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Folter

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Folter ist laut UN-Anti-Folterkonvention jede Handlung, bei der Träger staatlicher Gewalt oder Private einer Person "vorsätzlich starke körperliche oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden" zufügen, um eine Aussage zu erpressen, um einzuschüchtern oder zu bestrafen.

Menschenrechte

Die Folter ist laut Artikel 5 der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen verboten:

"Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden."

Dasselbe Verbot wird in Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention wiederholt:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Das Folterverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist rechtlich von größerer Bedeutung, da es - anders als die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen - klagbare Rechte begründet, die von jedermann vor dem Gerichtshof der Menschenrechtskonvention geltend gemacht werden können.

Das Folterverbot wird durch verschiedene Bestimmungen des deutschen Straf- und Strafprozeßrechts abgesichert. So verbietet § 357 StGB es Vorgesetzten, ihnen untergebene Beamte zu rechtswidrigen Taten zu verleiten oder auch nur solche zu dulden. Ferner sind Aussagen, die unter der Androhung von Folter erpreßt werden, im Gerichtsverfahren nicht verwertbar (§ 136a StPO).

Folter in Deutschland

In Deutschland wurde Folter erst mit den Inquisitions- und Hexenprozessen im späten Mittelalter für die Geschichtswissenschaft nachweisbar dokumentiert. Zur Verurteilung eines Beschuldigten war ein Geständnis notwendig, das mittels Folter erzwungen werden konnte. Zu den Foltergeräten gehörten z.B. Daumenschrauben und "Spanische Stiefel", die die Daumen und Waden sehr schmerzhaft zusammenpressten. Durch die "Folterleiter" oder das "Aufziehen" wurden die Arme und Beine gezerrt bis zum Ausrenken der Gelenke. Außerdem gehörten dazu u. a. der spanische Bock und der Eiserne Jungfrau.

Alte Burg Penzlin - Folterkammer

Das offizielle Ende der Folteranwendungen im Strafprozess wurde mit der strafrechtlichen Reform der Aufklärungszeit, insbesondere der Abschaffung der bis dahin weithin geltenden Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls des V. (Carolina) und der Zulassung des Indizienbeweises, zuerst im Preußen Friedrichs des Großen 1740, eingeleitet.

Im 20. Jahrhundert während des Nationalsozialismus wurden erneut grausame Vernehmungsmethoden zugelassen und angewandt. In der Bundesrepublik Deutschland ist jegliche Beeinträchtigung der freien Willensentschließung und Willensbetätigung des Beschuldigten durch Misshandlung, Schlafentzug u. a. gesetzlich verboten.


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Folter durch US-Amerikaner

Gefangene der USA werden bis heute im wegen Verletzung der Genfer Konvention international heftig kritisierten exterritorialen Häftlingslager Guantanamo in Käfige gesperrt und dort auch z.B. durch erzwungenen Schlafentzug gefoltert.

Als Ergebnis des Dritten Golfkrieges foltern amerikanische Soldaten mit zeitweiser Erlaubnis des US-Verteidigungsministers Donald Rumsfeld (2. Dezember 2002 bis 16. April 2003) irakische Kriegegefangene, El-Kaida-Mitglieder und Talibankämpfer. Rumsfeld hatte 14 Verhörmethoden abgesegnet, wie leichte körperliche Misshandlungen, "die nicht zu Verletzungen führen", Verharren in schmerzhaften Positionen, bis zu 20-stündige Verhöre, Isolation von Gefangenen bis zu 30 Tagen, Dunkelhaft und stundenlanges Stehen, Bedrohung der Gefangenen mit Hunden und Befragungen nackter Häftlinge.

  • Cofer Black, Ex-Anti-Terror-Chef der CIA und heute im Außenministerium: "Es gibt vor und nach dem 11. September, das ist alles, was ich dazu sagen werde" und "Wir haben die Samthandschuhe ausgezogen."
  • US-Präsident George W. Bush: "Folter ist nicht das Amerika, das ich kenne. Das Amerika, das ich kenne, ist ein mitfühlendes Land, das an die Freiheit glaubt."
  • US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld: "Jeder Amerikaner, der die Fotos sah, muss sich reumütig fühlen gegenüber dem irakischen Volk."
  • Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice bat die Iraker offiziell um Verzeihung: "Es tut uns sehr Leid, was mit diesen Menschen geschehen ist."
  • Der Sprecher der US-Streitkräfte im Irak, General Mark Kimmitt, bat offiziell um Entschuldigung für die "beschämenden Vorfälle".

