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Kernwaffe

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Explosion von „Fat Man“ über Nagasaki.
Datei:LittleBoyBomb.jpg
Schematischer Aufbau der ersten Atombombe

Kernwaffen - auch Nuklearwaffen oder (ungenau) Atomwaffen - sind Waffen, deren Wirkung auf kernphysikalischen Prozessen beruht, insbesondere der Kernspaltung und Kernfusion. Konventionelle Waffen beziehen dagegen ihre Explosionsenergie aus chemischen Reaktionen, bei denen die Atomkerne unverändert bleiben. Zusammen mit biologischen und chemischen Waffen gehören Kernwaffen zu den sogenannten ABC-Waffen, auch Massenvernichtungswaffen.

Dies ist ein Übersichtsartikel - weitere spezifische Details finden sich in folgenden Artikeln:

Einführung

Atombombe "Little Boy" auf einem Transportwagen kurz vor dem Abflug nach Hiroshima (13 kt Sprengkraft)

Die Entwicklung der Kernwaffen stellt einen Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit dar. Bereits die ersten Kernwaffen mit nur 1%-iger Effizienz erreichten Explosionsenergien, die mehr als zehntausend Tonnen konventionellen Sprengstoffs entsprachen. Damit setzten sie genug Energie frei, um im August 1945 die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki fast vollständig zu zerstören und Hunderttausende von Menschen zu töten. Während des Kalten Krieges entwickelten vor allem die USA und die Sowjetunion Kernwaffen mit teilweise mehr als 10.000 Kilotonnen (= 10 Megatonnen) TNT-Äquivalent. Die stärkste jemals explodierte Bombe war die sowjetische Zar-Bombe. Sie wurde am 30. Oktober 1961 bei einem atmosphärischen Kernwaffentest gezündet und setzte eine Energie von etwa 57.000 Kilotonnen (= 57 Megatonnen) TNT-Äquivalent frei. Zum Vergleich: die Hiroshima-Bombe hatte eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen TNT. Eine Bombe mit derartiger Kraft hätte im Kriegseinsatz ganze Ballungsgebiete verwüstet. Die Temperatur, die bei einer nuklearen Explosion erzeugt wird, beträgt zwischen 200.000.000 °C und 300.000.000 °C.

Durch ihre große Zerstörungskraft, aber mehr noch durch die bei der Explosion freigesetzten radioaktiven Rückstände, stellen Kernwaffen eine ernste existenzielle Bedrohung für die Menschheit und das Leben auf der Erde dar. Auf der anderen Seite konnte durch die gegenseitige Bedrohung über 40 Jahre ein militärischer Konflikt zwischen den Großmächten verhindert werden. Auch nach dem Zusammenbruch des Ostblocks ist die Gefahr eines Atomkrieges nicht gebannt. Eine zunehmende Zahl kleinerer Staaten strebt, teilweise bereits mit Erfolg, nach atomarer Aufrüstung. Der Umgang mit dieser Gefahr wird von vielen Politikwissenschaftlern als eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angesehen.

siehe auch: Atomstreitkräfte

Konstruktion

Hauptartikel: Kernwaffentechnik

Atombombe "Little Boy" (dt. Kleiner Junge) wird kurz vor dem Start noch überprüft

Die technische Entwicklung der Kernwaffen seit den 40er Jahren hat eine große Vielfalt unterschiedlicher Varianten hervorgebracht. Unterschieden werden grundsätzlich Atombomben nach dem Kernspaltungs- oder Fissionsprinzip (»klassische« Atombombe) und nach dem Kernfusionsprinzip (Wasserstoff- oder H-Bombe).

Bei der Kernspaltungsbombe wird eine überkritische Menge (wie viel das ist, ist geometrie- bzw. konstruktionsabhängig – die kleinste kritische Masse erreicht man mit einer Kugel) Uran 235 oder Plutonium 239 durch Sprengstoff auf engem Raum zusammengebracht. Ab einem bestimmten Verhältnis von Masse zu Oberfläche des Spaltmaterials können Neutronen, die beim spontanen Zerfall einzelner Kerne entstehen, weitere Kerne im Material spalten, wobei diese wiederum einige Neutronen liefern. Es kommt zur nuklearen Kettenreaktion, in deren Verlauf immer weitere Kerne gespalten werden.

Bei der Fusionsbombe wird zunächst eine Kernspaltungsbombe gezündet. Die dadurch im Inneren der Bombe erzeugten Drücke und Temperaturen reichen aus, um in dem in ihr enthaltenen schweren Wasserstoff (Deuterium) die Fusionsreaktion zu zünden.

Detonation von Atombomben

Atombombe "Fat Man" (dt. Dicker Mann) wird auf Transportwagen verladen, kurz vor dem Flug nach Nagasaki (20 kt Sprengkraft)

Um Atombomben zur Detonation zu bringen, d.h. den Kernspaltungs- oder Fusionsprozess in Gang zu setzen, wurden mehrere verschiedene Systeme entwickelt.

Explosion

Das einfachste Prinzip besteht darin, dass soviel zusätzliches spaltbares Material durch den Zünder auf den Kernsprengstoffvorrat geschossen wird, dass die spaltbaren Materialien desselben Stoffes verschmelzen und eine kritische bzw. superkritische Masse entsteht.

Einen solchen Aufbau einer Atombombe nennt man "Gun-Design". Die von den USA am 6. August 1945 auf Hiroshima abgeworfene Atombombe Little Boy besaß dieses System und hatte eine Sprengkraft von 13 Kilotonnen TNT.

Implosion

Eine weitere Methode ist die Implosion, wobei das spaltbare Material als Kugel angeordnet ist. Diese ist von einer Schicht Sprengstoff umgeben, der bei der Explosion durch eine Anzahl elektrischer Zünder entzündet wird, sodass die entstehende Druckwelle das Spaltmaterial im Zentrum zusammen drückt. Durch diese Implosion erhöht sich dessen Dichte und ein superkritischer Zustand entsteht.

Sowohl bei der Testbombe von Alamogordo als auch bei der am 9. August 1945 auf Nagasaki abgeworfenen Atombombe handelte es sich um Implosionsbomben. Diese hatten beide eine Sprengkraft von 20 Kilotonnen TNT.

