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Bundestagswahl

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Die Bundestagswahl dient der Bestimmung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Sie findet grundsätzlich alle vier Jahre statt; die Legislaturperiode kann sich jedoch im Falle der Auflösung des Bundestages verkürzen oder im Verteidigungsfall verlängern. Das bei der Bundestagswahl zur Anwendung kommende Wahlrecht enthält das Prinzip der personalisierten Verhältniswahl und einige Besonderheiten wie die „Fünf-Prozent-Hürde“ und die Existenz von Überhangmandaten. Der Termin einer Bundestagswahl wird vom Bundespräsidenten in Absprache mit der Bundesregierung und den Bundesländern festgelegt. Näheres wird vom Bundeswahlgesetz bestimmt.

Datei:German federal election diagram de.png
Bundestagswahlergebnisse und anschließend gebildete Regierungen

Allgemeines

Im Grundgesetz ist festgelegt, dass alle Wahlen und damit auch die Bundestagswahl „allgemein, frei, unmittelbar, gleich und geheim“ sein müssen. Allgemeinheit der Wahl bedeutet, dass jeder Staatsbürger unabhängig von Rasse, Religion, politischer Anschauung oder Geschlecht das Recht hat zu wählen und gewählt zu werden. Frei bei einer Wahl ist die Entscheidung, ob man wählen möchte oder nicht. Unmittelbar bedeutet, dass das wahlberechtigte Volk direkt seine Vertreter wählt und nicht wie zum Beispiel bei der Wahl des Bundespräsidenten, der von der Bundesversammlung gewählt wird. Gleich sollen alle Stimmen der Bürger behandelt werden, also ist jede Stimme gleich zu bewerten. Geheim muss eine Wahl sein, damit die Freiheit der Entscheidung gewährleistet wird. Also muss sichergestellt werden, dass niemand die Wahl eines Bürgers gegen dessen Willen beeinflussen kann oder in seine Entscheidung Einsicht nehmen kann.

Das Wahlgesetz in Deutschland legt fest, Wahlberechtigt nach Artikel 38 Abs. 2 des Grundgesetzes, die im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 Deutsche sind, und am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben können wählen (aktives Wahlrecht) und auch gewählt werden kann (passives Wahlrecht). Dabei kann man als Kandidat einer Partei – auch ohne Parteimitglied zu sein – im Wahlkreis oder auf der Landesliste kandidieren oder aber als unabhängiger Kandidat im Wahlkreis antreten.

Vor der Wahl

Kanzlerkandidaten

Etwa seit der Bundestagswahl 1961 hat es sich eingebürgert, dass die beiden Volksparteien, CDU/CSU und SPD vor der Wahl einen Kanzlerkandidaten aufstellen, also einen Politiker benennen, der im Falle des Wahlsieges Bundeskanzler werden soll. Das informelle Amt wird von der oppositionellen Volkspartei vor Beginn des Wahlkampfes festgelegt, für die regierende Partei trat bisher stets der amtierende Bundeskanzler als Kanzlerkandidat an.

Wahlkampf

Der Bundestagswahlkampf wird im Zuge seiner Entwicklung hin zum Medienwahlkampf immer stärker auf die Wähler am Fernseher und im Internet zugeschnitten, da mit ihm mehr Menschen erreicht werden können als mit dem Straßenwahlkampf, der dennoch weiterhin fortgeführt wird. Plakate mit den Spitzenkandidaten und Fernsehwerbung sollen die Bürger von der Wahl einer bestimmten Partei überzeugen.

Ablauf

Wann wird gewählt?

Die Vorschriften in Artikel 39 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes über die Wahl des Bundestages wurden bisher zweimal geändert.

Die ursprüngliche Fassung lautete:

(1) Der Bundestag wird auf vier Jahre gewählt. Seine Wahlperiode endet vier Jahre nach dem ersten Zusammentritt oder mit seiner Auflösung. Die Neuwahl findet im letzten Vierteljahr der Wahlperiode statt, im Falle einer Auflösung spätestens nach sechzig Tagen.
(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl, jedoch nicht vor dem Ende der Wahlperiode des letzten Bundestages zusammen.

Durch das 33. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 29 und 39) vom 23. August 1976 (BGBl. I S. 2381), das erstmals Anwendung auf die Bundestagswahl 1980 fand, wurden die einschlägigen Absätze neu gefasst:

(1) Der Bundestag wird auf vier Jahre gewählt. Seine Wahlperiode endet mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages. Die Neuwahl findet frühestens fünfundvierzig, spätestens siebenundvierzig Monate nach Beginn der Wahlperiode statt. Im Falle einer Auflösung des Bundestages findet die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen statt.
(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen.

