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Lust

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Lust ist eine besonders intensive, angenehme Weise des Empfindens, die sich grundsätzlich nach zwei Aspekten unterscheidet. Ausgesprochen geistiger Art sind die lustvollen Gefühle, welche sich z.B. während der aktiv erarbeiteten Logik einer Aussage einstellen, passiv hingegen in der genussvollen Betrachtung eines schönen Leibes (s. Ästhetik). In diesem finden sich dann die ausgesprochen körperlichen Weisen des angenehmen, den Drang nach baldiger Wiederholung auslösenden Fühlens (vergl. Emotion, Empfindung), z. B. bei den Gaumenfreuden, im Sex, beim Orgasmus, im Wohlgefühl der Entspannung und Massage nach schwerer Arbeit, bei der guten Laune und allen Motivationen, die in existentielle Bedürfnissen verankert sind ("Lust auf ...").

Die Anziehungsqualität der Lust zeigt sich darin, dass sie – für sich allein gesehen – bei direkter Erfahrung von jedermann gewollt wird. Lust wird von gesunden Wesen nur abgelehnt, wenn ihnen Gründe bewußt werden, die zu schweren Nachteilen führten, würde nicht auf die momentane Befriedigung verzichtet. Beispielsweise wird eine hungrige Gazelle, die im einzigen saftgrünen Grassflecken weit und breit das verdächtig hungrig funkelnde Augenpaar eines Leoparden entdeckt, lieber ihren Appetit auf die eigenen Gaumenfreuden für eine Weile bezähmen und sich nach woandershin schleucnigst begeben...

Eine vom Gesunden gänzlich verschiedene Form von Lust, findet sich bei den sog. "Ersatzbedürfnissen" - z.B. den fälschlich so genannten "Lustmorden", die zwar im Zusammenhang stecken mit der Attracktion erotischer Begierden, zum Mord kommt es jedoch nicht etwa aus Lust sondern imfolge ihrer Perversion, wahrscheinlich Panik, in die der Mörder innerlich gerät, weil sein angeborenermaßen gesund zur Welt geborenes Lustempfinden während frühester Kindheit psychisch schwer traumatisiert worden ist. Auch hier kann freilich die Bewußtwerdung nachteiliger Konsequenzen solcher Taten zur Bezähmung und einstweiler Verschiebung führen. Nämliches bei anderen Ersatzbedürfnissen, deren Folgen außerhalb der unmittelbaren attraktiven Erfahrung liegen (z. B., wenn nach den durch Heroinkonsum verursachten, regressiv an die umfassend wohlige Totalgeborgenheit innerhalb des Mutterleibes anküpfenden Lustgefühlen erkannt wird, dass Heroin die Gesundheit schädigt. "Abhängigkeit" ist dabei kein Kriterium, Süchte bzw. Ersatzbedürfnisse von Grundbedürfnisen zu unterscheiden, sonst müßten auch die Gesunden "Süchtige" und "leiden" genannt werden, da sie nicht lassen wollen oder können, sich mit vollem Genuß z.B. zu ernähren. Man benötigt also ein wissenschaftlich fundiertes Gesundheitsmodell der angeborenen, d..h. von Natur aus gegebenen, wahrhaft lebens- und lustfördernden "Grundbedürfnisse" als Urteilskriterium, denn das Dasein krankhafter, lebensfeindlich- und in Wirklichkeit leidensvoller "Ersatzbedürfnisse", setzt die gewaltsame Verdrängung ersterer in das "Unbewußte" voraus/ - vgl. "Instinktreduktion" )


Philosophisch gesehen ist Lust bei den meisten Denkern "in-sich-selbst-wertvoll". Daher spielt sie eine bedeutende Rolle in der Motivation, aber auch für Bewertungen und Werterfahrungen. Bereits in der antiken Philosophie wurde der Lust (und der Vermeidung von Unlust) ein hoher Stellenwert eingeräumt. Das Angenehmsein der Lust zeigt sich unmittelbar, anschaulich und evident auch ohne notwendiges gedankliches Verständnis. Körperliche Lustgefühle sind im weiteren Sinne eine Erlebnisweise "sui generis", d. h. grundverschieden von denen der ästheitischen Sinneswahrnehmung und denen der sich unmittelbar im Geiste entwickelnden Gedanken, Vorstellungen und logischen Empfindungen. Das Gefühl der körperlich erlebten Lust kann sich aber mit dem Genuß, den die nachkte Logik an sich bereitet, und allen anderen denkbaren Arten der Wahrnehmung verbinden ("Gefühlseinfärbung"). Lust gehört nicht notwendig nur zu einer bestimmten Klasse von Erfahrungen, daher wird sie in der neueren Gefühlspsychologie als "kontingent" (hypothetisch verursacht durch innere und äußere Bedingungen, aber nicht logisch notwendig) verstanden. (Peter Schmidt , 2001, 2005). Ohne Variabilität der Lust, das heißt, bei gleichleibender Intensität, wäre der Mensch nicht handlungsfähig, da die Erlebnisqualität der Lust eine zu starke Bindung erzeugte.