Kenngrößen

Die bei der Detonation einer Nuklearwaffe freigesetzte Energie wird gewöhnlich in Kilotonnen angegeben. Eine Kilotonne, abgekürzt kT, ist diejenige Energie, die bei der Detonation von 1000 Tonnen TNT freigesetzt wird (etwa 4·1012 J). Man spricht daher auch von TNT-Äquivalent. Aus diversen Gründen ist die Sprengkraft von konventionellen und nuklearen Waffen über diese Einheit aber nur ungefähr gleichzusetzen. Bei sehr starken Detonationen, etwa von Wasserstoffbomben, gibt man die Sprengkraft auch in Megatonnen, kurz MT, an. Diese Einheit entspricht der Energie einer Million Tonnen TNT.

Die reine Sprengkraft allein ist allerdings noch kein Maß für die Wirksamkeit einer Kernwaffe. Je nach Typus, Einsatzbereich und Detonationshöhe der Waffe sind verschiedene andere Faktoren von Bedeutung. Es sind unter anderem auch folgende Kenngrößen in Verwendung:

Die amerikanische W87 MX kann bis zu zehn unabhängig steuerbare Sprengköpfe transportieren.
  • Totaler Zerstörungsradius: der Radius um das Explosionszentrum, in dem alles tierische und menschliche Leben sowie alle Gebäude, Pflanzen usw. komplett vernichtet werden. Je nach Größe der Bombe kann dieser bis zu 10 km betragen. Die experimentelle sowjetische Zar-Bombe hatte in ihrer stärksten Version sogar einen totalen Zerstörungsradius von bis zu 20 km. Danach folgen weitere Radien, in denen die Zerstörungskraft der Bombe abnimmt, z.B. der Radius, bei dem die Überlebenschance unter 50% liegt; danach der, bei dem sie unter 80% liegt, und so weiter.
  • Millionen Tote: Anzahl der Getöteten bei Detonation in einem Ballungsgebiet. Diese Größe hängt sehr stark vom Detonationsort ab. Insbesondere haben die Bevölkerungsdichte und die Bauweise der Stadt einen sehr großen Einfluss auf die Zahl der Toten. Im Kalten Krieg führte man Modellrechnungen zum Einsatz starker nuklearer Waffen gegen die wichtigsten Ziele durch, unter anderem Moskau, Sankt Petersburg, Washington (D.C.) und New York. In heutiger Zeit gibt es entsprechende Simulationen, die von einem terroristischen Anschlag mit einer kleinen Kernwaffe (einige Kilotonnen) ausgehen.
  • Zahl der Sprengköpfe: viele Nuklearraketen verfügen über mehrere nukleare Sprengköpfe, die dann in großer Höhe von der Trägerrakete getrennt werden und sich auf eine große Fläche verteilen. Eine einzige Rakete kann auf diese Weise riesige Gebiete verwüsten, so kann etwa die sowjetische SS-18 Satan - je nach Bestückung - ein Areal von bis zu 60.000 km² zerstören. Bei heutigen Raketen sind die einzelnen Sprengköpfe steuerbar, so dass mit jedem Sprengkopf ein einzelnes Ziel angegriffen werden kann.

Dies sind jeweils keine festen Einheiten, sondern nur Richtgrößen anhand derer sich der Schaden einer nuklearen Waffe abschätzen lässt. Je nach Verwendungszweck können auch andere Größen interessant sein, etwa die mechanische, thermische und elektromagnetische Leistung, oder der entstehende Fallout und Langzeitwirkungen. Manchmal sind auch einfach nur technische Größen wie Abmessungen und Gewicht von großer Bedeutung. Um sich ein genaues Bild von der Wirkung einer einzelnen Bombe zu machen, ist die detaillierte Kenntnis verschiedenster Daten notwendig.

Die stärksten als reguläre militärische Sprengköpfe konstruierten Kernwaffen sind Wasserstoffbomben mit bis zu 50 MT Sprengkraft (Zar-Bombe). Typischerweise sind es aber deutlich weniger, so 350 kT bei der amerikanischen B61 (en). Ohne Kernfusion, das heißt nur mit Spaltung von Uran- oder Plutoniumkernen, erreicht man rund 500 (amerikanischer Ivy King-Test) bis 800 kT (stärkste französische Militärwaffe). Fat Man, über Nagasaki abgeworfen, hatte demgegenüber nur 25 kT Sprengkraft.

Klassifizierung

Strategische Kernwaffen

Strategische Kernwaffen sind Kernwaffen mit großer Sprengkraft, die nicht auf dem Gefechtsfeld eingesetzt werden, sondern Ziele im gegnerischen Hinterland zerstören sollen, wie z. B. ganze Städte oder Raketensilos von Interkontinentalraketen. Ihre Sprengkraft reicht vom Kilotonnenbereich bis zu theoretisch über 100 Megatonnen TNT bei der Wasserstoffbombe.

Die Nukleare Triade besteht aus Interkontinentalraketen, U-Boot-gestützten ballistischen Raketen und strategischen Bombern. Die Verteilung der Kernwaffen auf mehreren Plattformtypen sichert ihre Überlebensfähigkeit.

Strategische Kernwaffen sind:

  • Freifallende Kernbomben, die von Flugzeugen (zumeist Langstreckenbombern) direkt auf das Ziel abgeworfen werden
  • Landgestützte Interkontinentalraketen (ICBM) mit nuklearem Sprengkopf, die in Silos oder mobil auf dem Festland stationiert sind
  • Landgestützte Mittelstreckenraketen (MRBM, IRBM) mit nuklearem Sprengkopf, die in Silos oder auf mobilen Abschussrampen montiert sind. Ein besonderes Problem dieser Waffen ist die extrem kurze Flug- und damit Reaktionszeit von nur wenigen Minuten. Sie gelten deshalb als besonders anfällig für das unbeabsichtigte Auslösen eines Atomschlages, da nach radargestützter (Fehl-)Erkennung einer solchen Rakete praktisch keinerlei Zeit bleibt, politische Entscheidungsprozesse auszulösen. Beispiele für diese Raketen sind die in den 50er Jahren von den USA in der Türkei stationierten Jupiter-Raketen und jene Raketen, die die UdSSR auf Kuba stationieren wollte – was damals die Kubakrise auslöste. Derartige Waffen werden heute lediglich noch von solchen Staaten stationiert, denen die Technik von Interkontinentalraketen fehlt, wie Pakistan oder Israel.
  • U-Boot-gestützte ballistische Raketen (SLBM) mit nuklearem Sprengkopf
  • Luftgestützte ballistische Raketen (ALBM) mit nuklearem Sprengkopf, gestartet von Flugzeugen
  • Marschflugkörper (Cruise Missiles) mit nuklearem Sprengkopf, die von Flugzeugen (ALCM), Kriegsschiffen oder U-Booten abgefeuert werden können, werden vorwiegend im taktischen Einsatz verwendet

Eine Rakete kann je nach Bauart auch mehrere nukleare Sprengköpfe transportieren (sogenannte MIRV-Bauweise, Multiple Independently targetable Re-entry Vehicle).