Seit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 39) vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1822), das erstmals zur Bundestagswahl 2002 Anwendung fand, lautet die aktuelle Fassung wie folgt:

(1) Der Bundestag wird vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen auf vier Jahre gewählt. Seine Wahlperiode endet mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages. Die Neuwahl findet frühestens sechsundvierzig, spätestens achtundvierzig Monate nach Beginn der Wahlperiode statt. Im Falle einer Auflösung des Bundestages findet die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen statt.
(2) Der Bundestag tritt spätestens am dreißigsten Tage nach der Wahl zusammen.

Wer wird gewählt?

Gewählt werden die Mitglieder des Bundestages, nicht der Bundeskanzler und die Bundesregierung. Jeder Deutsche über 18 Jahren kann sich zur Wahl als Bundestagsabgeordneter stellen. Meist sind dies Mitglieder von Parteien, es können aber auch parteilose Personen gewählt werden. Man hat zwei Möglichkeiten, sich zur Bundestagswahl zu stellen. Die erste ist die Direktkandidatur in einem der derzeit 299 Wahlkreise. Hier stehen also einzelne Personen zur Wahl. Derjenige, der die meisten Stimmen auf sich vereint, zieht automatisch in den Bundestag. Die zweite Möglichkeit geht über die Landeslisten der Parteien. Hier werden die Parteien gewählt und wenn die Partei mindestens 5% der Stimmen erhält, kommen genau so viele Listenmitglieder in den Bundestag wie die prozentuale Verteilung ist. Also z. B. bei 10% 60 Abgeordnete. Es gehen somit die 60 ersten der Liste in den Bundestag. Man kann die beiden Möglichkeiten auch kombinieren, also sich als Direktkandidat stellen und sich auf einer Landesliste einer beliebigen Partei eintragen.

Wie wird gewählt?

Datei:Wahlbenachrichtigung Bundes.jpg
Wahlbenachrichtigung zur Bundestagswahl 2005
Verhältniswahl bei der Wahl zum Bundestag

Steht eine Wahl an, bekommen alle wahlberechtigten Bürger per Post eine Wahlbenachrichtigung. Dort wird der Ort ihres Wahllokals genannt und der Zeitpunkt der Wahl. Hat man sich entschieden zur Wahl zu gehen (die Wahl ist freiwillig), muss man seine Wahlbenachrichtigung und seinen Personalausweis bzw. Reisepass mitnehmen. Die Vorlage der Wahlbenachrichtigung ist erwünscht, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben. Im Wahllokal legt man diese Dokumente vor und die Wahlhelfer haken die betreffende Person auf der Wählerliste ab. Danach erhält man seine Wahldokumente. Bei der Bundestagswahl ist dies ein Stimmzettel. Wenn gleichzeitig noch andere Wahlen stattfinden, können es auch mehr Stimmzettel sein. Auf diesem Stimmzettel darf man für die Erststimme und für die Zweitstimme jeweils maximal ein Kreuz machen. Es besteht keine Verpflichtung, sowohl eine Erst- als auch eine Zweitstimme abzugeben. Im Extremfall kann auch ein nicht gekennzeichneter Stimmzettel abgegeben werden. Ist die Kennzeichnung der Erststimme ungültig, weil beispielsweise zwei Kreuze gemacht wurden, wird die Zweitstimme trotzdem gewertet und umgekehrt. In den Wahlniederschriften wird deshalb auch jeweils die Anzahl der ungültigen Erst- und Zweitstimmen festgehalten, ein Vermerk über ungültige Stimmzettel ist nicht vorgesehen.

Mit der Erststimme wählt man einen Direktkandidaten, also einen Kandidaten, der im eigenen Wahlkreis antritt. Der Kandidat wird dann direkt in den Bundestag ziehen, wenn er die meisten Stimmen erhält. Alle anderen Kandidaten gehen leer aus. Mit der Zweitstimme wählt man eine Partei. Das heißt man entscheidet damit über die Verteilung der Parteien im Bundestag. Je mehr Zweitstimmen eine Partei erhält, desto mehr Kandidaten der parteieigenen Landeslisten können als Abgeordnete in den Bundestag ziehen. Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei mehr Direktkandidatensitze erringt, als ihr nach der Abgabe der Zweitstimmen eigentlich zustehen. Die direkt gewählten Kandidaten ziehen alle in den Bundestag ein. Die Zahl der Abgeordnetensitze im Bundestag erhöht sich dann um die so genannten Überhangmandate.

In Deutschland findet die Wahl in der Regel Sonntags zwischen 8:00 und 18:00 Uhr (Öffnung und Schließung des Wahllokals) statt. Ausnahmen können vor allem bei der Europawahl stattfinden, da andere Länder traditionsgemäß auch andere Wahlzeiten vorsehen. Da die Durchführung der Wahl eine kommunale Aufgabe nach Weisung ist (die Kommune handelt nach Weisung und im Auftrag ohne Ermessenspielraum), werden Wahllokale meist in öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Sporthallen, Rathäusern eingerichtet.

