Ibn Chafadscha
'Ibn Khafajah war während der Regierungszeit der Almoraviden einer der berühmtesten Dichter im Andalusien des 11. und 12. Jahrhunderts.
Leben
'Ibn Khafajah (arabisch إبن خفاجة – 'Ibn Ḫafāja), mit voll ausgeschriebenem Namen Abu Ishaq Ibrahim Ibn Abu Al-Fath Ibn Khafaja Al-Andalusi – Abū Ishāq Ibrāhīm ibn Abī l-Fatḥ ibn Ḫafāja al-Andalusī – wurde in Alzira (arabisch جزيرة شقر) bei Valencia im Jahr 1058 geboren, wo er den größten Teil seines Lebens verbrachte und dort auch am 25. Juni 1139 verstarb.[1]
Ibn Khafaja wuchs in Alzira in einer gut situierten Familie auf, deren Vorfahren auf Araber und Berber zurückgingen. Seine Schwester war die Mutter seines Neffen Ibn az-Zaqqaq, der sein literarisches Werk fortsetzen sollte.
Ibn Khafaja war unverheiratet, hatte aber viele Freunde und wurde über achtzig Jahre alt.
In seiner Lehrzeit hatte er als Lehrmeister in Alzira den Juristen, Schriftsteller und Poeten Abu-Imran ibn Abi-Talid, den Grammatiker und Lexikographen Abu-Ishaq ibn Sawad und den Juristen Abu-Bakr ibn Aswad. In Murcia besuchte er regelmäßig den Religionswissenschaftler Abu-Ali as-Sadafi.[2] Offensichtlich wurde er auch stark von ostarabischen Dichtern wie Abd-al-Muhsin as-Suri und Abu-l-Hassan Mihyar ad-Daylami beeinflusst.[3]
Zu herausragenden Persönlichkeiten der Dynastie der Almoraviden hatte Ibn Khafaja gute Beziehungen. So stand er in Briefkontakt mit dem Gouverneur von Murcia Abu-Bakr ibn Ibrahim ibn Tifilwit und seiner Tochter Maryam, dem Gouverneur von Granada, Sevilla und Murcia Abu-t-Tàhir Tamim ibn Yusuf ibn Taschfin und dem Gouverneur von Ceuta, Valencia, Murcia und Sevilla Abu-Ishaq Ibrahim ibn Yusuf ibn Taschfin. Den Söhnen des Emirs der Almoraviden Ali ibn Yusuf widmete er verschiedene Gedichte. Seine Korrespondenz umfasste aber auch noch andere Persönlichkeiten aus Politik und Kultur im Andalusien seiner Zeit.
Auch wenn er sich die meiste Zeit in Alzira aufhielt, unternahm er neben seines erzwungenen Aufenthalts im Maghreb noch mehrere kleinere Reisen. Unter anderem hielt er sich in Murcia, Valencia und Xativa auf. Er begab sich auch an den Hof von al-Mutassim ibn Sumadih in Almeria und besuchte den Hof des Emirs der Ziriden Tarim ibn al-Muizz in Mahdia.
Werk
Da Ibn Khafaja aufgrund seiner Ländereien in Alzira ökonomisch unabhängig war, konnte er sich in vollkommener Freiheit der Poesie widmen und ihr erfreuen.
Ibn Khafaja entwickelte die Naturpoesie zu ausgefeilter Raffinesse. Unter seinen Gedichten finden sich auch recht seltene Lobeshymnen, beispielsweise auf Yusuf ibn Taschfin, den er für die Rettung von Al-Andulas von chaotischen Zuständen dankte – Yusuf ibn Taschfin hatte nämlich nach der Rückeroberung von Valencia im Jahre 1109 die gesamte Region von den Spaniern wieder zurückgewonnen.[4] Während der Besetzung der Umgebung von Valencia durch die Spanier (zirka 1100) war Ibn Khafaja nach Nordafrika geflohen.