Taktische Kernwaffen

Taktische Kernwaffen (auch nukleare Gefechtsfeldwaffen genannt) werden ähnlich wie konventionelle Waffen gezielt gegen gegnerische Einheiten eingesetzt, wobei der Wirkungskreis geringer ist als bei strategischen Waffen. Ihre Sprengkraft reicht bis zu einigen hundert Kilotonnen und ist damit im Vergleich zu den strategischen Kernwaffen relativ niedrig. Die kleinste taktische Atomwaffe im Truppendienst hat eine Sprengkraft von circa 0,3 KT. Der geringe Wirkradius erlaubt einen Einsatz vergleichsweise nahe an den eigenen Truppen.

Taktische Kernwaffen gibt oder gab es als:

  • Artilleriegranaten, die von normalen Artilleriegeschützen verschossen werden können.
  • Infantriegranaten mit Treibsatz (RPG).
  • Taktische Boden-Boden Raketen kurzer Reichweite (z. B. »Lance«, »Honest John«).
  • Freifallende Bomben.
  • Luft-Luft-Raketen zur Bekämpfung von Flugzeugen.
  • Boden-Luft-Raketen (z. B. Bomarc) zur Bekämpfung von Flugzeugen und, etwa beim amerikanischen Safeguard-System, zur Abwehr von Interkontinentalraketen.
  • Raketen zur Bekämpfung von Satelliten.
  • Raketen zur U-Boot-Abwehr.
  • Nukleare Wasserbomben zum Einsatz gegen U-Boote.
  • Atomminen, die auch an der innerdeutschen Grenze zum Einsatz kommen sollten.

Die Bezeichnung 'taktisch' ist insofern verharmlosend, als auch diese Bomben erhebliche Radioaktivität entwickeln, die im Kriegsfall überregionale Auswirkungen hätte. Weiterhin suggeriert sie, dass der Einsatz dieser Waffen unterhalb der Schwelle zum nuklearen Krieg läge und damit das Gleichgewicht des Schreckens nicht destabilisiert würde.

Diskutiert wurden daneben auch:

  • Weltraum-stationierte Kernwaffen.
  • Torpedos zur U-Boot-Abwehr.

Spezielle Kernwaffen

Neutronenbomben

Neutronenbomben sind taktische Kernwaffen, die im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise eine geringere Sprengkraft (ca. 1 kT), aber eine stärkere Neutronenstrahlung erzeugen.

Man versprach sich davon vor allem eine erhöhte Effektivität gegen gepanzerte Streitkräfte: Für die Zerstörung von Panzern muss eine Bombe normalerweise in der unmittelbaren Umgebung detonieren, da die Panzerung einen Schutz gegen Druck und Hitze bietet. Gegen Neutronenstrahlung hingegen schützt sie kaum, da Neutronen schwere Materialien nahezu ungehindert durchdringen. Im menschlichen Körper, der zu großen Teilen aus Wasser besteht, setzen sie dagegen ihre Energie frei. Die Detonation einer Neutronenbombe könnte daher die Besatzung eines Panzers augenblicklich ausschalten, ohne den Panzer selbst zu vernichten. Allerdings induziert die Neutronenstrahlung im Zielgebiet sekundäre Radioaktivität, so dass das Gelände und dort verbliebenes Material dauerhaft unbrauchbar gemacht werden würden.

Daneben können Neutronenbomben verwendet werden, um gegnerische Kernwaffen (z.B. anfliegende Raketen) durch Zerstören der Zünd- oder Steuerelektronik unbrauchbar zu machen.

Entwicklung und Stationierung von Neutronenbomben, auch in Deutschland, wurden anfangs so begründet, dass ein damit geführter Krieg selbst bei der größeren benötigten Anzahl von Explosionen Land und Infrastruktur weniger verwüste als herkömmliche Kernwaffen.
Modellrechnungen zeigten aber bald, dass dies in der Praxis kaum zuträfe. Denn in dem wirksam bestrahlten Gebiet wäre bereits die Druck- und Hitzewirkung tödlich, auch Gebäude und Anlagen würden zerstört und das Material durch Einfang radioaktiv. Eine "saubere" Alternative zu klassischen Atombomben würde somit nicht erreicht.

Weiterhin wurde kritisiert, dass der Tod durch eine Neutronenbombe besonders unmenschlich sei. Menschen, die dem starken Neutronenfluss direkt ausgesetzt sind, würden so stark erhitzt werden, dass sie regelrecht gekocht würden. Bei nicht direkter Exposition kann die Neutronenstrahlung zu einem qualvollen und langsamen Tod führen. Opfer würden mehrere Wochen lang unter Haarausfall, Lähmung, Verlust der Sinneswahrnehmung und Artikulationsfähigkeit, Spasmen, unkontrolliertem Durchfall und Flüssigkeitsverlust leiden, bis sie schließlich stürben. Diese auftretenden Symptome wurden von der Anti-Atom-Bewegung benutzt, um das Bild der „sauberen Bombe“ öffentlich in Frage zu stellen.

Daneben wurde kritisiert, durch die Neutronenbombe werde die Einsatzschwelle von Kernwaffen herabgesetzt und damit die Wahrscheinlichkeit ihres Einsatzes erhöht.

In den USA wurden seit 1974 etwa 800 Neutronensprengsätze gebaut. Die letzten wurden 1992 verschrottet. Neutronenbomben werden heute noch in der Volksrepublik China vermutet.

Mini-Nukes

So genannte Mini-Nukes sind Kernwaffen mit einer Sprengkraft unter fünf Kilotonnen. Die neue Forschung über kleine, technisch hoch entwickelte Kernwaffen ist in den USA geplant. Der US-Senat hob im Mai 2003 ein 10 Jahre altes Verbot der Entwicklung von Mini-Nukes auf. Diese Entscheidung wurde im Kongress durch eine Resolution geschwächt, die die Forschung erlaubt, jedoch ein Verbot der Entwicklung oder Herstellung neuer Atomwaffen mit geringer Sprengkraft beibehält.

Kofferbomben, beispielsweise zum Einsatz durch Geheimdienste oder Terroristen, wurden beschrieben und werden auch auf dem High Energy Weapons Archive vorgestellt; dort wird aber auch betont, dass die physikalische Umsetzbarkeit mehr als zweifelhaft ist (beispielsweise bräuchte man zu hohe Mengen an konventionellem Sprengstoff zur Zündung), was sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Urban Legend macht. Andererseits lag bereits das Gewicht des amerikanischen W-54-Gefechtskopfs zum Davy-Crockett-Leichtgeschütz bei nur 23 Kilogramm. Die eiförmige Waffe aus den 50er Jahren hatte einen Durchmesser von nur etwa 27,3 cm bei 40 cm Länge und erreichte eine maximale Sprengkraft von etwa 1 kT.

Bunker Buster

Nukleare bunkerbrechende Waffen sollen tief in die Erde eindringen, um unterirdische und gehärtete Bunker zu zerstören. Es ist ausgeschlossen, dass die Bomben, aus der Luft abgeworfen, tief genug unter die Oberfläche eindringen und die Explosion vollkommen unterirdisch abläuft. Somit wird ein Bombenkrater erzeugt und hochradioaktives Material in die Luft ausgeworfen. Ebenso sind durch die erzeugten Erschütterungen großflächige Zerstörungen um das eigentliche Ziel herum zu befürchten. Es gibt im US-Arsenal bereits eine »Bunker Buster«: die B-61-11, die laut des im Januar 2002 veröffentlichten Überprüfungsberichts (NPR = Nuclear Posture Review) der US-Atomwaffenpolitik eine Sprengkraftgröße von mehr als fünf Kilotonnen hat und damit keine »Mini-Nuke« ist. Diese Waffe dringt aus einer Höhe von gut 13.000 Metern nur bis zu sieben Meter in die Erde und 2–3 Meter in gefrorenen Boden ein. Die USA haben etwa 50 dieser Bomben zur Verfügung.

Schmutzige Bombe

Bei einer sogenannten „Schmutzigen Bombe“ wird die vernichtende Wirkung der Explosion mit der großflächigen und jahrelangen Verstrahlung durch radioaktiven Fallout weiter gesteigert. Dies wird durch den Aufbau der Waffe oder durch eine Kernexplosion auf dem Erdboden erreicht (für letzteres siehe Kernwaffenexplosion). Insbesondere wurde die Kobaltbombe als schmutzige Bombe bezeichnet. In dieser Bauform wird um den eigentlichen Sprengsatz ein Kobaltmantel angebracht. Dieses Metall wird durch die Explosion in 60Co umgewandelt, ein stark strahlendes Isotop mit relativ langer Halbwertszeit, das als Staub herab regnen und das betreffende Gebiet für lange Zeit kontaminieren sollte.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde der Begriff Schmutzige Bombe umgeprägt - siehe Radiologische Waffe. Man bezeichnet damit nun einen Sprengsatz aus konventionellem Sprengstoff, dem radioaktives Material beigemischt wurde, das durch die Explosion möglichst weit verteilt werden soll. Eine Kernspaltung und somit Nuklearexplosion findet dabei nicht statt. Man vermutet, dass Terroristen derartige USBV einsetzen könnten, um Schrecken zu verbreiten.

Auch die Internationale Atomenergieorganisation warnt davor, dass Terroristen radioaktives Material, z.B. aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion, erwerben könnten. Dort, ebenso wie in den USA, kommen immer wieder Substanzen aus Industrie, Forschungseinrichtungen oder Krankenhäusern abhanden. Da das Material für eine schmutzige Bombe aus der zivilen Kerntechnik gewinnbar ist, wird auch die gesamte Kerntechnik zu den Dual Use Produkten gezählt.

Als Beispiel für die Folgen einer schmutzigen Bombe wird teils der Goiânia-Unfall in Brasilien 1987 herangezogen, bei dem Obdachlose in ein leerstehendes Spital einbrachen und einen Behälter mit radioaktivem 137Cäsiumchlorid stahlen. Aus Neugier und Unwissenheit hantierten viele mit dem bläulich fluoreszierenden Material und trugen Teile der Substanz mit sich herum. Schließlich starben vier Menschen an der Strahlenkrankheit, zehn weitere brauchten intensive medizinische Behandlung.

Geschichte

Anfänge

Allgemein bekannt für ihre Arbeit bei der Entwicklung von Kernwaffen sind Robert Oppenheimer und Edward Teller.
Jedoch der wohl erste Wissenschaftler, der ernsthaft über den tatsächlichen Bau einer Kernwaffe nachdachte, war der Physiker Leó Szilárd.

Bereits im September 1933 dachte er an die Möglichkeit mittels Beschuss durch Neutronen Atomkerne zu einer Kettenreaktion anzuregen. Diese Idee war zu jener Zeit noch sehr umstritten, später auf diesem Gebiet sehr erfolgreiche Forscher wie Ernest Rutherford, Enrico Fermi und Otto Hahn glaubten damals noch nicht daran, dass Kerne sich überhaupt spalten lassen.

Nach einigen Jahren der Grundlagenforschung (u.a. von Otto Hahn, Fritz Straßmann, Frédéric Joliot-Curie, Enrico Fermi) war es im Frühsommer 1939 soweit, dass die notwendigen theoretischen Grundlagen veröffentlicht waren, um bei ausreichender Verfügbarkeit von spaltbarem Uran eine Kernwaffe zu bauen.

Schon vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 richteten die drei in den Vereinigten Staaten lebenden Physiker Leó Szilárd, Albert Einstein und Eugene Paul Wigner im August 1939 einen Brief an den damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, um ihn vor der Möglichkeit der Entwicklung einer Atombombe in Deutschland zu warnen und ihn im Gegenzug zu der Entwicklung einer eigenen Atombombe anzuregen.

Doch es sollte noch bis zum Herbst 1940 dauern, bis Enrico Fermi und Leó Szilárd genügend finanzielle Mittel erhielten, um mit der Entwicklung eines Kernreaktors zu beginnen.