Sonderfälle

Briefwahlunterlagen zur Bundestagswahl 2005

In manchen Wahlgebieten werden Sonderwahlbezirke, etwa für Justizvollzugsanstalten oder größere Senioren- und Pflegeheime, gebildet. Diese Sonderwahlbezirke müssen wie alle Wahlbezirke vom Bundeswahlleiter festgelegt werden. Allgemein werden Sonderwahlbezirke in Fällen angelegt, in denen es den Wahlberechtigten aus rechtlichen oder physischen Gründen nicht möglich ist, ein ordentliches Wahllokal aufzusuchen.

Die Briefwahl stellt ebenfalls einen Sonderfall dar, da sie eine Ausnahme von der Wahlzeit macht. Die Briefwahlunterlagen (Stimmzettel und Umschlag) werden zusammen mit dem Wahlschein bei der Kommune beantragt. Diese versendet die Wahlunterlagen bzw. übergibt sie bei persönlicher Beantragung direkt an den Bürger. In vielen Kommunen ist eine elektronische Beantragung der Briefwahlunterlagen bereits möglich. Durch zeitliche Verzögerungen bei der Zustellung von Briefwahlunterlagen ist ein Versand ins Ausland jedoch meist problematisch, da Wahlunterlagen, die nach 18:00 Uhr des Wahltages eingehen, für ungültig erklärt werden müssen.

Ist es einem Bürger nicht möglich, in dem auf der Wahlbenachrichtigungskarte vorgesehenen Wahlbezirk zu wählen, kann er sich bei seiner Kommunalverwaltung einen Wahlschein ausstellen lassen, mit welchem er die Möglichkeit hat, in einem anderen Wahllokal des Wahlkreises zu wählen. Hält er sich außerhalb des Wahlkreises auf, muss er Briefwahl beantragen.

Nach der Wahl

Die Auswertung der Wahl

Sind die Wahllokale geschlossen, wird damit begonnen, die Stimmen auszuzählen. Dies wird in jedem Wahllokal (einschließlich der Sonderwahlbezirke und der Briefwahlbezirke) gemacht und das Ergebnis dem Kreiswahlleiter gemeldet. Der Kreiswahlleiter stellt das Wahlkreisergebnis fest (wichtig für die Ermittlung der Direktmandate) und meldet dieses an den Landeswahlleiter. Dort wird das Landesergebnis festgestellt und an den Bundeswahlleiter gemeldet. Dieser vereint die einzelnen Ergebnisse und gibt dann anschließend bekannt, wer in den 299 Wahlkreisen das Direktmandat gewonnen hat, und gibt eine Verteilung der Parteien an. Hierbei kam das Sitzverteilungsverfahren nach d'Hondt bis einschließlich 1983 zum Einsatz, wurde jedoch durch das Verfahren nach Hare-Niemeyer ersetzt. Das Höchstzahlverfahren nach d'Hondt wird jedoch regional weiterhin teilweise bei Kommunalwahlen und Landeswahlen eingesetzt.

Koalitionsverhandlungen

Kann eine Partei nicht alleine die absolute Mehrheit im Bundestag auf sich vereinigen, muss sie eine Koalition bilden oder eine Minderheitsregierung wagen. In den der Bildung einer der beiden Möglichkeiten vorausgehenden Verhandlungen wird neben den sachlichen Zielen der Regierungszusammenarbeit auch die personelle Zusammensetzung der Bundesregierung festgelegt. Meist kommt der Stellvertreter des Bundeskanzlers im Koalitionsfall aus der kleineren Koalitionspartei; häufig ist er Außenminister (seit 1966 durchgehend mit zwei kurzen Ausnahmen 1982 und 1992/93). Auch in der Regierung Merkel (seit 22. November 2005) ist nicht der Außenminister Vizekanzler, sondern der Minister für Arbeit und Soziales Franz Müntefering, SPD.

Wahl des Bundeskanzlers

In der Regel einige Tage nach dem Zusammentritt des neuen Bundestages wird der Bundeskanzler in geheimer Wahl gewählt.

Kosten

Der Bund hat den Ländern und Gemeinden rund 62 Millionen Euro erstattet – vor allem für Porto und Erfrischungsgeld (in Höhe von je 16 Euro für die ca. 630 000 ehrenamtlichen Helfer). Insgesamt ist die Wahl noch teurer, da die Gemeinden Wahllokale anmieten, herrichten und reinigen müssen.

Siehe auch

Literatur

Wiktionary: Bundestagswahl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen