner. Ebenso stellt sie keinen Zusammenhang zwischen Transaktionen her und dieser wird somit ganz ausser Acht gelassen.
Die Beschreibung der institutionellen Arrangements stellt sich als sehr einfaches Konzept dar und kann wenig Alternativen abgrenzen.
Die Opportunismusannahme ist fraglich, da Transaktionen und die Transaktionspartner eingebettet sind in soziale Beziehungen und solche Beziehungsdimensionen werden in der Theorie vernachlässigt.
Fazit
Die Transaktionskostentheorie ermöglicht die Erklärung des Zusammenwirkens von Unternehmen, Markt und Kooperationen von Unternehmen.
Sie gibt Entscheidungshinweise bei der Wahl der Organisationsform und Kooperationsform von Unternehmen.
Allerdings sind Transaktionskosten häufig schwer zu operationalisieren.
Literatur
- Ebers, M./ Gotsch, W. (1995); Institutionenökonomische Theorien der Organisation, in: Kieser, A. (Hg.): Organisationstheorien, 3., überarb. Auflage, Stuttgart u. a. , 1995, S.225-247
- Simon, H. 1959 'Theories of decision making in economics and behavioural science' American Economic Review, Vol. 49)
- Stapleton, Tony (2003) Complexity and the External Environment, Open University Business School, ISBN 0749298324 Seiten 120 ff.
- Voigt, Stefan (2002): Institutionenökonomik, München.
- Werner Nienhäuser / Manuel Jans (01/2004): Grundbegriffe und Grundideen der Transaktionskostentheorie
- Williamson, Oliver E. (1975), Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications, New York, The Free Press.