Als die amerikanische Regierung durch die Erfolge an dieser Arbeit davon überzeugt wurde, dass die Entwicklung einer Atombombe grundsätzlich möglich ist, und dass auch der Kriegsgegner Deutschland diese Möglichkeit besitzt, wurden die Forschungen intensiviert und führten schließlich zum Manhattan-Projekt.

Deutsches Kernwaffenprojekt

Hauptartikel: Uranprojekt

In Deutschland arbeiteten während des Zweiten Weltkrieges Wissenschaftler wie u.a. Werner Heisenberg, Carl Friedrich von Weizsäcker, Walther Gerlach, Kurt Diebner und Otto Hahn u.a. im Rahmen des „Uranprojektes“ an der militärischen Nutzbarmachung der Kernspaltung zur Erreichung deutscher Kriegsziele.

Die Befürchtung der USA, Deutschland könnte so einen eigenen nuklearen Sprengsatz entwickeln, war ein wichtiger Anlass, ein eigenes Atombombenprogramm zu initiieren. Viele, über das Gebiet des Deutschen Reiches verteilte (zum Teil unabhängig voneinander arbeitende) Forschergruppen arbeiteten bis zum Kriegsende an der Entwicklung einer deutschen Kernwaffe. Nach dem Krieg wurde jedoch festgestellt, dass im „Uranprojekt“ keine Kernwaffen entwickelt wurden.

Allerdings gibt es Berichte in denen von geheimen Versuchen mit strahlendem Material in Verbindung mit Explosionen gesprochen wird.

Manhattan-Projekt

Hauptartikel: Manhattan-Projekt

1942 wurde unter größter Geheimhaltung unter dem Decknamen "Projekt Y" (als Teil des Manhattan-Projekts) das Forschungslaboratorium Los Alamos im US-Bundesstaat New Mexico konzipiert. Von 1943 an arbeiteten dort unter der wissenschaftlichen Leitung Robert Oppenheimers mehrere tausend Menschen, vielfach Wissenschaftler und Techniker.

Am 16. Juli 1945 wurde die erste Atombombe oberirdisch bei Alamogordo gezündet (Trinity-Test). Das in der Bombe verwendete nukleare Brennmaterial war Plutonium und besaß eine Sprengkraft von etwa 20 Kilotonnen.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ein deutsches Fern-U-Boot (U 234) nach Japan entsandt, das neben Kisten voll Dokumenten und Verfahrensanweisungen auch etwa eine halbe Tonne Uran-Oxid beförderte. Es ist unklar, wofür die Japaner dieses Uran verwenden wollten. Angeblich soll es sich um Natururan gehandelt haben, sodass auch nach technischer Anreicherung keine ausreichende Menge für eine Atombombe hätte daraus gewonnen werden können. Die Besatzung des U-Bootes ergab sich, auf Anweisung von Dönitz, nach der deutschen Kapitulation den Amerikanern.

Das eigentlich als Gegengewicht zum vermuteten deutschen Atomprojekt begonnene, und auch aufgrund Einsteins Brief deswegen an den US-Präsidenten forcierte, amerikanische Atomprojekt kam nicht gegen Nazi-Deutschland zum Einsatz. Aussagen hochrangiger amerikanischer Militärs ist zu entnehmen, dass dies vor allem aufgrund der Befürchtung nicht geschah, ein abgeworfener Blindgänger könne den deutschen Wissenschaftlern in die Hände fallen und wertvolle Hinweise liefern - der Krieg selbst war ohnehin gewonnen. Stattdessen wurden die ersten Luftangriffe mit Atombomben am 6. und 9. August 1945 gegen die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki geflogen.

Die Herstellung von Atomwaffen war während des Zweiten Weltkrieges noch aufwändig und teuer. Das atomare Arsenal war nach Trinity, Hiroshima und Nagasaki bereits aufgebraucht; einer verzögerten Kapitulation Japans hätte mit dem Fortführen des konventionellen Bombardements begegnet werden müssen. Anders hätte es ausgesehen, wenn etwa der andauernde Einsatz von vielen Atomwaffen die Eroberung von Pazifikinseln durch die USA massiv beschleunigt hätte.

Einsatz gegen Hiroshima und Nagasaki

Datei:Hiroshima davor und danach.jpg
"Ground Zero" in Hiroshima vor (oben) und nach der Explosion der Bombe (unten) (Zusammenstellung aus zwei Modellen im Atombombenmuseum von Hiroshima)

Hauptartikel: Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

Am 6. August 1945, also 21 Tage nach dem ersten erfolgreichen Test bei Alamogordo, warf der Bomber Enola Gay die erste Atombombe (Sprengstoff: Uran-235), Little Boy genannt, über der Küstenstadt Hiroshima ab, wo sie um 8.16 Uhr Ortszeit in etwa 600 m Höhe über dem Boden detonierte. Rund 90.000 Menschen starben sofort, weitere 50.000 Menschen starben Jahre bis Jahrzehnte später an der Strahlenkrankheit.

Am 9. August 1945 sollte der Bomber Bockscar die zweite Atombombe (Sprengstoff: Plutonium-239), Fat Man genannt, eigentlich über Kokura abwerfen. Als dort auch nach drei Anflügen noch schlechte Sicht herrschte, wich der Kommandant aufgrund Treibstoffmangels auf das Alternativziel, die Küstenstadt Nagasaki, aus. Da auch dort die Wolkendecke zu dicht war, wurde das Stadtzentrum um mehrere Kilometer verfehlt. Weil zudem das Stadtgebiet hügeliger als das Hiroshimas ist, was die Ausbreitung der Druckwelle behinderte, waren dort weniger Opfer zu beklagen - obwohl Fat Mans Sprengkraft rund doppelt so stark war wie die Little Boys. Dennoch kamen bei diesem Angriff 36.000 Menschen sofort ums Leben, weitere 40.000 Menschen wurden so stark verstrahlt, dass sie Jahre bis Jahrzehnte später starben.