Aber: Die USA bestanden lange Zeit weiter auf einer Verlängerung der für US-Bürger geltenden Immunität gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof. Wenn die Sonderregelung für US-Amerikaner nicht verlängert werde, drohten die USA mit einem Abzug ihrer Soldaten aus UN-Friedenseinsätzen, hieß es aus Diplomatenkreisen in Washington. Seit dem 23.Juni 2004 haben die US-Diplomaten im UN-Sicherheitsrat ihr Ansinnen zurückgezogen. Kritiker bemängelten, das sei erst geschehen, als eine Mehrheit für diese Regelung aussichtslos erschien, also nur taktisch um einer drohenden, Aufsehen erregenden Abstimmungsniederlage zuvorzukommen.

Kritiker der internationalen Presse sowie Amnesty Internationals fragen, warum auch jetzt nur ausgewählte Dokumente von der US-Regierung veröffentlicht wurden, solche die auszugsweise ohnehin bereits ihren Weg an die Öffentlichkeit fanden? Vorgelegt wurden bis Ende Juni 2004 weder die Direktiven für Irak, noch jene für die CIA.

Aktuelle Diskussion

"Gefahrenabwehr" versus "absolutes Folterverbot"

In neuerer Zeit entwickelte sich eine lebhafte gesellschaftliche Diskussion über die Zulässigkeit von Folter in bestimmten Situationen. Ausgelöst wurde diese in Deutschland vor allem im Zusammenhang mit der Entführung des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler: Dem Verdächtigen Magnus G. waren im Frühjahr 2003 von dem Frankfurter Vizepolizeipräsidenten Wolfgang Daschner massive Schmerzzufügung angedroht worden, sollte er den Aufenthaltsort des Entführten nicht preisgeben. Ein Frankfurter Polizei-Kampfsportlehrer stand bereit, die Folter auszuführen. Magnus G. gab dem Druck der Folterandrohung nach und sagte aus.

Dass die Anwendung von Folter in Deutschland als rechtlich unzulässig gilt, ist schon wegen des eindeutigen Folterverbots der von Deutschland ratifizierten Europäischen Menschenrechtskonvention unumstritten. Ob die Androhung von Folter in bestimmten Extremsituationen rechtlich zulässig sein könnte, wurde von Politikern und Juristen aufgrund eines aktuellen Falles diskutiert:

  • Die Schmerzandrohung der Frankfurter Polizei verletzte nach Auffassung der Gegner die Menschenwürde, die auch für Tatverdächtige Bestand hat, und war somit grundgesetzwidrig. Der Schutz der Menschenwürde ist im GG absolut, d.h. er wird nicht gegen andere Rechte, auch nicht gegen das Recht Dritter auf Leben, abgewogen.
  • Nach Auffassung der Befürworter handelte es sich um einen Fall von Gefahrenabwehr: In anderen Konstellationen sei es möglich, beispielsweise einen Geiselnehmer sogar mit einem so genannten finalen Rettungsschuss zu töten. Die Androhung von Schmerzen sei demgegenüber ein milderes Mittel, und müsse daher erst recht gestattet sein. Im übrigen verstoße die Schmerzandrohung, wie der finale Rettungsschuss, deshalb nicht gegen die Menschenwürde, weil es sich ebenfalls um Gefahrenabwehr handele.

Die Diskussion sei letztlich von geringer praktischer Bedeutung, äußerten mehrfach Juristen, da mit Drohungen, die nicht wahr gemacht werden dürften, der von den Befürwortern einer Folterdrohung angestrebte Rettungserfolg nicht erzielt werden könne. Andererseits liegen die negativen Auswirkungen für eine effektive Strafverfolgung auf der Hand. Im Strafprozess gegen Magnus G. konnten die unter Folterandrohung gemachten Aussagen nicht verwertet werden (§ 136a StPO). Gegen den Polizei-Vizepräsidenten, der die Androhung von Folter angeordnet hatte, und gegen den Polizeibeamten, der die Androhung ausgesprochen hat, wurde im Februar 2004 vor dem Landgericht Frankfurt Anklage erhoben.

Die Problematik eines "unmittelbaren Zwangs" im Rahmen der so genannten Gefahrenabwehr beschäftigt die Rechtswissenschaft seit langem. Sie wurde bis zum "Fall Daschner" insbesondere am Beispiel des (fiktiven) "Terroristenfalls" von Niklas Luhmann diskutiert.

Siehe auch: Amnesty International, Genfer Konvention, Gehirnwäsche, Menschenwürde, Misshandlung, Rechtsordnung, Sadismus, UN-Anti-Folterkonvention, Verfassungswidrigkeit