Laut der Schriftstellerin Salma Khadra Jayyusi bedient sich Khafaja einer nahezu revolutionären Sprache. Seine überaus originelle Wortwahl beschreibt sie als
„warm und sinnlich, voll menschlicher Sinnlichkeit sprühend, aufwühlend und sich der umgebenden Gewalt in einem kriegsgebeutelten Land voll bewusst, mit tiefer Ehrfurcht gegenüber der Natur und für immer von ihrer Schönheit und ihrer Dauerhaftigkeit gegenüber menschlicher Vergänglichkeit verzaubert.“
Diwan
Der Diwan des Ibn Khafaja – Dīwān Ibn Ḫafāja – ist sein Hauptwerk. Der Diwan enthält 243 Gedichte mit insgesamt 2.913 Versen, 16 Briefe und 4 grammatikalische und literarische Glossen. Die Gedichte lassen sich verschiedenen Themenkreisen zuordnen:
- Liebesgedichte
- Bachantische Gedichte
- Gedichte über Natur und Landschaften
- Panegyrische Gedichte (Lobpreisungen)
- Elegien (Klagen)
- Asketische Gedichte (Bußen)
Vertonung
Der Komponist Mohammed Fairouz hat drei Gedichte Ibn Khafajahs in einem Zyklus vokaler Kammermusik für das Cygnus Ensemble vertont.
Literatur
- Magda M. Al-Nowaihi: The Poetry of Ibn Khafajah A Literary Analysis, (Überarbeitete Doktorarbeit, Harvard, 1987). Brill, Leiden 1993, ISBN 978-90-04-09660-8.
- Burgel, J. C.: Man, Nature and Cosmos as Intertwining Elements in the Poetry of Ibn Khafāja. In: Journal of Arabic literature. vol. 14, 1983, S. 31.
- Hamdane Hadjadji und André Miquel: Ibn Khafaja l’Andalou, L’amant de la nature. El-Ouns, Paris 2002.
- Abd al-Rahman Janair: Ibn Khafaja l-Andalusi. Dar al-Afaq, Beirut 1980.
- Arie Schippers: Ibn Khafaja (1058-1139) in Morocco. Analysis of a laudatory poem addressed to a member of the Almoravid clan. In: Otto Zwartjes e.a. (Hrsg.): Poetry, Politics and Polemics: Cultural Transfer Between the Iberian Peninsula and North Africa. Rodopi, Amsterdam 1996, ISBN 90-420-0105-4, S. 13–34.
- Arthur Wormhoudt (ed.): The Diwan of Abu Ishaq Ibn Ibrahim Ibn Abu Al-Fath Ibn Khafaja. Oskaloosa, Ia.: William Penn College 1987, ISBN 978-0-916358-39-6.
Einzelnachweise
- ↑ Samuel G. Armistead und E. Michael Gerli (Herausgeber): Medieval Iberia, an Encyclopedia. 2003.
- ↑ Gallega Ortega, Teófilo: Ibn Jafāŷa. In: Jorge Lirola Delgado (Hrsg.): Biblioteca de al-Andalus. Vol. 3. Von Ibn al-Dabbāg bis Ibn Kurz. Almeria: Fundación Ibn Tufayl de Estudios Árabes 2004, ISBN 84-934026-1-3, S. 547–564.
- ↑ Schippers, Arie: The theme of old age in the poetry of Ibn Hafāğa. In: Quaderni di Studi Arabi. núm. 9, 1991, ISSN 1121-2306, S. 143–160.
- ↑ Arie Schippers: Ibn Khafaja (1058-1139) in Morocco. Analysis of a laudatory poem addressed to a member of the Almoravid clan. In: Otto Zwartjes e.a. (Hrsg.): Poetry, Politics and Polemics: Cultural Transfer Between the Iberian Peninsula and North Africa. Rodopi, Amsterdam 1996, S. 14.
- ↑ Salma Khadra Jayyusi: Nature poetry and the rise of Ibn Khafaja. In: Salma Khadra Jayyusi (Hrsg.): The legacy of Muslim Spain. E. J. Brill, Leiden 1994, S. 381.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Ibn Khafaja |
ALTERNATIVNAMEN | Abu Ishaq Ibn Ibrahim Ibn Abu Al-Fath Ibn Khafaja |
KURZBESCHREIBUNG | Dichter der Almoraviden |
GEBURTSDATUM | 1058 |
GEBURTSORT | Alzira |
STERBEDATUM | 1138 oder 1139 |