Die militärische Notwendigkeit des Atombombeneinsatzes ist umstritten, denn diesen drei Städten wurde der Angriff mit konventionellen (Brand-)Bomben bis zuletzt erspart, um dann den Effekt einer nuklearen Explosion auf eine Großstadt testen zu können. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass der japanische Kaiser zum Zeitpunkt des atomaren Angriffs schon zu einer Aufgabe bereit war. Weiterhin muss der Atombombeneinsatz auf Hiroshima und Nagasaki mit der Bombardierung von Tokio verglichen werden. Dort starben während der Nacht vom 9. März 1945 mehr als 100.000 Menschen. Die Legitimität des Atombombeneinsatzes steht und fällt also mit jener des konventionellen Bombenkriegs.

Noch heute wird jährlich der tausenden Opfer gedacht. Als Symbol für den Frieden werden dabei einige weiße Tauben fliegen gelassen.

Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg

Datei:Atombombentest.jpg
Atombombentest als Teil der Militärübung Desert Rock, Ucca Flats, 1. November 1951

Die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war zunächst von einer langsamen Weiterentwicklung der Atombombe geprägt. Während die USA unterschiedliche Tests wie eine Unterwasserexplosion durchführten, arbeiteten Großbritannien und die Sowjetunion an eigenen Atombomben. 1948 besaßen die USA rund 50 einsatzbereite Sprengköpfe. Die Sowjetunion wurde schon während des Zweiten Weltkriegs von Klaus Fuchs über das Atombombenprogramm informiert und zündete ihre erste Atombombe am 29. August 1949, Großbritannien erst am 2. Oktober 1952. In dieser Zeit entstand auch das nebenstehende Bild eines amerikanischen Truppenversuchs mit Soldaten in geringer Entfernung zur Atomexplosion, das den teilweise sorglosen, teilweise rücksichtslosen Umgang mit Radioaktivität in der damaligen Zeit dokumentiert.

Entwicklung der Wasserstoffbombe

Die weitere Entwicklung von Kernwaffen führte zur Wasserstoffbombe. Die erste Zündung einer Wasserstoffbombe mit dem Codenamen Ivy Mike erfolgte am 31. Oktober 1952 durch die USA über dem Eniwetok-Atoll und setzte eine Energie von 10,4 Megatonnen TNT-Äquivalent frei. Diese Sprengkraft entspricht dem 830-fachen der Hiroshimabombe.
Ein Jahr später zündete auch die Sowjetunion ihre erste Wasserstoffbombe, 8 Jahre später dann auf der Insel Nowaja Semlja die Zar-Bombe, mit 50 MT die stärkste jemals gezündete Kernwaffe.

Die Notwendigkeit, angereichertes Uran und Plutonium zum Kernwaffenbau herzustellen, führte zur Entwicklung von Urananreicherungsanlagen sowie den ersten Kernreaktoren. Die hierdurch gewonnenen Erfahrungen beschleunigten den Aufbau einer zivilen Nutzung der Kernenergie.

Weltweit, teilweise auch in den USA selbst, wird der Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen hauptsächlich gegen die Zivilbevölkerung als ungerechtfertigt verurteilt.

Die Entwicklung der Atombombe wird heute allgemein als das dunkelste Kapitel der Technik- und Wissenschaftsgeschichte angesehen. Die Atombombe ist der Inbegriff des „Fluches der Technik“.

Die Erfindung der Kernwaffen löste ein beispielloses Wettrüsten – insbesondere zwischen den USA und der Sowjetunion – aus und war die schwerste Bedrohung in der Zeit des Kalten Krieges.

Kernwaffen wurden hier wiederum auch eine hemmende Wirkung zugeschrieben, wonach gerade die Bedrohung durch eine totale Auslöschung der Menschheit das „Gleichgewicht des Schreckens“ aufrecht erhalten und damit eine direkte Konfrontation vermieden habe.

Entwicklung nach dem Kalten Krieg

Nach dem Zerfall der Sowjetunion zu Beginn der 1990er Jahre bezweifeln Experten den militärischen Sinn von Kernwaffen, da jedes Ziel auch mit konventionellen Waffen der gewünschten Größenordnung zerstört werden kann. Als größte Gefahr der atomaren Bewaffnung wird daher ein Einsatz durch Terroristen angesehen, denn diese könnten bei Verwendung von Atomwaffen mit geringem Aufwand großen Schaden anrichten (siehe Hiroshima bzw. Nagasaki), während Atomwaffen im Kampf gegen den Terrorismus vollkommen ungeeignet sind.

Unabhängig von dieser Entwicklung blieben die USA und Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion diejenigen Staaten mit den meisten Kernwaffen. Ihr Arsenal wird auch weiterhin gepflegt, entzog sich jedoch nach Ende des Kalten Krieges mehr und mehr der öffentlichen Aufmerksamkeit. Während zunächst die Entwicklungstätigkeit in diesem Bereich erlahmte, werden in den USA seit Ende der neunziger Jahre sogenannte Bunker Buster entwickelt. Diese Atomwaffen kleiner Sprengkraft dienen der Vernichtung unterirdischer Anlagen. Sie werden mit hoher Geschwindigkeit in den Boden geschossen, dringen in diesen ein und explodieren dann unterirdisch. Dadurch lösen sie eine Schockwelle im Boden aus, die die angegriffenen Anlagen zerstört. Politischer Hintergrund dieser Entwicklung sind vermehrte Anstrengungen einiger Staaten der Dritten Welt wie dem Iran, wichtige militärische Bauten unterirdisch anzulegen, um sie im Kriegsfall den Angriffen durch überlegene Luftstreitkräfte zu entziehen.

Die Entwicklung solcher kleiner Kernwaffen wird in der Fachwelt als eine Gefahr eingeschätzt, da ihr Einsatz kaum Aufsehen erregen würde. Statt zerstörter Städte und tausender Toter würde die Weltöffentlichkeit lediglich einen kleinen Krater sehen. In der Konsequenz würde die Hemmschwelle sinken, Atomwaffen einzusetzen und auf diese Weise vergleichsweise preiswert - ohne Verlust eigener Soldaten und ohne allzu negatives Image - Kriege in der Dritten Welt zu führen.