Im Verhältnis zum angenehmen Gefühl im Allgemeinen ist Lust ein eher engerer Begriff, aber mit den gleichen, bzw. ähnlichen Merkmalen des angenehmen Gefühls im weiteren Sinne. Während positive Gefühle als Angenehmsein sich z. B. auch in anstrengender Arbeit, bei schwerer körperlicher Betätigung und sozialem Engagement zeigen können, wird der Begriff der Lust im Alltagssprachgebrauch eher dem Bereich des Sexuellen, dem Geschmack und dem körperlichen Genüssen und Wohlgefühlen zugeordnet.

Dem Gegenteil von Lust - der Unlust - entsprechen dieselben Charakteristika, aber eben mit der umgekehrten Erlebnisqualität, dass Unlust für sich selbst gesehen als negativ erfahren und daher gemieden wird. Darüber hinaus hat Unlust wie auch andere negative Gefühle, bzw. Emotionen (z. B. Schmerz, Trauer, Angst) eine wichtige Funktion innerhalb der Motivation oder wenn sie auf körperliche, seelische oder anderweitige Probleme hinweist.


Einschlägige Redensarten

nach Lust und Laune, mit Lust und Liebe, (keine) Lust haben, Lust empfinden, Lust erregen, seine Lust büßen

Wortumfeld

Oft in ihrer Bedeutung variierende Wortableitungen bestehen, so:

  1. lustig ~ hochvergnügt, heiter, auch albern
  2. lüstern - begehrlich, [in älterem Wortsinn] geil

In den Wissenschaften

In der Psychologie ist Lust die Bezeichnung für eine angenehme Empfindung. In der Psychoanalyse wird alle Lust auf eine einzige Urkraft zurückgeführt,die Libido, die eine universale, biologische (Trieb-/Energie darstellt, deren Verwirklichung grundsätzlich Lust verschafft( Lustprinzip ) und der das instinktive, angeborene Streben nach Bedürfnisbefriedigung immanent ist. Die Bedürfnisse versuchte Freud, da als Medinziner von der Biologie kommend, allein in der Natur zu verankern und ihrer jeweiligen Funktion sowie Bestimmung nach zu unterscheiden. So die lustvoll geistige Neugierbefriedigung im Dienste der Umwelterkenntnis: Suche nach Lebensbedrohlichem zwecks Meidung und nach den Quellen der Befriedung aller körperlichen Grundbedürfnisse, wie u.a. den Drang nach Energie/ Ernährung.

Eine große Rolle spielt in Sigmund Freuds Lehre die "Sexualität", die er gemäß Darwin im Dienste der weiblichen Vermehrung ('Materie-Synthese') und der durch männlichen Wettkampf umgesetzten Verwirklichung des Natürlichen Zuchtwahlgesetztes stellt, bei dem "positive" und "negative Mutanten" geschieden und nur erstere für die Vermehrung zugelassen werden ('Materie-Analyse'). Metapsychologisch ist entsprechend Freuds Theorie, die monistische Urtriebkraft der Libido beginne in dem Augenblick ihrer lustvollen Konkretesierung, sich nach 2 zwar verschiedenen, aber sym-biotisch ergänzenden Aspekten zu unterscheiden, die er nach zwei griechischen Gottheiten ernannte: "Eros"/Anziehung von Gegensätzen: Synthese; Leben; Schöpfung; Innen) und "Tanatos"/ Abstoßung von Gleichen: Analyse; Tod; Vernichtung; Außen). (Vgl. C.G. Jungs angeborener Archetyp aus "Anima & Animus".) Im Universalharmonisch "fließenden" Ringen beider komplementärer Aspekte, sah Freund, wie Heraklit vor ihm, nichts Destruktives, umgekehrt! die konstruktive, daseinskämpferische Ursache jedes Symbols, den 'Vater' aller Dinge und derer immanenten Gegensätze, so auch der Dualismen 'Weiblich-Männlich', Mutation-Auslese usw. Ungeklärt bis zum Ende seines Lebens, blieb die Herkunft des in der Tat destruktiven, sadomasochistischen "Narzißmus"-Syndroms, an dem der Mensch leidet, den Freud versuchsweise als biologischen "Trieb", nämlich so genannt "TodesTRIEB" definierte, für den er aber in der gesamten belebten Natur keine Entsprechung finden konnte. Dieser Destruktionstrieb gehört somit hypothetisch weder a) zu der biologisch/'körperlichen' Psychologie noch b) zur erkenntnistheoretisch/ 'geistigen' Metapsychologie, sondern in die pathologische Abteilung von Freuds Lehre. Dieses Abteil befaßt sich also nicht mit psychisch intakten Lebewesen und ihren Erkenntnisfunktionen, sondern mit uns am Narzimus und vielerlei Ersatzbedürfnissen leidenen Gesellschaftsmenschen - allgmein: Instinktreduktion.

Zitat

  • Weh ruft: Vergeh! Doch alle Lust will Ewigkeit, | will tiefe tiefe Ewigkeit. Friedrich Nietzsche, Das trunkene Lied)

Literatur

  • Kanitscheider, B., Dessau, Bettina: Von Lust und Freude. Gedanken zu einer hedonistischen Lebensorientierung, Inselverlag
  • Schmidt, Peter: Die Kraft der positiven Gefühle. dtv, München 2001.
  • Schmidt, Peter: Scanning. Beluga New Media, Herten 2005.

Siehe auch

Emotion, Gefühl, Libido, Hedonismus, Glück, Wollust, Unlust, Flow, Freude, Jouissance, Wert

Wiktionary: Lust – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Lust – Zitate