Kernwaffen in Europa

Die in Europa gelagerten Kernwaffen sind nach Ende des Kalten Krieges drastisch reduziert worden. Auf den europäischen Luftwaffenstützpunkten sind von 1990 bis 1996 rund 208 Kernwaffensilos der NATO gebaut worden. Ursprünglich waren hierfür 438 NATO-Bunker vorgesehen, die aber nicht mehr benötigt wurden. Die von den US-Streitkräften kontrollierten Bunker für Bomben, die im Ernstfall den NATO-Streitkräften zur Verfügung standen, waren nicht alle bestückt worden. Bis 1998 hatte Großbritannien sein Arsenal an Fallbomben auf den Stützpunkten abgebaut. Ab 1996 wurden dann die weiteren Arsenale geleert. Die deutschen Luftwaffenstützpunkte in Memmingen und Nörvenich verfügten schon ab 1995 über keinerlei Kernwaffen mehr. Nur in Büchel trainiert die Deutsche Luftwaffe weiterhin den nuklearen Einsatz durch Jagdbomber vom Typ Tornado.

Die USA und Großbritannien lagerten während des Kalten Krieges bis zu 5.000 Kernwaffen in deutschen Bunkern. Heute existieren in Deutschland noch 65 Wasserstoffbomben in den Bunkern der Luftwaffenstützpunkte Ramstein und Büchel; hier besteht die sogenannte Nukleare Teilhabe.

Die beiden westeuropäischen Atommächte Großbritannien und Frankreich begannen bereits in den 1960ern bzw. 70ern Teile ihrer Arsenale auf seegestützte Systeme umzustellen. Beide Staaten unterhalten heute je vier ballistische Atom-U-Boote, von denen jedes mit jeweils 16 Atomraketen ausgestattet werden kann. Frankreich hält lediglich noch 60 Sprengköpfe zum Einsatz durch Bomber bereit, Großbritannien verfügt seit dem Jahr 2000 ausschließlich über seegestützte Systeme. Infolge dieser Veränderung wurde auch die Anzahl der Lagerstätten auf Luftwaffenstützpunkten reduziert. Die etwa 490 seegestützten Sprengköpfe machen heute den größten Teil der in Europa stationierten Atomwaffen aus. Die britischen Sprengköpfe werden komplett in der Marinebasis Clyde gelagert, die französischen in Brest.

NATO-Luftwaffenstützpunkte mit Kernwaffen

(Auswahl, Stand: 1997)

  • Großbritannien
    • Lakenheath
    • Marham
    • Wittering
  • Niederlande
  • Belgien
    • Kleine Brogel
  • Deutschland
    • Ramstein (54 WS3-Lagersysteme)
    • Büchel (elf WS3-Lagersysteme für 22 Bomben B-61)
    • Nörvenich (elf WS3-Lagersysteme für 22 Bomben B-61, z.Zt keine Waffen gelagert)
    • Hagen (früheres Transportdepot unter Rangierbahnhof, zeitweise 15 Bomben B-61, Zünder und Raketenteile) [nach den Unterlagen im Bundesarchiv war das Depot geplant, wurde jedoch vor der vollständigen Fertigstellung aufgelassen. Grund: Die Nähe zu einer Großstadt und von Wohngebieten]
    • Brüggen
  • Italien
    • Aviano (achtzehn WS3-Lagersysteme für 36 Bomben B-61)
    • Ghedi-Torre (elf WS3-Lagersysteme für 22 Bomben B-61)
  • Griechenland
    • Araxos (geschlossen)
  • Türkei
    • Balikesir (sechs Unterflurdepots, z.Zt keine Waffen gelagert)
    • Incirlik (nicht fertiggestellt)
    • Murted (sechs Unterflurdepots, z.Zt keine Waffen gelagert)

Aktueller Stand

Hauptartikel: Atommacht

Datei:Atommächte.png

Die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrats gelten als offizielle Atommächte. Sie sind im Atomwaffensperrvertrag als Staaten mit Kernwaffen aufgeführt.

Indien, Pakistan und Israel sind nicht im Atomwaffensperrvertrag aufgeführt, besitzen aber trotzdem Kernwaffen und Trägersysteme und sind deshalb faktische Atommächte.

Obwohl nie von offizieller Seite bestätigt, gilt es als unstrittig, dass auch Israel seit den 70er Jahren im Besitz von ca. 200 Kernwaffen ist, da das Land in der Vergangenheit seinen Nachbarländern mehrfach mit deren Einsatz gedroht hat. Mordechai Vanunu hat die Welt vom israelischen Kernwaffenprojekt unterrichtet, nachdem er am Dimona-Reaktor arbeitete.

Besitz von Kernwaffen unbestätigt

Nordkorea erklärte im Frühjahr 2005 ebenfalls, Kernwaffen zur Abschreckung entwickelt zu haben; die Aussage wird jedoch auch von verschiedenen Seiten bezweifelt. Unstrittig ist jedoch, dass Nordkorea ein ambitioniertes Programm zum Erlangen von Kernwaffen unterhält. Unter anderem wird Nordkorea vorgeworfen, dass sie die Brennstäbe ihrer Einrichtungen zu lange im Reaktor belassen, als es die rein zivile Energieerzeugung verlangt. Der verlängerte Gebrauch erhöht den Plutoniumgehalt der Stäbe.

Beim Iran gilt der Besitz einer Kernwaffe als möglich, ist aber nicht gesichert. Auch hier ist das Kernwaffenprogramm ambitioniert, der Zweck ist jedoch laut offiziellen Stellungnahmen seitens des Iran die zivile Nutzung der Kernkraft.

Zu Zeiten des Kalten Kriegs waren u.a in der Ukraine russische Nuklearraketen stationiert. Nach dem Zerfall der Sowjetunion gaben die ehemaligen Sowjetstaaten ihre Kernwaffen an Russland zurück, es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Ukraine aufgrund eines Fehlers der russischen Behörden noch immer einige Kernwaffen besitzt. Fest steht, dass das Land noch sowjetische Trägerraketen besitzt, die mit nuklearen Sprengkörpern bestückt werden können.

Programme oder Besitz in der Vergangenheit

Südafrika hat 1979 einen Kernwaffentest durchgeführt aber keine einsatzfähigen Atomwaffen entwickelt und das Programm später aufgegeben.

Argentinien, Brasilien, Libyen, und die Schweiz verfügten in der Vergangenheit über Kernwaffenprogramme, haben diese aber aufgegeben und offiziell beendet. Kasachstan, die Ukraine und Weißrussland kamen durch den Zerfall der Sowjetunion an Atomwaffen, die auf ihrem Gebiet stationiert waren, haben diese dann später aber an Russland abgetreten.

Unfälle mit Kernwaffen

Zwischen 1950 und 1980 wurden 32 Unfälle allein mit US-amerikanischen Kernwaffen bekannt. Vor allem in den 1950er und 1960er Jahren mussten viele Waffen bei Notlandungen von Bombern abgeworfen werden. Manche der Waffen wurden nie wieder gefunden, weil sie in den Ozeanen abgeworfen (aber nicht gezündet) wurden. Nach Schätzungen von Greenpeace gingen etwa 50 Atombomben verloren. 11 Bomben vermissen die USA offiziell. Radioaktive Verseuchung wurde nur in wenigen Fällen festgestellt.

Abstürze von Atombombern und andere Unfälle sind deshalb sehr problematisch, weil die Bombe zwar nicht zur Zündung kommt, aber durch den Aufprall das spaltbare Material in der Umgebung verstreut werden kann. Im Falle des extrem giftigen Plutoniums – bei welchem die Inhalation eines Millionstel Gramms bereits Krebs auslösen kann – ist dies äußerst gefährlich.

Eine Übersicht der Unfälle kann auf der Liste der nuklearen Unfälle gefunden werden.

Abrüstung und Rüstungsbegrenzung

Aufgrund der enormen Zerstörungskraft nuklearer Bomben gab es stets Bestrebungen, sämtliche Kernwaffen abzuschaffen und generell zu verbieten, um so das Überleben der Menschheit auf Dauer zu sichern. Der Kalte Krieg und die Machtinteressen einzelner Nationen verhinderte jedoch eine schnelle Abkehr von Massenvernichtungswaffen. Dennoch wurden einige Abkommen durchgesetzt, die jeweils einen großen Schritt in Richtung einer nuklearwaffenfreien Welt signalisierten. Ob die Verträge tatsächlich so wirksam sind wie gewünscht, wird allerdings angezweifelt.

Am 10. Oktober 1963 trat das Teststoppabkommen in Kraft, worin sich einige Großmächte einigten, keine Nuklearwaffen im Wasser, im All und in der Atmosphäre zu zünden. Unterirdische Tests sollten eine bestimmte Stärke nicht überschreiten. Diesem Abkommen sind bisher 120 Nationen beigetreten.

Der Atomwaffensperrvertrag wurde am 1. Juli 1968 von den USA, der Sowjetunion und Großbritannien unterzeichnet und trat 1970 in Kraft. Mittlerweile haben 189 (ohne Nordkorea 188) Staaten den Vertrag unterzeichnet, darunter auch die Volksrepublik China und Frankreich (beide 1992). Der Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag bedeutet für die Unterzeichnerstaaten die Verpflichtung, sich in regelmäßigen Abständen den von der Internationale Atomenergieorganisation durchgeführten Kontrollen auf Einhaltung des Vertrags zu unterwerfen.

Seit 1996 liegt der Vertrag zum umfassenden Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) zur Unterzeichnung auf. Er tritt erst in Kraft, wenn eine bestimmte Gruppe von Ländern ihn ratifiziert hat, u.a. die USA. Die Ratifizierungen einiger wichtiger Länder stehen derzeit noch aus. Vor allem die USA lehnen Rüstungskontrollen ab.

Die Einhaltung der Verträge wird durch verschiedene Techniken verifiziert: Erdbebenmessstationen reagieren bereits auf kleinste Vibrationen und ermöglichen eine recht genaue Ortung von unterirdischen Detonationen. Sie können auch die seismographischen Signaturen von Erdbeben und Atomwaffentests deutlich unterscheiden. Hydroakustik kann Unterwasserexplosionen aufspüren und lokalisieren. Spezialmikrophone und Radionuklid-Detektoren können atmosphärische Kernexplosionen entdecken, identifizieren und lokalisieren. Die Messstationen sind über die ganze Welt verteilt. Wenn der Vertrag in Kraft tritt, wird es auch noch die Möglichkeit der Vor-Ort-Inspektion geben. Die Implementation des Vertrages wird von der Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) vorbereitet.

Bilaterale Verträge Zwischen den USA und der Sowjetunion beziehungsweise Russland mit dem Ziel der Begrenzung oder Abrüstung von strategischen Atomwaffen sind SALT I und II, START I und II und SORT.

Weitere Informationen/Quellen

Wiktionary: Atombombe – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Atomwaffen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Hiroshima – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Nagasaki – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Budapester Memorandum, Uranmunition, Atomkrieg, Nuklearer Holocaust, Kernwaffen-Effekt, Plutoniumbombe, Atombombentest, EMP, Kalter Krieg, Wettrüsten, Strategic Defense Initiative (SDI), Atomkriegsuhr (Doomsday clock), Demonstrative Use, Robert McNamara, Nukleare Basiswelle, Radiologische Waffe (schmutzige Bombe), Atomkoffer,Durchschlagskraft von Meteoriten, Geschossen und anderen Impaktoren nach Newton

Literatur

Sachbücher

  • Florian Coulmas, Hiroshima : Geschichte und Nachgeschichte, München : Beck, 2005, ISBN 3406527973
  • Klaus Fuchs, Ruth Werner, Eberhard Panitz: Treffpunkt Banbury oder Wie die Atombombe zu den Russen kam. 2003, ISBN 3360009908
  • Robert Jungk: Heller als tausend Sonnen. 1958, ISBN B0000BJWE0
  • Paul Takashi Nagai, Die Glocken von Nagasaki : Geschichte der Atombombe, - München : Rex-Verlag, 1955 - Bericht eines überlebenden Arztes ISBN 3895750565
  • Gian L. Nespoli, Giuseppe Zambon: Hiroschima, Nagasaki. 1997, ISBN 3889750559
  • Wolfgang Sternstein: Atomwaffen abschaffen!. 2001, ISBN 3933325056
  • Edgar Mayer, Thomas Mehner Das Geheimnis der deutschen Atombombe. Gewannen Hitlers Wissenschaftler den nuklearen Wettlauf doch?. 2001, ISBN 3930219360
  • Edgar Mayer, Thomas Mehner: Die Atombombe und das Dritte Reich. 2002, ISBN 3930219506
  • Rainer Karlsch, Zbynek Zeman: Urangeheimnisse. 2002, ISBN 386153276X
  • Richard Rhodes: The Making of the Atomic Bomb. 1995, ISBN 0684813785
  • Helmut Simon (Vorwort): Atomwaffen vor dem Internationalen Gerichtshof. ISBN 3825832430

Romane und Theaterstücke